So legen Sie Einspruch ein
Zahlendreher, abgelehnte Kosten oder ein vergessener Posten – wer den Steuerbescheid prüft, entdeckt oft Fehler oder Fehlendes. Erste Maßnahme: Ein Einspruch. Dieser muss aber innerhalb eines Monats beim Finanzamt eingehen.
Frist und Form beachten
Weicht das Finanzamt von Angaben in der Steuererklärung ab, muss es das im Bescheid erläutern. Wer anderer Ansicht ist, sollte Einspruch einlegen. Das geht per Brief, E-Mail oder online über Elster. Auch manche Steuerprogramme helfen beim Erstellen. Der Einspruch muss gut begründet sein. Steuerzahlende müssen also ausführlich erklären, warum sie mit dem Vorgehen des Finanzamts nicht einverstanden sind und wenn möglich Nachweise für ihre Ansicht mitliefern. Läuft die Frist bald ab, ist es möglich, erst einmal Einspruch einzulegen und die Begründung zeitnah nachzuliefern.
So berechnen Sie die Einspruchsfrist
Ein Einspruch muss innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Steuerbescheids beim Finanzamt sein. Als bekannt gegeben gilt er am dritten Tag nach dem Postversand. Das Datum des Versands steht rechts oben auf dem Bescheid. Ist der dritte Tag ein Samstag, Sonntag oder gesetzlicher Feiertag, gilt der nächste Werktag als Bekanntgabetag (BFH, Az. IX R 68/98). Endet die Einspruchsfrist am Wochenende oder einem Feiertag, verlängert auch sie sich bis zum nächsten Werktag. Silvester zählt als Werktag (BFH, Az. III B 135/17).
Beispiel. Der Bescheid weist das Datum vom 20. August 2020 aus. Drei Tage später ist Sonntag, der 23. August. Der Bescheid gilt daher erst am Montag, den 24. August, als bekannt gegeben. Spätestens am 24. September, einem Donnerstag muss der Einspruch beim Finanzamt sein.
Spätere Zustellung. Kommt der Bescheid nach den drei Tagen an, gilt er erst dann als bekannt gegeben. Steuerzahler müssen eine Verzögerung glaubhaft begründen, etwa weil die Post an bestimmten Tagen nicht liefert. Widerspricht das Finanzamt, muss es den früheren Zugang beweisen. Das gilt auch, wenn Steuerzahler bestreiten, überhaupt einen Bescheid erhalten zu haben (BFH, Az. X R 35/08 und Az. IX B 37/19).
Digitaler Bescheid. Wer die Erklärung 2019 online über ein Steuerprogramm oder das Verwaltungsportal Elster einreicht, kann erstmals wählen, den Bescheid ausschließlich online zu empfangen. Der digitale Bescheid gilt an dem Tag als bekannt gegeben, an dem das Amt per Mail über die Bereitstellung informiert.
{{data.error}}
{{col.comment.i}} |
---|
{{col.comment.i}} |
---|
- {{item.i}} {{item.text}}
Mitgewinnen im Musterverfahren
Mit einem Einspruch kann man sich auch an laufende Verfahren beim Bundesfinanzhof (BFH), Bundesverfassungsgericht oder Europäischen Gerichtshof anhängen. Dann ruht der eigene Fall. Das Finanzamt wartet auf das Urteil und orientiert sich dann daran. Entscheiden die Richter zugunsten der Kläger, profitieren diejenigen, die sich angehängt haben. Sie bekommen im besten Fall nachträglich Steuern erstattet.
So läuft das Einspruchsverfahren ab
Bei einem Einspruch prüfen die zuständigen Sachbearbeiter den gesamten Fall erneut. Überzeugt sie die Begründung, ändern sie den Steuerbescheid mit einem Abhilfebescheid. Bleiben sie aber bei ihrer Auffassung, erläutern sie diese und fordern dazu auf, den Einspruch bis zu einem bestimmten Termin zurückzunehmen. Geschieht das nicht, ergeht eine Entscheidung, in der das Finanzamt den Einspruch ablehnt und das begründet.
Verböserung. Fallen beim Einspruchsverfahren Fehler im Bescheid auf, deren Korrektur sich nachteilig für die Steuerzahlenden auswirkt, darf der Steuerbescheid zu deren Ungunsten geändert werden. Es kann also passieren, dass die Beschwerde selbst erfolgreich ist, aber trotzdem höhere Steuern zu zahlen sind.
Das Finanzamt muss aber vorab ausdrücklich auf eine mögliche Verschlechterung hinweisen. Durch eine Rücknahme des Einspruchs lässt sich das abwenden. Dann bleibt alles beim Alten (BFH, Az. IX B 37/12).
Finanzamt wendet Urteil nicht an?
Wer den Einspruch auf eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs stützt, kann trotzdem eine Abfuhr bekommen. Finanzämter dürfen Urteile erst anwenden, wenn sie offiziell im Bundessteuerblatt Teil II veröffentlicht sind. Das kann lange nach der Verkündung sein, weil das steuerzahlerfreundliche Urteil für den Staat teuer werden kann.
Es kann auch sein, dass ein Urteil zwar veröffentlicht wurde, die Finanzverwaltung es jedoch mit einem „Nichtanwendungserlass“ aushebelt. Dann bleibt nach Ablehnung des eigenen Einspruchs nur noch der Klageweg, um Recht zu erstreiten.
Zahlungsaufschub mit Risiko
In jedem Fall ist die festgesetzte Steuer pünktlich beim Finanzamt zu begleichen. Andernfalls drohen Säumniszuschläge: je angefangenen Monat 1 Prozent des rückständigen Steuerbetrags, abgerundet auf den nächsten durch 50 Euro teilbaren Betrag. Das Finanzamt kann die Forderung sogar vollstrecken.
Nur ein Antrag auf „Aussetzung der Vollziehung“ – am besten zusammen mit dem Einspruch – kann das abwenden. Setzt das Finanzamt die Forderung aus, weist aber später den Einspruch ab, stellt die Behörde rückwirkend 0,5 Prozent Zinsen je vollen Monat in Rechnung, 6 Prozent pro Jahr. Der Bundesfinanzhof bekundet aufgrund der andauernden Niedrigzinsphase verfassungsrechtliche Zweifel an der Zinshöhe (BFH, Az. IX B 21/18; Az. VIII B 15/18; Az. VIII B 128/18). Das letzte Wort hat das Bundesverfassungsgericht. Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat festgelegt, dass bis dahin Zinsfestsetzungen vorläufig bleiben (BMF-Schreiben vom 2. Mai 2019, Stichwort „Zinsen“).
Eingang beim Finanzamt sicherstellen
Der Einspruch muss das Finanzamt innerhalb der Frist erreichen, damit es ihn akzeptiert. Wurde er rechtzeitig abgeschickt, ist aber angeblich nach Fristablauf eingegangen? Das kann zu Ärger führen. Wer knapp dran ist, sollte den Einspruch vorsichtshalber per Einschreiben versenden, um den fristgerechten Zugang nachweisen zu können. Oder ihn direkt in den Briefkasten des Finanzamts werfen – im Idealfall gemeinsam mit Zeugen.
Kleiner Fehler? Lieber schlichte Änderung!
Eine Rechnung vom Handwerker wurde vergessen, beim Beleg vom Arzt sind Zahlen vertauscht? Offensichtliche Fehler lassen sich oft mit einem Anruf beim Sachbearbeiter, einem formlosen Brief oder einer E-Mail ausbügeln – solange das innerhalb der Einspruchsfrist passiert. Ein solcher „Antrag auf schlichte Änderung“ hat einen Vorteil gegenüber einem Einspruch: Dem Finanzamt ist es nicht möglich, den Steuerfall komplett aufzurollen und dabei eventuell Fehler zum Nachteil der Steuerzahler festzustellen.