Verbraucher verlieren bei der privaten Vorsorge fürs Alter und bei anderen Finanzanlagen durch mangelhafte Beratung und Information einer Studie zufolge mehr als 50 Milliarden Euro pro Jahr. Alleine 16 Milliarden Euro entfielen auf Einbußen aus Lebensversicherungen, wie es in der von dem Bamberger Finanzwissenschaftler Andreas Oehler im Auftrag der grünen Bundestagsfraktion erstellten Studie heißt.
Hohe Verluste bei vorzeitig gekündigten Policen
Bei Lebensversicherungen etwa entstünden vielen Verbrauchern Verluste, wenn sie diese Verträge vor Ablauf der Laufzeit kündigten, heißt es in der Untersuchung von Professor Oehler, der auch Vorsitzender des Verwaltungsrats der Stiftung Warentest ist. Demzufolge werden mehr als drei Viertel der für 30 Jahre abgeschlossenen Verträge vorzeitig beendet. Bei Policen mit einer Laufzeit von 20 Jahren halten rund 55 Prozent der Kunden den Vertrag nicht bis zum Ende durch. Bei 12 Jahre laufenden Verträgen werden 32 Prozent nicht regulär beendet. Verbraucher seien oft nicht über die Kosten informiert, die bei einer solchen vorzeitigen Beendigung entstünden. Nach Daten der Versicherungsbranche entstehe durch eine jährliche Stornoquote von vier Prozent ein Schaden von 16 Milliarden Euro.
8 667 Euro eingezahlt, 34 Euro Rückkaufswert
Der Schaden für den einzelnen Kunden ist oft enorm. So hatte ein Kunde des Deutschen Rings 8 667 Euro Beitrag in eine Rentenversicherung mit Fondsinvestment eingezahlt. Als er kündigte, betrug der Rückkaufswert knapp 34 Euro. Durch verbraucherfreundliche Urteile des Bundesgerichtshofes in jüngster Zeit können sich allerdings immer mehr Kunden mit vorzeitig gekündigten Verträgen Hoffnungen machen, dass sie einen Nachschlag auf den Rückkaufswert bekommen: Lebensversicherung: Schnell Geld nachfordern.
Mehr als ein blaues Auge auf grauem Kapitalmarkt
Noch größer als bei Lebensversicherungen seien die Verluste durch Investitionen von Privatanlegern in den sogenannten grauen Kapitalmarkt, heißt es in der Untersuchung weiter. Beim grauen Kapitalmarkt handelt es sich um einen kaum regulierten Teil des Kapitalmarktes. Daher kommt auch der Name. Ein Beispiel für solche Anlageprodukte sind geschlossene Immobilienfonds: Geschlossene Immobilienfonds:40 von 58 Fonds fallen durch. Nicht selten seien am grauen Kapitalmarkt auch „windige Vermittler“ aktiv, hieß es in der Studie. Der Finanzschaden für Verbraucher auf dem grauen Kapitalmarkt werde jährlich auf 30 Milliarden Euro geschätzt. test.de warnt regelmäßig vor windigen Angeboten auf dem grauen Kapitalmarkt: Geldanlageangebote: Warnliste.
Verbraucher verschenken Geld bei der Riester-Rente
Bei der Riester-Rente verschenkten viele Verbraucher Geld, weil sie die ihnen zustehenden staatlichen Zulagen nicht beantragten, Die Zulagenförderung werde „nur sehr unzureichend in Anspruch genommen“, so Oehler. Ein knappes Fünftel der berechtigen Personen bekomme weniger als die Hälfte der Grundzulage. Insgesamt dürften sich die Schäden daraus auf eine Milliarde Euro belaufen.
Tipp: Achten Sie nicht nur darauf, die volle Zulage zu nutzen, sondern wählen Sie auch ein gutes Riester-Angebot aus. Nur mit einem guten Angebot lohnt sich die Riester-Rente wirklich: Die Riester-Tests von Finanztest: Alle Riester-Sparformen im Vergleich.
Abgeordnete kritisieren Anbieter
Die Verbraucherexpertin der Grünen im Bundestag, Nicole Maisch, forderte angesichts der Untersuchungsergebnisse gesetzliche Grenzen für Gebühren und Provisionen, die Verbraucher bei Abschluss von Finanzgeschäften zahlen müssten. Solche Abgaben dürften „nicht länger an der Rente der Sparer zehren“. Der für die Altersvorsorge zuständige Berichterstatter der CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Bundestagsfinanzausschuss, Mathias Middelberg kritisierte, derzeit bleibe „zu viel Geld bei den Anbietern hängen“. Die Riester-Rente funktioniere „nicht so effizient wie gedacht“, sagte der CDU-Parlamentarier im Deutschlandfunk.