
Der britische Staubsaugerhersteller Dyson wirft seinem deutschen Konkurrenten BSH Hausgeräte GmbH vor, Staubsauger technisch zu manipulieren, um einen geringeren Stromverbrauch vorzutäuschen. Verbraucher würden dadurch in die Irre geführt, so Dyson. BSH weist die Anschuldigungen zurück. Was ist dran an den Vorwürfen? test.de ist dem nachgegangen. Update: Dyson verliert vor dem Gericht der Europäischen Union.*
Bosch-Siemens-Sauger drehen die Motorleistung auf
Das Unternehmen Dyson erklärte, einige Staubsaugermodelle der Marken Bosch und Siemens würden über Sensoren die Motorleistung während des Saugens hochdrehen und dadurch mehr Strom verbrauchen, als auf dem Energielabel angegeben. Auch im letzten Staubsaugertest der Stiftung Warentest war ein Gerät von Siemens auf dem Prüfstand, das die Motorleistung während des Teppichsaugens hochdrehte (Meister aller Düsen, test 6/2015). Mit leerem Staubbeutel lag die Leistung bei 765 Watt und stieg bei gefülltem Beutel auf etwa 1 200 Watt an.
Beste Saugleistung im Test
Das Unternehmen BSH erklärte, Geräte mit einer solchen Motorsteuerung 2013 auf den Markt gebracht zu haben, um die Saugleistung bei vollem Staubbehälter zu erhöhen. Normalerweise lässt die Saugleistung nach, wenn sich der Beutel mit Staub füllt. In unserem Test erzielte das Siemens-Gerät gleichauf mit einem Modell von Bosch die beste Saugleistung und wurde Testsieger. Der Stromverbrauch war allerdings höher als bei den Konkurrenten, in diesem Prüfpunkt erreichte der Siemens nur die Note befriedigend. Ein ebenfalls geprüfter Sauger von Dyson kam beim Stromverbrauch auf ein Gut, saugte insgesamt aber am schlechtesten. Fürs Saugen auf Teppichboden erzielte er die Teilnote ausreichend, fürs Saugen auf Hartboden die Teilnote befriedigend – obwohl sein Energiesparlabel bei Hartbodenreinigung die Bestnote A ausweist.
Keine Hinweise auf Manipulation durch Bosch-Siemens
Dyson wirft dem Unternehmen BSH Verbrauchertäuschung vor: Nach Ansicht von Dyson tragen Bosch- und Siemens-Sauger, die über die genannte Motorsteuerung verfügen, das Energielabel Klasse A zu unrecht. BSH weist die Vorwürfe zurück: Alle ihre Staubsauger würden im Einklang mit den Anforderungen der EU-Ökodesignrichtlinie für Staubsauger geprüft, teilte das Unternehmen auf Anfrage mit. Auch der von uns getestete Siemens-Sauger trug die beste Energieeffizienzklasse A. Unsere Prüfungen ergaben keine Hinweise darauf, dass diese Angabe falsch war. Wahr ist allerdings auch, dass die EU-Vorgaben wenig mit der Praxis zu tun haben.
Mit leerem Staubbeutel geprüft
Der Stromverbrauch für das Energielabel wird im Labor ermittelt – beim Saugen mit leerem Staubbehälter. Wie viel Strom ein Sauger mit gefülltem Beutel verbraucht, sagt das Label nicht. Wir haben dem Siemens-Sauger für den erhöhten Energieverbrauch beim Saugen mit vollem Beutel entsprechend schlechter bewertet. Einen Verstoß gegen gesetzliche Vorgaben können wir jedoch nicht erkennen. Zumal die von uns ermittelten 1 200 Watt deutlich unter dem laut EU-Ökodesignrichtlinie maximal zulässigen Wert von 1 600 Watt lagen.
Praxisferne Angaben auf dem Energielabel
Auch wenn sich BSH im rechtlichen Rahmen bewegt, zeigt sich einmal mehr, dass Prüfungen für das Energielabel häufig lebensfern sind. Die Labelangaben werden unter Normbedingungen ermittelt, die von den Bedingungen im Alltag erheblich abweichen können. Die Angaben sollen nur dazu dienen, verschiedene Staubsaugermodelle im Laden vergleichen zu können. So prüft das Label nicht nur den Stromverbrauch sondern auch die Reinigungswirkung ausschließlich mit leerem Beutel. Die Reinigungskraft wird zudem nur bei voller Leistung geprüft. In früheren Tests saugten sich dabei einige Geräte so stark am Boden fest, dass sie kaum mehr zu schieben sind. Das geht völlig am Leben vorbei. Wir gehen daher in unseren Tests deutlich über die Anforderungen des Energielabels hinaus. Wir beurteilen sowohl den Stromverbrauch als auch die Reinigungswirkung mit leerem und gefülltem Beutel sowie mit voller und reduzierter Leistung. Das ist deutlich näher am Alltag, wo fast immer Staub im Beutel ist und viele Nutzer die Leistung herunterregeln, um das Gerät besser schieben zu können.
[Update] Dyson scheitert mit Klage vor dem Europäischen Gericht
Dyson ist mit einer Klage zur Energieverbrauchskennzeichnung von Staubsaugern in der EU vor dem Gericht der Europäischen Union gescheitert. Das Unternehmen sah seine beutellosen Staubsauger durch die EU-Prüfrichtlinie diskriminiert, da die Reinigungsleistung nur bei leerem Behälter des Staubsaugers getestet werde. Dies begünstige nach Ansicht von Dyson Staubsauger mit Beutel, da in diesen Prüfungen nicht ermittelt werden könne, dass deren Saugleistung mit gefülltem Behälter abnehme. Verbraucher würden dadurch bezüglich der Energieeffizienz des Staubsaugers in die Irre geführt. Das Gericht wies die Klage von Dyson in vollem Umfang ab. Die EU-Richtlinie zum Test mit leeren Staubbeuteln sei rechtens, weil es kein zuverlässig reproduzierbares Verfahren zur Prüfung mit vollen Staubbeuteln gebe, entschied das Gericht in seinem heute veröffentlichten Urteil (Az. T-544/13).
„Messergebnisse reproduzierbar“
Die Stiftung Warentest prüft Staubsauger seit Jahren mit leerem und gefülltem Beutel. „Wir sind auch nach dem Urteil davon überzeugt, dass sich hier sehr wohl reproduzierbare Messergebnisse erzielen lassen“, sagt Dr. Holger Brackemann, Bereichsleiter Untersuchungen bei der Stiftung Warentest. „Wir arbeiten dafür zum Beispiel mit Normstaub und mit klar definierten Füllmengen.“ [Ende Update]
Tipp: Testergebnisse zu 91 Bodenstaubsaugern finden Sie im Produktfinder Staubsauger – darunter auch mehrere Modelle, die weniger als 900 Watt ziehen und dennoch gute Saugergebnisse erzielen.
*) Diese Meldung ist am 26. Oktober 2015 auf test.de erschienen und wurde am 11. November 2015 um die Entscheidung des Gerichts der Europäischen Union ergänzt. Ebenfalls wurde in diesem Zusammenhang der Anbietername von BSH korrigiert.