
Knapp die Hälfte aller Steuerpflichtigen muss mit dem Fiskus abrechnen. Aber auch, wer nicht dazu verpflichtet ist, sollte sich das nicht entgehen lassen. Einfach die wichtigsten Regeln befolgen, und schon sind oft mehrere hundert Euro vom Finanzamt drin.
Im Schnitt gibt es rund 1 000 Euro zurück
Noch keine Steuererklärung für die letzten Jahre abgegeben? Wer nicht zur Erklärung verpflichtet ist, für den ist es dafür oft noch nicht zu spät. Vier Jahre lang haben diese Steuerzahler Zeit. Der Aufwand lohnt sich für die meisten: Knapp neun von zehn Arbeitnehmern erhalten bei der Steuererklärung Geld zurück – im Schnitt 1 007 Euro, so das Statistische Bundesamt. Besonders gute Karten haben Steuerzahler, denen übers Jahr zu viel Lohnsteuer abgezogen wurde. Beispielsweise, weil sich ihr Gehalt geändert hat oder sie nicht in der optimalen Lohnsteuerklasse waren. Auch hohe Ausgaben übers Jahr erhöhen die Erstattung.
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Auf diese Posten kommt es an
Wer weiß, was er beim Finanzamt absetzen kann, erhöht seine Rückzahlung. Wichtigster Posten für Arbeitnehmer sind Werbungskosten. Also alle Ausgaben, die für die Ausübung eines Berufs anfallen. Pauschal erkennt der Gesetzgeber 1 000 Euro im Jahr an, die direkt von der Lohnsteuer abgezogen werden. Bereits mit einem einfachen Fahrtweg von 15 Kilometern kommt ein in Vollzeit Beschäftigter über diese Pauschale. Ab dann erhöht jeder Kilometer für den Weg zur Arbeit und jeder Euro für Ausgaben für Gewerkschaftsbeiträge, Arbeitsmittel und vieles mehr die Rückzahlung.
Auch Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen sowie Kosten für Handwerker oder Haushaltshilfen im Haushalt bringen Steuererstattung.
Wie lange ist Zeit für die Steuererklärung?
Vor allem Arbeitnehmer, auf die keine der gesetzlichen Ausnahmen (siehe unten) zutrifft, können die Vier-Jahres-Frist nutzen. Mit dem Amt abrechnen dagegen müssen dagegen neben den pflichtveranlagten Arbeitnehmern und Beamten hauptsächlich Selbstständige und steuerzahlende Rentner. Vorsicht: Erben müssen im Namen des Erblassers eine Erklärung abgeben, falls dieser dazu verpflichtet gewesen wäre.
Wer abgeben muss, hat deutlich weniger Zeit: Bis zum 31. Juli des folgenden Jahres muss die Erklärung beim Finanzamt sein. Helfen Steuerberater oder Lohnsteuerhilfeverein, läuft die Frist bis zum 28. Februar des übernächsten Jahres.
Fällt der letzte Tag einer Frist auf einen gesetzlichen Feiertag, Samstag oder Sonntag, verlängert sich die Frist bis zum nächsten Werktag. Silvester ist übrigens kein Feiertag.
Erstellen lässt sich die Erklärung mit Stift und Papierformularen (herunterzuladen unter formulare-bfinv.de) oder komplett online über das Portal Elster.de. Belege zu den Angaben müssen Steuerzahler nicht mehr einreichen. Das Finanzamt kann sie aber anfordern. Deshalb sollten Steuerzahler die Belege mindestens aufbewahren, bis der Bescheid da ist – hoffentlich mit einer satten Erstattung.
Warum freiwillig eine Steuererklärung abgeben?
Wer freiwillig abrechnet, hat im Normalfall keine Nachteile. Falls wider Erwarten doch eine Nachzahlung fällig wird, können Steuerzahler die Erklärung einfach im Einspruchsverfahren zurückziehen. Sie gilt dann als nicht abgegeben. Dennoch verzichtet knapp ein Drittel aller Steuerzahler auf die Steuererklärung, so das Statistische Bundesamt – und verschenkt oft bares Geld.
Dabei dauert das Ganze nicht zwingend lange. Beziehen Arbeitnehmer nur Lohn oder Lohnersatz, können sie die vereinfachte Erklärung nutzen: Auf zwei Seiten werden Hauptvordruck und Anlage N zusammengefasst, Eltern geben noch die Anlage(n) Kind ab. Wer das nicht kann, etwa wegen Nebeneinkünften, kann immer noch eine unvollständige Erklärung abgeben. Dabei werden nur die notwendigen Bögen, also der Hauptvordruck, das Formular zum Einkommen und bei Eltern die Anlage(n) Kind, ausgefüllt und weitere Anlagen später nachgereicht. Bis zum Ende der einmonatigen Einspruchsfrist akzeptiert das Finanzamt fehlende Nachweise und zusätzliche Posten.
Wer eine Steuererklärung abgeben muss
Haben Steuerzahler Einkünfte aus Selbstständiger Tätigkeit, beispielsweise als Freiberufler, Unternehmer oder Landwirt, ist die Sache klar: Die Erklärung ist Pflicht. Doch auch für Nichtselbstständige müssen mitunter abgeben.
Steuererklärung – Arbeitnehmer und Pensionäre
Grundsätzlich sind Arbeitnehmer nicht verpflichtet, ihre Steuern zu erklären. Ihre Einkommensteuer wird übers Jahr mit der Lohnsteuer bereits abgezogen. Unter Umständen müssen Nichtselbstständige wie Arbeitnehmer, Beamte und Pensionäre aber doch eine Steuererklärung machen. Das ist besonders bei folgenden Voraussetzungen der Fall:
- Sie erhalten Lohnersatz von mehr als 410 Euro, zum Beispiel Arbeitslosengeld 1.*
- Sie arbeiten bei mehreren Arbeitgebern gleichzeitig und versteuern daher Einkünfte in Lohnsteuer-klasse VI.
- Sie haben Nebeneinkünfte von mehr als 410 Euro (nach Abzug von Werbungskosten, Pausch-, Entlastungs- und Freibeträgen). Minijobs und abgeltungsteuerpflichtige Kapitaleinkünfte zählen nicht dazu. Das gilt nicht, wenn die Summe aller Einkünfte kleiner als 11 600 Euro (22 050 Euro für Paare) ist.
- Bei der Lohnsteuer ist ein Freibetrag eingetragen. Das gilt nicht für Pauschbeträge für Behinderte, Kinder und Hinterbliebene.
- Sie erhalten eine Abfindung oder Lohn für mehrjährige Arbeit und der Arbeitgeber zieht die Lohnsteuer nach der Fünftelregelung ab.
Steuererklärung – Beamte
Für Beamte gelten grundsätzlich dieselben Regeln wie für Arbeitnehmer. Zusätzlich kann die Steuererklärung zur Pflicht werden, wenn die Vorsorgepauschale höher ist als die anzuerkennenden Versicherungsbeiträge – etwa bei Beitragserstattung. Nicht abgeben müssen Beamte, wenn Lohn beziehungsweise Pension plus Nebeneinkünfte unter 11 600 Euro (22 050 Euro für Paare) liegen.
Steuererklärung – Rentner
Abgeben müssen Rentner, sobald sie nach Abzug von Werbungskosten, Entlastungs-, Pausch- und Freibeträgen mehr einnehmen als den Grundfreibetrag (2019: 9 168 Euro). Ein Teil der Rente ist steuerfrei und zählt nicht zu den Einkünften. Dieser persönliche Freibetrag wird bei Renteneintritt berechnet und bleibt in den Folgejahren gleich. Durch Rentenerhöhungen rutschen manche später in die Pflichtveranlagung.
Steuererklärung – Ehepaare
Wenn ein Ehepaar seine Steuern nicht zusammen erklären will, muss jeder Partner eine eigene Erklärung abgeben. Aber auch bei Zusammenveranlagung kann das der Fall sein. Insbesondere in diesen Situationen:
- Ein Partner versteuert Einkünfte in der Lohnsteuerklasse IV+, V oder VI.
- Ein Paar lässt sich scheiden und ein Partner heiratet in demselben Jahr erneut. In diesem Fall müssen alle Beteiligten ihre Steuern erklären.
Steuererklärung – Unternehmer
Selbstständige, Unternehmer und Landwirte müssen prinzipiell abgeben. Nur wenn ihre Einkünfte unter dem Grundfreibetrag (2019: 9 168 Euro) liegen und sie auch keinen Verlust ausweisen, müssen sie keine Steuererklärung abgeben.
Achtung: Diese Steuerzahler sind verpflichtet, ihre Steuererklärung online abzugeben. Die klassische Erklärung auf Papier ist nicht zulässig.
Steuererklärung – Anleger
Kapitalerträge unterliegen im Regelfall der Abgeltungsteuer und zählen daher nicht bei der Einkommensteuer. Mitunter kann aufgrund von Kapitalerträgen die Steuererklärung aber zur Pflicht werden. Das ist der Fall, wenn
- fällige Kirchensteuer auf Kapitaleinkünfte nicht bezahlt wurde,
- ausländische Erträge vorliegen, für die keine Abgeltungsteuer abgeführt wurde oder
- im Jahr zuvor zu wenig Abgeltungsteuer gezahlt wurde.
*Korrigiert am 12. Februar 2020
Beispiel: Single mit 60 000 Euro Brutto
Petra Müller ist Betriebswirtin. 2018 hat sie 60 000 Euro verdient. Sie ist alleinstehend und hat keine Kinder.
Werbungskosten. Petra Müller fährt täglich 35 Kilometer zur Arbeit. Für 220 Arbeitstage im Jahr 2018 kann sie 30 Cent pro Kilometer als Fahrtkosten gelten machen – insgesamt 2 310 Euro. Im vergangenen Jahr hat sie ein Notebook für 700 Euro gekauft, das sie zu 50 Prozent beruflich nutzt. Sie gibt also 350 Euro für das Notebook an. Frau Müller ist Mitglied in der Gewerkschaft und setzt die Mitgliedsbeiträge in Höhe von 360 Euro ebenso von der Steuer ab wie pauschal 16 Euro für die Kontoführung. Sie zahlte Beiträge für eine Unfall- und eine Rechtsschutzversicherung. Da ihre Unfallversicherung auch Arbeitsunfälle abdeckt, kann sie pauschal die Hälfte der Beiträge in der Steuererklärung angeben: 150 der 300 gezahlten Euro. Einer Bescheinigung der Versicherung für ihre Rechtsschutzpolice entnimmt sie, dass 45 Prozent der Beiträge auf arbeitsrechtliche Streitfälle entfallen. Diesen Anteil der gezahlten Beiträge in Höhe von 178 Euro gibt sie in ihrer Erklärung an: 80 Euro für die Rechtsschutzversicherung. Insgesamt kommt sie auf berufliche Ausgaben von 3 266 Euro.
Handwerkerkosten. Ihrer Nebenkostenabrechnung entnimmt Müller, dass sie für Hausmeisterdienste, Grünanlagenpflege und Hausreinigung 500 Euro gezahlt hat. Diese setzt sie ebenfalls ab.
Erstattung. Durch ihre freiwillige Steuererklärung erhält Petra Müller 1 039 Euro vom Finanzamt zurück.
Rechenbeispiel Single | |
Rechenbeispiel Single | |
Bruttolohn 2018 | 60 000 Euro |
Steuersparende Ausgaben | |
Fahrtkosten Arbeitsweg | 2 310 Euro |
Gewerkschaftsbeiträge | 360 Euro |
Arbeitsmittel | 350 Euro |
Berufliche Anteile von Unfall- und Rechtsschutzversicherung | 230 Euro |
Kontoführungsgebühren | 16 Euro |
Haushaltsnahe Dienstleistungen | 500 Euro |
Gesamt | 3 766 Euro |
Erstattung | 1 039 Euro |
Beispiel: Student mit Nebenjob
Nicolas Breitner studiert Maschinenbau. Zuvor hat er eine Ausbildung als Technischer Zeichner absolviert. In seinem Nebenjob verdiente er im vergangenen Jahr 1 200 Euro.
Werbungskosten. Da Breitner eine Ausbildung absolviert hat, gilt sein Studium als Zweitausbildung. Er kann daher seine Studienkosten als Werbungskosten geltend machen. 2018 fuhr er an 150 Tagen zur Uni. Für die einfache Strecke von 42 Kilometern ergibt die Entfernungspauschale (je 30 Cent pro Kilometer) Fahrtkosten von 1 890 Euro. Außerdem hat er sich fürs Studium einen Laptop für 530 Euro und Lehrbücher für 170 Euro gekauft. Daher setzt er 700 Euro für Lernmittel ab. Insgesamt kommt er auf Werbungskosten von 2 590 Euro.
Verlustvortrag. Breitners Kosten übersteigen sein Einkommen um 1 390 Euro. Er trägt im Mantelbogen in Zeile 2 ein Kreuz beim Verlustvortrag ein. Das Finanzamt muss diesen bestätigen. Sein zu versteuerndes Einkommen verringert sich dann im Folgejahr um 1 390 Euro.
Rechenbeispiel Student | |
Rechenbeispiel Student | |
Bruttolohn 2018 | 1 200 Euro |
Steuersparende Werbungskosten | |
Fahrtkosten zur Uni | 1 890 Euro |
Lernmittel | 700 Euro |
Gesamtausgaben | 2 590 Euro |
Verlustvortrag | 1 390 Euro |
Studierende ohne Nebenjob. Wer sein Studium ohne vorherige Berufsausbildung oder Studium absolviert und auch nicht dual studiert, kann Studienkosten bisher nicht als Werbungskosten angeben. Sie zählen als Sonderausgaben, die nur mit Einnahmen aus demselben Jahr verrechnet werden. Das lohnt sich für Studierende oft erst ab 10 000 Euro Jahreseinkommen. Das Bundesverfassungsgericht prüft derzeit, ob das rechtens ist.
Tipp: Betroffene sollten Studienkosten als Werbungskosten angeben. Das Finanzamt akzeptiert sie zwar nur als Sonderausgaben, erteilt den Bescheid aber vorläufig. Entscheidet das Gericht für die Steuerzahler, gilt die günstige Regelung.
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