Nach Ende der Einspruchsfrist stehen die Chancen für eine Korrektur schlecht. Nur ausnahmsweise geht dann noch was.
Zeit zurückdrehen mit Wiedereinsetzung
Ein Weg: die „Wiedereinsetzung in den vorigen Stand“ beantragen. Das hat aber nur in absoluten Ausnahmen Erfolg, wenn jemand plötzlich und unerwartet gehindert war, die Angelegenheit selbst zu erledigen oder einen Vertreter zu bestellen (BFH, Az. X B 152/94). Das gilt etwa bei unvorhergesehenen schweren Krankheiten oder dem Tod eines nahen Angehörigen. Dagegen zählt eine zu hohe Arbeitsbelastung in der Regel nicht.
Ein Antrag auf „Wiedereinsetzung in den vorigen Stand“ muss innerhalb eines Monats beim Finanzamt gestellt werden, nachdem der Grund für die Verhinderung entfallen ist. Er ist gut zu begründen und der Einspruch ist gleichzeitig nachzuholen (BFH, Az. IX R 19/16).
Tipp: Wenn Sie längere Zeit nicht zu Hause oder im Urlaub sind, beauftragen Sie jemanden, Ihre Post zu sichten und Sie regelmäßig zu informieren. Versäumen Sie wegen Abwesenheit die Frist, gilt das als selbst verschuldet.
Vorbehalt der Nachprüfung nutzen
„Dieser Steuerbescheid steht gemäß Paragraf 164 Abgabenordnung (AO) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung“, ist oben auf dem Steuerbescheid vermerkt? Dann bleibt der Bescheid insgesamt weiter offen, auch wenn die Einspruchsfrist längst abgelaufen ist. Das Finanzamt kann den Bescheid bei einem Vorbehalt jederzeit innerhalb der vierjährigen Festsetzungsfrist ändern – zum Vorteil und Nachteil der Steuerzahler. Gleichzeitig bietet der Vorbehalt diesen die Chance, ebenso lange Fehler zu rügen. Erst wenn das Amt den Vorbehalt aufhebt, wird der Bescheid bestandskräftig. Dann sind Änderungen nur noch sehr begrenzt möglich.
Berichtigung beantragen
Besteht keine Chance mehr, Einspruch einzulegen oder den Vorbehalt zu nutzen, ändert das Finanzamt den Bescheid nur noch, wenn eine Vorschrift der Abgabenordnung greift:
Flüchtigkeitsfehler. Hat sich in die Steuererklärung ein Schreib- oder Rechenfehler eingeschlichen, den das Finanzamt nicht bemerkt und übernommen hat, ist es möglich, trotz abgelaufener Einspruchsfrist mit einem Antrag auf Berichtigung gemäß Paragraf 173 a AO eine Korrektur zu erwirken.
Übermittlungsfehler. Tauchen Daten, die Dritte dem Finanzamt mitteilen, fehlerhaft oder gar nicht auf? Steuerzahlende müssen herausfinden, wer verantwortlich ist. Ist der Patzer etwa auf Arbeitgeber oder Krankenkasse zurückzuführen, bitten sie die Stelle, die Übermittlung zu korrigieren oder nachzuholen. Tut sie das innerhalb von sieben Jahren nach dem Veranlagungsjahr, muss das Finanzamt den Bescheid berichtigen. Ändert das Amt nicht von selbst, sollten Steuerzahlende einen Änderungsantrag nach Paragraf 175 b AO stellen. Dazu bleiben bis zu zwei Jahre nach Übermittlung der korrigierten Daten Zeit. Stellt sich heraus, dass die Stelle korrekte Daten gesendet hat, liegt der Fehler beim Finanzamt. Es hat die Daten falsch oder gar nicht übernommen. Auch dann hilft ein Antrag auf Änderung nach Paragraf 175 b AO. Dieser ist bis zum Ablauf der Festsetzungsfrist – üblicherweise vier Jahre nach dem Veranlagungsjahr – möglich.
Vergessenes nachreichen
Schwieriger sind Korrekturwünsche, wenn nachträglich Belege über Werbungskosten auftauchen. Dann prüft das Finanzamt penibel, ob den Steuerzahler grobes Verschulden daran trifft, dass Kosten ursprünglich nicht erklärt wurden (Paragraf 173 Absatz 1 Nr. 2 AO). Wenn ja, lehnt es die Änderung ab. Etwa bei elektronisch erstellten und übermittelten Erklärungen ist es grob fahrlässig, Hinweise in Steuerprogrammen oder Elster zu missachten, die für Laien verständlich sind und auf Sparpotenzial hinweisen (BFH, Az. X R 8/11).
Drängt sich im Vordruck der Steuererklärung aber nicht auf, dass Abzugsmöglichkeiten bestehen, lassen sich diese nachträglich geltend machen. Das entschied etwa das Finanzgericht (FG) Bremen zu Gunsten eines Mannes, der Unterhaltsleistungen für seine Lebensgefährtin und Mutter des gemeinsamen Kindes nachreichen wollte (FG Bremen, Az. 1 K 7/17 (5)).
Tipp: Entdecken Sie im Nachhinein Fehler im Bescheid, die sich zu Ihrem Nachteil auswirken, stellen Sie in jedem Fall einen Antrag auf Berichtigung. Mehr als ablehnen kann das Finanzamt nicht.
Letzter Ausweg: Klage vor dem Finanzgericht
Lässt sich das Finanzamt nicht überzeugen, hilft nur noch eine Klage vor dem Finanzgericht. Das überprüft als unabhängige Instanz, ob die Bescheide der Behörde den Steuervorschriften entsprechen.
Nur wer zunächst Einspruch gegen den Steuerbescheid eingelegt hat und damit ganz oder teilweise erfolglos geblieben ist, kann anschließend vor das Finanzgericht ziehen. Die Klage muss spätestens einen Monat nach der Einspruchsentscheidung eingelegt werden. Die Frist wird genauso berechnet wie beim Einspruch gegen den Steuerbescheid.
Tipp: Stiftung Warentest begleitet Sie auch auf dem Weg, Ihr Recht vor einem Finanzgericht zu erstreiten.
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Kommentar vom Administrator gelöscht. Grund: Schleichwerbung
Guten Morgen,
auch ich versuche meine Steuererklärung für 2018 dahingehend wieder zu aktivieren. Leider ohne Erfolg bisher. Der Antrag nach § 173 AO ist bereits abgelehnt worden. Haben sie schon Versuche oder Erfolge ?
Mit vielen Grüßen
Kg
@Leon-ard: Die Tatsache allein, dass Steuerzahler in Finanztest einen Tipp zum Steuersparen lesen, mit dem sie auch schon früher hätten Steuern sparen können, reicht nicht aus, um einen bestandskräftigen Steuerbescheid wieder zu öffnen. Nach § 173 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) ist eine Aufhebung oder Änderung von Steuerbescheiden möglich, wenn Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekanntwerden, die zu einer niedrigeren Steuer führen und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt werden.
Es muss also noch etwas hinzukommen, damit das Finanzamt verpflichtet ist, die Änderung vorzunehmen. Gute Chancen haben Steuerzahlerinnen dann, wenn sich in den Formularen für das Veranlagungsjahr weder Hinweisen noch Erläuterungen dazu befanden, dass es hierfür einen Steuerabzug zusteht. Denn die Vordrucke müssen übersichtlich sein. Und die Erläuterungen haben auch für steuerliche Laien klar und verständlich zu sein. Wir haben die Erläuterungen zum Unterhalt nicht für alle Veranlagungsjahre geprüft, aber in den aktuellen Hinweisen zur Steuererklärung ist die Möglichkeit der Absetzbarkeit des Unterhaltes für Kinder zu entnehmen.
Wenn es um besondere Fälle des Unterhaltes geht, kann das schon wieder anders sein. In Finanztest 09/2018 hatten wir zu einem solchen Fall berichtet, in dem es dem Steuerzahler gelang, dem Finanzamt nachzuweisen, dass der Mantelbogen nicht klar darüber informierte, dass auch die Unterhaltszahlungen für die Lebensgefährtin absetzbar sind. Er hatte gedacht, diesen Steuervorteil gibt es nur für Geschiedene: www.test.de/Steuerbescheid-aendern-Auch-vier-Jahre-spaeter-moeglich-5364693-0
Tipp: Entdecken Sie im Nachhinein Fehler in einem bestandskräftigen Bescheid, die sich zu Ihrem Nachteil auswirken, stellen Sie in jedem Fall einen Antrag auf Berichtigung. Mehr als ablehnen kann das Finanzamt nicht. (maa)
Guten Tag,
dank Ihres Artikels stellt ich fest, dass ich für mein erw, Kind Unterhaltsleistungen für 2019 geltend machen kann.
Meine Frage:
Kann ich auch für ältere, bereits rechtskräftige EKST-Erkläungen, die Unterhaltsleistungen noch nachträglich geltend machen.
Im Voraus vielen Dank für Ihre Antwort