
Für Neukunden ist Gas so günstig wie seit fünf Jahren nicht mehr. Beim Strom lassen sich ebenfalls locker mehrere Hundert Euro sparen.
Das hat uns überrascht: Um 20 Prozent und mehr hoben fünf Energielieferanten unserer Leser im Jahr 2017 den Preis für Strom an (siehe Grafik unten). Im Juli hatten wir dazu aufgerufen, uns Preiserhöhungsschreiben und Vertragsunterlagen zuzuschicken. Wir wollten wissen, ob und wie viel Anbieter bei Tarifen für Kunden aufschlagen, die nicht jährlich den Versorger wechseln wollen.
Mehr als 60 Leser machten mit. Die gute Nachricht: Einige Stromfirmen änderten wenig oder gar nichts. Andere schlugen dagegen mehr als 30 Prozent auf. Kunden mit Erhöhungen dieser Größenordnung sollten sofort wechseln (Sechs Tipps für den Wechsel zum besten Vertrag). Das bringt locker einige Hundert Euro.
Wenn aber selbst bei Tarifen für Bequeme schon nach einem Vertragsjahr solche Sprünge zu befürchten sind, lohnt sich der Versorgerwechsel dann überhaupt? Ja, das ergibt sich aus unserer Untersuchung aktueller Strom- und Gaspreise eindeutig.
Das gilt vor allem auch für diejenigen, die bislang nichts geändert haben und nach wie vor in der Grundversorgung bei ihren örtlichen Stadtwerken stecken. Der Aufwand ist überschaubar. In Hamburg zum Beispiel spart ein Wechsel beim Strom allein mehr als 180 Euro im Jahr (Flexible Tarife für bequeme Kunden).
Gaspreise auf Fünfjahrestief
Für viele der mehr als 20 Millionen Haushalte mit Gasanschluss ist es ebenfalls sinnvoll, gerade jetzt nach neuen Angeboten Ausschau zu halten. Denn die Gaspreise für Neukunden sind so günstig wie seit fünf Jahren nicht mehr. Als wir die Preise im Oktober 2012 für einen Gastarif-Test erhoben, zahlten Berliner mit 20 000 Kilowattstunden Jahresverbrauch im Idealfall 1 166 Euro. Heute sind es nur 824 Euro, immerhin 342 Euro weniger.
Wechseln lohnt sich also für viele. Zwei Tariftypen stehen bei Strom und Gas zur Wahl:
Bonustarife für Aktive. Hohe Boni locken im ersten Vertragsjahr. Wenn sie im zweiten Jahr wegfallen, sind die Tarife oft teurer als die, die Kunden zuvor hatten. Bonustarife verlängern sich ohne fristgerechte Kündigung meist automatisch um zwölf Monate. Empfehlenswert sind sie daher nur für Aktive, die rechtzeitig einen neuen Vertrag abschließen.
Flexible Tarife für Bequeme. Arbeits- und Grundpreis sind günstig, Neukundenboni gibt es fast nie. Im zweiten Vertragsjahr lassen sich die Verträge monatlich kündigen.
Aktive sparen deutlich mehr
Ein Bonustarif bringt deutlich mehr als eine flexible Variante. Das zeigt ein Vergleich der Ersparnisse in den Tabellen Bonustarife für aktive Kunden und Flexible Tarife für bequeme Kunden: Ein Berliner Haushalt im örtlichen Grundversorgungstarif, der 3 500 Kilowattstunden Strom im Jahr verbraucht, spart nach dem Umstieg auf einen Bonustarif 382 Euro im ersten Vertragsjahr. Wenn er stattdessen eine Alternative für Bequeme wählt, in diesem Fall den Tarif LogoStrom Clever von Logo Energie, sind es 249 Euro, etwa ein Drittel weniger.
Anbieter 365 AG taucht wieder auf
Bei den Angeboten für aktive Kunden haben wir uns drei Monate lang stichprobenartig angesehen, wer die Ergebnislisten der Vermittlungsportale im Internet anführt. Emma Strom und EnerSwitch waren häufig dabei, beides Marken von Stadtwerken.
Tarife von Idealenergie und Immergrün gehörten auch dazu – laut der Vergleichsrechner Marken der 365 AG, vormals Almado. Zeitweise hatten Vergleichsrechner Tarife dieser Firma nicht gelistet. Auch uns hatten Leser Unerfreuliches berichtet, etwa von nichtbezahlten Boni und von versteckten Preiserhöhungen. Seit Juni 2016 sind die Tarife der 365 AG wieder bei Check24 zu finden, weil es, so Check24, „klare Verbesserungen“ gebe.
So stark stieg der Strompreis

Unsere Grafik zeigt Beispiele für Preiserhöhungen aus dem Jahr 2017 für das zweite Vertragsjahr bei Stromtarifen für bequeme Kunden. Finanztest-Leser haben sie uns nach einem Aufruf zugeschickt. Die Steigerung bezieht sich auf den Energiekostenanteil. Änderungen von Abgaben, Umlagen und Netzentgelten wurden herausgerechnet. Bei mehreren Zuschriften zu einem Anbieter wurde der höchste Preisanstieg ausgewählt.
Auf Preiserhöhungen reagieren
Es ist aber nicht jedermanns Sache, sich jedes Jahr um neue Energieverträge zu kümmern. Finanztest-Leser Reiner G.* hat sich zum Beispiel im Mai 2016 bewusst für einen Tarif entschieden, den wir in vergangenen Untersuchungen bequemen Kunden empfohlen haben: Der Grünstrom Pur 12 von Grünwelt verlängert sich nach zwölf Monaten nicht automatisch und ist nach einem Jahr mit einer vier Wochen Frist kündbar. „Ich möchte einen Tarif mit stabilen Preisen“, erklärt Rainer G.
Die Preiserhöhung nach einem Jahr überraschte ihn. Beinahe hätte er sie nicht einmal bemerkt. Denn erst im Anhang zur Schlussrechnung und nach vielen Informationen etwa zur Stromkennzeichnung und Energiesparmöglichkeiten informierte ihn Grünwelt darüber, dass der Strom um stattliche 32 Prozent teurer wird.
Preise von Altkunden sind geheim
Rainer G. ist kein Einzelfall. Von 19 Firmen mit günstigen Stromtarifen für bequeme Kunden in früheren Preiserhebungen wollten wir im Juli wissen, wie sich die Preise im zweiten Jahr entwickelt haben. Doch nur vier, Enstroga, SWU Energie, Team Energie und die Stadtwerke Flensburg, nannten sie.
Maingau weigerte sich, weil das „Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse“ seien. Grünwelt erklärte, dass für die von uns angefragten Städte, Tarife und Termine keine Aussagen möglich seien, weil sie keine Kunden hätten, die solche Verträge abschlossen.
Höhere Preise trotz niedrigerer Kosten
Dafür schickten uns mehr als 60 Leser nach unserem Aufruf ihre Unterlagen. Den unrühmlichen Spitzenreiter präsentierte Robert G.* aus Rheinland-Pfalz. Elogico wollte ab März 2017 stolze 34 Prozent mehr für den Stromtarif Elo12/12 haben und begründete das mit gestiegenen Netzentgelten und Umlagen. Dreist: Tatsächlich sind die Kosten für Netzentgelte, Umlagen und Abgaben insgesamt in seinem Bezirk leicht gesunken.
Ein Kunde von Fuxx – die Sparenergie, Tarif Natur-Fuxx sollte einen Anstieg um mehr als 30 Prozent hinnehmen. Maingau erhöhte den Tarif StromSmart Öko abhängig von Wohnort und Verbrauch zwischen 14 und 20 Prozent. Beim Tarif Grünwelt Pur 12 erhöhte Gründwelt bei allen Lesern unabhängig von Vertragsjahr und Wohnort immer um mehr als 30 Prozent. Hat das etwa System?
Positiv fiel Logo Energie auf. Erst nach drei Jahren stieg der Preis beim Tarif Logo Strom Standard um 5 Prozent an. Beim Garant 12 des bayerischen Energieunternehmens Montana fanden wir moderate Steigerungen zwischen 3 und 7 Prozent. Vor allem bei einem saftigen Anstieg wie bei Rainer G. lohnt sich die Suche nach Alternativen.
Die Vermittlungsportale Check24 und Verivox haben für bequeme Kunden wie Rainer G. spezielle Links für die Suche nach günstigen Preisen ohne Boni eingerichtet (Sechs Tipps für den Wechsel zum besten Vertrag). Er verbraucht 2 500 Kilowattstunden im Jahr. Damit wäre ein Wechsel zur BEV Energie am günstigsten. Dort würde er 165 Euro weniger bezahlen als bei Grünwelt.
Verbraucherschützer streiten mit BEV
Nach seinen Erfahrungen mit Grünwelt sollte sich Rainer G. aber erst einmal im Internet über BEV informieren. Aufhorchen lässt der Vorwurf der Verbraucherzentrale Bayern, BEV habe Kunden für positive Onlinebewertungen bei Check24 bis zu 100 Euro Vergütung versprochen. Sie hat BEV aufgefordert, damit aufzuhören, jedoch ohne Erfolg. Nun hat sie eine Unterlassungsklage vor dem Landgericht München eingereicht.
Check24 erklärt dazu: „Wir lehnen den Kauf von Bewertungen ab. Sollten wir davon Kenntnis erlangen, reagieren wir unverzüglich und gehen dagegen vor.“
Bei einem Wechsel zum zweitgünstigsten Anbieter würde Rainer G. 161 Euro weniger bezahlen als jetzt: Der Tarif LogoStrom Clever von Logo Energie enthält keine Boni. Seine Laufzeit beträgt einen Monat, der Kunde hat aber eine längere Preisgarantie von zwölf Monaten und könnte jederzeit kündigen.
Nach einer Preiserhöhung verhandeln
Für Gas im Tarif Gas Smart forderte Maingau Energie 20 Prozent mehr von Finanztest-Leser Hans-Werner B.* aus Bremen. Er schluckte das nicht einfach, sondern fragte nach günstigeren Preisen. Maingau bot ihm daraufhin andere günstigere Tarife an. Bei ihnen wäre Bernd aber im Gegensatz zu früher an eine Vertragslaufzeit gebunden. Er entschloss sich deswegen, den Anbieter erneut zu wechseln.
Tipp: Fragen Sie Ihren Versorger bei einer Preiserhöhung nach günstigeren Preisen. Vergleichen Sie aber Preis, Laufzeit und Preisgarantie seines Angebots mit anderen aktuellen Tarifen, bevor Sie sich entscheiden.
* Name der Redaktion bekannt