
Eine böse Überraschung nach der anderen: 42 der 50 getesteten Spielsachen für Kleinkinder sind mit Schadstoffen belastet. Besonders betroffen: Holzspielzeug. Dabei hatte die Stiftung Warentest viele Markenprodukte im Test. Doch es drohen weitere Gefahren: So brannte etwa ein Plüschaffe lichterloh. Sieben Spielzeuge hätten gar nicht verkauft werden dürfen. Sie halten die Gesetze nicht ein.
Zu diesem Thema bietet test.de einen aktuelleren Test: Spielzeug
Gefahr für die Kleinsten
Im Test: 50 Spielzeuge für Kinder unter drei Jahren. Da bei den Kleinen der Tastsinn noch nicht so ausgeprägt ist, erkunden sie die Welt vor allem über den Mund: Sie lutschen und knabbern am Spielzeug. Gerade sie müssen besonders geschützt werden. Ihr Organismus reagiert auf Schadstoffe empfindlicher als der eines Erwachsenen. Trotzdem sind 42 der 50 Spielzeuge belastet, zwei Drittel sogar stark oder sehr stark – egal ob Teddy von Steiff, Prinzessin von Fisher Price, Brio-Eisenbahn oder Pittiplatsch. Oft fanden die Tester polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), Nonylphenol, Formaldehyd, Nickel, Weichmacher oder zinnorganische Verbindungen. Viele Stoffe stehen unter Verdacht, Krebs zu erzeugen, die Fortpflanzungsfähigkeit oder das Erbgut zu schädigen. Das Gesundheitsrisiko ist umso höher, je mehr ein Schadstoff austritt. Das Kind kann ihn einatmen, hat direkten Haut- oder Mundkontakt.
Trotto verliert die Ohren
Fünf Spielzeuge setzen die Kinder beim Spielen einer direkten Gefahr aus, darunter der grüne Nachziehdrache von Eichhorn, die bunte Ziehschlange von Plan Toys, das Schiebepferd Trotto von Selecta und die Babypuppe Lissi. Bei ihnen lösen sich Einzelteile, die Kinder leicht verschlucken können: Mal ist es eine Zunge, mal ein Paar Lederohren, eine Kugel oder ein Klettverschluss. Sie hätten gar nicht verkauft werden dürfen, denn sie verstoßen gegen Spielzeugnormen. Diese schreiben vor, dass ein Spielzeug reiß- und biegefest sein muss, keine Schwermetalle abgeben und beim Fallen nicht zersplittern darf. Erschreckend: Selbst Markenware fiel bei diesen Routinetests durch.
Affe brennt lichterloh
Doch es gab noch andere unsichere Spielgefährten: Der so gemütlich wirkende Plüschaffe von sigikid brannte nach einem kurzen Kontakt mit einer Flamme sofort lichterloh. Bei Plüschtieren dürfen sich Flammen pro Sekunde nicht mehr als drei Zentimeter ausbreiten. Besser noch: Die Flammen gehen wieder aus, wie bei gut der Hälfte der Plüschtiere im Test. Auch der günstige Hase von Tedi sollte Kindern lieber nicht zu nahe kommen. Er enthielt den verbotenen Weichmacher DEHP, der fortpflanzungsschädigend wirken kann. Dazu war er mit polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen belastet, in den Ohren steckte Blei.
Plastik besser als Holz
Viele Eltern wollen ihren Kindern etwas Gutes tun und kaufen Holzspielzeug für sie. Doch nicht etwa die Plastik-Hubschrauber oder Plastik Männchen sind stark mit Schadstoffen belastet, sondern gerade Holzspielzeug: Keines der 15 Holzspielzeuge ist schadstofffrei! So fanden die Tester allein in der Eisenbahn von Brio Flammschutzmittel, polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe und Nickel. Die Puzzle von kik und Selecta enthielten viel Formaldehyd. Es kann aus dem Sperrholzkleber ausdünsten und möglicherweise Krebs erzeugen. Anders als erwartet schneidet Plastikspielzeug am besten ab: 6 der 10 Plastik-Spielsachen sind nicht belastet. Das schafften sonst nur die Hello-Kitty-Figur und Curly Girly von sigikid. Die Testergebnisse Holzspielzeug finden Sie oben im Link Ergebnisse kompakt in der Artikelnavigation, alle Testergebnisse erhalten Sie in der vollständigen Version des Tests.
Gesetze nicht streng genug
Nicht alle Schadstoffe sind bisher per Gesetz geregelt. Und jetzige Regelungen beziehen sich oft weder auf Spielzeug noch auf Kleinkinder, die Grenzwerte sind also meist viel zu hoch. Deswegen haben die Tester in vielen Fällen strenger bewertet. So auch bei den polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen, kurz PAK. Da die Wirkung vieler PAK noch unbekannt ist, sollte ihr Vorkommen weitmöglichst begrenzt werden. Die Spielzeugrichtlinie geht jedoch einen anderen Weg. Ab 2013 will sie bis zu 1 000 Milligramm PAK pro Kilogramm Spielzeug zulassen, für das krebserzeugende Benzo(a)pyren 100 Milligramm. Die Richtlinie muss schnell nachgebessert werden. Bisher orientiert sie sich am Chemikalienrecht, nicht am sensiblen Organismus eines Kindes. Das Bundesinstitut für Risikobewertung setzt sich auf EU-Ebene dafür ein, dass bisher bekannte krebserzeugende PAK in Verbraucherprodukten 0,2 Milligramm je Kilogramm nicht übersteigen. Das GS-Zeichen für geprüfte Sicherheit verlangt bei Spielzeug für Kleinkinder für 16 weit verbreitete PAK denselben Grenzwert. Danach hat auch die Stiftung Warentest bewertet.
Appell an die Branche
Spielzeug wird künftig nur sicherer, wenn die Hersteller mehr Verantwortung tragen. Wenn sie ihren Lieferanten genaue Vorgaben machen und sie verstärkt kontrollieren. Wenn sie aufhören, sich nur am lückenhaften Gesetz festzuhalten, sondern aktiv nach alternativen, unkritischen Stoffen suchen. Böse Schadstofffunde wie in diesem Test gäbe es dann wohl nicht mehr.
Antwort auf Ihre Fragen
Auf Ihre Fragen zu Gefahren und Vorbeugung antworteten die test-Expertinnen Renate Ehrnsperger und Nicole Merbach im Chat. Sie können hier alle Antworten nachlesen.