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Der Trauschein bringt oft Vorteile beim Finanzamt. Aber manchmal lohnt es sich, wenn Paare steuerlich getrennte Wege gehen.
Katrin und Mike Meyer hatten ihren großen Tag Anfang Oktober: Sie haben in Köln geheiratet und das zusammen mit ihren Familien und Freunden gefeiert.
Die beiden wissen, dass sie durch die Trauung von Steuervorteilen profitieren können. Aber wie funktioniert das genau? Hier ist das Paar, das mit Sohn Max in Pulheim bei Köln lebt, unsicher: „Müssen wir zum Beispiel die Steuerklassen ändern?“
Nein, das müssen sie nicht. Anders als Singles können sie aber unter mehreren Kombinationen von Steuerklassen wählen (Grafik Sollen wir die Steuerklasse ändern?). Je nach Kombination haben Paare zunächst monatlich mehr Netto auf dem Konto. Aber: Was ihre Arbeitgeber je nach Steuerklasse vom Gehalt abziehen und an das Finanzamt überweisen, ist nur eine Vorauszahlung – endgültig abgerechnet wird mit der Steuererklärung. Wer also die automatisch zugewiesene Kombination IV/IV beibehält, verschenkt übers Jahr gesehen in der Regel kein Geld.
Wertvolle Einkommensunterschiede
Wählen können Ehepaare und eingetragene Lebenspartner auch bei der Steuererklärung – zwischen der Einzelveranlagung und der gemeinsamen Veranlagung.
Erklären sie ihre Steuern gemeinsam, können sie dank des „Ehegattensplittings“ oft Einkommensteuer sparen: Denn dann ermittelt das Finanzamt nicht für jeden einzeln die Steuern, sondern addiert erst beide Einkommen. Das Ergebnis teilt es durch zwei und ermittelt die dafür fälligen Steuern. Diesen Wert verdoppelt es dann.
Häufig ist dieses Splittingverfahren günstiger, als wenn beide ihre Steuern einzeln erklären. Je weiter die Einkommen der beiden auseinanderliegen, desto größer der Vorteil:
Beispiel: Eine Frau kommt mit ihrem Teilzeitjob auf ein zu versteuerndes Jahreseinkommen von 20 000 Euro, der Mann in Vollzeit auf 50 000 Euro. Ohne Trauschein müsste die Frau insgesamt 2 700 Euro Steuern und Solidaritätszuschlag zahlen, der Mann rund 13 330 Euro. Insgesamt ergäben sich also rund 16 000 Euro. Als Ehepaar zahlen sie nur 14 962 Euro.
Selbst wenn das Paar erst Silvester heiratet, kann es diesen Vorteil noch rückwirkend über die Steuererklärung für das laufende Jahr mitnehmen.
Je nach Steuerklasse mehr netto
Sofort mehr Netto erhalten viele Paare durch einen Wechsel der Steuerklasse. Das höchste vorläufige Nettogehalt ist drin, wenn der Besserverdiener Steuerklasse III wählt und der andere Partner Klasse V. Durch eine Trauung sind beide Partner erst einmal automatisch von der Klasse I für Alleinstehende oder Klasse II für Alleinerziehende in Steuerklasse IV gerutscht. Eine andere Kombination müssen sie nach der Hochzeit beim Finanzamt beantragen.
Ein Wechsel ist in der Regel einmal im Jahr möglich. Letzter Termin für 2016 ist der 30. November („Antrag auf Steuerklassenwechsel für Ehegatten/Lebenspartner“ im Internet unter formulare-bfinv.de).
Von der Kombination der Steuerklassen hängt auch ab, ob die Partner eine Steuererklärung machen müssen. Beim Wechsel der Steuerklasse zu III/V wird sie zum Pflichtprogramm (Grafik Sollen wir die Steuerklasse ändern?). Und der Steuerbescheid bringt die Quittung für das vorläufige hohe Nettogehalt: Das Finanzamt stellt oft hohe Nachforderungen.
Katrin und Mike Meyer wollen erst einmal die Klassen IV/IV behalten. Allein aufgrund dieser Kombination müssten die beiden eigentlich keine Steuererklärung machen. Für 2016 ist sie für das Paar aber doch ein Muss. Katrin Meyer hat in diesem Jahr noch Elterngeld bezogen und ihr Mann hat Einkünfte aus einer nebenberuflichen Selbstständigkeit – beides Gründe für die Pflicht zur Steuererklärung.
Mehr Lohnersatzzahlungen sichern
Besonders wichtig ist die richtige Kombination der Steuerklassen, wenn ein Partner Lohnersatzleistungen erwartet, etwa Arbeitslosen- oder Elterngeld. Denn in diesem Fall bleibt bei der richtigen Kombination tatsächlich mehr Geld unterm Strich übrig. Grund: Die Höhe der Ersatzleistung richtet sich nach dem vorherigen Nettogehalt.
Beispiel: Wechselt eine werdende Mutter in Steuerklasse III und ihr Partner in V, obwohl sie weniger verdient als er, hat das Paar zwar bis zum Bezug des Elterngeldes zunächst weniger Netto. Aber das Elterngeld der Frau fällt höher aus. Die für den Mann deutlich zu viel gezahlte Lohnsteuer holt sich das Paar über die Steuererklärung zurück.
Knackpunkt sind aber oft die Fristen: Werdende Eltern müssen sich sputen, denn der Wechsel muss spätestens sieben Monate vor Mutterschutzbeginn beantragt werden, damit das Elterngeld höher ausfällt.
Nicht immer gemeinsam abrechnen
In manchen Fällen sollten Paare bei der nächsten Steuererklärung besonders aufpassen – und nicht aus reiner Gewohnheit die „gemeinsame Veranlagung“ wählen. Das gilt etwa, wenn Elterngeld geflossen ist.
Das haben auch Michaela und Thorsten Baumgart aus Schloß Holte-Stukenbrock in Ostwestfalen festgestellt. Sie hatten auf dem Internetportal der Steuerverwaltung Elsteronline.de ihre Daten für 2015 eingegeben und waren unsicher: „Kann es sein, dass es diesmal günstiger ist, wenn wir zwei einzelne Steuererklärungen machen und nicht gemeinsam abrechnen?“
Ja, das kann sein, denn Baumgarts bekamen für Tochter Paula Elterngeld. Solche Lohnersatzzahlungen sind zwar steuerfrei, unterliegen aber dem Progressionsvorbehalt. Das bedeutet: Durch sie kann der Steuersatz für das restliche Einkommen steigen.
Beispiel: Kommt ein Ehepaar zusammen auf ein zu versteuerndes Jahreseinkommen von 60 000 Euro, muss es dafür 19,23 Prozent Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag zahlen. Flossen in dem Jahr zusätzlich 10 000 Euro Elterngeld, muss das Paar für die 60 000 Euro 21,37 Prozent zahlen, wenn es zusammen veranlagt wird. Das ist der Satz, der sich für ein Einkommen von 70 000 Euro ergäbe.
Bei der getrennten Veranlagung kann der Nachteil durch den erhöhten Steuersatz deutlich kleiner ausfallen: Hat etwa nur die Ehefrau Elterngeld bezogen, erhöht sich nur der Steuersatz für ihr Einkommen. Das Einkommen des Partners bleibt außen vor.
Ob die Einzelabrechnung tatsächlich günstiger ist, können Paare selbst mit einem Steuerprogramm prüfen. Sie kann sich auch in anderen Situationen bezahlt machen, etwa wenn ein Partner
- Auslandseinkünfte hatte,
- deutlich höhere Versicherungsbeiträge hatte als der andere oder
- besonders hohe Ausgaben für die medizinische Versorgung abrechnen kann.
Tipp: weitere Informationen erhalten Sie in unserem Test Steuerprogramme.
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@argon85: Entschuldigen Sie bitte, Sie haben Recht. Wenn beide arbeiten, kommen die Grundsätze zur Berechnung des besonderen Kirchgeldes nicht zur Anwendung und es ist, wie Sie richtig sagen, komplizierter. Die Berechnung in diesen Fällen ist sehr einzelfallabhängig und kompliziert. In Finanztest haben wir dazu noch nicht berichtet. Gern rege ich eine Berichterstattung dazu an. Bis dahin kann ich Sie leider nur darauf verweisen, konkret bei Ihrem Finanzamt anzurufen und nachzufragen. (maa)
Das kann es nicht sein, "Das Kirchgeld zahlt ein nicht oder gering verdienendes Kirchenmitglied, wenn der allein oder besser verdienende Ehepartner keiner kirchensteuerpflichtigen Gemeinschaft angehört."
Denn wir arbeiten beide normal und verdienen ähnlich.
@argon85: Unter dem folgenden Link finden Sie ein FAQ, das erklärt, dass von gemeinsam veranlagten Ehepaaren, von denen nur einer Kirchenmitglied ist, das sog. "besondere Kirchgeld" verlangt wird. Dazu gibt es Tabellen, die auf den Internetseiten der Landeskirchen veröffentlicht werden.
www.test.de/FAQ-Kirchensteuer-Antworten-auf-Ihre-Fragen-4965421-0/ (maa)
Meine Frau verdient etwas weniger als ich. Sie ist in der Kirche, ich nicht. Wenn wir zusammen veranlagen, wird der Steueranteil meiner Frau, der Grundlage für die Kirchensteuerberechnung ist, grundsätzlich viel zu hoch angesetzt. Das war bisher jedes Jahr so, ich prüfe das immer mit Elster nach. Daher kommen wir mit Einzelveranlagung günstiger weg.
Kann mir jemand erklären, wie die Kirchensteuer je Person bei gemeinsamer Veranlagung berechnet wird? Ich konnte das bisher rechnerisch nicht nachvollziehen.