
Disney+ zeigt unter anderem Klassiker für Kinder sowie Marvel-Helden und Star Wars für Jugendliche und Erwachsene. © Disney
Experten bezeichnen den Konkurrenzkampf der großen Video-Portale oft als „Streaming-Krieg“: Mit Disney stößt nun eine weitere Großmacht zu diesem Krieg der Streaming-Sterne hinzu. Dass das neue Portal Disney+ zum König der Video-Löwen oder gar zum Todesstern für Netflix oder Amazon avanciert, ist aber nicht zu erwarten. Das Repertoire von Disney+ ist zwar hochwertig, aber ziemlich einseitig – außerdem hat es einige Lücken, wie der Schnelltest der Stiftung Warentest zeigt.
Disney+: Freude für Familien
Die Bild- und Tonqualität von Disney+ ist sehr gut, auch in puncto Handhabung stießen wir auf keinerlei nennenswerte Probleme. Entscheidend ist daher die Qualität des Repertoires:
Für Familien mit Kindern ist Disney+ hervorragend. Auf die Kleinen warten viele Klassiker, vom „Dschungelbuch“ über „Arielle die Meerjungfrau“ und „Findet Nemo“ bis hin zum „König der Löwen“.
Jugendliche und Erwachsene dürfen sich über die „Star-Wars“-Reihe samt der neuen Serie „The Mandalorian“, auf zahlreiche Marvel-Helden und „Die Simpsons“ freuen.
Wer es etwas anspruchsvoller mag, dürfte mit Pixar-Filmen wie „Oben“ oder „Alles steht Kopf“ sowie den Dokus von National Geographic richtig liegen.
Alles zum Thema Streaming auf test.de
Im letzten Videostreaming-Test hat die Stiftung Warentest elf Portale geprüft und ein besonderes Augenmerk auf die Eigenproduktionen der Anbieter gelegt.
Zusätzlich informiert unser Special zum Streaming in Corona-Zeiten, welche neuen Streaming-Dienste in der Krise entstanden sind, welche Portale Gratisphasen bieten, wie Sie online Ihre Wunsch-Titel finden, wie Sie die Bilder aus dem Netz auf den Fernseher bekommen, wie Sie Ihrem Lieblingskino in der Krise helfen können und ob Sportstreaming-Dienste Entschädigungen anbieten.
Reichhaltiges Angebot zu moderatem Preis
Für den moderaten Preis von 7 Euro pro Monat oder 70 Euro im Jahresabo bietet Disney+ ein reichhaltiges Repertoire, das zudem viele Titel in UHD-Auflösung umfasst und gleichzeitige Streams auf bis zu vier Geräten zulässt. Negativ fällt auf, dass Interessenten den Katalog nicht vorab durchstöbern können, letztlich also die Siamkatze im Sack ordern. Allerdings bietet Disney+ eine siebentägige Gratis-Testphase – wem das Repertoire nicht gefällt, der kann sein Abo also stornieren, ehe es kostenpflichtig wird.
Langeweile für Erwachsene
Das Video-Angebot von Disney+ ist eine saubere Sache – vielleicht zu sauber für Erwachsene. Erwartungsgemäß läuft hier kaum etwas, das irgendwie mit Sex, realistischer Gewalt oder ernsthaften Problemen ohne Happy End zu tun hat. Da viele Erwachsene einen Großteil der Titel ohnehin schon aus ihrer Kindheit und Jugend kennen dürften, werden sie mindestens einen weiteren Streaming-Dienst brauchen, um sich auch dann gut unterhalten zu fühlen, wenn die Kinder im Bett sind.
Disney+ bietet zwar zahlreiche hochwertige Produktionen mit großen Stars, dennoch ist das Angebot sehr einseitig, weil primär auf jüngere Zielgruppen fokussiert. Viele Genres wie Horror, Psychothriller oder Arthouse-Dramen fehlen komplett. Zudem gibt es kaum nicht-amerikanische Werke (#AmericaFirst).
Immerhin: Der Mangel an Horrorfilmen heißt nicht, dass auf Disney+ keinerlei verstörende Gestalten zu sehen wären.
Lücken im Disney-Angebot
Manche Disney-Titel sind noch nicht im Repertoire – etwa die brandneuen Filme „Onward“ oder „Die Eiskönigin 2“. Das dürfte sich aber zeitnah ändern. Andere Werke werden hingegen wohl dauerhaft fehlen, darunter „Deadpool“ und „Logan“ aus der Marvel-Welt oder die Filme der „Aliens“-Reihe, die von den Fox-Studios produziert wurden, die inzwischen Disney gehören.
Nur Produktionen bis „FSK 12“ auf Disney+
Der Grund: All diese Filme sind erst ab 16 Jahren zugelassen, Disney+ zeigt aber maximal Werke bis „FSK 12“. Für Kinder nicht geeignete Filme werden auch künftig wahrscheinlich nur auf anderen Plattformen laufen – Disney+ zeigt also längst nicht alles, was Disney besitzt.
In den USA gliedert der Konzern solche „düsteren“ Werke oft auf seine Streaming-Plattform Hulu aus – Kunden können dann ein vergünstigtes Gesamtpaket aus Disney+, Hulu und dem ebenfalls zu Disney gehörenden Sport-Streamingdienst ESPN+ ordern. In Deutschland existieren aber weder Hulu noch ESPN+, interessierte Zuschauer müssen also für die entsprechenden Titel auf andere Streaming-Dienste zugreifen und sie separat bezahlen.
In der deutschen Version von Disney+ fehlt auch manch völlig harmloses Werk, etwa der erste Berlinale-Gewinner aus dem Hause Disney, die oscarprämierte Doku „Im Tal der Biber“. Vielleicht tröstet die niedliche Biber-Szene aus „Susi und Strolch“ darüber hinweg.
Was Disney+ von der Konkurrenz unterscheidet
Disney+ ist neben Apple TV+ das einzige große Videostreaming-Portal, das ausschließlich Eigenproduktionen zeigt und keinerlei Werke externer Studios im Repertoire hat. Das hat Vor- und Nachteile:
Positiv ist etwa, dass – anders als bei Netflix, Amazon und Co. – kaum mal ein Werk aus dem Katalog verschwinden dürfte, da Disney eben keine Verträge mit fremden Studios hat, die irgendwann auslaufen.
Die Kehrseite der Medaille: Disney+ kann sein Repertoire nicht schnell durch Zukäufe erweitern – die Expansion des Angebots dürfte eher langsam vonstatten gehen, da Disney alles selbst produzieren muss. Ein weiterer Nachteil für Kunden: Disney+ wird mittelfristig zum Monopolisten für fast alle Produktionen aus dem Disney-Universum werden, da der Konzern bemüht sein dürfte, eigene Werke von Netflix, Amazon und anderen Diensten fernzuhalten, um Kunden dauerhaft an sich zu binden. Die einzige generelle Ausnahme werden wohl die erwähnten FSK-16- und FSK-18-Titel bleiben, die auch in Zukunft ausschließlich anderswo laufen dürften, weil Disney+ sein familienfreundliches Programm auf maximal FSK-12 begrenzt.
Disney verursacht Zusatzkosten für Erwachsenen-Filme
Diese Familienfreundlichkeit hätte sich allerdings auch ohne einen vollständigen Ausschluss härterer Filme erreichen lassen: etwa durch Pin-Codes, die Erwachsene bei FSK-16- und FSK-18-Titeln eingeben müssen – oder durch getrennte Profile für Kinder und Eltern, die auf Disney+ ohnehin existieren. Stattdessen zwingt der Konzern die Fans seiner nicht kindgerechten Werke dazu, zusätzlich zu Disney+ weitere Streaming-Plattformen zu nutzen, was die Kosten für Kunden unnötig erhöht. Schade, dass es im ganzen Disney-Universum keinen Superhelden namens „Verbraucher-Man“ gibt, der das Portemonnaie von Streaming-Fans schützt.
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Schön wäre ein Hinweis auf den Ton gewesen.
Alles englischsprachigen Titel liegen mit Dolby Atmos Tonspur vor.
In Deutschland auf deutsch? Fehlanzeige. Mal wieder. Warum bezahlen wir das gleiche, bekommen aber weniger ....
Aktuell gibt es auch noch Probleme mit der Bildqualität, siehe:
https://www.heise.de/newsticker/meldung/Disney-streamt-aktuell-nur-mit-verringerter-Aufloesung-4710744.html
Sind es wirklich "Experten" , die von Streaming "Kriegen" sprechen, oder doch eher aufmerksamkeitsheischende Onlinepublikationen? Und muss die Stiftung diese Ausdrucksweise übernehmen? Sieht man wieviele lineare TV-Kanäle nebeneinander existiert haben so dürfte ein Streaming Anbieter mehr keinen "Krieg" auslösen. Wo man hinsieht: überall "Kriege", Android gegen iOS, BMW und Mercedes gegen Tesla, "Jünger" auf der einen, "Fans" auf der anderen Seite. Und da wundert man sich über die Spaltung der Gesellschaft? Im Übrigen befinde ich die Stiftung für ungeeignet, Inhalte bzw. Kunst zu bewerten, es sollte sich auf die technischen Aspekte beschränkt werden.