
Seit dem 12. Juli und noch bis zum 8. August 2018 gibt es bei der Fastfood-Kette McDonald‘s zum Kindermenü alternativ zum üblichen Spielzeug ein kleines Feuerwehr-Buch und eine so genannte Vorlese-App. Mit der können Kinder nach Aussage des Anbieters das Buch mit der eigenen Stimme zum Leben erwecken. Das hat uns natürlich interessiert: test.de wollte wissen, wie viel Leselust dabei entsteht – und welche Daten die App sendet.
Das Buch ist kindgerecht
Vorangestellt ist dem Buch aus der Reihe „Was ist was Junior“ eine Widmung der Stiftung Lesen. Auf 30 Seiten bietet das Paperback „Feuerwehr. Wissen und Rätsel“ Bilder, Texte und Puzzles oder regt zum Zählen an („Wie viele Schläuche liegen hier?“). Die kleinen Geschichten aus dem Alltag der Feuerwehrleute reichen von der klassischen Brandbekämpfung bis zur Bergung einer im Matsch versackten Kuh. Die teilweise recht kleine Schrift in großen Textblöcken setzt allerdings gute Lesekenntnisse und Spaß am Lesen voraus. So mancher Erstklässler dürfte auf die Hilfe lesefreudiger Geschwister oder Eltern angewiesen sein. Dann passt die Beilage zu Burger und Pommes tatsächlich zur Altersempfehlung („Für Kinder ab 4 Jahren“).
Die App hört zu
Zum Buch bietet McDonald‘s eine sogenannte Vorlese-App. Doch die liest nichts vor, sondern hört zu. Sie bietet nicht einmal einen Zoom auf die Texte der jeweiligen Seite zum Lesen in der App. Kinder halten also das Smartphone im Blick, während sie im Buch lesen oder ihren Eltern zuhören. Fällt während des Vorlesens eines der rund 45 Aktivierungswörter wie „spezielle Fahrzeuge“, startet die App eine kurze Animation. In diesem Beispiel zoomt sie kurz auf ein Löschfahrzeug, lässt dessen Blaulicht blinken und das Martinshorn tönen. In den meisten Fällen werden Kinder statt des Buches Smartphone oder Tablet in der Hand halten und auf Animationen warten – ob so Lust auf Bücher geweckt wird?
Tracking und Sprachübertragung ins Internet
Die wenigen Aktivierungswörter sind nicht in der App hinterlegt. Vielmehr hört diese während des Vorlesens mit und sendet den Mitschnitt ins Internet zu einem Spracherkennungsserver. Je nach Betriebssystem nutzt die App dafür die ins Betriebssystem des Android- oder Apple-Mobilgerätes integrierte Sprachsteuerung, also den Google-Assistant beziehungsweise Siri. Wegen der Spracherkennung läuft die App nur bei bestehender Internetverbindung. Das ginge besser, angesichts der Leistungsfähigkeit aktueller Mobilgeräte könnte die App die wenigen Aktivierungswörter auch offline erkennen. Neben den Sprachfiles gehen weitere Daten ins Internet, einige sind für die Funktion der App nicht erforderlich. Wir stießen insbesondere auf eine eindeutige Gerätekennung, die den vier involvierten Firmen (Google, Unity3d.com, qcdarsdk.com und vuforia.com) App-übergreifendes Tracking ermöglicht.
Fazit: Datenhungrige App ohne Mehrwert
Aufgabe der Stiftung Lesen ist es unter anderem, Kinder zum Lesen anzuhalten. Dass sie dorthin geht, wo Kinder sind, ist nachvollziehbar. Ob sie ihr Ziel mit einem Feuerwehrbuch am besten erreicht, sei dahingestellt. Doch von der App raten wir ab: Sie bietet kaum Mehrwert, vermittelt nicht einmal haptisch Lesespaß und ist wegen des exzessiven Trackings kritisch. Insbesondere Apps für Kinder sollten offline funktionieren und ganz auf Tracking verzichten. Ein weiterer Punkt: Kindern fällt es ohnehin oft schwer, sich auf eine Sache zu konzentrieren. Fürs Lesen gilt dasselbe wie fürs Pommes-Essen: Ohne App hat man mehr davon.
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