Drei Unternehmen aus dem Firmengeflecht des Energieunternehmens Care-Energy sind insolvent: Nach Angaben des Justizportals des Bundes und der Länder sind die Care-Energy AG, die Care-Energy-Holding GmbH und die Care-Energy Management GmbH zahlungsunfähig. Was Kunden nun tun müssen, hängt davon ab, ob sie ein Guthaben bei Care-Energy haben. test.de erklärt die Hintergründe und gibt geldwerte Tipps.
Der Betrieb geht weiter
Die Care-Energy AG, die Care-Energy-Holding GmbH und die Care-Energy Management GmbH haben beim Amtsgericht Bremen einen Insolvenzantrag gestellt (Az. 504 IN 2/17, 504 IN 3/17 und 504 IN 4/17). Derzeit prüft das Gericht, ob das Verfahren eröffnet wird. Care-Energy beliefert seine Kunden weiterhin mit Strom und Gas. Dies hat der vorläufige Insolvenzverwalter Jan Wilhelm aus Hamburg entschieden. Nach seinen Angaben sind etwa 28 000 Kunden betroffen.
Pleite auf Raten
Care-Energy hatte bereits im Sommer 2016 mehrere Tausend Kunden verloren (siehe Meldung Tarif-Trickserei – Verbraucherzentrale mahnt Care Energy ab). Die zwei großen Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz und Tennet kündigten nach eigenen Angaben wegen Zahlungsrückständen die Verträge mit Care-Energy. Allein in Berlin und Hamburg rutschen damals rund 6 000 Kunden in die Ersatzversorgung. Heute hat Care-Energy nur noch Stromkunden in den Netzgebieten der anderen zwei Übertragungsnetzbetreiber Amprion und Transnet BW, also in Baden-Württemberg, Rheinland Pfalz, im Saarland und in Teilen von Hessen und Nordrhein-Westfalen.
Niemand muss im Dunkeln sitzen
Kein Care-Energy-Kunde wird wegen der Insolvenz plötzlich ohne Strom dastehen. Das gilt selbst dann, wenn die Firma die Belieferung einstellen sollte. Die Kunden würden dann automatisch in die sogenannte Ersatzversorgung bei ihrem örtlichen Stadtwerk rutschen und hierüber schriftlich informiert werden. Dieser Vorgang ist gesetzlich geregelt. Wer in die Ersatzversorgung fällt, kann drei Monate lang ohne Frist wechseln. Anschließend wird er automatisch dem Grundversorgungstarif zugeordnet. Hier beträgt die Kündigungsfrist 14 Tage.
Tipp: Sollte Care-Energy die Belieferung einstellen, sollten Sie sich schnell einen neuen Anbieter suchen. Denn die Ersatzversorgung ist meistens vergleichsweise teuer. Unser Leitfaden hilft Ihnen bei der Tarif-Suche. Sobald Ihr örtlicher Grundversorger Ihnen mitgeteilt hat, dass Sie in die Ersatzversorgung gerutscht sind, sollten Sie den Zählerstand ablesen und diesen sowohl dem örtlichen Versorger als auch dem Netzbetreiber mitteilen, um sicherzustellen, dass korrekt abgerechnet wird. Weitere Tipps finden Sie auf der Website der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen.
Kein Sonderkündigungsrecht für laufende Verträge
Welches Vorgehen für Care-Energy-Kunden jetzt am besten ist, hängt davon ab, ob sie Neukunde oder schon länger Vertragspartner des Unternehmen sind.
- Neukunden: Kunden, die noch keine zwölf Monate beliefert werden und bislang noch keine Abrechnungen erhalten haben, sollten weiterhin ihre Abschlagszahlungen leisten. Diese Zahlungen können sie nach Angaben des Insolvenzverwalters entweder weiterhin an die bisherige Kontonummer richten. In vielen Fällen dürfte dies eine Bankverbindung der Care-Energy Management GmbH sein. Sie erstellt für viele Care-Energy-Kunden die Abrechnungen. Kunden können aber auch eine Kontonummer des vorläufigen Insolvenzverwalter nutzen:
Jan H. Wilhelm iS Care-Energy Management GmbH
(Verwendungszweck wie bisher angeben)
Deutsche Bank PGK Bremen
BIC: DEUTDEDBBRE
IBAN: DE80 2907 0024 0230 7080 35 - Altkunden ohne Abrechnung: „Kunden, die schon länger als ein Jahr beliefert werden und mehr als 6 Wochen nach Ablauf des ersten Lieferjahres noch keine Abrechnung erhalten haben, sollten von Care-Energy verlangen, dass sie innerhalb von zehn Tagen eine Abrechnung bekommen. Andernfalls laufen sie Gefahr, dass ihnen ein mögliches Guthaben aufgrund der Insolvenz nicht mehr ausgezahlt wird“, rät Jürgen Schröder, Energiejurist bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. „Wer berechtigte Anhaltspunkte dafür hat, dass ein Guthaben besteht, sollte seine Ansprüche prüfen lassen und dann zunächst die monatlichen Abschlagszahlungen an Care-Energy einstellen.“ Denn ein mögliches Guthaben ließe sich vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch mit fälligen Abschlägen für Stromlieferungen verrechnen. Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens hingegen würden Guthaben zur Insolvenzmasse gehören.
- Altkunden mit Abrechnung. Kunden, die bereits eine Abrechnung erhalten haben, aus der hervorgeht, dass ihnen eine Rückzahlung zusteht, sollten in dieser Höhe keine monatlichen Abschläge mehr zahlen. Dass Guthaben nur vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit Forderungen des Unternehmens verrechenbar sind, bestätigt auch Dr. Christoph Niering, Vorsitzender des Berufsverbands der Insolvenzverwalter.
Tipp: Wenn Sie herausfinden wollen, wer Ihr Ansprechpartner für die Abrechnung und die Höhe der monatlichen Abschläge ist, sollten Sie in die Allgemeinen Vertragsbedingungen schauen und in Briefe oder andere Unterlagen. Denn die Care-Energy-Firma, mit der Sie den Vertrag abgeschlossen haben, ist nicht unbedingt auch für die Abrechnung zuständig. Häufig übernimmt die Care-Energy Management GmbH die Abrechnung. Wenn Sie die Zahlungen einstellen, weil Sie keine Abrechnungen erhalten haben oder Ihnen ein Guthaben zusteht, sollten Sie dies dem Insolvenzverwalter und der zuständigen Care-Energy-Tochter in einem Brief kurz mitteilen.
Richtig kündigen
Care-Energy-Kunden können ihre Verträge innerhalb der vertraglich vereinbarten Frist kündigen. Die Kündigungsfrist finden sie ebenfalls in den Vertragsbedingungen. Viele Tarife haben eine kurze Laufzeit und eine Kündigungsfrist von vier bis sechs Wochen.
Tipp: Kündigen Sie am besten per Einschreiben mit Rückschein. Das Firmenkonstrukt von Care-Energy besteht aus mehreren Unternehmen. Manche Kunden haben mehrere Verträge abgeschlossen. Überprüfen Sie daher anhand Ihrer Unterlagen, mit welcher Firma oder mit welchen Firmen aus der Care-Energy-Gruppe Sie Verträge geschlossen haben. Sie müssen bei jeder gesondert kündigen! Ausführliche Informationen sowie einen Musterbrief finden Sie bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Teilen Sie Care-Energy im Kündigungsschreiben auch Ihren Zählerstand mit. Sollten Sie eine Einzugsermächtigung erteilt haben, widerrufen Sie diese.
Insolvenzverfahren noch nicht eröffnet
Ob das Insolvenzverfahren der Care-Energy-Firmen eröffnet wird, ist derzeit noch nicht sicher. Denn zunächst wird geprüft, ob überhaupt einer von drei möglichen Insolvenzgründen vorliegt (Zahlungsunfähigkeit, drohende Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung) und ob ausreichend „Masse“ vorhanden ist, um die Kosten des Verfahrens zu decken. Erst wenn beides der Fall ist, beschließt das zuständige Gericht, dass das Insolvenzverfahren eröffnet wird und veröffentlicht eine Mitteilung im Internet.
Das sollten ehemalige Kunden wissen
- Ehemalige Kunden ohne Schlussrechnung. Zahlreiche Verbraucher, die inzwischen von einem anderen Stromversorger beliefert werden, warten immer noch auf eine Schlussrechnung von Care-Energy. Eigentlich soll sie laut Energiewirtschaftsgesetz sechs Wochen nach dem Ende des Lieferverhältnisses vorliegen. „Im Laufe des Insolvenzverfahrens sollte der Insolvenzverwalter die Schlussabrechnungen an den Verbraucher senden,“ sagt Jürgen Schröder von der VZ-Nordrhein-Westfalen.
- Ehemalige Kunden mit Guthaben oder Nachzahlung. Ergibt die korrekte Schlussrechnung eine Nachzahlung, muss der Kunde sie an den Insolvenzverwalter oder Care-Energy überweisen. „Ein Guthaben kann der Kunde dagegen nur nach Eröffnung des Verfahrens als Forderung zur Insolvenztabelle anmelden“, so Schröder. Vermutlich werden die Guthaben dann nicht in voller Höhe ausbezahlt und auch erst Jahre später. Denn erfahrungsgemäß dauern Insolvenzverfahren in dieser Größenordnung mehrere Jahre. Die Verfahren von Teldafax und Flexstrom aus den Jahren 2011 und 2013 sind beispielsweise immer noch nicht abgeschlossen.
- Ehemalige Kunden mit Post vom Inkassobüro. Falls Verbraucher Briefe mit Nachzahlungen erhalten, sollten sie die Beträge zunächst kritisch prüfen. Ist die Forderung falsch, sollten Kunden schriftlich widersprechen, am besten per Einschreiben mit Rückschein. Das Inkassounternehmen muss dann beweisen, dass die Forderung rechtmäßig ist. Tipps zum Umgang mit Inkassobüros liefert unser Special Wie Sie auf Post von Geldeintreibern reagieren sollten.
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