AWD-Gründer Carsten Maschmeyer zieht sich aus dem Verwaltungsrat beim Schweizer Lebensversicherer Swiss Life zurück. Maschmeyer hatte den wegen dubioser Vermittlungsmethoden in der Kritik stehenden Finanzvertrieb AWD 2008 an die Schweizer verkauft . Mit seinem Schritt wolle er Angriffen auf seine Person und gegen den AWD den Boden entziehen, teilte Swiss Life mit.
Maschmeyer: Angriffe auf meine Person unberechtigt
Carsten Maschmeyer zieht sich nicht nur mit sofortiger Wirkung aus dem Verwaltungsrat des größten Schweizer Lebensversicherer Swiss Life zurück, sondern reduziert auch seinen Aktienanteil an der Swiss Life von gut fünf auf unter drei Prozent, teilte das Unternehmen mit. Die Beteiligung Maschmeyers, der größter Einzelaktionär von Swiss Life ist, soll einen Wert von 125 Millionen Euro haben. „Ich möchte mit diesem Entschluss den unberechtigten Angriffen auf meine Person und auf AWD den Boden entziehen“, zitierte Swiss Life Maschmeyer.
Rückzug soll öffentliche Darstellung versachlichen
Maschmeyer sei überzeugt, dass sein Rückzug aus der Swiss Life „zu einer Versachlichung in der öffentlichen Darstellung“ beitrage. Vorwürfe, dass er operativen Einfluss auf den AWD nehme, seien damit „absolut gegenstandslos“. Swiss Life habe die Entscheidung Maschmeyers „mit großem Respekt“ zur Kenntnis genommen, erklärte Verwaltungsratspräsident Rolf Dörig.
In Österreich mehrere Sammelklagen gegen AWD anhängig
Die Swiss Life, die AWD für 1,2 Milliarden Euro gekauft hatte, muss seit dem Kauf des AWD mit vielen Problemen kämpfen. Zahllose Kunden des Finanzvertriebs fühlen sich falsch beraten und wollen auf Schadenersatz klagen. In Österreich sind es rund 2 500 Anleger. Sie werfen dem AWD Österreich vor, ihnen Aktien des Wiener Immobilienentwicklers Immofinanz als sichere Investments – vergleichbar einem Sparbuch – empfohlen zu haben. Es geht um einen Streitwert in Höhe von 40 Millionen Euro. Der AWD hat angeboten, jeden Fall einzeln zu prüfen. Der Verein für Konsumenteninformation (VKI), Partnerorganisation der Stiftung Warentest, fordert jedoch eine Pauschallösung für alle Opfer. Er geht von systematischer Falschberatung aus.
NDR: Klagewelle auch in Deutschland möglich
Nach Informationen des Magazins ARD-„Panorama“ drohen AWD weitere Schadenersatzklagen in dreistelliger Millionenhöhe, weil die Tochterfirma des AWD überhöhte Provisionen für langjährige Fondsbeteiligungen kassiert haben soll. Laut NDR belegen Dokumente aus der Zeit um das Jahr 2000, dass in vielen Fällen offenbar mehr als 15 Prozent Provision geflossen sind. Laut geltender Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) hätte der AWD seine Kunden über Provisionen, die mehr als 15 Prozent des Anlagekapitals betragen, aufklären müssen.
Abwicklung über Tochterfirma AIMS
Die überhöhten Provisionen wurden nach Recherchen des NDR über eine Tochterfirma des AWD-Konzerns mit Namen Allgemeine Immobilien, Makler & Service GmbH (AIMS) abgewickelt, über deren dubiose Immobiliengeschäfte Finanztest berichtet hat (Eigentumswohnung als Geldanlage: "Dafür haben wir einen Topf"). Zwischen dieser Tochterfirma und dem eigentlichen Finanzvertrieb des AWD wurden die Provisionen laut NDR anschließend aufgeteilt. Einzelheiten können Anleger heute Abend in der Sendung Panorama, die um 21 Uhr 45 in der ARD gesendet wird, erfahren.
AWD bestreitet Provisionen über 15 Prozent
AWD-Sprecher Bela Anda weist die Vorwürfe des NDR zurück. Die Provisionspraxis des AWD stehe im Einklang mit der geltenden BGH-Rechtsprechung. Laut Anda beziehen sich Provisionen immer auf die Höhe des vermittelten Gesellschaftsanteils, die in einer der von dem NDR publizierten Listen vom 14. August 2000 missverständlich als „Gesamtaufwand“ bezeichnet worden seien. Bei „korrekter Betrachtung“ ergebe sich selbst aus der vom NDR vorgelegten Liste ein Provisionssatz von deutlich unter 15 Prozent auf den vermittelten Gesellschaftsanteil.
Schadenersatz bei überhöhten Provisionen
Hat AWD mehr als 15 Prozent des Anlagekapitals als Provision genommen, haben betroffene Anleger gute Chancen auf Schadenersatz. Denn auch jetzt sind noch Schadenersatzforderungen für Fondskäufe ab 1990 möglich. Aber Achtung: Bei Fondskäufen bis Ende 2001 ist Eile geboten. Schadenersatzforderungen verjähren in solchen Fällen Ende dieses Jahres. Betroffene Anleger sollten sich deshalb umgehend an einen spezialisierten Rechtsanwalt wenden und ihre Ansprüche prüfen lassen.
Keine Kick-Back-Haftung freier Anlageberater:
Bundesgerichtshof, Urteil vom 03.03.2011
Aktenzeichen: III ZR 170/10
Haftung bei überhöhten Provisionen:
Bundesgerichtshof, Urteil vom 09.02.2006
Aktenzeichen: III ZR 20/05