
Genervt von ständig steigenden Strompreisen? Das ist ein guter Anlass, den Anbieter zu wechseln und so mehrere Hundert Euro zu sparen.
Strom wird im Jahr 2017 wieder einmal spürbar teurer. Steigende Netzentgelte und eine Erhöhung der Umlage zur Förderung der erneuerbaren Energien (EEG-Umlage) treiben die Preise nach oben.
Die EEG-Umlage soll von 6,35 Cent auf 7,1 bis 7,3 Cent pro Kilowattstunde steigen, hat Agora Energiewende berechnet, eine Initiative der Mercator Stiftung und der European Climate Foundation. Die genaue Höhe stand zu Redaktionsschluss Anfang Oktober noch nicht fest. Noch dramatischer steigen die Netzentgelte. Tennet, größter Übertragungsnetzbetreiber in Deutschland, erhöht das Netzentgelt um 80 Prozent. Die Firma, in deren Einzugsgebiet rund 30 Millionen Endverbraucher leben, betreibt Hochspannungsleitungen von Schleswig-Holstein über Niedersachsen und Hessen bis nach Bayern. Die Preiserhöhung begründet Sprecherin Ulrike Hörchens mit den Folgekosten der Energiewende: „95 Prozent des Anstiegs entfällt auf sogenannte netzstabilisierende Maßnahmen.“ Im Netz von Tennet gibt es vergleichsweise viele Windkraftanlagen, deren Stromerträge von der Wetterlage abhängig sind. Die Leitungen müssen aber immer gleichmäßig ausgelastet sein. Manchmal muss der Netzbetreiber hierzu Strom von Reservekraftwerken zukaufen. Bei einer Überproduktion müssen dagegen Windkraftanlagen gegen Bezahlung abgeschaltet werden. Hinzu kommt der dringend notwendige Ausbau der Netze, der sich durch politischen Streit und lange Genehmigungsverfahren verzögert hat.
Versteckte Preiserhöhungen
Ein Durchschnittshaushalt im Tennet-Netzgebiet mit einem jährlichen Stromverbrauch von 3 500 Kilowattstunden muss künftig etwa 60 Euro im Jahr mehr zahlen, wenn man die gestiegene EEG-Umlage mit berücksichtigt. Andere Übertragungsnetzbetreiber haben ebenfalls schon Preiserhöhungen angekündigt. Sie sollen aber geringer ausfallen als bei Tennet.
Unserem Beispielhaushalt kann es aber passieren, dass der Strompreis noch stärker steigt als staatliche Abgaben und Netzgebühren. Energie-Experte Udo Sieverding von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen sagt: „Viele Versorger begründen Preiserhöhungen zwar mit gestiegenen Steuern und Abgaben, schlagen dann aber tatsächlich noch etwas oben drauf.“
Nicht ärgern, sondern wechseln
Kunden, die jetzt den Versorger wechseln, können nicht nur die Preissteigerungen wieder reinholen, sondern sparen häufig weit mehr. Die Höhe der Ersparnis hängt von Verbrauch, Wohnort des Kunden, Preis des aktuellen Tarifs und vom Aufwand ab, den ein Kunde betreiben möchte.
Wichtig: Nicht alle Tarife sind für alle Kunden gleichermaßen geeignet. Es gibt verlockende Angebote mit hohen Neukundenboni. Doch diese Tarife sind meist nur im ersten Jahr günstig. Im zweiten Jahr, wenn der hohe Bonus wegfällt, sind sie oft teurer als der alte Tarif des Kunden.
Wer also im zweiten Jahr nicht wechselt, zahlt bei diesen Tarifen drauf. Solche Tücken können sie umgehen, wenn Kunden sich vor der Tarifauswahl ehrlich einschätzen: Wie viel Aufwand wollen sie beim Stromanbieterwechsel überhaupt betreiben? Beim Einschätzen helfen unsere drei Finanztest-Kundentypen (Welcher Kundentyp sind Sie?).
335 Euro Ersparnis für viel Aufwand
Am meisten sparen aktive Wechsler, die jedes Jahr den Anbieter wechseln und die hohen Neukundenboni mitnehmen: Ein Drei-Personen-Haushalt in Berlin mit 3 500 Kilowattstunden Jahresverbrauch spart 335 Euro im Jahr, wenn er vom Tarif Easy12strom beim Grundversorger Vattenfall zu Schweiz Strom in den Onlinetarif Schweizstrom online 12 wechselt. Ein großes Plus bringt der Sofortbonus von 232 Euro, der kurz nach Lieferbeginn gezahlt wird.
Bequeme Kunden aus Berlin mit dem gleichen Verbrauch sparen immerhin noch rund 229 Euro pro Jahr, wenn sie ebenfalls aus dem Vattenfall-Tarif zu Grünwelt*, Tarif Grünstrom pur 12, wechseln. Statt eines hohen Bonus wählen sie einen Tarif, der von vornherein einen günstigeren Grund- und Arbeitspreis und bestenfalls auch im zweiten Jahr stabile Preise hat.
Viele günstige Tarife für Bequeme sind aber Onlinetarife. Das heißt: Kunden schließen den Vertrag online ab und melden so auch ihre Zählerstände. Abrechnung und Preiserhöhungen erhalten sie per E-Mail.
Wer dies nicht möchte, spart durch einen Wechsel immer noch 143 Euro pro Jahr. Wir haben diese Kunden Onlinemuffel genannt. Sie finden in unserer Tabelle geeignete Tarife.
Aktive und bequeme Kunden sollten dagegen die Vergleichsrechner Check24 und Verivox nutzen. Denn die Anbieter ändern die Preise zum Teil mehrmals wöchentlich – und nur die Vergleichsportale haben nach eigenen Angaben alle Anbieter gelistet, die bei der Bundesnetzagentur angemeldet sind.
Aktuelle Preise und Tarife
Doch sind die Preise und Bedingungen in den Vergleichsportalen korrekt? Ja, das ergab eine aktuelle Studie des Marktwächters Digitale Welt. Auch unser Test der Stromvergleichsportale aus dem Jahr 2013 kam zu diesem Ergebnis. Dennoch sollten Kunden bei der Nutzung genau hinsehen:
Für den Preisvergleich müssen sie Postleitzahl und Jahresverbrauch eintragen. Drücken sie auf den Button „suchen“, erhalten sie eine Ergebnisliste, die bereits nach bestimmten Kriterien gefiltert ist. Sie sollten sich die Suchergebnisse gut ansehen. Die ersten Tarife sind oft nicht die günstigsten, sondern Werbung. Mit den Tipps auf den folgenden Seiten finden sie aber leicht einen passenden Tarif.
* Korrigiert am 11. November 2016.