
Vattenfall hat seine Kunden offenbar zu spät über die zum Jahreswechsel anstehende Preiserhöhung informiert. Bis Montag, 19. November, musste das Schreiben im Briefkasten sein. Die Verbraucherzentralen Berlin und Hamburg frohlocken: Bei verspäteter Mitteilung wird die Preiserhöhung nicht wirksam. Bei Vattenfall-Kunden mit Sondertarif ist das klar. Bei Grundversorgungskunden allerdings bleiben Zweifel. test.de erklärt, wie sich Stromkunden am besten verhalten.
Chance für Widerstand
Klar ist: Wer wegen der anstehenden Strompreiserhöhungen von Vattenfall weg wechseln will, sollte das tun – auch wenn die Mitteilung zu spät oder gar nicht kam. Wie das am besten funktioniert, erklärt der aktuelle Test Anbieterwechsel leicht und lohnend. So empfiehlt es auch die Verbraucherzentrale Hamburg. Wer nicht wechseln will, muss zunächst gar nichts unternehmen und sollte die bisherigen Abschläge weiter zahlen. Thema wird die Strompreiserhöhung dann erst, wenn die Jahresabrechnung kommt – das ist oft in einem der Sommermonate. Kunden können dann die Zahlung der auf die Erhöhung entfallenden Beträge verweigern und die Schlichtungsstelle Energie einschalten, selbst vor Gericht ziehen oder abwarten, bis Vattenfall sie verklagt.
Vattenfall-Vertragskunden im Vorteil
Vattenfall ist verpflichtet, seine Kunden sechs Wochen vor einer Preiserhöhung schriftlich zu informieren. Sonst ist die Preiserhöhung unwirksam. So steht es in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen und gilt es zumindest für alle Kunden, die einen besonderen Vattenfall-Tarif gewählt haben und die nicht in Hamburg oder Berlin wohnen.
Bei Grundversorgung Rechtslage unklar
Wer keinen Vertrag mit Vattenfall abgeschlossen hat und trotzdem Strom vom Unternehmen bezieht, bekommt Grundversorgung. Die Rechtslage ist dann unklar.
- Einerseits: Nach dem Wortlaut der Grundversorgungsverordnung ist die Strompreiserhöhung schon wirksam, wenn sie öffentlich bekannt gemacht wurde. Außerdem genügt der Versorger Grundversorgungskunden gegenüber seiner Pflicht zur brieflichen Information, wenn er sie sechs Wochen vor der Preiserhöhung abschickt. Allerdings spricht viel dafür, die Regelung über den Wortlaut hinaus so zu verstehen: Die Mitteilung muss rechtzeitig sechs Wochen vor der Preiserhöhung ankommen. Schließlich sollen die Kunden die Möglichkeit haben, nach einem neuen Anbieter zu suchen und den Wechsel einzuleiten.
- Andererseits: So oder so können sich womöglich auch Vattenfall-Grundversorgungskunden auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Unternehmens berufen. In dem Regelwerk findet sich kein Hinweis darauf, dass sie nur bei Abschluss besonderer Verträge gelten sollen.
Die Vattenfall-Juristen halten es für Kunden in Berlin und Hamburg generell für ausreichend, dass das Unternehmen die Briefe mit der Information über die Preiserhöhung genau sechs Wochen vor der Preiserhöhung verschickt hat. Sie verweisen darauf: Die in Hamburg und Berlin geltenden Geschäftsbedingungen übernehmen den Wortlaut der Grundversorgungsverordnung. test.de meint: Zumindest als allgemeine Geschäftsbedingung sind die Regelungen unwirksam. Sie benachteiligen die Kunden unangemessen. Die Wirksamkeit einer Preiserhöhung darf nicht nur von einer öffentlichen Bekanntmachung abhängig sein. Außerdem macht die Information der Kunden nur Sinn, wenn sie auch rechtzeitig ankommt.
[Update 26.11.2012] test.de hat den Text um Stellungnahmen von Vattenfall und neue Argumente der Verbraucherzentrale Hamburg ergänzt.
Verbraucherzentrale Hamburg: Details & Tipps zur Preiserhöhung bei Vattenfall
Tipp: Wie Sie bequem den Strom- und Gasanbieter wechseln und welches Sparpotenzial ein Wechsel bietet, erklärt der Test Anbieterwechsel leicht und lohnend. Zum Wechsel ruft jetzt sogar das Kartellamt auf. „Auch wenn viele Stromversorger nun Kosten der Energiewende an die Verbraucher weitergeben, kann ein Anbieterwechsel in vielen Fällen zu erheblichen Einsparungen führen“, heißt es aus der Behörde. „Man kann gar nicht eindringlich genug an die Verbraucher appellieren, Preise zu vergleichen und von ihren Wechselmöglichkeiten Gebrauch zu machen.“