
Durch die Rentenerhöhungen und die neue Mütterrente steigt für viele Rentner die Steuer. Sie sollten Abzüge nutzen. Hier beantworten die Steuerexperten von Finanztest die wichtigsten Fragen rund um Steuern und die Rente.
Ein Viertel der Rentner wird zur Kasse gebeten
Viele Rentner müssen mehr Steuern zahlen, weil die gesetzliche Rente im Sommer um 3,91 Prozent im Osten und 3,18 Prozent im Westen gestiegen ist. Zudem erhalten zumeist Mütter für ihre Kinder, die vor 1992 geboren wurden, etwas mehr Geld. Einige rutschen dadurch erstmals in die Steuerpflicht. Bereits 2015 wurden mehr als ein Viertel von insgesamt 21,2 Millionen Rentnern zur Kasse gebeten, so aktuell das Ergebnis des Statistischen Bundesamts.
Steuerfreie Rente 2019
So viel gesetzliche Rente bleibt im Ruhestand 2019 steuerfrei, wenn es keine weiteren Einkünfte als die Rente gibt.
Rentenbeginn (Jahr) | Rente Westtarif (Euro)1 | Rente Osttarif (Euro)1 | ||
Jahr | Monat2 | Jahr | Monat2 | |
Rentenbeginn (Jahr) | Rente Westtarif (Euro)1 | Rente Osttarif (Euro)1 | ||
Jahr | Monat2 | Jahr | Monat2 | |
bis 2005 | 18 973 | 1 606 | 17 727 | 1 506 |
2006 | 18 409 | 1 558 | 17 275 | 1 467 |
2007 | 17 945 | 1 519 | 16 898 | 1 435 |
2008 | 17 607 | 1 490 | 16 670 | 1 416 |
2009 | 17 204 | 1 456 | 16 381 | 1 391 |
2010 | 16 738 | 1 417 | 15 990 | 1 358 |
2011 | 16 392 | 1 387 | 15 701 | 1 334 |
2012 | 16 015 | 1 356 | 15 495 | 1 316 |
2013 | 15 627 | 1 323 | 15 286 | 1 298 |
2014 | 15 314 | 1 296 | 15 040 | 1 277 |
2015 | 15 083 | 1 277 | 14 891 | 1 265 |
2016 | 14 831 | 1 255 | 14 750 | 1 253 |
2017 | 14 539 | 1 231 | 14 515 | 1 233 |
2018 | 14 273 | 1 208 | 14 273 | 1 212 |
2019 | 13 848 | 1 172 | 13 848 | 1 176 |
- 1 Bruttorente pro Person 2019. Gerechnet mit 7,75 Prozent Beitrag für die gesetzliche Kranken- und 3,05 Prozent Beitrag für die Pflegeversicherung.
- 2 Monatsrente zweites Halbjahr 2019.
Unsere Beispiele zeigen, wo noch mehr Plus drin ist
Von der Rentenerhöhung gehen noch Sozialversicherungen und Steuern ab. Zum Glück hat jeder unterm Strich mehr Netto als 2018. Das zeigt auch unsere Grafik weiter unten im Text: Unser Mann aus Rostock zum Beispiel zahlt 2019 zwar 94 Euro mehr Steuern, verbucht aber trotzdem noch rund 540 Euro Rentenplus im Jahr. Unsere Frau aus Leipzig mit zwei Kindern hat zusätzlich durch die neue Mütterrente II mehr Rente und muss 145 Euro mehr Steuern zahlen. Netto bleiben ihr 824 Euro im Jahr mehr als 2018. Noch mehr Plus ist drin, wenn beide Kosten für Gesundheit, Helfer im Haushalt und Spenden in der Jahresabrechnung geltend machen. Damit drücken sie ihre Steuerlast.
Grafik: Die Rentenrechnung erklärt – an zwei Beispielen
Unser Rat
Geld zurücklegen. Stellen Sie sich darauf ein, dass Sie nach der Rentenerhöhung mehr Steuern zahlen müssen als zuvor. Das kann auch sein, wenn Sie schon welche im Voraus gezahlt haben, denn die Behörde hat in der Abrechnung vom letzten Jahr die aktuelle Rentenerhöhung noch nicht berücksichtigt.
Steuern schätzen. Wie viel Steuern etwa fällig werden, können Sie ermitteln (bmf-steuerrechner.de und mit unserem Rechner Steuerberechnung für Rentner).
Belege sammeln. Sammeln Sie alle Belege, die Steuerabzug bringen wie etwa für Gesundheitskosten und Spenden. Rechnungen für Helfer im Haushalt sollten Sie per Überweisung begleichen. Nur dann zählen die Lohn- und Fahrtkosten.
Warum muss ich als Rentner jedes Jahr mehr Steuern zahlen?
Von Ihrer Rente bleibt immer weniger steuerfrei, weil reguläre Erhöhungen voll bei der Steuer zählen. Zudem müssen Neurentner viel mehr von ihrer Rente voll versteuern als ältere, weil der Freibetrag für jeden neuen Jahrgang sinkt. Von Ihrer gesetzlichen Rente geht abhängig vom Jahr des Rentenbeginns ein Rentenfreibetrag ab. Sind Sie seit 2018 in Rente, bleiben 24 Prozent Ihrer Jahresbruttorente steuerfrei. Gehen Sie erst 2019 in Rente, sind nur 22 Prozent steuerfrei. Wie hoch der Freibetrag in Euro ist, ermittelt das Finanzamt im Jahr nach dem Rentenbeginn. Dann gilt er für immer. Das Amt muss ihn nur anpassen, wenn die Rente neu berechnet wird, weil sich gesetzlich etwas ändert wie in diesem Jahr durch die Mütterrente II. Letztendlich steigt Ihr zu versteuerndes Einkommen und somit die Steuer.
Ich bin seit 2015 Rentnerin und bekomme seit Januar mehr Mütterrente. Wie steigt der Freibetrag?
Da Sie seit dem Jahr 2015 Rente bekommen, sind 30 Prozent der Mütterrente steuerfrei, so wie bei Ihrer Ursprungsrente. Wundern Sie sich nicht, dass die Beamten nicht mit der Mütterrente II rechnen, die Sie 2019 erhalten. Stattdessen zählt, wie viel die Mütterrente II im Jahr 2016 betragen hätte, also zu dem Zeitpunkt, als das Finanzamt Ihren Steuerfreibetrag ursprünglich ermittelt hat.
Beispiel. Antje Gerlach aus Leipzig ist seit 2017 in Rente (siehe Grafik oben im Text). Im Jahr 2018 bekam sie 19 524 Euro Bruttorente. Das Finanzamt hat den Freibetrag mit 5 076 Euro (26 Prozent von 19 524 Euro) festgelegt. Seit Januar 2019 erhält die Frau aus Leipzig für ihre zwei Kinder, die vor 1992 geboren wurden, zusätzlich für jedes Kind einen halben Rentenpunkt mehr. Dadurch hat sie rund 31 Euro mehr Bruttorente im Monat. Wie bei ihrer Ursprungsrente sind davon 26 Prozent steuerfrei. Den neuen Rentenfreibetrag ermittelt das Finanzamt aus der Rente, welche die Leipzigerin 2018 erhalten hätte – also zum Zeitpunkt, als es ihren ursprünglichen Freibetrag ermittelt hat.
Hätte es 2018 schon die Mütterrente II gegeben, hätte die Frau für jedes ihrer Kinder die Hälfte von 30,19 Euro (durchschnittlicher Rentenwert Ost) bekommen. Deshalb stehen ihr für die beiden Kinder jetzt im Jahr rund 95 Euro zusätzlich steuerfrei zu: 12 Monate 30,19 Euro 26 Prozent. Für die Rentnerin gilt somit ein Steuerfreibetrag von 5 171 Euro, statt wie vorher 5 076 Euro.
Ich werde pensioniert. Gibt es auch für Pensionen Freibeträge?
Ja. Beziehen Sie als ehemaliger Beamter eine steuerpflichtige Pension, geht ein Versorgungsfreibetrag plus Zuschlag ab – abhängig vom Jahr des Pensionsbeginns. Erhalten Sie erstmals 2019 eine Pension, bleiben davon 17,6 Prozent steuerfrei, maximal 1 320 Euro plus 396 Euro Zuschlag. Begann die Pension 2018, sind 19,2 Prozent steuerfrei, maximal 1 440 Euro plus 432 Euro Zuschlag. Auch wenn Sie regelmäßig Geld aus einer Unterstützungskasse oder einer Direktzusage des Arbeitgebers erhalten, kann Ihnen der Freibetrag zugutekommen – hier aber erst, wenn Sie das 63. Lebensjahr vollendet haben.
Welche Posten kann ich im Ruhestand steuerlich geltend machen?
Das sind mehr als viele denken. Zumindest gehen Ihre Basisbeiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung voll von Ihren Einnahmen ab. Bei Rentnern zieht das Finanzamt außerdem pauschal 102 Euro für Werbungskosten und 36 Euro für Sonderausgaben ab. Sie können natürlich noch weiter Ihre Steuerlast senken, wenn Sie höhere Ausgaben nachweisen. Sammeln Sie deshalb übers Jahr die Belege für Ihre Ausgaben, etwa für
- Rentenberater, Lohnsteuerhilfeverein, Steuerberater, Anwalt und Gericht, wenn um die Rente gestritten wird,
- Spenden und Parteibeiträge,
- Zuzahlungen zu Medikamenten, für die vom Arzt verordneten Brillen, Hörgeräte und andere Hilfsmittel. Die Gesundheitskosten zählen zwar nicht vom ersten Euro an, aber in der Summe können sie in der Jahresabrechnung einen Steuerabzug bringen.
- Hilfen im Haushalt. Beauftragen Sie Handwerker für Arbeiten in Ihrer Wohnung, in Ihrem Garten oder Haus, zählen bis zu 6 000 Euro für Lohn- und Fahrtkosten. 20 Prozent davon bringen Steuerabzug. Bedingung: Sie bezahlen die Rechnung nicht bar, sondern überweisen das Geld. Auch Ausgaben für Haushaltshilfen senken die Steuer.
Tipp: Liegt Ihr zu versteuerndes Einkommen 2019 nach Abzug aller Ausgaben unter dem Grundfreibetrag von 9 168 Euro (Ehepaare 18 336 Euro), zahlen Sie gar keine Steuern. So bleibt ein Rentner verschont, der 2018 in Rente ging und 2019 einschließlich Kranken- und Pflegeversicherung nicht mehr als 14 273 Euro Bruttorente (West) hat. Hier wurden aber nur der Rentenfreibetrag und pauschal 102 Euro Werbungskosten plus 36 Euro Sonderausgaben berücksichtigt. Machen Sie höhere Ausgaben in Ihrer Steuererklärung geltend, sind entsprechend höhere Einnahmen steuerfrei.
Ich vermiete eine Wohnung. Zählen im Ruhestand auch diese Einkünfte für meine Steuer?
Ja. Das Finanzamt berücksichtigt in Ihrer Jahresabrechnung aber einen Altersentlastungsbetrag. Das gilt auch für andere Nebeneinkünfte etwa aus selbstständiger Tätigkeit. Bedingung ist, dass Sie am 1. Januar 2019 mindestens 64 Jahre alt waren.
Der Freibetrag sinkt jedoch für jeden neuen Jahrgang:Wurden Sie etwa im Dezember 1954 geboren, sind 2019 von Nebeneinkünften 17,6 Prozent steuerfrei, maximal 836 Euro.
Tipp: Der Freibetrag greift auch für voll steuerpflichtige Riester-Renten und Betriebsrenten aus Pensionsfonds oder Pensionskassen – aber nicht für gesetzliche Renten oder Renten, die aus pauschal versteuerten Beiträgen stammen.
Wie zählen Renten, die ich privat und über meinen Arbeitgeber angespart habe, bei der Steuer?
Das kommt darauf an, ob Sie die Beiträge bei Einzahlung schon versteuert haben. Grundsätzlich sind Renten aus privaten Versicherungen nur mit einem geringen Ertragsanteil steuerpflichtig.
Das gilt auch für Betriebsrenten, wenn Sie die Beiträge – wie es bei betrieblicher Vorsorge vor 2002 üblich war – aus voll oder pauschal versteuertem Einkommen bezahlt haben.
Wie viel von so einer Rente beim Finanzamt zählt, hängt davon ab, wie alt Sie bei der ersten Zahlung sind: Sind Sie 65 Jahre alt, sind 18 Prozent der Rente steuerpflichtig, bei Zahlung ab 67 nur 17 Prozent.
Ich erhalte Ostrente. Müsste der Freibetrag im Zuge der Anpassung zur Westrente nicht mitsteigen?
Es ist tatsächlich fraglich, ob die Ostrenten zu hoch besteuert werden. Ein Rentner aus Sachsen hat geklagt. Er fordert, den Rentenfreibetrag entsprechend der Rentenangleichung anzupassen.
Das Sächsische Finanzgericht hat aber abgewunken (Az. 5 K 567/17). Jetzt muss der Bundesfinanzhof (BFH) entscheiden (Az. X R 12/18).
Tipp: Sie sollten gegen Ihren Steuerbescheid Einspruch einlegen, auf das BFH-Verfahren verweisen und zugleich das Ruhen des Verfahrens bis zur Entscheidung beantragen (mehr im Special Steuerbescheid 2018).
Früher blieb von den eingezahlten Rentenbeiträgen viel weniger steuerfrei als heute. Werde ich als Rentner nun doppelt besteuert?
Das kommt auf den Einzelfall an. Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, es sei verfassungskonform, dass seit 2005 für Neurentner ein größerer Teil steuerpflichtig ist – abhängig vom Jahr des Rentenbeginns. Im Gegenzug sind im Arbeitsleben jedes Jahr höhere Beiträge zur Rentenversicherung steuerfrei – bis diese 2025 komplett steuerfrei sind und die Neurenten ab 2040 komplett steuerpflichtig. Dennoch können Sie gegen eine Doppelbesteuerung klagen, wenn Sie während des Berufslebens hohe Steuern auf Ihre Beiträge gezahlt haben.
Tipp: Dazu sucht der Bund der Steuerzahler Musterkläger, die zum Beispiel seit 2017 eine gesetzliche Rente erhalten und dafür Steuern zahlen. Bedingung: Sie haben in den Berufsjahren eigene Beiträge aus versteuertem Einkommen eingezahlt – etwa freiwillig in ein Versorgungswerk – und haben noch alle Steuerbescheide aus den Vorjahren.
Darf das Finanzamt auch Steuern im Voraus kassieren?
Ja, das darf es, wenn es davon ausgeht, dass Sie für das aktuelle Jahr mindestens 400 Euro Steuern zahlen müssen. Denn als Rentner zahlen Sie anders als Arbeitnehmer normalerweise erst ein Jahr später Steuern, wenn der Bescheid kommt. Es kann sogar sein, dass das Finanzamt höhere Vorauszahlungen als zuletzt verlangt, weil die Rente ständig steigt. Damit die finanzielle Belastung im nächsten Jahr nicht zu hoch wird, verlangt es die Steuern quartalsweise im Voraus. Dazu ermittelt es, wie viel Steuern für das aktuelle Jahr fällig werden. Grundlage sind dafür in der Regel die Werte vom Vorjahr und der aktuelle Grundfreibetrag von derzeit 9 136 Euro.
Beispiel. Eine Frau erhält Mitte September ihren Steuerbescheid für das Jahr 2018. Danach muss sie für 2018 rund 600 Euro Steuern bis Mitte Oktober nachzahlen.
Zudem muss sie für 2019 Steuern im Voraus zahlen, weil voraussichtlich ihre Steuerschuld auch für das Jahr 2019 bei 600 Euro liegt. So werden im Dezember weitere 600 Euro fällig. Auch für 2020 setzt die Behörde gleich die Vorauszahlung fest und zwar jeweils 150 Euro pro Quartal.