Energielabel: Verwirrung statt Orientierung
Die EU führt für immer mehr Haushaltsgeräte Energielabel ein. Sie sollen Orientierung bieten, schaffen aber oft Verwirrung.
Wunsch und Wirklichkeit

Zwei Bestnoten. Label einer Miele-Waschmaschine (links). Und ein Musteretikett für Staubsauger (rechts).
Die Idee ist großartig: Auf einen Blick soll sichtbar sein, ob ein Gerät viel Strom verbraucht oder wenig. Kühlschränke, Waschmaschinen und Trockner waren die ersten Produkte, die das EU-Energielabel trugen. Mit den Jahren sind viele weitere hinzugekommen. Ab September müssen auch Staubsauger die Aufkleber tragen, danach folgen Dunstabzugshauben und gasbefeuerte Backöfen. Doch das System ist in die Jahre gekommen und kann Verbraucher in die Irre führen.
Label und Noten
Am Anfang war es noch einfach. Die sieben Kategorien auf jedem Label reichten von „A“ für die energiesparendsten Geräte bis „G“ für die Stromfresser. Dann kam der technische Fortschritt. Viele Geräte wurden weiterentwickelt und ihr Stromverbrauch sank. Als Folge tummelten sich bei einigen Gruppen fast alle Produkte im oberen Bereich der Skala. Für Verbraucher war nicht mehr sichtbar, welche Modelle die sparsamsten waren.
Konflikt und Kompromiss
Eine grundlegende Neuberechnung der Kategorien A bis G hätte das Problem beseitigt. Dagegen wehrten sich vor allem Hersteller erfolgreich, weil sie befürchteten, dass vormals positiv bewertete Geräte in eine schlechtere Energieklasse kommen. Als Kompromiss beschloss die Europäische Kommission 2010, die bestehenden Energieklassen dort nach oben zu erweitern, wo die ursprüngliche Skala nicht mehr ausreicht. Bis zu drei + können hinter die ehemals beste Kategorie A geschrieben werden, um sie aufzuwerten. A+++ ist dann das neue A.
Sinn und Unsinn
Die neue Regelung sorgt an zwei Stellen für Verwirrung. Erstens gelten nun unterschiedliche Bestnoten. Während für Staubsauger A das Optimum ist, tragen die besten Waschmaschinen ein A mit drei Pluszeichen. Zweitens werden nach wie vor die sieben besten Stufen auf das Label gedruckt – selbst dann, wenn einige davon gar nicht mehr zulässig sind. Bei Waschmaschinen zum Beispiel zeigt das Label die Kategorien von A+++ bis D. Seit Dezember aber dürfen Hersteller Modelle mit den Energieklassen A bis D gar nicht mehr ausliefern. Im Handel werden noch die Restbestände verramscht. Wer jetzt eine Waschmaschine mit der Note A kauft, bekommt veraltete Technik.
Tipp: Informieren Sie sich vor dem Kauf immer, welche Energieklassen für das Produkt noch zulässig sind. Ein flüchtiger Blick aufs Label kann täuschen.
Groß und klein
Welche Energienote ein Produkt bekommt, hängt nicht nur vom Stromverbrauch ab, sondern auch von seinen Ausmaßen. Ein großes Gerät mit Bestnote kann durchaus mehr verbrauchen als ein kleineres, das in seiner Größenklasse nicht so gut abschneidet.
Tipp: Jedes Label nennt auch den Standard-Jahresverbrauch. Er ist zwar nur ein theoretischer Wert, da jeder ein Produkt anders nutzt. Mit ihm aber lassen sich Geräte aus unterschiedlichen Größenklassen vergleichen.
Theorie und Praxis
Vor allem bei Waschmaschinen geht das Label am Alltag der meisten Kunden vorbei: Die Klassifizierung basiert auf dem Stromverbrauch für Baumwollwäsche in 40- und 60-Grad-Programmen. Die Hersteller ermitteln diesen Wert in der Regel mit sogenannten Eco-Programmen, die zweieinhalb bis drei Stunden laufen. Sehr viele Verbraucher aber nutzen die schnelleren Waschgänge. Deren Stromverbrauch ist mitunter deutlich höher, und das Label bietet für sie nur wenig Orientierung (siehe test 6/2013).
Grenzen und Chancen
Inzwischen stößt auch die neue Bestnote A+++ an ihre Grenzen, besonders bei Waschmaschinen. Nach einer Studie der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz erreichen inzwischen 65 Prozent der im Internet angebotenen Maschinen die höchste Kategorie. Für Ende des Jahres hat die EU-Kommission eine Revision des Labelsystems angekündigt. Diskutiert wird, ob Brüssel die +++-Kategorien abschafft und die Klassen neu bewertet.