„Tatort“ verpasst? Kein Problem. Es genügt, das Smart-TV-Gerät mit dem Internet zu verbinden und in der Mediathek des Senders zu stöbern. Viele Mediatheken-Apps verraten das aber Firmen wie Facebook und Google. Das zeigt unser Test von TV-Mediatheken. Wir haben uns auch angeschaut, was passiert, wenn man die Mediathek über PC, Notebook, Handy oder Tablet nutzt. Ergebnis: Auf Smartphones und Tablets senden die Apps am meisten Daten.
Das Ende der Unschuld
Der Vorteil von Mediatheken erschließt sich schnell: Die Internetseiten der Fernsehsender halten auch Sendungen vergangener Tage parat. Doch der Komfort hat Folgen. „Niemand sieht, was ich sehe“ – mit dieser Anonymität ist es vorbei. Der Internetanschluss hat einen Rückkanal. Herein kommt Fernsehen, hinaus gehen Befehle, etwa zum Aufruf der Mediatheken. Das gilt auch fürs Fernsehen per Antenne via Satellit oder DVB-T2, das ohne Internet anonym nutzbar ist.
Tipp: Wir haben auch getestet, wie gut Fernsehen per Internet klappt (TV-Streaming im Test).
Unser Rat
Mediatheken der Fernsehsender befreien Zuschauer vom Korsett fester Sendezeiten. Beim Abruf aus dem Internet fließen aber Daten ab: am wenigsten über TV-Geräte, mehr über Apps der Mediatheken für Smartphones und Tablets. Sie sendeten im Test Daten an Firmen, etwa für Werbezwecke. Unkritisch waren nur Apps von SWR, WDR und die iOS-App des BR. Notebooks lassen sich datensparsam betreiben. Die Installation eines Werbeblockers hilft. Der liest aber auch mit.
TV-Apps großer Fernsehsender geprüft
Welche Daten abwandern, haben wir auch für TV-Apps großer Fernsehsender geprüft. Wir untersuchten das Datensendeverhalten beim Nutzen der Mediatheken außerdem über den Internetbrowser eines Computers und auf zwei Smart-Fernsehgeräten der Marken Panasonic und Philips. Zuschauer drücken dafür eine Taste auf der Fernbedienung, um die Funktion HbbTV zu aktivieren. Das Kürzel steht für die Verschmelzung von Fernsehfunk und Internet: Hybrid broadcast broadband Television.
HbbTV liefert statistische Daten
Fazit der Untersuchung: Zum Spion ist der schlaue Fernseher nicht mutiert. Personenbezogene Daten sendet er nicht ins Internet. Durch HbbTV hilft er aber, die Reichweite zu ermitteln: Auf wie vielen TV-Geräten lief die Quizshow, auf wie vielen der Krimi? Hatten ARD, ZDF und Co oder die privaten Sender mehr Resonanz? HbbTV liefert Daten für diese Statistiken.
Smart-TV-Gerät: Komfortabel und anonym
Wir drückten die rote HbbTV-Taste der Fernbedienung, um die Mediatheken zu nutzen, und analysierten den vom Fernseher gesendeten Datenstrom.
Fernsehkonsum erfasst. Im Datenstrom identifizierten wir insbesondere die Benutzungsstatistik und die Angabe zum Bundesland, in dem der Fernseher lief. Diese Infos gingen bei fast allen an die Firma InfOnline. Das deutsche Unternehmen betreibt Marktforschung für viele Fernsehsender. Letztlich erfassten alle TV-Geräte mit zwei bis sechs Trackern den Fernsehkonsum, und zwar oft unverschlüsselt. Daten mit direktem Rückschluss auf konkrete Personen fanden wir aber nicht.
Hoher Komfort. Der Nutzer muss den Internetanschluss nur einmal einrichten – das macht der Fernseher beim Anschluss über ein Netzwerkkabel sogar automatisch. Ab dann muss nur noch die rote Taste gedrückt werden. Allerdings ist eine schnelle Internetverbindung erforderlich – ein Anschluss mit 16 Mbit/s sollte es schon sein.
Smartphone und Tablet sind mitteilsamer
Viele Apps der privaten Sender verschickten mehr Daten als die Fernseher und vor allem an mehr Empfänger: bis zu acht statt maximal sechs beim TV-Gerät. Selbst öffentlich-rechtliche Sender-Apps teilen Daten mit mehr Kooperationspartnern. Etwa Arte: fünf in der iOS-App statt drei beim Fernseher. Notebook und PC lassen sich vom Nutzer mit Trackingblockern vor dem Ausspähen schützen.
Notebook und PC: Sicher, aber aufwendig
Nutzer von Mediatheken können den Datenabfluss eindämmen, indem sie einen Werbeblocker installieren.
Privatsphäre. Webseiten der Mediatheken erfassen vor allem Nutzungsstatistiken. Bei ARD, Arte, ZDF gingen sie an weniger Zieladressen als bei RTL, ProSieben und Sat.1. Ein Blocker halbierte etwa die Zahl der Empfänger.
Geringer Komfort. Fachwissen ist erforderlich. Nutzer müssen dem Anbieter des Werbeblockers vertrauen.
Fernseher füttert Zuschauerstatistik
Nach unseren Testergebnissen balancieren Fernsehgeräte Komfort und Privatheit am besten aus. Ihr Bild ist groß, die Fernbedienung liegt vertraut in der Hand, der Fernsehsessel schmeichelt dem Rücken.Doch jeder ans Internet angeschlossene Fernseher sendet automatisch schon beim Zappen auf einen Sender mit HbbTV-Funktion das Umschaltsignal ins Internet: zum Abruf der Startseite der Mediathek und auch an InfOnline, eine Firma mit Sitz in Deutschland. Sie generiert daraus eine Reichweitenmessung. Solche Daten bekommt sie nicht nur vom smarten Fernseher, sondern auch von Apps sowie beim Aufruf der Mediatheken via Computer.
Nur fünf Apps sind verschwiegen
So harmlos wie Fernseher sind Smartphone-Apps nicht. Sie schickten Daten nicht nur an InfOnline, sondern noch an viele andere Firmen. Zieladresse war etwa Google. Die Apps etwa von ProSieben, RTL, Sat.1, TV Now Plus und Vox sendeten Daten dorthin. Aber auch Facebook wird von einigen beliefert. Das stellten wir bei den Apps von Arte, ProSieben, Sat.1 und TV Now Plus fest. Von den MDR-Apps erhielt Bing, also der Konzern Microsoft, konkrete, nachverfolgbare Informationen zum verwendeten Smartphone. Solche Informationen sendeten auch etliche andere Apps – nur nicht an Microsoft, sondern an weniger bekannte Firmen wie Xiti, die etwa das Marketing der Anbieter verbessern sollen. Häufig übermittelten die Apps Benutzungsstatistiken und alle als kritisch bewerteten sendeten den Namen des Mobilfunkanbieters. Verschwiegen sind nur die Apps von SWR, WDR und die Apple-Variante der Mediatheken-App des Bayrischen Rundfunks.
Smartphone und Tablet: Apps senden die meisten Daten
Wir prüften Mediatheken-Apps mit den Smartphone-Betriebssystemen Android und iOS. Die meisten Apps sind kritisch (Tabelle Apps sind oft neugierig).
Viele Apps in Plauderlaune. Die Apps der öffentlich-rechtlichen Sender verschickten tendenziell weniger Daten als die der privaten und teilten sie mit weniger Partnerfirmen. Ausnahmen waren Arte und ZDF: Ihre iOS-Apps sendeten Daten an mehr Kooperationspartner als die der anderen öffentlich-rechtlichen Sender, die Arte-App zum Beispiel an Facebook, das unter anderem die Benutzungsstatistik erhielt. Oft fanden wir auch bei anderen Apps unnötige Datensammelei, wie die Angabe des Mobilfunkanbieters und Infos, anhand derer die Empfängerfirmen Smartphones eindeutig wiedererkennen. Datensammler können damit leicht die Nutzung zu einem individuellen Profil verdichten.
Hoher Komfort. Apps sind schnell installiert und lassen sich mit einem Fingerwisch besonders einfach bedienen.
Datenschutz-Grundverordnung zwingt Sender zu Änderungen bei den Apps
Unsere Tabelle spiegelt übrigens den Stand nach dem 25. Mai wider. Wegen der seitdem geltenden Datenschutz-Grundverordnung renovierten viele Anbieter ihre Apps – und wir prüften nach. Siehe da: Das ZDF zum Beispiel kooperiert nun nicht mehr mit Facebook und entfernte etwa das Facebook-Login. Andere liefern Datensammlern nun mehr Details. Beispielsweise sendet die Android-App von TV Now Plus die Benutzungsstatistiken nicht nur an zwei, sondern an vier Kooperationspartner. Unsere Urteile änderten sich kaum: Immer noch gehen für das Funktionieren der App unnötige Daten an diverse Firmen.
Das Geschäftsmodell
Google, Facebook und Co sammeln Daten ihrer Nutzer und machen sie zu Geld, etwa durch zielgruppenangepasste Werbung. Da hat die Übermittlung etwa des Mobilfunkproviders durchaus ein Geschmäckle: Die Kosten der Tarife unterscheiden sich – und damit auch die erwartbare Zahlungsbereitschaft der Kunden. Das könnte in ein Nutzerprofil einfließen und etwa Preise oder Zahlungsbedingungen bei Onlineangeboten beeinflussen. Nur die unkritischen Apps sendeten keine unnötigen Daten. Sie belegen: Es geht also auch ohne.
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Kommentar vom Autor gelöscht.
Danke für die Auskunft. Ich möchte hiermit förmlich dagegen protestieren. Ein "sie können sich hier drüben abmelden" reicht nicht.
"Anzeige-Erfolg bewerten" ist es nicht Wert die Privatsphäre aller Ihrer Nutzer auszuhöhlen. Bitte stellt das umgehend wieder ab. Wenn Sie eine Auswertung wünschen, würde ich dafür plädieren, dass Sie die Daten wenigstens selbst erheben und verarbeiten (und eben _nicht_ an Google weiter geben).
@Tschepe: Die Stiftung Warentest wirbt im Internet mit suchwort- und inhaltsbezogener Online-Werbung. Um den Erfolg der Anzeigen zu erfassen, verwenden wir das Google AdWords Conversion-Tracking, einen Analysedienst der Google Inc., 1600 Amphitheatre Parkway, Mountain View, CA 94043, USA („Google“), und das Universal Event Tracking, einen Analysedienst der Microsoft Corporation, One Microsoft Way, Redmond, WA 98052–6399, USA.
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Zu meiner Überraschung musste ich vor wenigen Tagen feststellen, dass die Website der Stiftung Warentest das Surfverhalten all ihrer Leser an Google weitergibt (siehe Seitenquellcode: https://www.googletagmanager.com/), auch wenn Scripting im Browser deaktiviert ist (siehe verborgenes <iframe>- im <noscript>-Tag).
Google weiß also zumindest, wann Sie welche test.de-Artikel gelesen haben! Diese Informationen können durch die IP-Adresse und andere identifizierende Merkmale (nicht nur Cookies!) mit allen anderen von Google überwachten Aktionen von Ihrem Internet-Anschluss (ggf. WLAN, Smart-TV, ...) in Verbindung gebracht werden.
Das ist keine Verschwörungtheorie sondern schlichte Netzwerktechnik.
Schade. Die Stiftung Warentest könnte das leicht verhindern: Liebe StiWa, bitte benutzen Sie andere Techniken zur Analyse Ihres Traffics!
Zur Info: Unter https://mediathekview.de/ findet man das gleichnamige Programm, mit dem man sich - nach Download und Installation - das gesamte Mediatheken-Angebot der öffentlich-rechtlichen Anstalten anschauen, gezielt nach Filmen, Beiträgen, Themen etc. suchen und anschließend herunterladen kann.