Tabletten teilen Teilen – aber richtig

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Auf die Dosis kommt es an: Oft ist es notwendig, Tabletten zu teilen – und das kann sich sogar lohnen. Die Wirkung einer Arznei muss aber berechenbar bleiben.

Fast jeder dritte Patient teilt Tabletten. Das bietet zusätzliche Do­sie­rungs­möglichkei­ten. Ärzte nutzen sie zum Beispiel, wenn die richtige Dosierung nicht verfügbar ist oder eine Therapie mit einer geringen Dosis eingeleitet werden soll. Außerdem lässt sich durch das Teilen Geld sparen. Aus medizini­scher Sicht wird es zwar weniger akzeptiert, ist aber all­täg­li­che Praxis. Das Euro­päische Arzneibuch enthält seit zehn Jahren in seiner Tabletten-Monografie auch eine Prüfung auf Teilbarkeit.

Ambulant behandelte Patienten teilen etwa jede vierte Tablette. Dabei kann aber einiges falsch gemacht werden, insbesondere wenn keine Bruchkerbe da ist, was jedoch fast jede zehnte geteilte Tablette betrifft. Manch andere dürfen gar nicht geteilt werden, was aber dennoch laut einer Studie bei knapp vier Prozent der geteilten Tabletten der Fall ist. Folge können gefährliche Über- oder Unterdosierungen sein. Mitglieder der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft und der Arbeitsgemeinschaft für Pharmazeutische Verfahrenstechnik wie Professor Jörg Breitkreutz, Universität Düsseldorf, weisen dar­auf hin, dass Folgekosten aus falschem Teilen deutlich höher ausfallen können als „vordergründige Spareffekte“. Auch eine Studie des Universitätsklinikums Heidelberg klärt über Aspekte des Teilens auf:

  • Es ermöglicht eine flexible Dosierung, wenn die Dosis stets angepasst werden muss, wie bei Marcumar zum Herabsetzen der Blutgerinnung.
  • Bei Arzneien, die allmähliche Dosissteigerung oder Ausschleichen erforderlich machen, ist Teilen sinnvoll: etwa bei Glukokortikoiden oder Betablockern.
  • Teilen kann unverzichtbar sein, wenn es kein Mittel in geringerer Dosis gibt.
  • Manche Patienten haben Probleme, ein Präparat zu schlucken.
  • Teilen spart Geld, wenn das höher dosierte Medikament fast genauso viel kostet wie das Mittel niedriger Dosierung.

Was geteilt werden darf

Tabletten ohne Überzug und wasserlösliche Filmtabletten kann man meist teilen. Sie haben oft tiefe Bruchkerben. Harte Tabletten brechen schwer, weiche zerbröckeln eher. Bei Medikamenten, die Wirkstoffe langsam freisetzen oder deren Wirkung länger anhält (wie Psychopharmaka in der Langzeittherapie) ist nicht zu befürchten, dass Teilen der Therapie schadet. Ausnahme: Mittel mit „enger“ Anwendung und exakter Dosierung (wie Hydroxycumarine, Digitalisglykoside).

Aussagen zur Teilbarkeit finden sich in den Beipackzetteln selten, eher Hinweise wie „eine halbe Filmtablette“ oder „unzerkaut einnehmen“. Wer teilen will, sollte in der Apotheke nachfragen. Keinesfalls darf man teilen, wenn zu lesen ist: „Die Tabletten sind nicht zur Gewinnung der halben Dosierung geeignet“. Manchmal lassen sich geteilte Tabletten schlechter schlucken als ungeteilte. Und bei Mehrfachmedikation kann das Teilen die Einnahme exakter Dosierungen erschweren.

Was nicht geteilt werden darf

Tabletten, die krebserregende, erbgut- oder fruchtschädigende Wirkstoffe enthalten, dürfen Laien generell nicht teilen. Denn dabei entstehen feinste Partikel, die Dritte belasten können. Medikamente für Kinder sollten nur durch Fachpersonal geteilt werden. Zu den nicht teilbaren Wirkstoffen zählen Antibiotika, Pilz-, Tuberkulose-, Krebsmittel, Virustatika, Immunsuppressiva, Hormonpräparate.

Bei vielen Mitteln ist der Wirkstoff in Hüllen eingebunden, wie Kapseln aus Weich- oder Hartgelatine. Eine Zuckerschicht (Dragees) oder ein Film kann die Substanz einschließen. Meist erfüllen Kapseln und Überzüge Aufgaben: Sie ermöglichen es, Tabletten mit flüssigen Wirkstoffen herzustellen, erleichtern das Schlucken, überdecken einen unangenehmen Geschmack oder Geruch. Diesen Schutzfilm nicht aufbrechen.

Einige Substanzen werden durch einen Filmüberzug geschützt, weil sie lichtempfindlich sind, so Nifedipin oder Molsidomin (Angina Pectoris). Ebenso Furosemid (Entwässerung, Bluthochdruck) oder Johanniskrautextrakt bei depressiven Störungen – alle ungeteilt einnehmen. Überzogen werden Tabletten auch, um den Wirkstoff vor Luft oder Feuchtigkeit zu schützen, ihn unempfindlich gegen Magensaft zu machen, so bei Protonenpumpenhemmern wie Omeprazol-Generika; Mutaflor, Typhoral. Ebenso dürfen Präparate, bei denen ein Schutzfilm die Magenschleimhaut schützt (wie Arthotec), nicht geteilt werden. Ein Überzug kann auch dazu dienen, den Wirkstoff gesteuert abzugeben wie bei Retardtabletten. Wird die Schicht durch Teilen zerstört, kann es zu einer Überdosierung kommen.

Auch ein spezieller Aufbau der Tablette kann die Freisetzung des Wirkstoffs zeitlich steuern. Bei Manteltabletten setzt eine äußere Schicht den Wirkstoff schnell, der Kern ihn dagegen langsamer frei (wie bei Adalat SL). Teilen zerstört den Wirkverbund, auch bei der Zweischichttablette Nifehexal Uno (Blutdruck, Durchblutung). Wirkstoff wird auch verzögert freigesetzt, wenn er in Einheiten mit einer Schutzschicht versehen ist (Multiple Unit Pellet System, Mups, wie Antra Mups, Beloc Zok). Sie sollen nicht zerkaut werden, teilen darf man aber an der Bruchstelle. Das gilt auch für Retardtabletten, bei denen der Wirkstoff in eine spezielle Matrix eingebettet ist. Die Oberfläche vergrößert sich durch Brechen, der Wirkstoff kann rascher in den Blutkreislauf gelangen. Diese Tabletten können halbiert, aber nicht weiter geteilt, zermörsert oder zerkaut werden (wie das Herzmittel Corangin).

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