Wenn Millionen von Briefen, Paketen oder Päckchen verspätet bei ihren Empfängern ankommen, wirft das auch juristische Fragen auf. So waren Steuerbescheide aufgrund des Poststreiks oft länger als üblich unterwegs. Das kann die Rettung sein, wenn Steuerzahler etwas ändern wollen und gebummelt haben. Sie sollten prüfen, ob die Einspruchsfrist nicht doch noch läuft.*
Beginn der Frist
Das Datum auf dem Bescheid zeigt, wann das Finanzamt den Bescheid bei der Post aufgegeben hat. Meist steht der Tag auch auf dem Umschlag. Drei Tage später gilt der Bescheid als zugestellt. War am 12. Juni Aufgabe bei der Post, beginnt am 15. Juni die Einspruchsfrist. Fällt das Datum auf ein Wochenende oder einen Feiertag, zählt der nächste Werktag.
Ende der Frist
Der Einspruch muss nach einem Monat beim Finanzamt sein. Bei Zustellung am 23. Juni muss er am 23. Juli bis 24 Uhr dort gewesen sein – oder am nächsten Werktag, wenn der 23. Juli ein Samstag, Sonntag oder Feiertag wäre.
Tipp: Lag Ihr Bescheid durch den Poststreik nach drei Tagen nicht im Briefkasten und Sie wollen Ihren Einspruch retten? Schreiben Sie an das Finanzamt und verweisen auf den Streik im Zustellbezirk und auf den Tag, an dem der Bescheid tatsächlich eingegangen ist. Sind die Argumente glaubhaft, beginnt die Einspruchfrist erst am Eingangstag.
Keine Fristverlängerung wegen des Streiks
Grundsätzlich gilt: Wer als Privatperson Schriftstücke auf den Weg bringt, die schnell ihr Ziel erreichen müssen, sollte in Streikzeiten lieber nicht auf die Post setzen. Wenn ein Brief nicht ankommt, ist das aus juristischer Sicht nämlich das Problem des Absenders. Fristen bleiben trotz des Streiks bestehen. Eine sinnvolle Alternative kann das Fax sein. Den Versandbeleg sollte man anschließend in jedem Fall aufbewahren. Muss zum Beispiel ein Vertrag fristgerecht gekündigt werden, dann sollte man die Kündigung sicherheitshalber persönlich abgeben oder einen Boten engagieren.
Die Post haftet nicht
Wer wichtige Unterlagen wie Urkunden oder Akten zu spät erhält, kann die Post dafür nicht zur Rechenschaft ziehen. Juristisch werden Streiks als „höhere Gewalt“ bewertet.
Alternativen zum Postversand
Private Dienstleister wie FedEx, UPS und Hermes haben nicht gestreikt. Hermes betreibt etwa 14 000 Paketshops in Deutschland, gegen einen Aufpreis kann man die Pakete auch zuhause abholen lassen. Briefe und Karten werden ebenfalls von privaten Dienstleistern wie der PIN Mail AG verschickt. Allerdings betreiben die privaten Dienstleister im Vergleich zu der Deutschen Post AG verhältnismäßig wenige Briefkästen.
Tipp: Die Stiftung Warentest hat Lieferqualität und Arbeitsbedingungen bei den fünf großen Paketdiensten DHL, DPD, GLS, Hermes und UPS getestet. Paketdienste: Schnell, aber ruppig
* Diese Meldung erschien erstmals am 9. Juni 2015. Sie wurde am 14. Juli 2015 aktualisiert.