Die Anlage KAP hat nicht ausgedient. Für die einen ist sie Pflicht – für die anderen Kür, um nicht zu viel Steuern zu zahlen.
Die 45-jährige Silvia Rebeschieß aus Kleinmachnow hat das von Finanztest vorgestellte „Weltpantoffel-Depot“ überzeugt. Ihr Portfolio aus zwei ausländischen Indexfonds (ETF) war schnell angelegt. Jetzt bereitet ihr die Steuer Kopfzerbrechen.
Sie weiß, dass sie die ausländischen Erträge jedes Jahr selber in der Anlage KAP ihrer Steuererklärung abrechnen muss. Und auch beim Verkauf muss sie aufpassen, dass sie nicht zu viel Steuern zahlt.
Doch in der Jahressteuerbescheinigung ihrer Depotbank stehen diesmal nicht wie im letzten Jahr die steuerlichen Erträge für die zwei Fonds. Rebeschieß recherchiert im Internet. Dort findet sie nichts.
Was soll sie tun? Nichts tun geht nicht. Die Angaben muss sich die Sparerin leider selbst beschaffen. Die Bank nimmt in der Steuerbescheinigung nur die Daten für 2014 auf, die ihr bis zum 31. Januar vorlagen. Eine spätere neue, vollständige oder geänderte Bescheinigung durch die Depotbank ist gesetzlich nicht vorgeschrieben.
„Wird nachgereicht“ ist erlaubt
Mit dem Problem ist Silvia Rebeschieß nicht allein. Das haben Sparer mit ausländischen Fonds häufig, wenn der Fonds die Erträge an die Anleger nicht ausschüttet, sondern im Fonds gleich wieder anlegt (thesauriert).
Selbst wenn der Bank die Steuerwerte Ende des Jahres vorliegen, teilt sie diese in der Steuerbescheinigung ihren Kunden nur mit. Um die Steuer müssen sie sich selber kümmern. Rebeschieß muss ihre thesaurierten Erträge in der Anlage KAP ihrer Steuererklärung angeben und versteuern.
Rebeschieß hakt bei ihrer Bank nach. Anfang März erhält sie von der Diba die fehlenden Steuerdaten der beiden Wertpapiere. Das kommt gerade rechtzeitig für ihre Steuererklärung, die bis Anfang Juni beim Finanzamt sein muss, weil sie zur Abgabe verpflichtet ist (siehe Grafik).
Sie addiert die Erträge der beiden Fonds (in Euro) und trägt die Summe auf der Vorderseite ihrer Anlage KAP in Zeile 15 für ausländische Kapitalerträge ein.
Hinweis: Hätte die ausländische Fondsgesellschaft die Erträge nicht in Euro wiederangelegt, müsste die Anlegerin diese umrechnen – und zwar mit dem Kurs des Zuflusstages. Das ist bei thesaurierenden Fonds der Kurs am Ende des Fondsgeschäftsjahres, bei ausschüttenden Fonds der Tag, an dem die Erträge dem Anleger gutgeschrieben werden.
Tipp: Fehlen Ihnen noch die Werte, können Sie diese auf der Internetseite des Anbieters abrufen, dort per Mail anfragen oder Sie haken bei der Depotbank nach. Das ist weniger mühevoll, als ständig im Internet unter www.bundesanzeiger.de nachzuschauen, ob die Daten veröffentlicht wurden.
Drängt jedoch die Steuererklärung, füllen Sie einfach die Anlage KAP aus und schreiben in Zeile 15 „wird nachgereicht“. In einer separaten Anlage erläutern Sie dem Finanzamt, um welche Wertpapiere es sich konkret handelt. Legen Sie die Steuerbescheinigung der Bank dazu, aus der hervorgeht, dass die Werte noch nicht bekannt waren.
Später reichen Sie dann die Angaben nach. Damit sind Sie auf der sicheren Seite. Ein strafrechtlicher Vorwurf, Steuern zu hinterziehen, kann Sie nicht mehr treffen.

Steuerfalle beim Fondsverkauf
Anleger wie Silvia Rebeschieß sollten nicht nur ihre derzeitige Steuererklärung im Blick haben, sondern auch für die Zukunft vorbauen. Es droht nämlich noch eine andere Steuerfalle: Verkauft Rebeschieß eines Tages ihre bisher bei einer deutschen Bank verwahrten Fondsanteile, zwackt die Bank auf den gesamten aufgelaufenen Wertzuwachs der Wertpapiere sämtlicher Vorjahre Abgeltungsteuer, Soli und gegebenenfalls Kirchensteuer fürs Finanzamt ab.
Das muss das deutsche Geldinstitut sogar tun, obwohl die Kunden einen Teil der Erträge in den früheren Jahren bereits versteuert haben. Den „schwarzen Peter“ hat der Sparer: Rebeschieß muss dann in ihrer Steuererklärung des Verkaufsjahres die zu viel bezahlten Steuerabzüge zurückfordern.
Außerdem muss sie nachweisen, dass sie in ihrer Steuererklärung der vorangegangenen Jahre die Fondserträge bereits abgerechnet hat. Wer hier nicht aufpasst, zahlt auf die Erträge sonst doppelt Steuern.
Die Mühe mit der Steuer machen häufig ausländische Fonds, die Erträge im Fonds wieder anlegen (thesaurieren). Schüttet der Fonds dagegen die Erträge in einem Depot in Deutschland aus, führt die Bank Jahr für Jahr Abgeltungsteuer und Soli ab. Die Bank weiß beim Verkauf, dass steuerlich für die vergangenen Jahre alles erledigt ist. Es kann aber auch bei eigentlich ausschüttenden Fonds zu Thesaurierungen kommen.
Tipp: Rechnen Sie Ihre Kapitalerträge aus ausländischen thesaurierenden Fonds konsequent auch in solchen Jahren mit dem Finanzamt ab, in denen Sie den Sparerpauschbetrag von 801 Euro (1 602 Euro für Ehe- und gesetzliche Lebenspartner) im Jahr nicht ausschöpfen. Ausländische Fonds erkennen Sie oft daran, dass die Wertpapiernummer/Isin nicht mit DE beginnt.
Nachweise fürs Finanzamt sammeln
Rebeschieß kann dem späteren Verkauf ihrer ausländischen Fondsanteile gelassen entgegensehen. Sie hat von Anfang an alles Nötige fürs Finanzamt gesammelt wie:
- An- und Verkaufsabrechnungen über thesaurierende Auslandsfonds beziehungsweise gleichartige Indexfonds (ETF),
- Steuerbescheinigungen der Depotbank,
- Jahresberichte des Produktanbieters über die steuerpflichtigen Erträge,
- Depotauszüge, aus denen die Anzahl der Fondsanteile/ETF ersichtlich sind und
- Kopien der Steuerformulare: Anlage KAP der Altjahre und Kopien der alten Steuerbescheide.
Tipp: Bewahren Sie alle Fondsbescheinigungen, An- und Verkaufsbelege sowie die Steuerbescheide der Altjahre so lange auf, bis Sie alle Fondsanteile verkauft und alles mit dem Finanzamt abgerechnet haben. Nur so können Sie später dafür sorgen, dass Sie nicht doppelt Steuern zahlen müssen.
Zu viel gezahlte Steuer zurückfordern
Verkauft Rebeschieß beide Auslandsfonds, berechnet die Depotbank für das Finanzamt in einer Summe Abgeltungsteuer plus Solidaritätszuschlag, und zwar auf:
- den Kursgewinn im Verkaufsjahr und
- darin auch die thesaurierten Erträge aller Jahre, seit sie die Wertpapiere im Depot hat.
Das ist zu viel. Die zu viel bezahlte Steuer holt sich die Anlegerin über ihre Steuererklärung im Verkaufsjahr wieder zurück.
Beispiel: Ein Sparer hat Ende 2009 für 1 000 Euro Fondsanteile gekauft. Er hat für seine Anteile von 2009 bis 2013 jedes Jahr 100 Euro thesaurierte Erträge notiert, die er schon versteuert hat.
Im Mai 2014 hat der Mann die Fondsanteile für 2 500 Euro verkauft. Die Bank bescheinigt ihm 1 500 Euro steuerpflichtigen Kapitalertrag, in dem die 500 (5 x 100) Euro thesaurierten Erträge enthalten sind. Von den 1 500 Euro hat die Bank 375 Euro Abgeltungsteuer und 20,63 Euro Solidaritätszuschlag abgezwackt. Diese Beträge weist sie zusammengefasst in der Steuerbescheinigung für 2014 aus.
Einen Freistellungsauftrag hatte der Mann der Bank nicht erteilt, weil er seinen Sparerpauschbetrag anders ausgeschöpft hat.
Mit seiner Steuererklärung für 2014 beantragt der Mann beim Finanzamt die Korrektur: Er trägt in Anlage KAP, Zeile 7, linke Spalte 1 500 Euro ein. In die rechte Spalte der Zeile 7 kommt der selbstermittelte Wert der steuerpflichtigen Erträge. Das sind in seinem Fall 1 000 Euro, da er ja die 500 Euro thesaurierten Erträge schon in den Jahren zuvor über die Anlage KAP versteuert hat. In Zeile 47 trägt er 375 Euro Abgeltungsteuer ein und 20,63 Euro Soli in Zeile 48. So viel hat er laut Bescheinigung der Bank gezahlt.
Das Finanzamt muss dem Sparer inklusive Solidaritätszuschlag 131,88 Euro erstatten. Für 1 000 Euro Gewinn werden inklusive Soli nur 263,75 Euro fällig.
Tipp: Erläutern Sie auf einem gesonderten Blatt oder mithilfe einer Excel-Tabelle, wie viel Erträge Sie in den Vorjahren bereits voll versteuert haben und dass Sie deshalb den entsprechenden Betrag abgezogen haben. Am besten erfassen Sie für sich die Daten gleich ab dem ersten Jahr.
Altverluste in der KAP verrechnen
Ihre Verkaufsgewinne könnte Silvia Rebeschieß über die Anlage KAP auch mit Verlusten verrechnen, die sie mit dem Verkauf anderer Fondsanteile verbucht hat.
Allerdings gilt ab 2014 eine Einschränkung für Altverluste aus Geldgeschäften vor dem Jahr 2009. Diese können Anleger nicht mehr mit ihren aktuellen Gewinnen etwa aus Aktien oder Fonds verrechnen. Das war letztmalig in der Steuererklärung für 2013 möglich.
Tipp: Haben Sie noch Altverluste übrig, können Sie diese nur noch mit Gewinnen aus dem steuerpflichtigen Verkauf von Mietimmobilien, Gold oder Antiquitäten über die Anlage SO ausgleichen.
Günstige Steuer für Privatzinsen
In ihre Anlage KAP müsste Rebeschieß ebenfalls Zinsen eintragen, die noch nicht versteuert sind.
Dazu gehören auch Zinsen (Zeile 14), die Angehörige 2014 für ein Privatdarlehen gezahlt haben. Darauf darf das Amt aber nur 25 Prozent Abgeltungsteuer verlangen (BFH, Az. VIII R 9/13, VIII R 44/13, VIII R 35/13).
Tipp: Damit die günstige Abgeltungsteuer gilt, müssen Sie den Darlehensvertrag wie unter Fremden üblich schließen. Beim finanziell abhängigen Ehepartner klappt das nicht (BFH, Az. VIII R 8/14). Was im Vertrag stehen sollte, steht unter www.bundesfinanzministerium.de im Erlass vom 29. April 2014 (Gz. IV C 6 – S 2144/07/10004).