
Viele haben schon beim Finanzamt getrickst. Die Grenze zur Steuerhinterziehung ist schnell überschritten. Zehn Beispiele.
Für Uli Hoeneß sieht es offenkundig böse aus: Der Fußballmanager hat Geld in der Schweiz verschwiegen und soll mehr als 3 Millionen Euro Steuern hinterzogen haben. Anfang des Jahres zeigte der Bayer sich selbst an und hoffte, straffrei auszugehen. Doch die Münchner Staatsanwaltschaft erließ Haftbefehl und Hoeneß kam nur gegen 5 Millionen Euro Kaution wieder auf freien Fuß. Jetzt läuft das Ermittlungsverfahren.
Ab 50 000 Euro Steuerhinterziehung ist eine Haftstrafe möglich, ab einer Million Euro eine Strafe ohne Bewährung. Uli Hoeneß könnte ins Gefängnis wandern.
Die meisten Steuerzahler, die nicht immer ehrlich waren, schulden dem Finanzamt viel weniger Steuern. Oft haben sie auch nur geschludert, aus Unwissenheit Fehler gemacht oder eine Bagatelle begangen. Dann ist keine Selbstanzeige nötig. Es reicht, wenn sie Fehler korrigieren, versäumte Steuererklärungen nachholen und künftig ehrlich sind.
Aus Tricksern werden aber leicht Steuerhinterzieher. Diese sollten sich mithilfe eines Steuerberaters oder Lohnsteuerhilfevereins anzeigen. Solange das Finanzamt noch nichts gemerkt hat, kommen sie ohne Strafe und Hinterziehungszinsen davon.
Ich gebe in der Steuererklärung als Entfernung von der Wohnung zur Arbeit 23 Kilometer an, obwohl es nur 13 Kilometer sind. Droht mir eine Strafe, wenn das auffliegt?
Ja, wenn Ihr Finanzbeamter ortskundig ist oder im Internet Ihre Kilometerangaben mit dem Routenplaner überprüft, ist eine Strafe für Sie programmiert.
Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz ging bei einer Frau davon aus, dass sie bewusst getäuscht hat (Az. 3 K 2635/08): Die Pendlerin hatte 13 Kilometer zu viel für den Weg zur Arbeit abgerechnet. Die Frau gab an, sie habe geglaubt, jeder könne die Hin- und Rückfahrt abrechnen. Die Richter hielten ihr entgegen, dass in der Anlage N zur Steuererklärung klar nach der einfachen Entfernung gefragt wird. Sie werteten die falsche Angabe als Steuerhinterziehung.
Das Finanzamt durfte für neun Jahre Steuern samt Zinsen nachfordern und eine Geldstrafe verhängen.
Ich bin Angestellter und trainiere seit 2008 nebenbei die Jugendmannschaft unseres gemeinnützigen Sportvereins. Muss ich das Honorar beim Finanzamt abrechnen?
Ja, das Honorar gehört in die Steuererklärung. Trotzdem kann es sein, dass das Geld steuerfrei bleibt, denn für Nebeneinkünfte bis zur Höhe von 410 Euro im Jahr zahlen Alleinstehende und Ehepaare als Arbeitnehmer gar keine Steuern. Da Sie Trainer eines gemeinnützigen Vereins sind, erhalten Sie zusätzlich noch den Übungsleiterfreibetrag von 2 100 Euro (seit 2013: 2 400 Euro). Sie dürfen deshalb sogar 2 510 Euro (seit 2013: 2 810 Euro) steuerfrei dazuverdienen.
Waren Ihre Nebeneinkünfte in den vergangenen Jahren höher, sollten Sie sich beim Finanzamt selbst anzeigen. War das jährliche Honorar geringer und Ihr einziger Nebenverdienst, brauchen Sie nichts zu unternehmen. Künftig sollten Sie den Nebenjob aber in der Steuererklärung abrechnen.
Als Kirchenmitglied hätte ich seit 2009 über die Steuererklärung für meine Kapitaleinkünfte Kirchensteuer zahlen müssen. Verhängt das Finanzamt eine Strafe, wenn es erfährt, dass die Kirche von mir kein Geld erhalten hat?
Manchmal ja, manchmal nein. In vielen Bundesländern regeln die Kirchensteuergesetze, dass es nicht strafbar ist, die Kirchensteuer zu hinterziehen. Lassen Sie am besten von einem versierten Steuerberater oder Lohnsteuerhilfeverein klären, was in Ihrer Region gilt.
Wollen Sie eine Strafe vermeiden oder einfach nur ehrlich werden, müssen Sie sich selbst anzeigen und die Kirchensteuer lückenlos nachzahlen.
Muss ich als Rentner eine Steuererklärung abgeben? Das habe ich zehn Jahre lang nicht getan. Habe ich mich dadurch strafbar gemacht? Was Steuern angeht, bin ich absoluter Laie.
Nur wenn Sie mit Absicht Steuern hinterziehen, müssen Sie mit einer Strafe rechnen. Suchen Sie die Unterlagen der vergangenen Jahre zusammen und lassen Sie einen Steuerberater oder Lohnsteuerhilfeverein prüfen, ob Sie dem Staat Steuern schulden. Sollte das zutreffen, reichen Sie fehlende Steuererklärungen stillschweigend nach. Das bewertet das Finanzamt dann als strafbefreiende Selbstanzeige.
Straffrei bleiben Sie aber nur, wenn Sie noch nicht aufgeflogen sind. Das passiert leicht, denn über Alterseinkünfte wie Renten und Pensionen erhält das Finanzamt Kontrollmitteilungen von den auszahlenden Stellen.
Zurzeit werten die Finanzämter systematisch die Daten aller Rentner und Pensionäre aus, die nicht mehr als Steuerzahler geführt werden. Kommt heraus, dass Sie vorsätzlich Steuern hinterzogen haben, darf das Finanzamt für zehn Jahre Steuern nachfordern und auch eine Strafe verhängen.
Eine Frau musste ihre gesetzliche Rente, die sie und ihr Mann nicht angegeben hatten, für zehn Jahre nachversteuern. Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz ging von vorsätzlicher Steuerhinterziehung aus. Obwohl die Klägerin eine gesetzliche Rente erhielt, stand bei ihr fast durchgängig als Beruf „Hausfrau“ in der Steuererklärung.
Die Richter argumentierten, die Anleitung zur Steuererklärung weise Rentner seit Jahren darauf hin, dass sie spezielle Anlagen ausfüllen müssen – früher die Anlagen KSO oder SO, inzwischen die Anlage R. Doch selbst als die Rentenbesteuerung 2005 verschärft und in allen Medien breit diskutiert wurde, habe das Paar die Rente der Frau weiter verschwiegen. Ungünstig war auch, dass die Kläger schon einmal Einnahmen aus Kapitalvermögen unvollständig angegeben hatten (Az. 2 K 1592/10).
Vier Banken haben von mir Freistellungsaufträge. Da ich den Überblick verloren hatte, waren diese zu hoch. So habe ich für 3 200 Euro Zinsen keine Abgeltungsteuer gezahlt. Was nun?
Ihnen bleibt nur die Selbstanzeige. Starten Sie diese, bevor das Finanzamt sich rührt, denn Sie werden wahrscheinlich auffliegen.
Kreditinstitute und Bausparkassen informieren das Bundeszentralamt für Steuern über alle Freistellungsaufträge. Das Zentralamt meldet alle Anleger, die zu viel freistellen, den Finanzämtern. Nur wenn Sie versehentlich Bagatellbeträge nicht versteuert hätten, könnten Sie auf eine Selbstanzeige verzichten.
Fragen Sie bei allen Banken nach, wie viel Sie freigestellt haben. Korrigieren Sie Ihre Aufträge. Alleinstehende dürfen bei allen Banken höchstens 801 Euro im Jahr freistellen, Ehepaare 1 602 Euro. Überflüssige Konten sollten Sie schließen.
Meine Haushaltshilfe arbeitet schwarz. Sie will nicht, das ich sie anmelde. Was passiert, wenn das auffliegt?
Sie begehen eine Ordnungswidrigkeit und müssen mit bis zu 5 000 Euro Geldbuße rechnen. Dieser Gefahr entgehen Sie, wenn Sie die Hilfe bei der Minijobzentrale melden (im Netz unter www.minijobzentrale.de). Sie dürfen ihr dann bis zu 450 Euro Lohn im Monat zahlen und müssen 14,44 Prozent Steuern und Sozialabgaben abführen. Von Ihren Kosten können Sie sich 20 Prozent über die Steuererklärung zurückholen, aber maximal 510 Euro im Jahr.
Seit mehreren Jahren setze ich Kosten für ein Arbeitszimmer ab, obwohl ich den Raum auch viel privat nutze. Kann ich den Fehler ausbügeln? Weil ich Lehrer bin, wurde alles anerkannt.
Nach Paragraf 153 der Abgabenordnung sind Sie verpflichtet, Fehler in der Steuererklärung zu korrigieren, sobald Sie diese erkennen. Das wertet Ihr Finanzamt dann als Selbstanzeige und Sie kommen ohne Strafe und Hinterziehungszinsen davon.
Wenn Sie Beamter sind, schützt Sie die Anzeige aber nicht vor dienstrechtlichen Konsequenzen – zum Beispiel einem Verweis in der Personalakte, einer Geldstrafe oder einer Gehaltskürzung. Die Finanzämter sind verpflichtet, Verfehlungen von Beamten dem Dienstherrn mitzuteilen.
Bekommen Sie Schwierigkeiten, können Sie auf ein Verfahren beim Bundesfinanzhof verweisen. Der Kläger will Kosten für eine Arbeitsecke absetzen, die nur durch ein Bücherregal vom privaten Teil eines Zimmers getrennt ist (Az. X R 32/11). Hat die Klage Erfolg, haben Sie rückblickend gar keinen Fehler gemacht.
Ich lebe getrennt und glaube, mein Mann hat früher in unseren gemeinsamen Steuererklärungen getrickst. Kann ich dafür belangt werden?
Sie sind nicht automatisch für die Vergehen Ihres Mannes mitverantwortlich. Entscheidend ist, ob Sie sich an den falschen Angaben beteiligt haben. Wenn nicht, kann Ihnen weder Mittäterschaft noch Beihilfe vorgeworfen werden. Das gilt sogar, wenn Sie von den falschen Angaben wussten, urteilte das Oberlandesgericht Karlsruhe (Az. 3 Ws 308/07). Sie müssen nur Ihre eigenen Einkünfte richtig deklariert haben.
Das Blatt wendet sich, wenn Sie Komplizin Ihres Mannes waren. Haben Sie zum Beispiel Einkünfte eines gemeinsamen Wertpapierdepots am Finanzamt vorbei kassiert? Dann sind Sie mitverantwortlich und kommen allenfalls mit einer Selbstanzeige straffrei davon. Zeigt Ihr Mann sich nicht mit beim Finanzamt an, fliegt er auf. Steuerfahnder wissen übrigens, dass enttäuschte Ehepartner Steuerdelikte des anderen gerne verraten: Sie haben dafür spezielle Telefonhotlines geschaltet.
Ich habe Handwerkerrechnungen für meine Privatwohnung steuerlich der Mietwohnung in meinem Zweifamilienhaus zugeschlagen, weil das günstiger ist. Kann das auffliegen?
Ja, solche Tricksereien entdecken sogenannte Flankenschutzbeamte. Diese Mitarbeiter der Steuerbehörden sind in allen Bundesländern unterwegs. Sie überprüfen vor Ort Angaben aus der Steuererklärung, die dem Finanzamt nicht geheuer sind.
Die Beamten kommen unangemeldet und schauen nach, ob der Parkettboden oder die Badezimmerfliesen tatsächlich in der Mietwohnung verlegt sind. Werden Sie bei solch einer Kontrolle erwischt, haben Sie sofort ein Steuerstrafverfahren am Hals.
Sie können den unerwünschten Besuchern aber den Zutritt zu Ihrer Wohnung verweigern. Der Präsident des Bundesfinanzhofs sagt, dass die Fahnder in einer juristischen Grauzone handelten, da die Grenze zwischen Steuerfestsetzung und Strafverfolgung verwische.
Beamte dürfen die Wohnung eines Steuerzahlers nur bei konkretem Betrugsverdacht oder mit Durchsuchungsbeschluss eines Richters unangemeldet betreten. Beides ist normalerweise nicht erfüllt, wenn sie an der Tür klingeln. Sie setzen auf den Überraschungseffekt. Zeigen Sie sich vorher lieber selbst an.
Mein Großvater hat mir vor vier Jahren eine Million Euro vererbt, die in der Schweiz liegen. Das Erbe und die späteren Zinsen habe ich nicht versteuert. Was soll ich tun?
Sie haben Steuern hinterzogen. Zeigen Sie sich selbst an. Eventuell war auch Ihr Großvater ein Steuerhinterzieher. Er kann das Geld schwarz verdient und ebenfalls Zinsen nicht versteuert haben. Dafür haften Sie als Erbe, entschied das Finanzgericht Baden-Württemberg (Az. 8 K 394/01).
Sie hätten den Verstorbenen anzeigen müssen, wenn Sie am Nachlass erkennen konnten, dass er Steuern hinterzogen hat. Holen Sie das gegebenenfalls nach und begleichen Sie seine Steuerschulden. Taucht der Name Ihres Großvaters auf einer der CDs mit Steuersündern auf, die deutsche Finanzministerien seit 2006 aus dem Ausland aufkaufen, droht Ihnen eine Strafe.
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- Kirchenmitglieder zahlen mehr Steuern als andere. Wir sagen, wie sich die zusätzlichen Abgaben senken lassen.
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- Ob Kita oder Au-pair – Eltern wollen ihren Nachwuchs in guten Händen wissen. Aufwendungen für die Aufsicht können sie sich teilweise über die Steuererklärung zurückholen.
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- Steuern kann man vielfältig sparen – mit Jobticket, E-Auto vom Chef oder einer ökologischen Sanierung daheim. Die Regeln für die Steuererklärung 2020.
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