
Rainer von H. Der 67-Jährige spricht beim Prozessauftakt in Augsburg mit seinem Anwalt. © picture alliance / dpa / Stefan Puchner
Der Anlagehai Rainer von H. steht seit Februar 2023 in Augsburg unter anderem wegen gewerbsmäßigen Betrugs vor Gericht. Er hat gestanden, Anleger getäuscht zu haben.
Die Staatsanwaltschaft hat Rainer von H. am ersten Tag des Strafprozesses in Augsburg, dem 1. Februar, in ihrer Anklage gewerbsmäßigen Betrug an Anlegern mit etwa neun Millionen Euro Schaden sowie Beihilfe zur Steuerhinterziehung vorgeworfen. Vor Gericht gestand von H. die ihm zur Last gelegten Taten.
Viele Firmen und verschiedene Maschen
Die Ermittler beschrieben in ihrer Anklage eine Vielzahl von Firmen und unterschiedliche Betrugsmaschen, die dazu dienten, Anleger um ihr Geld zu bringen. Investments verschiedener Art seien rund um Firmen wie Halbstrom, Firmenwelten, Summi Viri, Enercrox, Blackrock Advance und Wurstwelten angeboten worden. Den Anlegerinnen und Anlegern seien hohe Renditen oder Zinsen versprochen und sie mit falschen Versprechungen geködert worden. So habe sich mit einem angeblichen Stromspargerät von Halbstrom keineswegs etwa die Hälfte des Stroms ohne Leistungseinbußen sparen lassen.
Mit Anlegergeld luxuriöses Leben finanziert
Das eingesammelte Geld wurde laut Staatsanwaltschaft ganz überwiegend nicht wie versprochen investiert. Vielmehr habe es dazu gedient, ein Schneeballsystem aufrecht zu erhalten. Außerdem sei es „zur Finanzierung eines luxuriösen Lebensstils“ verwendet worden, wie der Staatsanwalt vor Gericht sagte. So soll es unter anderem auch für eine Villa in Princeton in New Jersey, USA, eingesetzt worden sein, wo Rainer von H. bis zur Festnahme durch die US-Behörden im März 2022 gelebt habe. Nach Deutschland ausgeliefert wurde von H. im August 2022. Seitdem sitzt er in Untersuchungshaft.
Firmen aus den USA gesteuert
Von H. habe das Firmengeflecht einige Jahre lang von den USA aus gesteuert, erklärte die Staatsanwaltschaft. Drei erwachsene Kinder von ihm übten Leitungspositionen aus. Ab 2016 brachen die Unternehmen nach und nach in sich zusammen. Dabei kam es laut Staatsanwaltschaft zur Insolvenzverschleppung, außerdem sei Arbeitsentgelt vorenthalten und veruntreut worden.
Beihilfe zur Steuerhinterziehung vorgeworfen
Einen weiteren Anklagepunkt neben den Betrügereien trug die Staatsanwaltschaft im Prozess vor: Von H. habe anderen geholfen, Steuern zu hinterziehen. Dazu habe er Kunden über ausländische Firmen angeboten, Rechnungen zu erwerben, hinter denen keine Leistungen gestanden hätten. Damit hätten diese ihre Steuerlast unrechtmäßig reduzieren können.
Angeklagter spricht von Reue
Rainer von H. gestand vor Gericht die ihm zur Last gelegten Taten und räumte ein, Drahtzieher der Betrügereien gewesen zu sein, die ihm die Staatsanwaltschaft vorwirft. Er erklärte, ihm sei bewusst gewesen, dass er Anleger täusche. Das bereue er, auch dass er seine Kinder in das Betrugssystem mit hineingezogen habe. Geld, die Schäden zu ersetzen, habe er jedoch nicht. Mit seinem sehr luxuriösen Leben habe er die zu Unrecht erlangten Erträge vollständig verbraucht.
Urteil im Prozess bis Ende März vorgesehen
Trotz des umfangreichen Verfahrens könnte bereits im März ein Urteil gegen Rainer von H. ergehen. Denn bei Wirtschaftsstrafverfahren ist es möglich, dass es zwischen Gericht, Verteidigung und Anklage zu einer Verständigung über das Strafmaß kommt. Voraussetzung ist ein Geständnis des Angeklagten. Von Gesprächen zwischen Gericht, Anklage und Verteidigung war im Prozess die Rede, ein Geständnis hat von H. abgelegt. Das Gericht muss jetzt prüfen, ob es zutreffend ist.
Verteidiger fordern nicht mehr als fünf Jahre
Die Verteidigung sprach von einer Haftstrafe von etwa fünf Jahren, weil Rainer von H. bereits in fortgeschrittenem Alter sei und keine Eintragungen mehr im Strafregister habe. Die Vorsitzende Richterin konnte sich im Falle eines umfassenden Geständnisses sieben Jahre vorstellen. Sie verwies darauf, dass das Strafregister nur auf Grund von Löschungen durch Zeitablauf sauber sei, als von H. in den USA für die deutschen Behörden nicht greifbar gewesen sei. Die Anwälte forderten zudem, den Angeklagten in ein Gefängnis in einem anderen Bundesland zu verlegen, wo er im offenen Vollzug untergebracht werden könne. Dazu gab es am ersten Prozesstag keine Entscheidung.
Warnliste Geldanlage
Von H. und viele Unternehmen seiner Gruppe standen auf unserer Warnliste Geldanlage.
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