Steuerschuld Viele müssen nachzahlen

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Für das Jahr 2010 müssen besonders viele Menschen Steuern nachzahlen. Der Fiskus fordert außerdem Geld im Voraus. Wir sagen, wen es trifft.

  • Selbstständige erwischt es, wenn ihr Gewinn das erste Mal so hoch ist, dass sie Einkommen versteuern müssen.
  • Rentner kommen nicht daran vorbei, wenn sie zu Beginn ihres Ruhestands hohe Alterseinkünfte haben oder der Ehepartner noch verdient.
  • Arbeitnehmer und Pensionäre müssen in den sauren Apfel beißen, wenn sie 2010 Nebeneinkünfte über 410 Euro hatten.
  • Arbeitnehmer ereilt es, wenn zum Lohn Leistungen wie Eltern-, Kurzarbeiter- oder Arbeitslosengeld kommen, die höher als 410 Euro sind.

Sie alle müssen bei der Jahresabrechnung 2010 Steuern nachzahlen und dem Fiskus Geld im Voraus überweisen.

Auf Christa Seidel kam das Finanzamt zu, als ihr Mann starb. Kurz nach seinem Tod erhielt die Rentnerin im Steuerbescheid noch 250 Euro zurück. Ein Jahr später sollte sie plötzlich Einkommensteuer nachschießen. Bis heute verlangt das Finanzamt von unserer Leserin außerdem Geld im Voraus. 138 Euro Einkommensteuer überweist sie alle Vierteljahre. „Das ist eine erhebliche Rentenkürzung“, schrieb uns die Witwe.

Steuerzahler wie Christa Seidel, die dem Finanzamt mehr als 400 Euro Einkommensteuer im Jahr schuldig bleiben, sollten Geld beiseitelegen. Sie können Vorauszahlungen nicht verhindern.

Ehepaare mit Steuerklasse III und V

Immer öfter müssen auch Ehepaare mit den Steuerklassen III und V auf der Steuerkarte Steuerschulden ausgleichen. Von ihnen erhält das Finanzamt traditionell zu wenig Lohnsteuer, wenn der Partner mit Steuerklasse III deutlich mehr verdient als der mit Steuerklasse V.

Seit 2010 kann die Lohnsteuer außerdem durch die Vorsorgepauschalen für die Kranken- und Pflegeversicherung zu niedrig sein. Die neuen Pauschalen sind letztes Jahr vom Gehalt abgegangen, wenn Privatversicherte bei der Personalabteilung keine Bescheinigung über ihre Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge vorgelegt haben. Dann waren pauschal 12 Prozent vom Lohn steuerfrei – in Steuerklasse III aber höchstens 3 000 Euro und in Steuerklasse V höchstens 1 900 Euro.

Verheiratete mit Steuerklasse V haben 2010 zum ersten Mal eine Vorsorgepauschale erhalten. Ein Ehepaar mit den Steuerklassen III und V hat 4 900 Euro Lohn steuerfrei ausgezahlt bekommen. Waren die Beiträge für die Grundversorgung in der Kranken- und Pflegeversicherung niedriger, hat das Finanzamt zu wenig Lohnsteuer erhalten. Denn im Steuerbescheid für 2010 verringern nur die tatsächlichen Ausgaben die Einkünfte. So kommt es zu Nachzahlungen.

Beispiel: Ein Richter hat 2010 brutto 60 000 Euro verdient und dafür in Steuerklasse III 10 020 Euro Lohnsteuer gezahlt. Seine Frau, die Beamtin ist, hat von 24 000 Euro brutto in Steuerklasse V 5 812 Euro Lohnsteuer abgezogen bekommen.

Beim Richter war eine Vorsorgepauschale von 3 000 Euro lohnsteuerfrei und bei seiner Frau eine von 1 900 Euro. So hat das Paar einen Freibetrag von 4 900 Euro für seine private Kranken- und Pflegeversicherung erhalten. Für die Grundversorgung mussten der Richter und seine Frau aber nur 4 172 Euro zahlen. Das sind 728 Euro weniger.

Im Steuerbescheid für 2010 rechnet das Finanzamt mit den Versicherungsausgaben von 4 172 Euro. Das Paar muss 77  916 Euro versteuern, nachdem das Finanzamt zwei Arbeitnehmerpauschbeträge à 920 Euro, die Sonderausgabenpauschale von 72 (Alleinstehende: 36) Euro und die Versicherungsbeiträge abgezogen hat. Die Einkommensteuer beträgt 17  266 Euro. Das Finanzamt hat aber nur 15 832 Euro Lohnsteuer bekommen. Der Richter und seine Frau müssen deshalb 1 434 Euro Einkommensteuer und 79 Euro Solidaritätszuschlag nachzahlen. Die beiden haben Anfang Mai außerdem einen Vorauszahlungsbescheid erhalten. Darin sind 478 Euro Einkommensteuer und rund 26 Euro Solidaritätszuschlag festgesetzt. So viel ist am 10. Juni, 10. September und 10. Dezember fällig. Ab 2012 soll das Paar jedes Vierteljahr 358 Euro Einkommensteuer und rund 20 Euro Solidaritätszuschlag überweisen.

Tipp: Wenn die Höhe Ihrer Löhne relativ weit auseinanderliegen und Sie hohe Steuernachzahlungen vermeiden wollen, können Sie statt der Steuerklassen III und V die Steuerklassen IV mit Faktor nehmen. Sie lassen sich beide Steuerkarten vom Arbeitgeber geben und beantragen den Wechsel beim Finanzamt.

Steuerzahler mit Nebeneinkünften

Eine Überraschung können auch Arbeitnehmer und Pensionäre erleben, die nebenbei selbstständig arbeiten oder Immobilien vermieten. Sie dürfen Einnahmen zwar um Werbungskosten, Betriebsausgaben und Vergünstigungen wie den Übungsleiterfreibetrag kürzen. Bleiben aber mehr als 410 Euro, will das Finanzamt eine Steuererklärung sehen. Oft sind dann noch Steuern offen.

Beispiel: Ein Bankangestellter hat 2010 Mieteinkünfte von 5 000 Euro erzielt, nachdem er die Werbungskosten abgezogen hat. Von seinem Gehalt, das brutto 50 000 Euro beträgt, gehen die üblichen Pauschalen und Versicherungsausgaben ab. Insgesamt muss der Angestellte 48 082 Euro versteuern.

Das Finanzamt verlangt im Steuerbescheid für 2010 nach dem Tarif für Alleinstehende 12 075 Euro Einkommensteuer und rund 664 Euro Solidaritätszuschlag. Davon sind rund 2 039 Euro für die Mieteinkünfte fällig. So viel muss der Angestellte nachzahlen, denn letztes Jahr hat die Bank nur 10 142 Euro Lohnsteuer und knapp 558 Solidaritätszuschlag in Steuerklasse I für sein Gehalt an das Finanzamt überwiesen.

Weil der Angestellte 2010 zum ersten Mal Miete erzielt hat, waren noch keine Vorauszahlungen fällig. Für 2011 fordert das Finanzamt in einem Vorauszahlungsbescheid 644 Euro Einkommensteuer und rund 35 Euro Solidaritätszuschlag jeweils am 10. Juni, 10. September und 10. Dezember. 2012 sind alle Vierteljahre knapp 510 Euro fällig. Die Mieteinkünfte sind allerdings mittlerweile niedriger, weil ein Mieter ausgezogen ist und die Wohnung bisher nicht weitervermietet werden konnte. Der Bankangestellte nutzt deshalb den Musterbrief oben auf der nächsten Seite und lässt die Vorauszahlungen vom Finanzamt herabsetzen.

Arbeitnehmer mit Lohnersatz

Arbeitnehmer, die 2010 Lohnersatz bezogen haben, bittet das Finanzamt ebenfalls häufig zur Kasse. Sie erhalten Leistungen wie Eltern-, Kurzarbeiter-, Arbeitslosen-, Mutterschafts- und Krankengeld zwar steuerfrei. Solche Gelder erhöhen aber den Steuersatz für das zu versteuernde Einkommen.

Beispiel: Ein alleinstehender Facharbeiter muss im Steuerbescheid für 2010 vom Lohn 24 156 Euro versteuern. Dazu kommen noch 3 253 Euro Kurzarbeitergeld. Die Einkommensteuer für die Summe von 27 409 Euro beträgt 4 823 Euro.

Das Finanzamt berechnet den Steuersatz für den Betrag von 27 409 Euro und kommt auf 17,5 964 Prozent (4 823x 100 : 27 409). Mit diesem Satz muss der Facharbeiter sein tatsächliches Einkommen von 24 156 Euro versteuern. Im Steuerbescheid sind dafür 4 251 Euro Einkommensteuer festgesetzt.

Das Finanzamt hat 2010 für den Bruttolohn von 28 800 Euro aber nur 3 860 Euro Lohnsteuer erhalten. 391 Euro fehlen. Die muss der Facharbeiter zuzüglich Solidaritätszuschlag nachzahlen. Vorauszahlungen sind nicht zu befürchten, weil die Nachzahlung unter 400 Euro im Jahr liegt.

Witwen und Witwer

Stirbt wie bei Christa Seidel der Ehepartner, kommt es zu Vorauszahlungen, weil Witwen und Witwer den günstigen Splittingtarif für Ehepaare im Kalenderjahr nach dem Tod Partners das letzte Mal erhalten.

Beispiel: Eine Frau hat 2009 ihren Mann verloren. 2010 versteuert die Witwe nur noch ihre eigene Rente und Pension. Für 20 000 Euro zahlt sie nach dem Splittingtarif 630 Euro Einkommensteuer.

2011 wird das Finanzamt nach dem Tarif für Alleinstehende rund 2 850 Euro Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag von der Rentnerin verlangen, wenn sie weiter 20 000 Euro versteuern muss. Im Februar wurden bereits Vorauszahlungen festgesetzt: Alle Vierteljahre muss sie nun gut 712 Euro Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag überweisen.

Rentner

Rentner sollten vor allem zu Beginn ihres Ruhestands auf Steuernachzahlungen gefasst sein:

  • wenn sie selbst oder ihr Ehepartner im selben Jahr noch Lohn bezogen haben oder
  • zur Rente Einkünfte aus Pensionen, Mieten oder Nebenjobs kommen.

Oft verlangt das Finanzamt dann auch Einkommensteuer im Voraus.

Beispiel: Ein 65-Jähriger ist zum 1. Januar 2010 in Rente gegangen. Er erhält seitdem 19 200 Euro gesetzliche Rente (1 600 Euro im Monat). Der Mann hat letztes Jahr außerdem 6 000 Euro Pension (500 Euro im Monat) aus der Unterstützungskasse des Arbeitgebers auf Steuerkarte bezogen. Dafür hat das Finanzamt in Steuerklasse V von dem Ehemann 336 Euro Lohnsteuer erhalten. Solidaritätszuschlag war nicht fällig.

Die Frau des Rentners arbeitet noch und hat letztes Jahr brutto 24 000 Euro (2 000 Euro im Monat) verdient. Ihr Arbeitgeber hat in Steuerklasse III 494 Euro Lohnsteuer an das Finanzamt überwiesen. Nachdem im Steuerbescheid alle Freibeträge, Pauschalen und Versicherungsbeiträge abgezogen sind, muss das Ehepaar 33 476 Euro Einkommen versteuern. Die Steuer beträgt 3 692 Euro und der Solidaritätszuschlag rund 203 Euro.

Das Finanzamt rechnet die Lohnsteuer von 830 (336 + 494) Euro an und fordert rund 3 065 Euro Steuern nach. Das Paar muss außerdem am 10. Juni, 10. September und 10. Dezember knapp 1 022 Euro vorauszahlen.

Selbstständige

Auf Selbstständige kommen vor allem in den ersten Jahren nach der Existenzgründung Steuernachzahlungen zu.

Beispiel: Ein verheirateter Krankenpfleger hatte 2010 die Idee, einen Pflegedienst aufzubauen. Dem Finanzamt teilte er mit, dass er am Anfang keinen nennenswerten Gewinn erwarte. Daraufhin wurden keine Steuervorauszahlungen festgesetzt.

Doch der Pflegedienst brummte. Im Steuerbescheid für 2010 rechnet das Finanzamt aus, dass 38 000 Euro Einkommen zu versteuern sind. Nach dem Tarif für Ehepaare beträgt die Einkommensteuer samt Solidaritätszuschlag rund 5 134 Euro. So viel muss unser Mann nachzahlen.

Genauso hoch sind die Vorauszahlungen für 2011. Der Geschäftsmann lässt sie sogar noch erhöhen, denn die Gewinnkurve seines Betriebs zeigt steil nach oben. Je größer der Vorschuss ist, desto weniger muss er bei der nächsten Jahresabrechnung nachzahlen.

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