Fledermäuse würden Super Audio wählen. DVD-Audio und SACD können Töne wiedergeben, die kein Menschenohr mehr hört. Für unsere Prüfer klang eine normale CD genauso gut.
Stille. Sechs Menschen sitzen um einen Tisch und sind ganz Ohr. Höchste Konzentration prägt die Gesichter. Die Augen geschlossen, den Kopf auf den Arm gestützt. Einer schlägt leise den Stift im unhörbaren Takt. Die Muscheln der Kopfhörer verbergen, dass hier Tschaikowsky den Ton angibt. 53 Sekunden einer Polonaise von CD. Pause, und das gleiche Stück erneut, diesmal von der Super-Audio-CD. Papier raschelt, die Prüfer bewerten ihren Eindruck.
Keine Unterschiede zu hören
Im Nebenraum werden die Scheiben gewechselt, der Super-Audio-CD (SACD) folgt DVD-Audio. Keiner der Prüfer weiß, welcher Tonträger gerade an der Reihe ist. Immer wieder die gleichen 53 Sekunden in unterschiedlichen Kombinationen. Am Ende kennen unsere Prüfer jeden Ton und jede Nuance – alle sind erfahrene Musikhörer. Das Ganze dann mit Jazz und Pop wiederholt, insgesamt sieben Tonbeispiele. Danach sprechen alle aus, was später die statistische Analyse der Bewertungen bestätigt: Zwischen CD, SACD und DVD-Audio sind praktisch keine Unterschiede zu hören.
Dabei wird das Tonsignal bei den neuen Audioformaten Super-Audio-CD und DVD-Audio um ein Vielfaches öfter abgetastet als bei einer herkömmlichen CD. Die technischen Daten sind beeindruckend. Damit lassen sich theoretisch extrem hohe Töne aufzeichnen, bis zu 100 000 Hertz (Schwingungen je Sekunde). Fledermäuse, die so hohe Töne wahrnehmen können, hätten vielleicht ihre Freude daran, doch Menschen müssen bei zirka 20 000 Hertz passen. Auch die anderen Vorzüge lassen Experten eher kalt.
Doch Sony und Philips, die schon die CD auf den Markt brachten, tun jetzt alles für den Erfolg ihrer SACD. Sie versprechen „Audio pur“ und eine „außergewöhnliche Tonqualität“. Mit aller Macht werden die neuen Scheiben und kompatible Abspielgeräte auf den Markt gebracht. Trotzdem lässt der Siegeszug der hoch auflösenden Formate auf sich warten. Rund 200 000 Super-Audio- und DVD-Audio-Scheiben setzte die Branche im ersten Halbjahr 2003 in Deutschland ab, verglichen mit über 55 Millionen bespielten CDs. Aber auch das ist kein guter Wert, die Branche steht mit dem Rücken zur Wand: Umsatzeinbruch um 16 Prozent im Vergleich zu den ersten sechs Monaten des Vorjahres. Raubkopien werden als Hauptgrund ausgemacht, da kommen die neuen Audioformate gerade recht: Sie sind kopiersicher. Mehr Gewinn versprechen sie auch. Für die DVD-Audio- und SACD-Aufnahmen im Test zahlten wir bis zu 35 Euro, auf CD kosteten die gleichen Aufnahmen nur 20 Euro.
Unbestreitbares Plus der neuen Technik allerdings: Neben den beiden Stereokanälen sind noch bis zu sechs weitere Kanäle getrennt gespeichert. Mehrkanalton bringt einen merklichen Gewinn an „Räumlichkeit“ des Hörens – für den, der eine Surround-Anlage mit entsprechend vielen Lautsprecherboxen guter Qualität sein Eigen nennt. Surround-Anlagen nutzen bisher vor allem Heimkino-Liebhaber. Jetzt soll der Mehrkanalton auch HiFi-Fans schmackhaft gemacht werden.
Und tatsächlich schnitten DVD-Audio und SACD in einem zweiten Hörtest mit einer Surround-Anlage geringfügig besser ab als die Mehrkanalaufnahme einer Video-DVD – kein Wunder, denn die Tondaten auf einer Video-DVD sind mit Verlust an Qualität komprimiert.
Mit Tücken rechnen
Um mit einer Surround-Anlage räumlich hören zu können, heißt es, zunächst Kabel für die Boxen (meist sechs an der Zahl) zu verlegen. Das kann Stolperstrecken schaffen. Schalllaufzeit und Lautstärke der einzelnen Boxen müssen akribisch justiert werden – und den besten Raumeindruck gibt es nur in einer zwischen ihnen genau austarierten Sitzposition.
Auch die Handhabung von Verstärker und Abspielgerät ist viel komplizierter als bei der guten, alten Stereoanlage.
Als lästig erwies sich in unserem Test zudem, dass außen auf der SACD oder DVD-Audio meist nicht erkennbar war, um welche Art der Mehrkanalaufnahme es sich handelt: Die gebräuchlichen 5.1-Surround-Aufnahmen brauchen für die Wiedergabe fünf Surroundboxen, die durch einen Basslautsprecher (Subwoofer) unterstützt werden. Dieser Kanal überträgt nur die tiefen Töne. Dagegen bringen bei 6.0-Aufnahmen alle Kanäle das ganze Tonspektrum, was jedoch sechs Surroundboxen ohne Subwoofer erfordert. Da jeder normalerweise aber nur eine Anlage hat, heißt das: Je nach Variante müsste sie für einen optimalen Höreindruck neu eingerichtet werden.
Auch die CD ist super
Überwältigend ist das Angebot an Super- Audio-CDs bisher noch nicht: Knapp 1 000 Titel auf SACD und etwa 500 auf DVD-Audio zählt der Phonoverband auf dem deutschen Markt. Einer der Gründe für den Vorsprung der SACD: Im Unterschied zur DVD-Audio wird sie meist als Hybrid-CD angeboten. Die können auch normale CD-Spieler lesen – natürlich „nur“ in CD-Qualität. Aber auch die kann hervorragend sein: Nachdem die Prüfer keine Unterschiede zwischen Super Audio und normaler CD hören konnten, maßen sie die Ausgangssignale von Tonbeispielen in unserem Test. Ergebnis: Auch messtechnisch waren im Frequenzspektrum und Signalverlauf keine merklichen Unterschiede im hörbaren Bereich festzustellen. Mögliche Erklärungen: Entweder enthielt die SACD-Stereospur eigentlich eine verkappte Aufnahme in CD-Qualität. Oder die aufwendigere SACD-Aufnahmetechnik sorgt dafür, die Möglichkeiten des CD-Formats völlig auszuschöpfen – mit dem Ergebnis einer Superqualität auf CD. In beiden Fällen gibt es für Stereofreunde derzeit kaum überzeugende Gründe, zum teureren Super-Audio-Format zu greifen.
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Kommentar vom Administrator gelöscht. Grund: Schleichwerbung
Stefan Bock vom Mastering Studio München meinte zu der Super Audio CD, dass nach einem Tag Musik hören die Ohren nach der Arbeit einfach nicht mehr klingeln wie bei PCM-kodierter Musik. Das ist auch für mein Empfinden so: Musik zu hören ist mit der Super Audio CD weniger anstrengend für die Ohren. Dass Probanden, denen man eine normale CD und und dann eine Super-Audio-CD vorspielt, da keinen klanglichen Unterschied feststellen können, ist wohl klar. Die Verbesserung bei einer Super-Audio-CD ist sehr subtil, aber meiner Meinung nach ein echter Gewinn für den Musikgenuss. Aber in Zeiten in denen sich die Leute schlechte mp3's auf ihren PC-Boxen anhören, wird sich so ein Format kaum auf dem Markt durchsetzen.
1) "übliche lautsprecher": es gibt durchaus hochtöner, die nicht so sehr bündeln. außerdem gilt beim abtasten: das sampling muß *mindestens* der doppelten frequenz entsprechen. (http://de.wikipedia.org/wiki/Nyquist-Shannon-Abtasttheorem)
2) in hifi-kreisen ist bekannt, dass die höheren töne nicht unbedingt wahr genommen werden, dass die musik aber mit selbigen "luftiger" klingt. frequenzmessungen von chassis werden aus genau diesem grund üblicherweise bis 40khz durchgeführt
3) "dynamik eingeengt": stimmt, leider! guter artikel dazu: http://de.wikipedia.org/wiki/Loudness_war
wenn also bei mehr zur verfügung stehender dynamik die kompression reduziert würde, ist das ein klanglicher gewinn! vgl: "soldier side" von system of a down, versus "brothers in arms" von dire straits.
4) wenn medien mit höherer abtastung und dynamik besser abgemischt werden (weil mehr spielraum), ist das doch ein argument dafür, oder etwa nicht?