
Wer seine Steuererklärung zu spät abgibt, muss ab März 2020 pro Monat mit mindestens 25 Euro Zuschlag rechnen. © Roman Klonek
Ja – Steuerrecht ist kompliziert. Wer aber mit dem Finanzamt abrechnet, wird belohnt: Im Schnitt winken 1 027 Euro Erstattung. Wir räumen mit zehn Steuer-Irrtümern auf.
Unser Rat
Geld zurück. Über das Jahr zu viel bezahlte Steuern holen Sie sich nur mit einer Steuererklärung zurück. Im Schnitt bekommen Arbeitnehmer knapp 1 000 Euro erstattet.
Abrechnen. Bis 31. Juli muss Ihre Erklärung beim Finanzamt sein. Für einfache Fälle bietet sich das Gratisangebot der Finanzverwaltung (elster.de) an, bei eher aufwendigen kann ein Steuerprogramm sinnvoll sein.
Helfen lassen. Hilfe bei komplizierten Fällen gibts vom Lohnsteuerhilfeverein oder Steuerberater. Dann haben Sie bis 2. März 2020 Zeit.
Rechner. Ermitteln Sie online, wie hoch die Abzüge in welcher Steuerklasse sind (bmf-steuerrechner.de).
1. Bekannte und Freunde dürfen kostenlos bei der Steuer helfen
Nein, nicht jeder darf beim Ausfüllen der Einkommensteuererklärung helfen. Geregelt ist dies im Steuerberatungsgesetz. Wer sich nicht daran hält, muss mit Bußgeldern bis zu 5 000 Euro rechnen. Unentgeltliche Hilfe dürfen nur Angehörige leisten, die in Paragraf 15 der Abgabenordnung ausdrücklich genannt sind, etwa Eltern, Geschwister, Verlobte und Ehepartner.
2. Wer einmal eine Steuererklärung macht, muss immer abgeben
Das stimmt nicht. Das Gesetz unterscheidet zwischen freiwilliger und verpflichtender Abgabe. Wer freiwillig abgeben darf, kann in einem Jahr eine Erklärung einreichen und es im nächsten wieder lassen. Er kann sogar für vier Jahre rückwirkend abgeben.
Ob Steuerzahler abgeben müssen, hängt von verschiedenen Faktoren ab, etwa Nebeneinkünften, Lohnersatzleistungen und der Steuerklasse. Hat ein Ehepaar die Steuerklassen III und V gewählt und sind beide angestellt, müssen sie im Folgejahr mit dem Finanzamt abrechnen. Arbeitet dagegen nur ein Partner mit Steuerklasse III und der andere gar nicht, muss das Paar in der Regel keine Steuererklärung abgeben. Ob Sie Ihre Steuern abrechnen müssen, sehen Sie in unserem aktuellen Special zur Steuererklärung.
3. Zu spät abgeben ist nicht weiter schlimm
Stimmt leider nicht mehr. Wer abgeben muss und die Jahresabrechnung zu spät beim Finanzamt einreicht, muss jetzt einen Verspätungszuschlag zahlen. Dieser beträgt pro angefangenem Monat 0,25 Prozent der festgesetzten Steuer, mindestens 25 Euro pro Monat. Er wird automatisch im Steuerbescheid zur Steuerschuld addiert oder von der Erstattung abgezogen. Wer eine Steuererklärung machen muss, für den ist der 31. Juli des Folgejahres Stichtag. Ausnahme: Hilft ein Steuerberater oder Lohnsteuerhilfeverein, ist bis Ende Februar des zweiten darauffolgenden Jahres Zeit. Bis zur Steuererklärung 2017 lag ein Verspätungszuschlag noch im Ermessen des Finanzbeamten, jetzt ist der Zuschlag obligatorisch. Allerdings gilt die Neuerung erst, wenn die Erklärung für 2018 bis Ende Februar 2020 noch nicht beim Finanzamt eingegangen ist. Sollte sie zwischen 31. Juli 2019 und 2. März 2020 eingereicht werden, kann der Finanzbeamte über den Verspätungszuschlag im eigenen Ermessen entscheiden. Ebenso im Falle einer Steuererstattung.
Tipp: Können Sie die Frist nicht einhalten, beantragen Sie beim Finanzamt telefonisch oder per E-Mail Verlängerung. Bei plausiblen Gründen wird sie im Regelfall bewilligt. Sie sollten die neue Frist unbedingt einhalten.
4. Elterngeld ist steuerfrei, das muss nicht angegeben werden
Das stimmt nicht ganz. Zwar wird das Elterngeld selbst nicht versteuert, es muss aber in der Einkommensteuererklärung angegeben werden, da es zu den sogenannten Lohnersatzleistungen gehört. Sie zählen mit, wenn das Finanzamt den Steuersatz ermittelt. Sie selbst werden nicht versteuert, führen aber dazu, dass steuerpflichtige Einkünfte höher belastet werden.
Auch Mutterschafts-, Kranken- und Arbeitslosengeld sind steuerfreie Lohnersatzleistungen, die in die Steuersatzberechnung einbezogen werden und daher in die Steuererklärung gehören.
Die Gesamtsumme der erhaltenen Lohnersatzleistungen kommt in Zeile 96 des Mantelbogens.
5. Handwerkerrechnungen können voll abgesetzt werden
Das ist falsch. Materialkosten dürfen nicht abgesetzt werden. Das Finanzamt akzeptiert nur Lohnkosten, Maschinen- und Fahrtkosten, Ausgaben für Verbrauchsmittel wie Streugut, Reinigungs- und Schmiermittel sowie die anfallende Mehrwertsteuer. Die Rechnung des Handwerkers sollte Materialkosten deshalb extra ausweisen.
Der Steuerbonus beträgt 20 Prozent der akzeptierten Kosten. Diesen Betrag zieht das Finanzamt direkt von der Steuerschuld ab. Den Abzug gibt es nur, wenn die Zahlung „unbar“ auf eine auf den Steuerzahler ausgestellte Rechnung erfolgt.
Tipp: Aktuell gibt es mehrere Verfahren um Handwerkerleistungen, die in der Werkstatt erbracht werden, aber in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang mit dem Haushalt stehen, etwa die Anfertigung von Möbeln in der Werksatt mit anschließender Montage im Haushalt des Steuerzahlers. Auch diese Kosten sollten Sie angeben – mit Hinweis auf die beim Bundesfinanzhof anhängigen Verfahren (Az. VI R 4/18; VI R 7/18; Az. VI R 44/18).
6. Ein neuer Anzug plus Krawatte kann abgesetzt werden
Ein weit verbreiteter Irrtum. Das Gesetz sagt: Ausgaben für sogenannte bürgerliche Kleidung können grundsätzlich nicht von der Steuer abgesetzt werden. Nur für typische Berufskleidung – etwa Uniformen, Arztkittel und typische Schutzkleidung wie Helme und Sicherheitsschuhe – gibt es einen Steuerbonus. Dabei ist es kein Problem, wenn die typische Berufskleidung in geringem Maße privat genutzt wird.
Anzüge und Krawatten, die ein Großteil der Bevölkerung im täglichen Leben sowohl privat als auch beruflich trägt, sind eben keine Berufskleidung. Da eine klare Trennung zwischen privater und beruflicher Nutzung objektiv schwer getroffen werden kann, sieht der Gesetzgeber hier in erster Linie eine private Veranlassung für den Kauf.
Tipp: In den siebziger und achtziger Jahren gab es einige positive Entscheidungen des Bundesfinanzhofs zum Abzug von schwarzen Anzügen als typische Berufskleidung bei speziellen Berufsgruppen, etwa Bestattern, Oberkellnern und Geistlichen. Aktuell ist erneut ein Verfahren beim Bundesfinanzhof anhängig, auf das sich Steuerpflichtige, die diesen Berufsgruppen angehören, berufen können (Az. VIII R 33/18).
7. Ehepaare fahren am günstigsten mit den Steuerklassen III und V
Das stimmt so nicht. Dennoch entscheiden sich die meisten Paare laut Bundesfinanzministerium für die Kombination III/V. Immerhin können Paare damit übers Jahr möglichst viel Netto rausholen. Aber Vorsicht: Die günstige Abrechnung ist nicht endgültig. Paare mit dieser Kombination müssen eine Steuererklärung abgeben. Und die kann bei abweichenden Verhältnissen eine böse Überraschung bringen, wenn das Finanzamt hohe Nachforderungen stellt.
Die Kombination III/V passt, wenn der Partner mit Steuerklasse III etwa 60 Prozent und der mit V etwa 40 Prozent des gemeinsamen Einkommens erzielt.
Tipp: Sie haben als Ehepaar auch die Möglichkeit, das Faktorverfahren zu verwenden. Meist stimmen dann die Steuern, die der Arbeitgeber vom Gehalt abzieht, fast genau mit den tatsächlichen Forderungen des Finanzamts überein. Die Steuerklassenkombination IV/IV plus Faktor enthält einen Rechenfaktor, den das Finanzamt anhand der Bruttoeinkommen der beiden Ehepartner ermittelt. So werden die Gehaltsunterschiede zwischen den Partnern beim Lohnsteuerabzug besser berücksichtigt. Ehepaare, die das Faktorverfahren nutzen, müssen eine Steuererklärung machen.
Infrage kommt auch die Kombination IV/IV, die sich bei ähnlich hohen Einkommen anbietet. Eine Steuererklärung ist dann keine Pflicht.
8. Rentner müssen keine Steuern zahlen

Steuererklärung geschafft! Etwa 5 von knapp 18 Millionen Rentnern müssen Steuern zahlen. © Roman Klonek
Das ist falsch. Rentenzahlungen sind grundsätzlich steuerpflichtig. Allerdings werden von der gesetzlichen Rente übers Jahr keine Steuern einbehalten, daher kann es zu Steuernachforderungen kommen.
Ob Rentner aber überhaupt eine Steuererklärung machen müssen, richtet sich nach der Höhe ihrer Einnahmen. Liegen die steuerpflichtigen Einnahmen aus Rentenbezügen über dem Grundfreibetrag (9 168 Euro im Kalenderjahr 2019), sind sie zur Abgabe verpflichtet. In vielen Fällen können Rentner aber einer Nachzahlung entgehen, wenn sie ihre Ausgaben wie Spenden, Versicherungen und Krankheitskosten absetzen.
9. Alle Versicherungen sind steuerlich absetzbar
Nein, es kommt auf die Versicherung an. Berücksichtigt werden grundsätzlich nur Versicherungen zur Vorsorge wie Unfall-, Haftpflicht-, Kfz-Haftpflicht- und Krankenzusatzversicherungen. Für andere Verträge wie Hausrat-, Handy- oder Kaskoversicherung gibt es keinen Steuerbonus.
Vorrangig kommen die gesetzlichen Sozialversicherungsbeiträge, also Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherungsbeiträge zum Abzug. Meist ist damit der Höchstbetrag von 1 900 Euro pro Person bereits erreicht und weitere Versicherungen haben keine steuerliche Auswirkung mehr.
Beiträge zu Kapitallebensversicherungen, die nach dem 1. Januar 2005 abgeschlossen worden sind, können nicht mehr in der Anlage Sonderausgaben der Steuererklärung geltend gemacht werden. Anders ist das bei zertifizierten Basisrentenverträgen (Rürup-Rente).
Tipp: Die Beiträge zu einer privaten Unfallversicherung ohne Beitragsrückgewähr können Sie zur Hälfte unter Ihren beruflichen Aufwendungen als Werbungskosten absetzen. Das gilt auch für den beruflichen Anteil einer Rechtsschutzversicherung. Die meisten Rechtsschutzversicherer weisen den beruflichen Beitragsanteil gesondert aus.
10. Für volljährige Kinder gibt es kein Kindergeld

Für volljährigen Nachwuchs gibt es weiter Kindergeld, wenn dieser eine Ausbildung macht oder studiert. © Roman Klonek
Doch gibt es. Eltern werden noch bis zum 25. Geburtstag ihrer Kinder mit Kindergeld oder Kinderfreibetrag weiter unterstützt, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind.
Für Kinder unter 18 Jahren besteht grundsätzlich ein Anspruch auf Kindergeld oder Kinderfreibetrag. Bis zur Volljährigkeit laufen die Zahlungen der Familienkasse automatisch. Ab dem vollendeten 18. Lebensjahr gibt es nur noch auf Antrag Geld und wenn das Kind weitere Voraussetzungen erfüllt, etwa arbeitslos gemeldet ist, sich in einer Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten befindet oder eine Ausbildung absolviert.
Tipp: Weitere Informationen erhalten Sie in unserem Special Kindergeld ab 18.
Berufsausbildung, Schulbesuch und Studium können als Ausbildung gelten. Entscheidend ist, dass es sich um die erstmalige Berufsausbildung handelt, ansonsten müssen weitere Voraussetzungen vorliegen. Keine Sorge, wenn das Kind neben der Ausbildung jobbt. Bis die erste Berufsausbildung oder das erste Studium abgeschlossen sind, ist es egal, wie viel der Nachwuchs nebenher arbeitet.
Das Alter des Kindes ist egal, wenn es eine körperliche, geistige oder seelische Behinderung hat. Ist diese vor dem 25. Geburtstag eingetreten und kann das Kind nicht selbst für seinen Unterhalt sorgen, bekommen die Eltern lebenslang Kindergeld. Als Nachweis genügt der Schwerbehindertenausweis.
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@OrSz80: Zur Verdeutlichung stellen wir hier noch einmal die Antworten des BMF-Schreibens vom 9. November 2016 RdNr. 23 ff zur Frage der steuerlichen Berücksichtigung von Handwerkerleistungen in einem Neubau dar.
www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Downloads/BMF_Schreiben/Steuerarten/Einkommensteuer/2016-11-09-Paragraf-35a-EStG.pdf?__blob=publicationFile&v=5
Es soll ein baufälliges Gebäude abgerissen und anschließend ein neues Gebäude errichtet werden. Können die Arbeitsleistungen des Abbruchunternehmens steuerlich berücksichtigt werden?
Nein. Laut Anlage 1 des BMF-Schreibens vom 9.11.2016, Seite 25 ist diese Maßnahme nicht begünstigt.
Zu den Malerleistungen im Neubau: Können die Maler- und Tapezierleistungen, die in meinem Neubau angefallen sind, steuerlich abgesetzt werden?
In der Regel nein. Denn bis zur Fertigstellung des Gebäudes zählen diese Arbeiten zur Errichtung eines Neubaus und werden nicht gefördert.
Wann ist ein Gebäude „fertiggestellt“?
Nach H 7.4 der Einkommensteuer-Hinweise (EStH) zu § 7 EstG ist ein Gebäude fertiggestellt, „wenn die wesentlichen Bauarbeiten abgeschlossen sind und der Bau soweit errichtet ist, dass der Bezug der Wohnungen zumutbar ist oder dass das Gebäude für den Betrieb in all seinen wesentlichen Bereichen nutzbar ist“.
Handelt es sich also um notwendige Wohnräume, dann wird das Finanzamt es nicht anerkennen. Lassen Hauseigentümer jedoch nach Fertigstellung weitere Räume (z. B. Keller) malern, dann handelt es sich um begünstigte Aufwendungen. Das Finanzamt wird hier genau hinsehen!
Zum Verlegen von Fußbodenbelag im Neubau
Hier gilt das oben zu H 7.4 EStH Gesagte. Weiter heißt es, „Ein Gebäude ist nicht fertiggestellt, wenn Türen, Böden und der Innenputz noch fehlen.“.
Zum Fällen von Bäumen, um einen Neubau zu errichten:
Das Fällen von Bäumen durch Garten- und Landschaftsbauer wäre dann abzugsfähig, wenn es auf dem Grundstück einen Haushalt gibt. Soll aber erst ein Haus gebaut werden, dann gibt es keinen Haushalt und auch keine haushaltsnahen Handwerkerleistungen. (maa)
@OrSz80. Sie können Handwerkerleistungen absetzen, sobald das Haus fertiggestellt ist. Sie können sich Steuervorteile sichern, wenn Sie so früh wie möglich in Ihr neues Haus einziehen. Danach können Sie Kosten z. B. für die Außenanlagen, Carport etc. geltend machen. (AK)
Gelten Handwerkerleistungen auch beim Hausbau? Kann ich folgende Kosten angeben?
* Abbruch von Altbestand durch Abbruchunternehmen
* Fällen von Bäumen durch Garten und Landschaftsbauer
* Verlegen von Fußbodenbelegen
* Malerleistungen im Neubau
@Brummo: Vielleicht fragen Sie beim Amt einfach einmal nach, was Ihnen da abgezogen wurde. Steuern können das nicht sein. Arbeitslosengeld ist eine steuerfreie Lohnersatzleistung. Wenn neben dem Arbeitslosengeld noch andere Einkünfte erzielt werden, unterliegt das Gesamteinkommen dem Progressionsvorbehalt. Dann kann sich der Steuersatz erhöhen. Heißt: Das Arbeitslosengeld selbst wird nicht versteuert, muss aber in der Steuererklärung angegeben werden. Auf die sonstigen Einkommen wird dann der erhöhte Steuersatz angewendet. (TK)
Mit Verwunderung habe ich gelesen, dass das Arbeitslosengeld steuerfrei ist. Ich beziehe ALG-I und bei der Berechnung der Auszahlung wird Steuer abgezogen. Oder mache ich da einen Gedankenfehler?