Laura Ritter und Regine Schenkenberger arbeiten bei den Berliner Bildungsberatungsstellen Jobassistenz Berlin und Lernladen Pankow, wo sie Studienabbrecher und Zweifler beraten. Im Interview erklären sie, warum eine Beratung wichtig ist, was sie leisten kann und wie sie bei der Suche nach einer neuen beruflichen Perspektive unterstützen kann.
Warum ist eine Beratung vor oder nach einem Studienabbruch so wichtig?
Laura Ritter: Wer sein Studium abbricht oder den Ausstieg in Erwägung zieht, empfindet das häufig als Scheitern oder Versagen. Die Gefahr dabei: Man kann in ein psychisches Loch fallen. Deshalb ist es in dieser Situation so wichtig, eine neue Perspektive zu entwickeln und sich neue Ziele zu setzen. Dabei kann eine Beratung helfen. Wir empfehlen, sich so frühzeitig wie möglich beraten zu lassen. Oft quälen sich Studierende lange durch ihr Studium, bevor sie abbrechen, weil sie denken, es gäbe keine anderen Möglichkeiten.
Was kann eine Beratung leisten und was nicht?
Regine Schenkenberger: Eine Beratung kann Alternativen zum Studium aufzeigen und die Ratsuchenden dabei unterstützen, einen neuen Weg für sich zu finden. Handeln und das Besprochene in die Tat umsetzen muss nach der Beratung aber jeder selbst. Wir helfen dabei, die einzelnen Handlungsschritte zu planen und die Ratsuchenden zu motivieren. Den neuen Weg gehen müssen sie aber allein.
Wie läuft eine Beratung für Studienabbrecher ab?
Laura Ritter: Wir vereinbaren ein Erstgespräch, in dem wir klären, was jemand braucht. Vielen genügt oft schon dieses eine Gespräch, um sich zu sortieren und sich über die nächsten Schritte klar zu werden. Wer grundlegende Orientierung braucht, kann bei uns bis zu fünf Beratungstermine wahrnehmen. Da erarbeiten wir, welche Interessen und Fähigkeiten jemand hat, und entwickeln ein persönliches Profil, um die Berufswünsche zu präzisieren. Ist eine neue Perspektive gefunden, begleiten wir die Ratsuchenden auch gern beim Übergang, zum Beispiel in eine Berufsausbildung.
Was sind Ihrer Erfahrung nach die häufigsten Gründe für das Studienaus?
Regine Schenkenberger: Der Leistungsdruck im Studium ist seit der Bologna-Reform, also der Umstellung auf Bachelor- und Masterstudiengänge, enorm gestiegen. Die meisten, die in die Beratung kommen, fühlen sich in ihrem Studienfach dauerhaft überfordert, sind durch Prüfungen gerasselt oder wurden exmatrikuliert, weil sie notwendige Leistungen nicht erbracht haben.
In welcher Verfassung kommen die Ratsuchenden zu Ihnen?
Laura Ritter: Einige sind frustriert und traurig, andere optimistisch und befreit. Sie sind erleichtert, endlich einen Schlussstrich gezogen zu haben, und freuen sich darauf, etwas Neues in Angriff zu nehmen. Viele, die kommen, haben schon Gespräche mit anderen Beratungsstellen geführt, zum Beispiel mit der Studienberatung ihrer Universität. Dort haben sie Ideen entwickelt, die sie nun gerne mit einer neutralen Person diskutieren wollen.
Gibt es einen generellen Rat, den Sie Studienabbrechern mit auf den Weg geben können?
Laura Ritter: Wichtig ist, den Abbruch nicht als Scheitern zu sehen. Neulich saß eine verzweifelte 22-Jährige bei mir, die meinte, sie hätte ihr Leben verpfuscht, weil sie ihr Studium abgebrochen hat. Das ist Quatsch! Die Studienzeit war nicht umsonst – jeder kann Wissen, Fähigkeiten und Lebenserfahrung aus diesen Monaten oder Jahren mitnehmen. Das sollte man wertschätzen. Unser Rat lautet deshalb: Macht einen Haken hinter das Studium, und dann auf zu neuen Ufern – es gibt viele Möglichkeiten!
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