Steuer­bescheid

So legen Sie Einspruch ein

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Steuer­bescheid - Schnell prüfen und Fehler berichtigen

Einspruch einlegen. Mit den Tipps der Stiftung Warentest klappt es recht­zeitig. © Stiftung Warentest / Lisa Rock

Ein Einspruch kann Fehler und Fehlendes im Steuer­bescheid ausbügeln. Dieser muss aber inner­halb eines Monats beim Finanz­amt eingehen.

Rund zwei Drittel aller Einsprüche erfolg­reich

Wer Fehler im Steuer­bescheid findet oder dem Finanz­amt in einer Sache wider­spricht, legt Einspruch ein. Nach dem Erhalt eines Bescheids bleibt dafür ein Monat Zeit. Genauso lange können Steuerzah­lerinnen und Steuerzahler auch vergessene Posten nach­reichen. Recht­zeitiges Reagieren wird belohnt: 2019 waren knapp 66 Prozent aller Einsprüche erfolg­reich. Im besten Fall winkt nach gründlicher Fehler­suche eine Erstattung. Stiftung Warentest zeigt, wie es geht.

So berechnen Sie die Einspruchs­frist

Ein Einspruch muss inner­halb eines Monats nach Bekannt­gabe des Steuerbescheids beim Finanz­amt sein. Als bekannt gegeben gilt er am dritten Tag nach dem Post­versand. Das Datum des Versands steht rechts oben auf dem Bescheid. Ist der dritte Tag ein Samstag, Sonn­tag oder gesetzlicher Feiertag, gilt der nächste Werk­tag als Bekannt­gabetag, wie der Bundes­finanzhof (BFH) klar­gestellt hat (BFH, Az. IX R 68/98). Endet die Einspruchs­frist am Wochen­ende oder einem Feiertag, verlängert auch sie sich bis zum nächsten Werk­tag. Silvester zählt als Werk­tag (BFH, Az. III B 135/17).

Beispiel.
Der Bescheid weist das Datum vom 20. August 2020 aus. Drei Tage später ist Sonn­tag, der 23. August. Der Bescheid gilt daher erst am Montag, den 24. August, als bekannt gegeben. Spätestens am 24. September, einem Donners­tag muss der Einspruch beim Finanz­amt sein.
Spätere Zustellung.
Kommt der Bescheid nach den drei Tagen an, gilt er erst dann als bekannt gegeben. Steuerzahler müssen eine Verzögerung glaubhaft begründen, etwa weil die Post an bestimmten Tagen nicht liefert. Wider­spricht das Finanz­amt, muss es den früheren Zugang beweisen. Das gilt auch, wenn Steuerzahler bestreiten, über­haupt einen Bescheid erhalten zu haben (BFH, Az. X R 35/08 und Az. IX B 37/19).
Digi­taler Bescheid.
Für Elster- oder Programm­nutzer war es erst­mals mit der Erklärung für 2019 möglich, den Bescheid ausschließlich online zu empfangen. Als bekannt gegeben gilt ein digi­taler Bescheid drei Tage, nachdem Elster per Mail über die Bereit­stellung der Daten informiert hat.

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Triftige Begründung wichtig für Erfolg

Ein Einspruch kann per Brief, E-Mail oder online über Elster einge­legt werden. Auch einige der von uns getesteten Steuerprogramme helfen beim Erstellen. Der Einspruch muss gut begründet sein. Steuerzahlende müssen also ausführ­lich erklären, warum sie mit dem Vorgehen des Finanz­amts nicht einverstanden sind und wenn möglich Nach­weise für ihre Ansicht mitliefern. Läuft die Frist bald ab, ist es möglich, erst einmal Einspruch gegen den Steuer­bescheid einzulegen und die Begründung zeit­nah nach­zuliefern.

Mitgewinnen im Muster­prozess

Manchmal hilft es, sich auf die Argumentation anderer zu stützen. Entspricht die eigene Angelegenheit einer Frage, die beim Bundes­finanzhof, Bundes­verfassungs­gericht oder dem Europäischen Gerichts­hof verhandelt wird, können sich Steuerzahlende an das entsprechende laufende Verfahren anhängen. Dann ruht der eigene Fall. Das Finanz­amt wartet auf das Urteil und orientiert sich dann daran. Entscheidet das Gericht zugunsten von Klägerin oder Kläger, profitieren auch diejenigen, die sich angehängt haben und bekommen im besten Fall nach­träglich Steuern erstattet.

Tipp: Muster­prozesse, die Angestellte, Familien, Anleger und Co interes­sieren könnten und wie sie sich diesen anschließen, zeigen wir in unserem Special Musterprozesse.

Muster: Formulierungs­hilfe für den Einspruch gegen den Steuer­bescheid

An das Finanz­amt ...

Betreff: Einkommensteuer­bescheid für das Steuer­jahr ... vom …, Steuer­nummer …

Sehr geehrte Damen und Herren,

hier­mit lege ich Einspruch gegen den oben genannten Steuer­bescheid ein.

Beispiele für die Begründung:

Ausgaben fehlen.
Ich habe bemerkt, dass ich noch folgende Ausgaben für das Jahr ... geltend machen kann. Ich bitte, diese Posten in Höhe von … Euro anzu­erkennen. Entsprechende Belege liegen bei.
Ausgaben gestrichen.
Sie haben folgende Ausgaben nicht anerkannt / gekürzt. Sie stehen mir aber nach Paragraf ... Einkommensteuergesetz voll / in Höhe von … Euro zu.
Neues Urteil, neuer Erlass.
Ich habe von einem neuen Urteil des Bundesfinanzhofs / Verwaltungs­erlass erfahren (Aktenzeichen …, Fund­stelle …). Demnach kann ich für das Jahr ... noch folgende Ausgaben geltend machen: …
Muster­verfahren.
Beim Bundes­finanzhof / Bundes­verfassungs­gericht / Europäischen Gerichts­hof ist der Fall mit dem Aktenzeichen … anhängig. Dieses Verfahren ist auch für mich von Bedeutung, weil ...
Ich bitte um Ruhen meines Verfahrens nach Paragraf 363 Absatz 2 Satz 2 Abgaben­ordnung bis zur Entscheidung des Gerichts.
Aussetzung beantragen.
Gleich­zeitig mit meinem Einspruch beantrage ich für die Nach­zahlung von … Euro die Aussetzung der Voll­ziehung nach Paragraf 361 Abgabe­nordnung.
Begründung ankündigen.
Eine ausführ­liche Begründung und entsprechende Nach­weise reiche ich bis zum ... nach.

So läuft das Einspruchs­verfahren ab

Bei einem Einspruch prüfen die zuständigen Sach­bearbeiter den gesamten Fall erneut. Über­zeugt sie die Begründung, ändern sie den Steuer­bescheid mit einem Abhilfe­bescheid. Bleiben sie aber bei ihrer Auffassung, erläutern sie diese und fordern dazu auf, den Einspruch bis zu einem bestimmten Termin zurück­zunehmen. Geschieht das nicht, ergeht eine Entscheidung, in der das Finanz­amt den Einspruch ablehnt und das begründet.

Verböserung. Fallen beim Einspruchs­verfahren Fehler im Bescheid auf, deren Korrektur sich nach­teilig für die Steuerzahlenden auswirkt, darf der Steuer­bescheid zu deren Ungunsten geändert werden. Es kann also passieren, dass die Beschwerde selbst erfolg­reich ist, aber trotzdem höhere Steuern zu zahlen sind.

Das Finanz­amt muss aber vorab ausdrück­lich auf eine mögliche Verschlechterung hinweisen. Durch eine Rück­nahme des Einspruchs lässt sich das abwenden. Dann bleibt alles beim Alten (BFH, Az. IX B 37/12).

Finanz­amt wendet Urteil nicht an?

Wer den Einspruch auf eine Entscheidung des Bundes­finanzhofs stützt, kann trotzdem eine Abfuhr bekommen. Finanz­ämter dürfen Urteile erst anwenden, wenn sie offiziell im Bundes­steuerblatt Teil II veröffent­licht sind. Das kann lange nach der Verkündung sein, weil das steuerzah­lerfreundliche Urteil für den Staat teuer werden kann.

Es kann auch sein, dass ein Urteil zwar veröffent­licht wurde, die Finanz­verwaltung es jedoch mit einem „Nicht­anwendungs­erlass“ aushebelt. Dann bleibt nach Ablehnung des eigenen Einspruchs nur noch der Klageweg, um Recht zu erstreiten.

Zahlungs­aufschub mit Risiko

In jedem Fall ist die fest­gesetzte Steuer pünkt­lich beim Finanz­amt zu begleichen. Anderenfalls drohen Säum­niszuschläge: je ange­fangenen Monat 1 Prozent des rück­ständigen Steuer­betrags, abge­rundet auf den nächsten durch 50 Euro teil­baren Betrag. Das Finanz­amt kann die Forderung sogar voll­stre­cken. Beispiel: Beträgt die geforderte Nach­zahlung 820 Euro, wird sie auf 800 Euro abge­rundet. Geht die Summe zehn Monate zu spät ein, kostet das 80 Euro Zuschlag

Ob die Säum­niszuschläge zu hoch ausfallen, beschäftigt aktuell den Bundes­finanzhof (Az. II B 3/22). Bis das Gericht entscheidet, kann nur ein Antrag auf „Aussetzung der Voll­ziehung“ – am besten zusammen mit dem Einspruch – Säum­niszuschläge abwenden.

Schiebt das Finanz­amt seine Forderung wegen eines Aussetzungs­antrags auf, weist aber später den Einspruch ab, kann es für die Zwischen­zeit Aussetzungs­zinsen verlangen: 0,5 Prozent fallen für jeden vollen Monat an, der zwischen Einspruch und Ablehnungs­bescheid liegt. Das sind im Jahr 6 Prozent. Diesen Betrag packt das Finanz­amt noch auf die Steuer­nach­zahlung drauf.

Eingang des Einspruchs beim Finanz­amt sicher­stellen

Der Einspruch muss das Finanz­amt inner­halb der Frist erreichen, damit es ihn akzeptiert. Wurde er recht­zeitig abge­schickt, ist aber angeblich nach Ende der Einspruchs­frist einge­gangen? Das kann zu Ärger führen. Wer knapp dran ist, sollte den Einspruch vorsichts­halber per Einschreiben versenden, um den frist­gerechten Zugang nach­weisen zu können. Oder ihn direkt in den Brief­kasten des Finanz­amts werfen – im Ideal­fall gemein­sam mit Zeugen.

Kleiner Fehler? Lieber schlichte Änderung!

Eine Rechnung vom Hand­werker wurde vergessen, beim Beleg vom Arzt sind Zahlen vertauscht? Offensicht­liche Fehler lassen sich oft mit einem Anruf beim Sach­bearbeiter, einem formlosen Brief oder einer E-Mail ausbügeln – solange das inner­halb der Einspruchs­frist passiert. Ein solcher „Antrag auf schlichte Änderung“ hat einen Vorteil gegen­über einem Einspruch: Dem Finanz­amt ist es nicht möglich, den Steuerfall komplett aufzurollen und dabei eventuell Fehler zum Nachteil der Steuerzahler fest­zustellen.

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SonjaEngelhardt am 20.11.2020 um 09:39 Uhr

Kommentar vom Administrator gelöscht. Grund: Schleichwerbung

Kgmuenchen am 04.10.2020 um 09:07 Uhr
Habe das gleiche Problem

Guten Morgen,
auch ich versuche meine Steuererklärung für 2018 dahingehend wieder zu aktivieren. Leider ohne Erfolg bisher. Der Antrag nach § 173 AO ist bereits abgelehnt worden. Haben sie schon Versuche oder Erfolge ?
Mit vielen Grüßen
Kg

Profilbild Stiftung_Warentest am 10.08.2020 um 11:40 Uhr
Bestandskräftiger Steuerbescheid

@Leon-ard: Die Tatsache allein, dass Steuerzahler in Finanztest einen Tipp zum Steuersparen lesen, mit dem sie auch schon früher hätten Steuern sparen können, reicht nicht aus, um einen bestandskräftigen Steuerbescheid wieder zu öffnen. Nach § 173 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) ist eine Aufhebung oder Änderung von Steuerbescheiden möglich, wenn Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekanntwerden, die zu einer niedrigeren Steuer führen und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt werden.
Es muss also noch etwas hinzukommen, damit das Finanzamt verpflichtet ist, die Änderung vorzunehmen. Gute Chancen haben Steuerzahlerinnen dann, wenn sich in den Formularen für das Veranlagungsjahr weder Hinweisen noch Erläuterungen dazu befanden, dass es hierfür einen Steuerabzug zusteht. Denn die Vordrucke müssen übersichtlich sein. Und die Erläuterungen haben auch für steuerliche Laien klar und verständlich zu sein. Wir haben die Erläuterungen zum Unterhalt nicht für alle Veranlagungsjahre geprüft, aber in den aktuellen Hinweisen zur Steuererklärung ist die Möglichkeit der Absetzbarkeit des Unterhaltes für Kinder zu entnehmen.
Wenn es um besondere Fälle des Unterhaltes geht, kann das schon wieder anders sein. In Finanztest 09/2018 hatten wir zu einem solchen Fall berichtet, in dem es dem Steuerzahler gelang, dem Finanzamt nachzuweisen, dass der Mantelbogen nicht klar darüber informierte, dass auch die Unterhaltszahlungen für die Lebensgefährtin absetzbar sind. Er hatte gedacht, diesen Steuervorteil gibt es nur für Geschiedene: www.test.de/Steuerbescheid-aendern-Auch-vier-Jahre-spaeter-moeglich-5364693-0
Tipp: Entdecken Sie im Nachhinein Fehler in einem bestandskräftigen Bescheid, die sich zu Ihrem Nachteil auswirken, stellen Sie in jedem Fall einen Antrag auf Berichtigung. Mehr als ablehnen kann das Finanzamt nicht. (maa)

Leon-ard am 09.08.2020 um 18:29 Uhr
Unterhalt für erwachenes Kind im eignen Haushalt

Guten Tag,
dank Ihres Artikels stellt ich fest, dass ich für mein erw, Kind Unterhaltsleistungen für 2019 geltend machen kann.
Meine Frage:
Kann ich auch für ältere, bereits rechtskräftige EKST-Erkläungen, die Unterhaltsleistungen noch nachträglich geltend machen.
Im Voraus vielen Dank für Ihre Antwort