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Wie viel Geld Energieversorger monatlich kassieren dürfen, ist klar geregelt: Der Verbrauch entscheidet. Trotzdem gibts oft Streit. Finanztest erklärt die Regeln für die Abschlagszahlung bei Strom und Gas – und sagt, was Kunden tun können, wenn der Energieversorger nicht spurt.
Die Regeln sind eindeutig
Erstaunlich: Immer wieder gibts Ärger um die laufenden Zahlungen für Strom und Gas. Dabei sind die Regeln eindeutig: Kunden müssen pro Monat ein Zwölftel des Betrags zahlen, der dem Energieversorger fürs laufende Jahr wahrscheinlich zusteht. Das ist leicht zu errechnen, wenn der Anschluss schon im Vorjahr bestand und sich die Faktoren für den Energieverbrauch nicht geändert haben: Die im Vorjahr verbrauchten Kilowattstunden sind mit dem aktuellen Preis einschließlich aller Steuern und Umlagen zu multiplizieren, etwaige Gebühren zu addieren und der Gesamtbetrag auf die nächsten zwölf Monate zu verteilen.
Erhöhung nur bei steigenden Preisen ...
Das heißt auch: Bei gleichbleibendem Verbrauch darf der Energieversorger höhere Zahlungen nur verlangen, wenn Strom- oder Gaspreis oder Gebühren steigen.
... oder veränderten Wohnverhältnissen
Etwas schwieriger wird es bei Einzug in eine neue Wohnung oder wenn sich wegen neuer Geräte, energieintensiver Bauarbeiten, Familienzuwachs oder Auszug erwachsener Kinder der Verbrauch ändert. Der Energieversorger muss dann so gut wie möglich schätzen, wie hoch der Energieverbrauch und damit die Jahresrechnung sein werden. Energieversorger haben reichlich Vergleichsdaten und können ziemlich gut schätzen – wenn sie wollen.
System oder Versehen?
Trotz klarer Regeln gibt es häufig Ärger.
- ExtraEnergie verurteilt. Regelmäßig hielt der Energieversorger ExtraEnergie an hohen Monatsabschlägen fest, obwohl den Kunden für das vorangegangene Jahr teilweise mehr als 500 Euro Gutschrift zustand. Eine Klage der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen stoppte das Unternehmen. Klare Ansage des Landgerichts Düsseldorf: Mehr Geld als absehbar nötig zu kassieren, ist rechtswidrig (Az. 12 O 474/12). Verstößt ExtraEnergie gegen die Vorgaben der Richter, drohen Ordnungsgelder von bis zu 250 000 Euro oder Haft für die Geschäftsführer.
- Leserbeschwerde zu Eon. Gleich zweimal schoss Eon bei der Berechnung der monatlichen Gas-Abschlagszahlungen von Finanztest-Leser Daniel Casado aus Duisburg übers Ziel hinaus und berechnete bis zu 85 Euro zu viel. Ursache unbekannt. „Wir haben leider feststellen müssen, dass uns hier ein handwerklicher Fehler unterlaufen ist, für den wir uns ausdrücklich entschuldigen möchten“, sagte Eon-Sprecher Maximilian Heiler.
- Trick mit elf Abschlägen. Oft heißt es bei Energieversorgern so oder so ähnlich: „Bei uns zahlen Sie elf Abschläge, der zwölfte wird mit dem Ergebnis der Jahresabrechnung verrechnet.“ Das ist in Ordnung, wenn zur Berechnung des Abschlags der voraussichtliche Betrag der Jahresrechnung auf zwölf Monate verteilt wird. Verteilen Anbieter die Jahreskosten dagegen auf nur elf Monate, ist das rechtswidrig. Verbraucher können verlangen, den Abschlag entsprechend, also um 8,3 Prozent, zu senken.
Bei unrechtmäßiger Erhöhung Wechsel sofort möglich
Gut für Betroffene: Weigert sich der Energieversorger zu Unrecht, die Abschlagszahlung zu senken, oder erhöht er sie ohne Grund, können sie sofort wechseln. Rechtsanwalt Thomas Hollweck, ein auf Verbraucherrecht spezialisierter Rechtsanwalt aus Berlin, erklärt: „Hält sich ein Energieversorger nicht an die gesetzlichen Regelungen, so haben Kunden das Recht, diesen Vertrag vorzeitig zu beenden.“
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@03Rosenthal12: Bitte haben Sie Verständnis: So können wir die Frage nicht beantworten. Das wäre Rechtsberatung im Einzelfall, wie sie von Gesetzes wegen Rechtsanwälten und Verbraucherzentralen vorbehalten ist. Die Stiftung Warentest informiert über die Rechtslage allgemein. Danach gilt: Sofern Kundinnen von Energieversorgungsunternehmen verpflichtet sind, monatliche Abschläge zu zahlen, dürfen diese nicht höher sein als vorraussichtlich nötig. Wenn Unternehmen nicht von sich aus gemessen am bisherigen Verbrauch angemessene Beträge einziehen, ist es unserer Ansicht nach ratsam, die Beträge selbst zu errechnen und an das Unternehmen zu überweisen. Verpflichtet sind Verbraucher dazu allerdings nicht. Ausreichend ist, wenn sie abwarten. Sie sollten möglichst sicherstellen, dass sie berechtigt geforderte Beträge auf Anforderung zahlen können.
Wir werden von Lichtblick mit Heizstrom versorgt, schon über 2 Jahre. Jährlicher Energieverbrauch lt. Abrechnung etwa 9000 kWh. Am 20.12. 2022 habe ich nach Vorliegen der neuen Preise einen Tarifwechsel in einen etwas günstigeren Tarif vorgenommen, auf der Basis der bekannten Verbrauchswerte. Die werden eher geringer wegen der Einsparbemühungen. Als ich in die Vertragsdaten dieses Wechsels schaute, musste ich feststellen, dass mir ein monatlicher Abschlag von 1.484 € empfohlen wurde bei einem Jahresverbrauch von etwa 36.000 kWh, davon 30% HT. Nach mehreren Stunden Telefondienst erklärte mir ein Mitarbeiter, das sei ein Systemfehler, den er aber nicht abstellen könne. Ich habe dann Widerspruch gegen diese unsinnigen Zahlen eingelegt, aber nichts tut sich. Auch die Übermittlung der aktuellen Zählerstände vom 31.12. 2022 öbderten nichts. (Werden derzeit überprüft). Und am 16.01. 23 ist der erste Abschlag fällig. Die Einzugsermächtigung habe ich denen entzogen. Was soll ich tun?
Nachdem ich mein Konto gesperrt und erneut mit der Hotline gesprochen hatte, wurden mir die zuviel abgebuchten Beträge zurück überwiesen. Zur Besänftigung versprach mir der Kundenservice zwei Gutschriften à 10 €, die ich nie bekam. Ende Januar kam eine Rechnung über die zu zahlenden Beträge bis Vertragsende, die ich sofort beglich. Ende März bekam ich die Schlussrechnung, die sogar ein Guthaben in Höhe von rund 16 € aufwies, das mir auch überwiesen wurde. Damit hätte mein E.ON-Abenteuer eigentlich enden sollen. Nun aber bekam ich am 27. April eine Zahlungserinnerung über 12,50 Euro. Ich rief die Hotline an. Die Dame konnte den Fall ad hoc nicht klären und rief tags darauf zurück, sagte, das habe so seine Richtigkeit, konnte aber nicht erklären warum. Ein Kollege, zu dem sie mich durchstellte, kam zu dem Schluss, dass es sich ganz offensichtlich um einen Irrtum handele und wollte mir das schriftlich bestätigen. Bislang habe ich aber nur eine Werbung für E.ON bekommen. Nie wieder E.ON!
Fehler können natürlich mal passieren. Aber nach meinem Verständnis von Rechtsstaatlichkeit, seriösem Geschäftsgebahren und Kundenfreundlichkeit bereinigt man solche Fehler umgehend, wenn man darauf aufmerksam (gemacht) wird. E.ON hingegen hat fünf Monate lang fast den doppelten Abschlag von meinem Konto abgebucht, sich mit keiner Silbe dafür entschuldigt und mich bis vor kurzem sogar noch aufgefordert ich solle ab dem 1.12. für die restlichen drei Monate meines Vertrages den angepassten Abschlag von 60 € monatlich zahlen, obwohl ich mittlerweile ein Guthaben von rund 200 € bei der E.On hatte. Hätte ich mein Konto nicht gesperrt, würde der auch zweifellos weiter abgebucht. Wenn sie nicht gar weiter die 97 € abbuchen würden. Das ist der eigentliche Skandal dabei. Die einzigen Fehler, die ich mir bei der Sache ankreiden muss sind, dass ich viel zu lange viel zu entgegenkommend war und der E.ON überhaupt jemals eine Einzugsermächtigung erteilt habe. Man lernt nie aus.
Vielen Dank für den Hinweis, auch im Namen anderer Leser!
Wir denken: Es ist in der Regel korrekt, wenn Energieversorger den Abschlag auf der Basis des Energieverbrauchs berechnen, wie er sich auf der jüngsten Abrechnung ergibt. Sie dürfen eigentlich auch die auf dieser Grundlage voraussichtlich im laufenden Jahr anfallenden Kosten auf die bis zum Ende des Abrechnungszeitraums verteilen, auch wenn von diesem Zeitraum schon wieder etliche Wochen oder sogar Monate vergangen sind. Allerdings müssen sie Kunden zwischenzeitlich gezahlte Abschläge gutschreiben. Es kann deshalb (bei gleichbleibenden Preisen, versteht sich) nicht sein, dass bei gesunkenem Stromverbrauch der Abschlag steigt. Abschläge, die dazu führen, dass zwischenzeitlich Geld zu erstatten ist, sind nicht richtig berechnet.