Bringt der Partner Kinder mit in die Beziehung, können Stiefmütter und -väter profitieren – aber erst nach dem Ja-Wort. Finanztest erklärt, welche steuerlichen Regelungen gelten.
Auf den Trauschein kommt es an
Zu Zeiten der Gebrüder Grimm vergällte die böse Stiefmutter manchem Kind die Lebensfreude, indem sie es knechtete und die eigenen Sprösslinge bevorzugte. Heute stehen Stiefeltern nicht mehr unter Generalverdacht – im Gegenteil: In Zeiten hoher Trennungs- und Scheidungsraten ist das Zusammenleben mit Kindern aus einer früheren Beziehung des Partners üblich. Rechtlich ist für Stiefeltern einiges besonders – auch in Bezug auf das Finanzamt. Als Stiefkinder gelten steuerlich nur Kinder, die ein Partner in eine Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft mitgebracht hat. So ist eine Frau, die mit ihrem neuen Mann ohne Trauschein zusammenlebt, für dessen Kinder rechtlich gesehen keine Stiefmutter. Sie kann für diese weder Kindergeld bekommen noch stehen ihr daran gekoppelte steuerliche Vergünstigungen zu, etwa die Kinderzulage bei der Riester-Rente. Dagegen kann eine rechtlich anerkannte Stiefmutter, also eine mit Trauschein, Kindergeld beziehen. Voraussetzung: Das Kind hat seinen Lebensmittelpunkt bei ihr.
Steuertipp 1: „Zählkinder“ nutzen
Andreas ist in zweiter Ehe mit Laura verheiratet und hat mit ihr vor einem Jahr Zwillinge bekommen. Aus seiner früheren Ehe hat er Sohn Erik (8) und Tochter Lisa (4), die aber bei ihrer Mutter leben. Würde sich Laura das Kindergeld für die Zwillinge auszahlen lassen, bekäme sie zweimal 190 Euro.
Anders sähe es aus, wenn beide Partner einvernehmlich Andreas als „Berechtigten“ bestimmen würden: Zwar bekäme er für seine beiden älteren Kinder kein Geld – diese würden jedoch bei der Anzahl seiner Kinder mitgezählt. Da es für das dritte Kind 196 Euro und ab dem vierten Kind je 221 Euro gibt, erhielte Andreas für die gemeinsamen Zwillinge pro Monat 196 und 221 Euro.
Kindergeld ohne Zählkinder |
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Kindergeldanspruch (Monat) |
190 + 190 = 380 Euro |
Kindergeld gesamt (Jahr) |
4 560 Euro |
Kindergeld mit 2 Zählkindern (Kind 1 und 2) |
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Kindergeldanspruch (Monat) |
196 + 221 = 417 Euro |
Kindergeld gesamt (Jahr) |
5 004 Euro |
Vorteil durch Zählkinder (Jahr) |
444 Euro |
Tipp: Welches Kind als erstes, zweites, drittes oder viertes zählt, ergibt sich aus der Reihenfolge der Geburten. Lassen Sie das Kindergeld für gemeinsame Kinder deshalb an den Partner auszahlen, der bereits ein oder mehrere ältere Kinder hat. Dadurch ergibt sich meist ein höherer Auszahlbetrag. Erfordert dies einen Wechsel des Kindergeldempfängers – etwa von der leiblichen Mutter auf den Stiefvater – sollten Sie diesen der Familienkasse frühzeitig mitteilen, da er erst ab dem Folgemonat wirksam wird (BFH, Az. III R 42/10). Dazu füllt der künftige Empfänger einen neuen Kindergeldantrag aus, auf dem der Partner die neue Regelung mit seiner Unterschrift bestätigt. Achtung: Fällt ein Zählkind weg, weil es etwa seine Berufsausbildung beendet hat, und ändert sich Ihr Kindergeldanspruch, müssen Sie das der Familienkasse unverzüglich mitteilen.
Steuertipp 2: Mehrfacher Haushalt
Katrin ist vor einem Jahr mit Justus, ihrem Sohn aus erster Ehe, bei ihrem neuen Ehemann Martin eingezogen. Justus verbringt jedes zweite Wochenende sowie einen Teil der Schulferien bei seinem leiblichen Vater Paul. Unterm Strich macht das etwa 35 Prozent der Zeit aus. Da Justus jedoch überwiegend in Katrins Haushalt versorgt und betreut wird, steht ihr das Kindergeld zu.
Tipp: Hält sich Ihr Kind zu mehr als 60 Prozent bei Ihnen und Ihrem neuen Ehepartner auf, gehört es zu Ihrem Haushalt – und einer von Ihnen hat Anspruch auf das Kindergeld. Verbringt das Kind dagegen zwischen 40 und 60 Prozent der Zeit bei Ihrem Ex, liegt eine „mehrfache Haushaltszugehörigkeit“ vor (BFH, Az. V R 41/11). Dann müssen Sie sich mit dem Ex einigen, wer das Kindergeld bekommt – sonst entscheidet das Familiengericht. Dessen Entscheidung lässt sich später nur aus wichtigen Gründen revidieren, wenn sich etwa die Umgangsregelungen ändern und sich dadurch der Lebensmittelpunkt des Kindes verschiebt.
Steuertipp 3: Freibeträge übertragen
Bernd lebt mit seiner zweiten Frau Anna und deren Kindern Lukas (10) und Ben (12), zusammen. Als Stiefvater könnte er sich die halben Kinderfreibeträge vom leiblichen Vater Cornelius übertragen lassen. Bei diesem verbringen Lukas und Ben ab und zu das Wochenende und Teile der Ferien. Für 2016 wären das pro Kind 2 304 Euro Kinder- und 1 320 Euro Erziehungsfreibetrag.
Damit sich das Vorgehen lohnt, müssten Bernd und Anna jedoch mehr verdienen. Denn beim Ermitteln des Steuervorteils durch die vollen Freibeträge in der „Günstigerprüfung“ würde das Finanzamt nicht das halbe, sondern das volle Kindergeld gegenrechnen.
Vorteil durch Kinderfreibeträge |
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Einkommen der Eltern |
60 000 Euro |
Volle Kinderfreibeträge |
-14 496 Euro |
(4 608 Euro + 2 640 Euro x 2) |
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Ergebnis |
45 504 Euro |
Steuerminderung durch Freibeträge |
4 306 Euro* |
Kindergeld |
- 4 560 Euro |
zusätzlicher Steuervorteil |
0 Euro |
Legende
* aus Vereinfachungsgründen ohne Solidaritätszuschlag
Tipp: Die Übertragung von Kinder- und Erziehungsfreibetrag kann ein Stiefelternteil mit der „Anlage K“ der Steuererklärung beantragen. Der getrennt lebende Elternteil muss dem zustimmen. Für viele Patchworkeltern ist es jedoch von Vorteil, sich nur den halben Erziehungsfreibetrag übertragen zu lassen („Anlage Kind“). Das Finanzamt rechnet dann nur das halbe Kindergeld gegen. Dafür darf das Kind nicht beim getrennt lebenden Elternteil gemeldet sein. Der Antrag lässt sich ohne dessen Einverständnis stellen. Hat dieser jedoch das Kind betreut oder Betreuungskosten übernommen, kann er der Übertragung widersprechen.
Steuertipp 4: Betreuungskosten
Michael und Sandra sind nicht verheiratet und beide berufstätig. In ihre Partnerschaft haben beide Kinder mitgebracht: Michael seine Tochter Marie (4), Sandra ihre Söhne Jan (7) und Luka (9). Marie besucht eine Kita, die Jungen werden nach der Schule im Hort betreut. Für die Kita fallen im Monat 300 Euro an, für die Hortbetreuung je 200 Euro. Michael hat 2015 insgesamt 3 600 Euro für Betreuung gezahlt, Sandra 4 800 Euro.
Tipp: Pro Kind und Jahr erkennt das Finanzamt zwei Drittel von bis zu 6 000 Euro an. Als unverheiratete Patchworkeltern können Sie nur selbst getragene Betreuungskosten für leibliche Kinder absetzen. Haben Sie gemeinsame Kinder, setzt jeder ab, was er gezahlt hat (BFH, Az. III R 79/09). Hat nur einer den Vertrag mit Hort oder Kita geschlossen und zahlt dafür, darf nur er die Kosten absetzen. Dagegen ist es bei zusammenveranlagten Ehegatten mit gemeinsamen Kindern egal, wer für die Betreuung gezahlt hat. Bei einer Zusammenveranlagung winkt das Finanzamt die Kosten auch durch, wenn sie ein Stiefelternteil getragen hat.
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- Ein-Eltern-Familien erhalten doppelt so viel Entlastung wie früher. Das mildert meist nur einen Teil ihrer finanziellen Last.
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- Neben Kindergeld und Steuervorteilen durch Kinderfreibeträge sparen Eltern mit Ausgaben für Betreuung und Schule. Alleinerziehende sichern sich den Entlastungsbetrag.
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- Ob Kita oder Au-pair – Eltern wollen ihren Nachwuchs in guten Händen wissen. Aufwendungen für die Aufsicht können sie sich teilweise über die Steuererklärung zurückholen.
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