
Nicht immer fahren Paare mit einer gemeinsamen Steuererklärung günstiger. Manchmal lohnt es sich, wenn jeder Partner eine eigene Erklärung abgibt. © Getty Images
In bestimmten Konstellationen kann es sich für Paare lohnen, dass jeder Partner bei der Einkommensteuer eine eigene Steuererklärung abgibt. Statt der üblichen Zusammenveranlagung ist für sie eine Einzelveranlagung günstiger. In Corona-Zeiten stellt sich diese Frage mehr Paaren. Beispiel: Erhält ein Partner lange Kurzarbeitergeld, kann eine Einzelveranlagung vorteilhaft sein. Wir zeigen, in welchen Fällen sich der Aufwand lohnt.
Das Wichtigste in Kürze
- Prüfen.
- Sie überlegen, ob die Einzelveranlagung in einem Steuerjahr für Sie als Paar besser sein könnte als die Zusammenveranlagung? Probieren Sie es mit einer Steuersoftware einfach aus. Dort können Sie meist vergleichen, welche Variante günstiger ist. Bei Elster müssen Sie beides durchrechnen.
- Ausgaben.
- Wissen Sie im Voraus, dass Sie sich im folgenden Jahr für die Einzelveranlagung entscheiden, können Sie die übers Jahr anfallenden Kosten geschickt aufteilen. Der Partner, der einen höheren Steuersatz zahlt, kann zum Beispiel absetzbare Ausgaben übernehmen.
- Trennungsjahr.
- Auch wenn sich ein Paar trennt, kann es im Trennungsjahr zwischen Einzel- und Zusammenveranlagung wählen.
Meist Zusammenveranlagung günstiger
Ohne Zusammenveranlagung geht der sogenannte Splittingtarif flöten. Bei diesem wird das gemeinsam zu versteuernde Einkommen so geteilt, als ob jeder Partner die Hälfte erwirtschaftet hätte. Folge: Die Steuerschuld ist in der Regel niedriger als bei der Einzelveranlagung. Der Splittingtarif lohnt sich am meisten für Paare, bei denen nur einer verdient.
In diesen Fällen kann sich die Einzelveranlagung lohnen
Ist das Einkommen dagegen sehr ausgeglichen, kann sich in den folgenden Konstellationen eine Einzelveranlagung lohnen:
Hohe Lohnersatzleistungen. Für Einkünfte wie Arbeitslosengeld I, Kurzarbeitergeld, Elterngeld und Krankengeld gilt der „Progressionsvorbehalt“. Für sie fällt zwar keine Steuer an, allerdings erhöhen sie den Steuersatz für alle weiteren zu versteuernden Einkünfte. Veranlagt sich ein Paar zusammen, muss auch der Partner ohne Lohnersatzleistungen mehr Steuern zahlen. Faustregel: Sind Progressionseinkünfte plus steuerpflichtiges Einkommen eines Partners höher als das steuerpflichtige Einkommen des anderen, lohnt sich die Einzelveranlagung oft (siehe Beispiel). Ist die Differenz der Einkommen aber zu groß, überwiegt wieder der Splittingvorteil.
Beispielrechnung Kurzarbeitergeld
Ina Müller erhält wegen Corona 2020 ungefähr 16 300 Euro Kurzarbeitergeld. Während der ersten drei Monate des Jahres arbeitet sie voll, danach eingeschränkt. Sie hat ein zu versteuerndes Einkommen von 30 000 Euro – zusätzlich zum Kurzarbeitergeld. Ehemann Klaus Müller kommt übers Jahr auf 35 000 Euro zu versteuerndes Einkommen. Er hat keine Einkünfte, die dem „Progressionsvorbehalt“ unterliegen. Beide zahlen Kirchensteuer. Bei der Zusammenveranlagung müsste das Paar 15 889 Euro zahlen, durch die Einzelveranlagung spart es 183 Euro.
Auslandseinkünfte. Viele Einkünfte aus dem Ausland sind in Deutschland nicht steuerpflichtig. Aber sie unterliegen in der Regel dem Progressionsvorbehalt. Arbeitet ein Partner im Ausland, lohnt sich die Einzelveranlagung sehr oft.
Verlust. Ebenfalls sinnvoll kann die Einzelveranlagung sein, wenn einer der beiden steuerlichen Verlust erzielt – etwa als Unternehmer. Lassen sich die Partner im Jahr des Verlusts zusammenveranlagen, verrechnet das Finanzamt den Verlust eines Partners direkt mit den Einkünften des anderen. Besonders wenn diese nicht sehr hoch sind, fällt die Steuerersparnis gering aus. Wählt das Paar dagegen die Einzelveranlagung, kann es den Verlust in ein anderes Steuerjahr übertragen – entweder in das nachfolgende oder das vorhergehende – selbst wenn der Bescheid schon bestandskräftig ist. Im Folgejahr veranlagt sich das Paar wieder zusammen. Haben beide ein positives Einkommen, kann eine deutlich höhere Steuerersparnis herauskommen.
Fünftelregelung. Denkbar ist auch, dass ein Partner eine Abfindung oder Lohn für eine mehrjährige Tätigkeit erhält. Für diese Einkünfte gibt es eine alternative Besteuerungsmethode, die Fünftelregelung. Sie ist meist günstiger als die reguläre Einkommensteuer, aber nicht immer. Der Steuervorteil ist umso höher, je größer der Unterschied zwischen der Einmalzahlung und dem laufenden Einkommen ist. Veranlagt sich ein Paar zusammen, wird dabei auch das laufende Einkommen des Partners berücksichtigt – und die Fünftelregelung bringt weniger Steuerersparnis. Die Einzelveranlagung lohnt sich daher am ehesten, wenn der Arbeitnehmer neben der Einmalzahlung kaum weitere Einkünfte hat und sein Partner über ein beständig hohes Einkommen verfügt.
Kirchgeld. Diese Sonderform der Kirchensteuer fällt an, wenn der Partner eines Kirchenmitglieds keiner steuererhebenden Kirche angehört und sich das Paar zusammenveranlagt. Bei der Einzelveranlagung ist nur die normale Kirchensteuer auf das Einkommen des Kirchenmitglieds fällig. Diese Steuergestaltung kann sich in einigen Fällen lohnen, meist wiegt aber der Verlust des Splittingvorteils schwerer.
Außergewöhnliche Belastungen. Bevor sich zum Beispiel Krankheitskosten steuerlich auswirken, zieht das Finanzamt eine zumutbare Belastung ab. Dieser individuelle Betrag steigt mit dem Einkommen. Veranlagt sich das Paar zusammen, wird bei der Berechnung der zumutbaren Belastung das Einkommen der Partner zusammengezählt− bei der Einzelveranlagung nicht. Daher kann sich die Einzelveranlagung manchmal lohnen, wenn die Kosten eines Partners über seiner individuellen Grenze liegen, aber unter der Grenze, die sich aus dem Gesamteinkommen des Paares ergibt.
Nebeneinkünfte. Ob Ruheständlerin, Arbeitnehmer oder Beamtin – Nichtselbstständige müssen auf Nebeneinkünfte unter 410 Euro im Jahr keine Steuern zahlen. Bis zu 820 Euro Nebenverdienst gilt mit dem sogenannten Härteausgleich ein reduzierter Steuersatz. Ein zusammenveranlagtes Paar bekommt diese Steuerermäßigung nur einmal. Veranlagen sich die Partner getrennt, kann jeder seinen eigenen Höchstbetrag ausnutzen. Haben beide Nebeneinkünfte, kann sich vor allem für Ruheständler die Einzelveranlagung lohnen.
Besser vorab durchrechnen
Bei wem eine dieser Konstellationen vorliegt, sollte eine Einzelveranlagung zumindest in Erwägung zieht Allerdings empfiehlt es sich, das vorab genau durchrechnen. Denn der Aufwand lohnt sich nur für eine Minderheit – die Mehrheit aller Paare fährt mit der üblichen Zusammenveranlagung besser. Lohnt sich die Einzelveranlagung, gilt das oft auch nur in einem Jahr. Im folgenden Jahr kann die individuelle Situation völlig anders aussehen.
Überprüfen per Steuersoftware
Ob sich die Einzelveranlagung wirklich lohnt, sollten Paare schon im Voraus überprüfen. Am leichtesten geht das mit einer Steuersoftware. Diese Programme bieten oft einen direkten Vergleich zwischen Einzel- und Zusammenveranlagung an. Bei Elster, dem Steuerprogramm der Finanzverwaltung, ist der Vergleich etwas komplizierter. Zunächst muss testweise für die Zusammenveranlagung die Steuerlast ermittelt werden. Dann müssen Ehepartner oder eingetragene Lebenspartner für die getrennte Veranlagung Einzelerklärungen erstellen und die Ergebnisse addieren.
Beantragen
Das Kreuz für Zusammen- oder Einzelveranlagung kommt in Zeile 24 im Hauptvordruck. Wichtig: Beantragt ein Partner die Einzelveranlagung, muss der andere seine Steuererklärung verpflichtend abgeben.
Ausgaben aufteilen
Grundsätzlich gilt bei der Einzelveranlagung: Einkünfte erklärt nur derjenige, der sie erwirtschaftet hat. Gesplittet werden auch Kindergeld und Kinderfreibeträge. Für Ausgaben gilt ähnliches: Wer einen Posten bezahlt, darf ihn auch in seiner Steuererklärung angeben. Diese Art der Aufteilung ist allerdings mitunter mühsam und aufwendig. Der Gesetzgeber erlaubt daher eine Alternative. Beide Ehe-/Lebenspartner beantragen in ihrer jeweiligen Steuererklärung die hälftige Aufteilung aller Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen, haushaltsnahen Dienste, Handwerkerkosten und energetischen Sanierungsmaßnahmen.
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Wir sind so ein Paar, bei dem es von Jahr zu Jahr um 100 bis 150 Euro Steuerersparnis je nach Veranlagungsart schwankt. Nach Erfahrungen des letzten Jahres wechseln wir trotzdem nicht mehr, das Geld ist die Nerven nicht wert, die uns die Unfähigkeit des Finanzamtes gekostet hat. Unklar ist, ob es die Software oder die Sachbearbeiterin war, die mit dem Wechsel der Veranlagungsart nicht klar kam. Monate nach Abgabe der Steuererklärung kam zunächst ein "Drohbrief", wir hätten keine Erklärung abgegeben, natürlich mit Strafandrohung. Für Rückfragen: niemand erreichbar. Die Frist lief ab und erst nach Mails an das Landes-Finanzamt meldete sich eine erkennbar genervte Sachbearbeiterin mit der lapidaren Auskunft, das Schreiben des Finanzamtes sei ja nur ein Fehler gewesen. Keine Entschuldigung, sondern eher der Tonfall, wie doof wir wären, dass uns das nicht klar sei. Die Geschichte zieht sich noch ewig weiter, zu lang für diese Kommentarspalte ...
Meine Frau und ich sparen jedes Jahr einen zweistelligen Betrag dank Einzelveranlagung. Ich bin konfessionslos, meine Frau ist in der Kirche. Bei gemeinsamer Veranlagung wird der Einkommenssteueranteil meiner Frau regelmäßig höher angesetzt als bei Einzelveranlagung! Wobei mir ein Rätsel ist, wie dieser Anteil bestimmt wird. Und das im Artikel erwähnte "Kirchgeld" finde ich nicht im Bescheid. Der Einkommenssteueranteil ist deshalb relevant, da ausgehend vom diesem ja die 8%ige rk-Kirchensteuer berechnet wird.
Übrigens: ElsterFormular (das installierbare Programm, leider Auslaufmodell) spuckte den Vergleich Einzel-/Gemeinsamveranlagung auf Knopfdruck aus, bei Mein Elster (rein online) ist das nicht mehr der Fall und man muss mit Tricks arbeiten, um die Formulare überhaupt duplizieren zu können (bearbeiten und Timeout zuschlagen lassen). Ich hoffe, dass das noch nachgereicht wird.