Berufliches kam in den 18 Sprachkursen im Test viel zu kurz. Auch interkulturelle Themen fehlten oft. Nur zwei Kurse überzeugten mit gutem Unterricht, darunter eine Volkshochschule.
Zu diesem Thema bietet test.de einen aktuelleren Test: Englischkurse.
Passende Worte, richtiger Ton
Die E-Mail muss nach Washington, am Telefon ist London, und gleich startet die Videokonferenz mit Hongkong. Englisch ist die internationale Geschäftssprache und für Berufstätige heute in vielen Branchen ein Muss. Stets die passenden Worte zu finden, ist dabei das eine. Den richtigen Ton zu treffen, das andere. Denn der kann von Kultur zu Kultur sehr verschieden sein. Wie macht ein Manager seinem amerikanischen Geschäftspartner deutlich, dass er anderer Meinung ist? Wie formuliert er Kritik in Großbritannien, ohne dass sich sein Gegenüber auf den Schlips getreten fühlt? Und wann ist „Small Talk“ wichtig, und wie funktioniert er?
Von Berlitz bis zur Volkshochschule
Wer sich fit fürs Business machen möchte, der kann aus einer Palette von Sprachschulen wählen – vom Marktführer Berlitz bis zu den Volkshochschulen. Bereits 2007 hat die Stiftung Warentest Standardenglisch-Kurse für Fortgeschrittene getestet. Die meisten der damals geprüften Anbieter sind auch im aktuellen Test vertreten, diesmal mit Kursen für Geschäftsenglisch, in der Regel Business-Englisch genannt.
Das Ergebnis ist ähnlich enttäuschend wie 2007: Die Kurse blieben weit hinter ihren Möglichkeiten zurück. Berufliche Themen kamen fast überall deutlich zu kurz. Interkulturelle Inhalte fehlten vielerorts ganz. Dabei sind sie für den Umgang und die Kommunikation mit internationalen Partnern ganz entscheidend (siehe Checkliste).
18 Kurse im Vergleich
Im Test waren vier überregionale und 14 regionale Sprachschulen, darunter fünf Volkshochschulen. Bei den überregionalen Anbietern hat die Stiftung Warentest drei Kurse an verschiedenen Standorten geprüft. Das macht die Bewertung mit Qualitätsurteil möglich. Die regionalen Anbieter prüfte die Stiftung Warentest nach denselben Kriterien. Hier fand jedoch nur ein Testbesuch statt. Deshalb wurden die Kurse bewertend beschrieben.
Insgesamt besuchten 26 Testpersonen die Kurse, natürlich inkognito. Sie brachten gute Englischkenntnisse mit, mindestens auf dem Niveau B1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens (GER). In den Kursen begegneten sie IT-Administratoren, Ingenieuren, Pharmaangestellten, Lehrern und Mitarbeitern von Banken und Versicherungen, die ihr Englisch für den Job verbessern wollten. Die meisten davon bezahlten ihren Kurs selbst. Auch Arbeitslose, für die die Arbeitsagenturen die Kurskosten übernahmen, waren unter den Teilnehmern (siehe Tipps für die Kursauswahl).
Vorbereitung aufs internationale Parkett
Ein guter Business-Englisch-Kurs sollte vor allem eins: die Teilnehmer vorbereiten auf die Kommunikation und den Umgang mit Kollegen, Kunden und Geschäftspartnern in einem internationalen Umfeld: Kundenakquise, Rechnungsstellung, Marketing, Jahresbilanz, Wirtschaftskrise, Small Talk, Geschäftsessen, Business Etikette – inhaltlich relevant und erlaubt ist alles, was mit Arbeitswelt und Wirtschaft zu tun hat. Natürlich dürfen hin und wieder auch allgemeine Themen auf dem Stundenplan stehen. Sie sollten aber nicht überhandnehmen. Im Idealfall orientiert sich der Unterricht an den Wünschen der Teilnehmer und bezieht deren beruflichen Hintergrund mit ein.
Doch am Ende sollen die Kursbesucher nicht nur ihren Wortschatz erweitert haben, sondern auch Praxiserfahrungen in typischen Gesprächssituationen gesammelt haben. Berufstätige müssen die englische Sprache in erster Linie in fünf Situationen gut beherrschen: beim Telefonieren und Präsentieren, in Diskussionen und Verhandlungen und nicht zuletzt im Schriftverkehr. Diese Fertigkeiten lassen sich gut und praxisnah trainieren, auch in kürzeren Lerneinheiten während eines Abendkurses. Doch die wenigsten Anbieter setzten das um. Stattdessen standen häufiger Inhalte auf dem Stundenplan, die mit Geschäftsenglisch überhaupt nichts zu tun hatten.
Zu wenig Telefonate
Beim überregionalen Anbieter Stevens English Training blieben die Themen Small Talk und Verhandlungen außen vor, dafür erfuhren die Teilnehmer, dass Rosenkohl auf Englisch “Brussels sprouts“ heißt und Spargel „asparagus“. Das English Language Institute in Hamburg ließ die Teilnehmer über Michelle Obamas Modestil diskutieren. Dabei hätte die Testerin viel lieber geübt, Telefonate auf Englisch zu führen. Und bei Tudias Dresden stellte die Dozentin Themen wie „Schicksal“ und „Vorsehung“ zur Debatte. Dabei liegen Themen aus der Wirtschaft in Zeiten der Finanzkrise nun wirklich auf der Straße.
Nur in zwei Fällen hatte der Sprachunterricht, der wichtigste Prüfpunkt, eine hohe Qualität. Die Kurse bei Sprache & Wirtschaft in Leipzig und bei der Volkshochschule Dresden setzten inhaltlich auf Business-Themen und waren auch didaktisch gelungen. Der Unterricht war sehr teilnehmerorientiert, gab den Kursbesuchern viel Gelegenheit zu sprechen und trainierte auch das Lesen, Schreiben und Hörverstehen in ausgewogenem Verhältnis. Last but not least überzeugten die beiden Kurse in Sachsen auch im Preis. Mit rund 6,50 beziehungsweise 3,10 Euro pro Unterrichtseinheit gehörten sie mit zu den günstigen Anbietern im Test. Zum Vergleich: Bei den großen überregionalen Sprachschulen kostete die Lehreinheit bis zu 18 Euro.
Strukturierter mit Lehrbüchern
Besonders negativ: das Durcheinander von Kopien, das es in mehreren Kursen anstelle von Lehrbüchern gab. Häufig war nicht einmal eine Quelle angegeben. Zwar ist ein Lehrbuch keine Garantie für einen guten Kurs, doch es kann die Chance auf einen strukturierten Unterricht erhöhen. Außerdem können die Teilnehmer den Stoff leichter vor- und nachbereiten, insbesondere, wenn sie mal eine Kursstunde verpassen.
Die eingesetzten Lehrbücher hatten meist einen konsequenten Wirtschafts- und Berufsbezug. Nur bei Berlitz und beim Wall Street Institute war das nicht der Fall.
Natürlich sollten Sprachkursanbieter neben dem Lehrbuch auch andere, möglichst authentische Lehrmaterialien benutzen, zum Beispiel Wirtschaftsartikel aus Zeitungen oder Jahresbilanzen von Unternehmen. Gut funktionierte das bei inlingua, GLS Berlin und der Volkshochschule Leipzig.
In einigen Fällen gingen sie allzu stur nach Lehrbuch vor. Bei Berlitz zum Beispiel sprachen die Teilnehmer im Hochsommer über ihre Silvesterplanung.
Nicht ohne Einstufung
Damit jeder im richtigen Kurs landet, ist vorab eine Einstufung wichtig. Im Idealfall geschieht sie mündlich und schriftlich. Viele Anbieter prüften die Kenntnisse der Tester während des Beratungsgesprächs. Die Unterhaltung lief dann einfach für einige Minuten auf Englisch.
Die Volkshochschulen bieten Einstufungstests im Internet oder vor Ort an. Das Problem dabei oft: Die Tests sind freiwillig. Auch ohne Prüfung der Sprachkenntnisse kann sich jeder zum Sprachkurs seiner Wahl anmelden. So können Teilnehmer mit unterschiedlichen Sprachniveaus in einer Gruppe landen. Keine gute Voraussetzung für erfolgreiches Lernen.
Nicht alle auf einem Sprachniveau
Doch selbst mit Einstufungstest hatten einige Sprachschulen bei der Zusammenstellung der Klassen kein gutes Händchen. Bei Stevens English Training wurde die Testperson auf ein recht fortgeschrittenes Niveau, nämlich C1 nach dem Europäischen Referenzrahmen, eingestuft. In dem vierköpfigen Kurs auf dem Niveau B2/C1 saß dann aber ein Teilnehmer, der nach eigener Aussage seit 25 Jahren kein Englisch gesprochen hatte. Die Folge: „Der Dozent hat vieles auf Deutsch erklären müssen“, so der Tester. „Außerdem bestand der Unterricht zu 80 Prozent aus Grammatik, damit alle erst mal die gleiche Basis haben.“
Ausgebremst beim Wall Street Institute
Beim Wall Street Institute gab es große Probleme bei der angeblich flexiblen Buchung der Unterrichtsstunden, der sogenannten „Encounter“. Das war schon beim Test Englischkurse für Fortgeschrittene die Hauptkritik. Gebessert hat sich seither nichts.
Das Wall Street Institute hat ein besonderes Konzept, denn es kombiniert Unterricht in der Gruppe mit E-Learning. Bevor die Teilnehmer an einem Encounter, also Unterricht mit einem Lehrer, teilnehmen können, müssen sie Übungslektionen am Computer absolvieren. Bei den Testpersonen waren das rund drei PC-Übungseinheiten pro Lektion, die jeweils bis zu vier Stunden dauerten – je nach Sprachlevel und Lerntempo der Tester. Die Encounter-Stunden schließen die PC-Lektionen thematisch ab. Doch die Testpersonen hatten große Mühe, diese zeitnah zu buchen und mussten teilweise lange auf ihre Unterrichtstermine warten.
Der Kurstitel „All you can learn“ – zu Deutsch: Lerne, soviel wie du magst – für den sechsmonatigen Kurs versprach mehr, als er hielt. „Ich fühlte mich oft ausgebremst “, brachte es eine Testperson auf den Punkt. „In dem halben Jahr hätte ich deutlich mehr schaffen können.“
Für das Wall Street Institute gibt die Stiftung Warentest aus Gründen der Vergleichbarkeit kein Qualitätsurteil, da sie die PC-Stunden nur teilweise getestet hat.
Mängel in den Vertragsbedingungen
Schon beim Test Englischkurse für Fortgeschrittene 2007 fielen die rechtswidrigen Klauseln in den Vertragsbedingungen auf. Doch bewirkt hat die Kritik der Stiftung Warentest nichts. Berlitz und die Anglo English School haben wieder deutliche Mängel in den allgemeinen Geschäftsbedingungen, inlingua hat diesmal sogar sehr deutliche. Auch bei Tudias Dresden und den Volkshochschulen Dresden und Berlin-Lichtenberg – beim letzten Test nicht dabei – entdeckten die Rechtsexperten der Stiftung Warentest deutliche Mängel. Bei den überregionalen Anbietern hat das Folgen: Das Qualitätsurteil wird entsprechend abgewertet (siehe Ausgewählt, geprüft, bewertet).
Sprachreise als Alternative
Der Test zeigt: Guter Business-Englisch-Unterricht ist in den Sprachschulen in Deutschland zurzeit schwer zu finden. Interessierte sollten sich deshalb vor der Entscheidung für einen Kurs genau informieren, was der Anbieter unter Geschäftsenglisch versteht und welche berufsrelevanten Fertigkeiten trainiert werden (siehe Tipps für die Kursauswahl). Wer möglichst schnell lernen möchte, wie er auf Englisch Telefonate führt oder E-Mails schreibt, kann alternativ eine Sprachreise machen (siehe Test Sprachreisen „Nobody is perfect“). Wirkliche Sicherheit in der englischen Sprache erreicht aber, wer über mehrere Monate regelmäßig lernt.
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