
Die Bundesregierung gibt zum ersten Mal eine Anleihe mit Umschuldungsklausel heraus. Sie folgt damit einem Beschluss der Eurostaaten aus dem vergangenen Jahr. Die neue Regelung, englisch Collective Action Clause (CAC), gilt auch für die Anleihen aller anderen Euroländer, die seit Jahresbeginn neu aufgelegt werden und länger als ein Jahr laufen.
Mehrheit entscheidet über Umschuldung
Mit der Einführung der Collective Action Clause für Staatsanleihen, die länger als ein Jahr laufen, wollen die Euroländer den Umgang mit Staatsschuldenkrisen vereinfachen. Nach den neuen Regeln kann sich eine Mehrheit der Gläubiger im Krisenfall mit dem Herausgeber der Anleihe auf eine Umschuldung verständigen. Die Minderheit muss sich dann dem Beschluss fügen. Wie viele Stimmen für die Mehrheit notwendig sind, kommt darauf an, nach welchem Verfahren abgestimmt wird – in einer Gläubigerversammlung oder schriftlich. Wenn die Gläubiger zusammenkommen, wird eine 75-prozentige Zustimmung des bei der Versammlung vertretenen Kapitals verlangt. Stimmen sie schriftlich ab, ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit erforderlich. Die Gläubiger können zum Beispiel eine Verlängerung der Anleihelaufzeit beschließen, sie können sich auf einen niedrigeren Zinssatz einigen oder den Nennwert der Anleihe beschneiden.
Griechenland hat es schon probiert
Bei der Umschuldung griechischer Anleihen im Frühjahr 2012 führte Griechenland für einen Teil seiner Anleihen solche Klauseln rückwirkend ein. Die Griechen hatten ihren Gläubigern den Vorschlag unterbreitet, auf rund die Hälfte ihres Geldes zu verzichten und einer Verlängerung der Anleihelaufzeiten zuzustimmen. Nachdem sich eine große Mehrheit der Gläubiger einverstanden erklärt hatte, wurden die anderen zwangsweise in die Umschuldung mit einbezogen. Einige Betroffene klagen jetzt dagegen.
Umschuldungen schneller vom Tisch
Die neue Klausel ist von Vorteil für die Herausgeber der Anleihen. Sollten sie in Zahlungsschwierigkeiten geraten, können sie im Unterschied zu früher ihre Probleme vergleichsweise rasch lösen – anders, als wenn sie auf sämtliche Einzelinteressen Rücksicht nehmen müssen. Argentiniens Umschuldung beispielsweise ist auch zehn Jahre nach der Pleite nicht abgeschlossen, weil einige Anlegergruppen wie etwa Hedgefonds das damalige Umtauschangebot nicht angenommen hatten und statt dessen vor Gericht zogen, um die volle ausstehende Summe einzuklagen.
Die Folgen für private Anleger
Dass Umschuldungen schneller abgewickelt werden können, kann auch für private Anleger ein Vorteil sein. Wenn ein Staat seine Verpflichtungen nicht erfüllen kann, helfen langwierige Verhandlungen in der Regel auch nicht weiter. Allerdings ist es durchaus möglich, dass die Interessen Privater durch die neuen Mehrheitsbeschlüsse nicht angemessen berücksichtigt werden, zum Beispiel dann, wenn es nur einen oder wenige große Gläubiger gibt, die eine vor allem für sie selbst günstige Lösung ausklüngeln. Normalerweise sind große Investoren wie Banken, Pensionskassen oder Versicherungen ebenso wie private Anleger daran interessiert, bei einer Umschuldung so viel Geld wie möglich zurückzubekommen. Dem könnten je nach Lage jedoch politische Überlegungen entgegenstehen.
Tipps für die Geldanlage
Wer Geld anlegt, muss wegen der neuen Bedingungen keine anderen Überlegungen anstellen als früher. Sichere Anleihen wie Bundeswertpapiere werden durch die Umschuldungsklausel nicht weniger sicher. Weil die Umschuldungsklausel die Abwicklung von Umschuldungen für Emittenten vereinfacht, dürften Investoren für die Anleihen wohl geringfügig höhere Zinsen verlangen. Das gilt insbesondere für Anleihen von Staaten mit schlechterer Bonität. Anleger, die solche Papiere kaufen, gehen ein höheres Risiko ein. Doch das war auch schon vor Einführung der neuen Regeln so.