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Mit Eigenproduktionen räumen Netflix und die Online-Videothek von Amazon wichtige Preise ab. Für das Testurteil Gut reicht es nicht.
Netflix liegt vorn – im Test von elf Videostreaming-Diensten und im Oscar-Rennen. Sechs Goldstatuen gewann Netflix bisher mit Eigenproduktionen, Amazon drei (siehe Foto unten). Andere Preise wie Emmys und Golden Globes sammelten beide reihenweise – oft mit eigenen Serien wie „Stranger Things“ von Netflix oder „Transparent“ von Amazon.
Doch es ist nicht alles Gold, was streamt. Wer das Repertoire ergebnisoffen durchforstet, findet zwar meist etwas Passendes. Wer aber gezielt bestimmte Filme und Serien sucht, wird oft enttäuscht: Von 200 gesuchten, besonders populären Titeln hatte kein Portal mehr als 58 parat. Über alle Prüfpunkte hinweg noch am besten, mit befriedigend, ist Netflix – gefolgt von Amazons Abo. Das neue Apple TV+ ist Letzter.
Im Einzelabruf teilt sich Amazon den ersten Platz mit Videoload und Maxdome. Maxdome wird laut Anbieter „bis Mitte 2020“ durch Joyn Plus ersetzt. Ein Monatsabo soll künftig 7 Euro kosten und neben Filmen und Serien etwa auch Livestreaming von TV-Sendungen bieten.
Unser Rat
Kein Videostreaming-Dienst schneidet gut ab. Noch am besten ist das Abo von Netflix mit vielen eigenproduzierten Serien. Für Filmfans sind andere Abos besser: Sky zeigt recht viele Blockbuster, das Amazon-Abo bietet mehr Vielfalt und ist deutlich günstiger. Einzelabruf-Dienste sind für Serienfans uninteressant – für Filmfans eignen sich in dieser Gruppe am ehesten Apple iTunes und Amazons Shop.

Bytes statt Zelluloid. Der Filmstreifen von „Zurück in die Zukunft“ war rund 3 Kilometer lang – als Video passt die Sci-Fi-Komödie heute locker auf ein Handy. © Getty Images, ddp images (M)
Abos für Serien, Einzelabruf für Filme
Wichtigste Frage auf der Suche nach dem richtigen Dienst: Abo oder Einzelabruf? Abo-Nutzer können für meist 8 bis 12 Euro im Monat so viel sehen, wie sie wollen. Netflix, Amazon und Maxdome bieten einen Monat gratis, Apple TV+ eine Woche, Sky lässt sich nicht kostenlos probieren. Abos lohnen sich vor allem für Serienfans, die „Originals“ – die Eigenproduktionen der Anbieter – sehen wollen. Die Filmauswahl der Abos liefert oft eher Masse statt Klasse.
Wer beliebte Filme sehen will, ist mit Einzelabrufen meist besser bedient. Bei Apple iTunes und Amazons Shop fanden wir von den gesuchten Titeln am meisten. Nachteil des Einzelabrufs: Zwei bis drei Filme kosten oft so viel wie ein Monatsabo. Aktuell im Kino laufende Filme sucht man online übrigens fast immer vergebens – Streamingdienste dürfen sie meist erst einige Monate nach Kinostart zeigen.
Lieber leihen statt kaufen
Wir haben uns im Test aufs Leihen konzentriert. Wer kauft, hat zwar größere Auswahl, zahlt aber auch deutlich mehr und erlebt oft Einschränkungen – etwa, dass er das Werk nicht auf PC oder DVD kopieren kann oder dass er den Zugriff eventuell ganz verliert, falls der Dienst eingestellt wird.
„Ausreichend“ kann gut sein
Unsere Bewertung des Repertoires beruht auf Hitlisten. Da der eigene Geschmack stark von solchen Listen abweichen kann, brauchen Interessierte sich nicht unbedingt von mäßigen Repertoire-Noten abschrecken zu lassen. So erreicht der Katalog von iTunes nur ein Ausreichend, die Auswahl an Film-Klassikern ist aber hervorragend. Auch das Sky-Repertoire ist insgesamt nur ausreichend – für Fans von „Game of Thrones“ und anderen Serien des US-Senders HBO aber genau richtig.
Tipp: Falls Sie einen bestimmten Titel suchen, können Sie online mit werstreamt.es oder justwatch.com ermitteln, wo er läuft.
Exklusivität entscheidet
Mit Studio-Blockbustern über Harry Potter oder Wonder Woman können sich Streamingdienste heute kaum noch von der Konkurrenz absetzen, da solche Titel meist bei vielen Portalen zu finden sind. Auch in der Bild- und Tonqualität stellten wir kaum Unterschiede fest: Hier sind alle Dienste im Test sehr gut oder gut – wenn die Internetverbindung des Nutzers schnell ist. Ideal sind 10 Megabit pro Sekunde oder mehr.
Entscheidender sind Unterschiede bei Eigenproduktionen und weiteren Exklusivtiteln, also Filmen und Serien, die nur ein Dienst verleiht. Die Anbieter konzentrieren sich bei ihren Originals vor allem auf Serien. Sie binden Kunden langfristig. Wohl auch deshalb gab es zuletzt einen Serien-Boom. Der Aufwand ist enorm: Netflix soll im Jahr 2018 laut Medienberichten etwa neun Milliarden Euro in Originals investiert haben. Bei Amazon lagen die Ausgaben ebenfalls in Milliardenhöhe.
Äpfel gegen Birnen
Da die Unikate von Netflix komplett andere sind als jene von Amazon oder Sky, lassen sie sich mit unseren Testmethoden kaum vergleichen. Deshalb haben wir fünf professionelle Kritiker beauftragt, das Exklusivmaterial der Dienste zu bewerten – in zehn Kategorien wie Vielfalt an Genres und Herkunftsländern sowie Präsenz von Stars.
Netflix hat das beste Exklusiv-Angebot

Oscars für Netflix und Amazon. Sechs Oscars gewann Netflix schon für selbstproduzierte Filme: Drei gingen an das mexikanische Drama „Roma“, die anderen verteilen sich auf drei Dokus. Amazon bekam bislang drei Oscars, zwei für das Familiendrama „Manchester by the Sea“, einen für den iranischen Film „The Salesman“. © picture alliance / AP Photo / Matt Sayles
Netflix bietet die größte Vielfalt an Originals. Serien wie „Black Mirror“, „Stranger things“ und „Sex Education“ bedienen verschiedenste Zielgruppen. Hinzu kommen Dokus, Comedy sowie Filme von Regiegrößen wie Martin Scorsese („The Irishman“).
Amazon kann bei Serien nicht ganz mit Netflix mithalten, hat aber mehr renommierte Original-Filme, etwa das Geheimdienstdrama „The Report“oder das Horror-Remake „Suspiria“. An sich gehören auch Arthouse-Hits wie „Manchester by the Sea“ und „Paterson“ zu den Amazon-Originals, sie sind inzwischen aber auch anderswo verfügbar. Sky punktet mit den US-Serien von HBO und mit Hollywood-Blockbustern.
Das Exklusivrepertoire haben wir nur bei Abos geprüft, da es im Einzelabruf weniger relevant ist. Hier kann der Zuschauer mehrere Portale nebeneinander nutzen, ohne sich an sie zu binden.
Apple TV+ mit Fehlstart
Wollen die uns verapplen? Ungefähr das dürften sich viele Kunden gedacht haben, als Apple am 1. November den Abo-Dienst Apple TV+ startete. Das Repertoire bestand zu diesem Zeitpunkt aus neun Titeln. Neun! Die Konkurrenz hat Tausende.
Drei der neun waren Serien, von denen jeweils nur die ersten drei Folgen bereitstanden. Auf die nächsten Episoden muss der Zuschauer warten – wie beim linearen Fernsehen. Immerhin: Die vorhandenen Titel sind hochwertig und thematisch recht vielfältig. Das Repertoire wird mit der Zeit wachsen, es dürfte aber kleiner bleiben als bei der Konkurrenz, da Apple anscheinend plant, allein auf Originals zu setzen.
Genaueres zur Zukunft des Dienstes wollte Apple auf Anfrage der Stiftung Warentest nicht mitteilen. Klar ist aber, dass Apple TV+ sich stark von Apple iTunes unterscheidet: Apple TV+ ist ein Abo-Dienst, der nur Originals zeigt. iTunes funktioniert per Einzelabruf und streamt bislang keine Apple-Originals.
Disney+ soll Ende März kommen
Apple muss sich sputen, denn der nächste Konkurrent scharrt schon mit den Mickymaus-Füßen: Für Ende März ist der Videostreaming-Dienst Disney+ angekündigt, mit vielen Disney-, Pixar-, Star-Wars- und Marvel-Produktionen. Diese Filme und Serien dürften langfristig nur noch bei Disney+ zu sehen sein. Das wird für Netflix, Amazon und Co wahrscheinlich ein viel größeres Problem als Apple TV+ mit seiner Schmalkost.
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@TOP-HRDE: Der Test wurde am 9.1. online veröffentlicht, Disney+ erschien erst am 24.3.
Unser Antrag auf eine Zeitreise wurde von der Personalabteilung leider abgelehnt, daher konnte Disney+ nicht in den Test einfließen. Sie können aber davon ausgehen, dass sich die Stiftung Warentest auch mit Disney+ beschäftigt - unter anderem hier: https://www.test.de/Video-Streaming-Angebote-und-Technik-5596436-0/ (Bu)
Warum fehlt bei der Betrachtung Disney+?
Serien Streamen ist auf jeden Fall eine richtig tolle Sache, die das Fernsehen auf ein neues Level gehoben hat. Und trotzdem fidne ich es erschreckend, wie viele Menschen ihre Lebenszeit dem Fernseher opfern. Ich finde es besser, wenn ein Mensch ein Hobby hat, sich in den Künsten übt, die ihm sein Herz sagen und sich dadurch weiterentwickelt. Der Fernseher scheint eher träge zu machen. Und das in den Handlungen und im Geiste.
Ihr Hinweis auf die schlecht Ökobilanz der Streamingdienste ist prima und auch nicht neu. Ein Vergleich zur klassischen Variante (Ausleihe oder Kauf von DVDs oder Bluray-Scheiben) wäre interessant.
@dolby: Wir prüften den Ton anhand der deutschen Tonspur und dem hochwertigsten horizontalen Surround-Sound (5.1) von der als Referenz dienenden (UHD-)Blu-ray. Falls ein Dienst keinen Surround-Sound bot, nahmen wir einen Downmix der Referenz auf Stereo vor. Falls ein Dienst 3D-Sound (Dolby Atmos) bot, prüften wir ergänzend auch diesen. (Bu)