
Ratlos. So ein Steuerbescheid wirft oft viele Fragen auf. Hier lesen Sie, wie Sie schnell Antworten finden.
Wer soll da durchsteigen? Oft kommen Steuerbescheide mit mehrseitigen Erläuterungen. Beim Verstehen helfen sie nicht wirklich: Die Sätze zu lang, die Sprache unverständlich, zu viele Steuerfachbegriffe. Sich da durch zu quälen lohnt dennoch und kann am Ende die Steuerlast senken. Hier lesen Sie, was Sie checken sollten und wie das ganz leicht gelingt.
Wer Fehler findet, sollte schnell handeln
Fehler schleichen sich in einen Steuerbescheid ganz leicht ein. Nicht zuletzt, weil viele Stellen mitwirken. Arbeitgeber, Banken, Krankenversicherung und Rententräger übermitteln Daten elektronisch ans Finanzamt. Auch beim Übertragen kann es Fehler geben. Jede Unrichtigkeit kann die Steuerlast senken oder erhöhen. Wenn sie zu hoch ausfällt, ist schnelles Handeln gefragt. Wenn der Bescheid in der Post liegt, bleibt für einen Einspruch nur ein Monat Zeit.
Übrigens: Handeln müssen Steuerzahler nicht, wenn die Steuerlast sinkt, weil das Finanzamt einen Fehler gemacht hat. Das müssen sie nicht mitteilen.
Den Fehlern per Elster auf die Spur kommen
Wer seine Steuern über das Online-Finanzamt Elster mit Zertifikat erklärt hat, kommt Fehlern leichter auf die Schliche. Elster liefert einen übersichtlichen Vergleich. Mit ihm lassen sich Zeile für Zeile Abweichungen von der Steuererklärung nachvollziehen. Ähnlich komfortabel sind andere Steuerprogramme (Test Steuerprogramme). Tückisch sind eigene Patzer: Vergessene Ausgaben oder falsch angegebene Kosten fallen in einer Vergleichsrechnung nicht auf, wenn das Finanzamt so veranlagt hat, wie es in der Erklärung mitgeteilt war. Zu Fehlern kann auch die Datenübernahmeaus dem Vorjahr führen. Werden Daten nicht aktualisiert, können zu hohe Einkünfte oder zu niedrige Werbungskosten in die Erklärung gelangen.
Praktisch: Über „Mein Elster“ lässt sich der Einspruch direkt elektronisch ans Finanzamt senden (alle Infos zum Elsterprogramm im kostenlosen Special Elster). Liegt der Bescheid vor, ist es am besten, diesen direkt zu prüfen und im Zweifelsfall einzugreifen.
Auf Papier: Auf sich allein gestellt
Allen, die ihre Erklärung auf Papier abgegeben haben, fällt ein Abgleich schwerer. Sie müssen genau wissen, was im Bescheid bei den einzelnen Posten als jeweilige Summe stehen sollte. Kompliziert wird das etwa bei der Überprüfung von Vorsorgeaufwendungen oder von berücksichtigten Krankheitskosten, weil hier die Berechnungen nicht so einfach sind. Am Ende bleibt nur, die Daten aus der Papier-Steuererklärung Posten für Posten mit dem Steuerbescheid abzugleichen. Damit können zumindest Schreibfehler und Zahlendreher ausgeschlossen werden und erkannt werden, ob das Finanzamt alle Ausgaben übernommen hat. Wer Fehler findet, kommt um einen Einspruch nicht herum.
Ihr Steuerbescheid – das Wichtigste in Kürze
Genau prüfen. Vergleichen Sie den Steuerbescheid Punkt für Punkt mit Ihrer Erklärung. Elster-Nutzer erhalten einen Datenabgleich online, aber auch manche Steuerprogramme bieten einen ähnlichen Service. Finanztest zeigt acht typische Fehlerquellen. Wir verraten außerdem, welche Hinweise Steuerzahlende schon auf der ersten Seite ihres Bescheids finden und haben für Sie zwei typische Steuertexte in verständliches Deutsch übersetzt.
Einspruch einlegen. Sie finden Fehler oder das Amt hat Ausgaben nicht anerkannt? Legen Sie innerhalb eines Monats schriftlich Einspruch ein. Das geht per Post, E-Mail oder online über „Mein Elster“. Damit Ihr Einspruch rechtzeitig beim Finanzamt eingeht, können Sie Ihre Einspruchsfrist mit unserem Rechner ermitteln.
Nachträglich ändern. Nach Ablauf der Einspruchsfrist stehen die Chancen für eine Korrektur schlecht. Nur ausnahmsweise geht dann noch was, wenn eine spezielle Änderungsvorschrift der Abgabenordnung greift. Wir zeigen Ihnen alle Optionen.
Wurden Daten zwischen den Behörden fehlerfrei übermittelt?
Selbst wenn die Steuererstattung ausfällt wie erwartet, ist es besser, alle Zahlen im Bescheid zu überprüfen. Der Bescheid enthält nicht nur den Erstattungsbetrag, sondern auch Zwischensummen aus verschiedenen Posten. Sie können die Grundlage für andere Leistungen wie Bafög oder Kita- und Hortbeiträge sein. Tauchen einige der angesetzten Posten gar nicht auf, erklärt das Finanzamt das Fehlen in der Regel im Kleingedruckten am Ende des Steuerbescheids. Dort steht, was die Finanzbeamten gegenüber der Steuererklärung geändert haben und warum sie bei der Berechnung von den Angaben abgewichen sind.
Steht in diesen „Erläuterungen“, dass das Finanzamt übermittelte Daten angesetzt hat? Im Klartext heißt das: Es hat nicht die erklärten Werte zugrunde gelegt, sondern die Daten, die Arbeitgeber, Krankenkasse, Rentenversicherer oder andere Behörden mitgeteilt haben. Diese können fehlerhaft sein.
So prüfen Sie: Vergleichen Sie Ihre Angaben in der Erklärung mit den Werten laut Bescheid und denen, die Institutionen und Behörden bescheinigt haben. Finden Sie heraus, wer den Fehler verursacht hat.
Das können Sie tun: Stammen Abweichungen aus fehlerhafter Datenübermittlung, klären Sie das mit der Behörde oder Institution. Diese müssen neue Werte dem Amt mitteilen.
Stimmen die Fahrt- und Reisekosten für Arbeitswege?
Viele Arbeitnehmer überschreiten allein mit ihrem täglichen Arbeitsweg die Werbungskostenpauschale von 1 000 Euro pro Jahr. Für Wege von zu Hause zur ersten Tätigkeitsstätte zählt die kürzeste Strecke. Wer aber zur Arbeit einen Umweg fährt, um einen Stau zu vermeiden, darf auch die längere Strecke abrechnen. Pro Kilometer der einfachen Strecke gibt es pauschal 30 Cent. War für das Finanzamt nicht zu erkennen, warum die längere Strecke angesetzt wurde, hat es eventuell zu wenig Kilometer berücksichtigt. Auch Dienstwege können leicht unter den Tisch fallen, weil das Amt diese als Wege zur ersten Tätigkeitsstätte eingeordnet hat. Dabei müssten die Wege als andere berufliche Fahrten zählen, also wie bei Dienstreisen mit 30 Cent je Kilometer des Hin- und Rückwegs mit dem eigenen Auto (alle Details im Special Arbeitsweg und Steuern).
So prüfen Sie: Unter „Werbungskosten“ steht, wie viele Entfernungskilometer für Wege zur ersten Tätigkeitsstätte angesetzt wurden und ob für andere Arbeitswege „Reisekosten“ und „Mehraufwendungen für Verpflegung“ abgingen.
Das können Sie tun: Schildern Sie, wo Ihre erste Tätigkeitsstätte lag und an wie vielen Tagen Sie auswärts tätig waren. Im Einspruch können Sie längere Wege begründen. Erstellen Sie eine Übersicht Ihres Fahrwegs.
Wurden Beiträge zur Krankenversicherung zu Unrecht gekürzt?
Viele Krankenkassen belohnen gesundheitsbewusstes Verhalten und erstatten im Rahmen eines Gesundheitsprogramms Kosten (siehe Vergleich Krankenkassen). Haben Versicherte die Kosten vorher selbst getragen, darf das Finanzamt die anerkannten Basisbeiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung nicht um die erhaltene Erstattung kürzen, so der Bundesfinanzhof (Az. X R 17/15). Ob das auch gilt, wenn Versicherte pauschal einen Kassenbonus oder Sachprämien für Gesundheitsmaßnahmen oder gesundheitsförderndes Handeln erhalten haben, muss der Bundesfinanzhof erst noch entscheiden. Ein Musterverfahren ist hier anhängig (BFH, Az. X R 30/18) (siehe Special Sonderausgaben).
So prüfen Sie: Unter dem Punkt „Sonderausgaben“ sehen Sie im Steuerbescheid, ob der Finanzbeamte von Ihren anerkannten Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung einen Bonus als „Beitragsrückerstattungen“ abgezogen hat.
Das können Sie tun: Legen Sie gegen Ihren Steuerbescheid innerhalb eines Monats bei Ihrem Finanzamt Einspruch ein. Verweisen Sie in Ihrem Einspruchsschreiben auf die Musterverfahren, die zu der Streitfrage am Bundesfinanzhof anhängig sind (siehe oben). Zitieren Sie dafür auch die zugehörigen, oben aufgeführten Aktenzeichen des Bundesfinanzhofs.
Sind die steuerpflichtigen Kapitalerträge richtig ermittelt?
Auf Kapitalerträge über dem Sparerpauschbetrag entfallen grundsätzlich 25 Prozent Abgeltungsteuer. Liegt der persönliche Steuersatz unter diesem Prozentsatz, dann zahlen Anleger auf ihre Kapitalerträge nur diesen niedrigeren Satz. Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn bei Rentnern ein Altersentlastungsbetrag zum Zuge kommt. Allerdings müssen Anleger dafür zuvor in ihrer Steuererklärung in der Anlage KAP in Zeile 4 die Günstigerprüfung beantragt haben.
Soll das Finanzamt prüfen, ob der Sparerpauschbetrag in Höhe von 801 Euro für Alleinstehende beziehungsweise 1 602 Euro für Ehepaare ausgeschöpft ist, müssen Anleger in der Steuererklärung in der Anlage KAP die Zeile 5 ausfüllen. Das Finanzamt nimmt alle Zinseinnahmen und zieht dann den Sparerpauschbetrag ab. Erst darüber liegende Kapitalerträge werden mit dem persönlichen Steuersatz versteuert.
So prüfen Sie: Ob die Günstigerprüfung zum Zuge kommt, erkennen Sie, wenn Ihre Kapitaleinkünfte in die Einkommensermittlung einbezogen wurden. Die bezahlte Abgeltungsteuer wird verrechnet.
Das können Sie tun: Bei Ihnen wurde keine Günstigerprüfung durchgeführt, obwohl Sie davon profitieren würden? Beantragen Sie diese nachträglich beim Finanzamt.
Hat das Finanzamt den Rentenfreibetrag richtig berechnet?
Wer 2019 erstmals in Ruhestand gegangen ist, erhält 22 Prozent seiner Rente steuerfrei. Für jeden neuen Rentenjahrgang sinkt der steuerfreie Anteil, bis er 2040 entfällt.
Das Finanzamt legt den Rentenfreibetrag im Jahr nach Rentenbeginn auf Dauer fest und passt ihn nur an, wenn sich die Rente ändert, etwa durch die neue Mütterrente (alle Infos dazu im kostenlosen Special Steuern und Rente). Maßgebend für die Höhe ist, wann die erste Rente bezogen wurde und wie hoch die Leistungen im Jahr darauf insgesamt waren.
An dem einmal ermittelten Freibetrag ändert sich nichts durch die alljährlichen Rentenerhöhungen. Die zusätzlichen Zahlungen, die es jeweils ab 1. Juli eines Jahres gibt, sind komplett steuerpflichtig. Alle Anpassungen seit dem Jahr, in dem der Freibetrag festgelegt wurde, müssen Rentner in der Erklärung in einer Summe angeben. Dieser Betrag wird aber auch vom Rentenversicherer berechnet und elektronisch ans Finanzamt übermittelt.
So prüfen Sie: Stimmen Ihr Rentenfreibetrag und der voll steuerpflichtige Anpassungsbetrag? Fordern Sie die „Mitteilung zur Vorlage beim Finanzamt“ beim Rentenversicherer an (Tel. 0 800/1 00 04 80 70). Darin ist der voll steuerpflichtige Anpassungsbetrag ausgewiesen.
Das können Sie tun: Lassen Sie sich beraten, etwa von einem Lohnsteuerhilfeverein.
Hat der Altersentlastungsbetrag die richtige Höhe?
Steuerzahlende, die 2018 Ihren 64. Geburtstag gefeiert haben, steht ab 2019 ein Altersentlastungsbetrag für Einkünfte – etwa aus Miete oder Kapitalerträgen – in Höhe von 17,6 Prozent zu, maximal 836 Euro. Der Betrag gilt auch in den kommenden Jahren.
So prüfen Sie: Der Betrag wird aufgrund Ihres Geburtsdatums ermittelt und geht von der „Summe der Einkünfte“ab. Als Ehepaar sollten Sie prüfen, ob das Finanzamt die jeweiligen Einkünfte dem richtigen Partner zugeordnet hat.
Das können Sie tun: Fehlt der Altersentlastungsbetrag oder fällt er zu niedrig aus, etwa weil das Amt die Einkünfte dem falschen Partner zugeordnet hat, stellen Sie das richtig.
Bringt der Behindertenpauschbetrag einen Steuervorteil?
Steuerzahlende mit Behinderung können einen speziellen Pauschbetrag beanspruchen. Dieser soll ihre Mehrkosten etwa für Pflegeleistungen oder Hilfen im Haushalt erfassen, ohne dass sie sie einzeln abrechnen müssen. Wie hoch der Pauschbetrag ausfällt, hängt vom Grad der Behinderung ab. Rechnungen für Medikamente, behinderungsbedingte Fahrtkosten oder Umbauten der Wohnung können Menschen mit Behinderung extra angeben, weil der Pauschbetrag diese nicht umfasst.
So prüfen Sie: Die Höhe Ihres Pauschbetrags steht bei den außergewöhnlichen Belastungen. Lagen Ihre tatsächlichen Kosten nach Abzug eines Eigenanteils, den sie selbst tragen müssen, über dem Pauschbetrag? Dann ist es günstiger, die Ausgaben einzeln abzurechnen. Wie hoch Ihr Eigenanteil ausfällt, können Sie mit unserem Rechner Zumutbare Belastung ermitteln.
Das können Sie tun: Wollen Sie nachträglich Ihre tatsächlichen oder zusätzlichen Kosten geltend machen, beantragen Sie im Einspruch die Einzelabrechnung.
Wurde die Nebenkostenabrechnung berücksichtigt?
Steuerzahler erhalten bis zu 4 000 Euro Steuerbonus pro Jahr für haushaltsnahe Dienstleistungen und bis zu 1 200 Euro für Handwerkerleistungen im Haus, der Wohnung oder auf dem Grundstück. Es zählen 20 Prozent der Rechnung – ohne Materialkosten. Das gilt auch für solche Leistungen in der Nebenkostenabrechnung für Mieter und der Hausgeldabrechnung für Eigentümer, die ihre Wohnung selbst nutzen. Es ist erlaubt, sie nachzureichen, falls sie erst eintrifft, wenn die Erklärung schon beim Finanzamt liegt, sogar nach Ablauf der Einspruchsfrist.
Alternativ dürfen Mieter und Eigentümer die Kosten in der Erklärung des Jahres absetzen, in dem die Abrechnung kommt. Oder sie setzen die Vorauszahlungen auf Betriebskosten oder Hausgeld in dem Jahr an, in dem sie diese gezahlt haben und rechnen einmalige Ausgaben – etwa für Handwerker – in dem Jahr ab, in dem sie die Abrechnung erhalten haben (alle Details im Special Haushaltsnahe Dienstleistungen).
So prüfen Sie: Was berücksichtigt wurde, steht unter „Berechnung der Steuer“ als „Ermäßigung“ für Handwerkerleistungen oder für haushaltsnahe Dienstleistungen.
Das können Sie tun: Ihre Nebenkostenabrechnung steht noch aus? Bitten Sie das Amt, den Bescheid bis dahin offenzulassen. Ist die Einspruchsfrist bereits vorbei, beantragen Sie eine Änderung wegen neuer Tatsachen.