Fast alle Modefirmen profitieren von Billiglöhnen. Starkes Engagement für Soziales und Umwelt zeigt nur hessnatur. Viele Bioanbieter tun sich schwer nachzuweisen, dass ihr T-Shirt aus Biobaumwolle besteht.
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Testergebnisse für 20 Schwarze Damen-T-Shirts CSR 08/2010Globale Arbeitsteilung – nach diesem Prinzip funktioniert die Textilbranche. T-Shirts reisen einmal um die halbe Welt, bevor sie im Laden landen, so auch die 20 Basis-T-Shirts aus dem Warentest (siehe Test: T-Shirts aus test 8/2010).Ihr Weg in die Modeketten führt oft über mehrere Kontinente oder quer durch Europa wie beim T-Shirt von panda: genäht in Bosnien-Herzegowina, gefärbt in Deutschland, die Baumwolle importiert aus der Türkei. Wie aber steht es um die Arbeitsbedingungen in den Produktionsländern? Die Antwort gibt dieser CSR-Test. CSR steht für Corporate Social Responsibility, das freiwillige Engagement von Firmen für die Mitarbeiter und die Umwelt. In zehn Ländern bekamen wir Zutritt zu 14 Nähereien und 9 Färbereien.
H&M verweigert die Teilnahme
Keinerlei Einblicke gaben uns H&M, Mexx, NKD und zero. Gerade H&M enttäuscht – immerhin eine der erfolgreichsten Modeketten in Europa, die seit Jahren an einem grünen Image feilt. Auch andere Anbieter, die im Internet und in Broschüren viel über ihren Einsatz berichten, brachten wir durch Nachfragen in die Bredouille.
Fairtrade-Siegel mit Grenzen
Das junge Modelabel armedangels aus Köln betont im Internet zum Beispiel, dass von der Baumwollernte bis zum Druck alle Arbeiter genug verdienen würden, um ihren Familien ein Leben jenseits der Armutsgrenze zu ermöglichen. Für sein T-Shirt, das einzige mit Fairtrade-Siegel im Test, zahlt armedangels faire Preise für die Baumwolle, nicht aber für deren Verarbeitung. Hier stößt das Fairtrade-Siegel an Grenzen, da es nur einen Teil der Kette abdeckt. Im Internet spricht die Firma auch von „unseren Baumwollbauern“, was nach Nähe klingt. Sie hat aber keinen engen Kontakt zu ihnen, auch nicht zur Färberei in Portugal. Dort kannte keiner armedangels.
Kaum Bezahlung über Mindestlohn
Ein T-Shirt reist deshalb so viel um die Welt, weil die Firmen es zu möglichst günstigen Bedingungen herstellen lassen. Dazu können in Billiglohnländern noch viel mehr Überstunden geschoben werden als in Europa. Wer oft die Kollektionen wechselt, braucht flexible Lieferanten. Überstunden sind vielerorts an der Tagesordnung. In den von uns besichtigten Betrieben wurde belegt, dass diese auch bezahlt werden.
Die Kostenkalkulation der meisten Anbieter ist dennoch knallhart. Deutlich mehr als den Mindestlohn zahlen wenige, etwa hessnatur in Litauen. Auch trigema bezahlt seine deutschen Angestellten über Tarif, ebenso panda in der deutschen Färberei. Ansonsten zahlt keiner den Arbeitern mehr als den Mindestlohn oder leicht darüber, wie die Prüfung der Unterlagen und Gespräche vor Ort ergaben. Ihre Lebenskosten können die Arbeiter mit diesem Geld kaum decken.
20 Euro Monatslohn in Bangladesch
So demonstrierten in diesem Sommer die Näherinnen in Bangladesch: Statt 20 Euro Monatslohn wollen sie 58 Euro. Der Textildiscounter kik zum Beispiel, eine Tengelmann-Tochter, beendete im Jahr 2009 die Kooperation mit einer Näherei in Bangladesch wegen sehr schlechter sozialökologischer Bedingungen. Die Näherei und Färberei des kik-T-Shirts konnten wir deshalb nicht besuchen. Trotz der bekannten Missstände hat kik das T-Shirt aber verkauft.
Bei Ernsting’s family und Peek&Cloppenburg konnten wir sehen, dass sie in Bangladesch in anständiger Weise produzieren lassen und dort neben den kargen Mindestlöhnen extra Boni gezahlt werden.
Burkina Faso im Blick
Echtes starkes Engagement für Mitarbeiter und Umwelt zeigt allein Naturmodeanbieter hessnatur. Als einziger kann er den Anbau und die Weiterverarbeitung der Baumwolle, in seinem Fall Biobaumwolle aus Burkina Faso, souverän überblicken. Bei C&A fällt positiv auf, dass sich beide indischen Fertigungsstätten durch eine weit entwickelte Sozial- und Umweltpolitik auszeichnen – mehr als mancher europäische Betrieb .
Bioanbieter straucheln
Generell kennen Bioanbieter die Produktionskette besonders gut. Nicht so in diesem CSR-Test. So konnte CSR-Pionier Otto nicht lückenlos beweisen, dass sein T-Shirt aus Biobaumwolle besteht. Und das, obwohl für jede Stufe – vom Anbau bis zum Händler – Zertifikate vorliegen müssten. Auch bei den T-Shirts von armedangels, panda und trigema, alle drei aus Biobaumwolle, wissen wir nicht, ob beim Anbau Biokriterien eingehalten wurden. In manchen Betrieben ist zudem die Vermischung mitkonventioneller Baumwolle nicht auszuschließen. Somit bleiben Zweifel, ob ihre T-Shirts wirklich aus 100 Prozent Biobaumwolle bestehen. Kontrolle und Transparenz müssen hier noch verbessert werden.
Der Vorteil von Biobaumwolle liegt trotzdem auf der Hand: Der Bioanbau verzichtet auf chemische Pflanzenschutzmittel. Der konventionelle Baumwollanbau verbraucht dagegen 10 Prozent aller weltweit eingesetzten Pestizide. Laut Weltgesundheitsorganisation sterben jährlich tausende Feldarbeiter an den Folgen.
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Kommentarliste
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Meiner Meinung kann man die Prdoduktionsbedingungen in Portugal (EU) mit denen z.B. in Bangladesh nicht vergleichen.
Und dass ein Label unter einem anderen Namen produziert, als sein Markenname ist, ist meiner Meinung nach auch nicht ungewohnlich.