Spiele-Apps im Test Alles andere als kindgerecht

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Kinder lieben sie, doch kindgerecht sind Hand­yspiele selten. Das liegt auch an Mitspielern, die Naziparolen und Pornografie ins Spiel bringen. Die Multimedia-Experten der Stiftung Warentest haben 14 Spiele-Apps getestet, darunter Minecraft, Brawl Stars, Fortnite und Clash of Clans. Geprüft haben wir aus der Perspektive eines 10-jährigen Kindes. Alarmierendes Ergebnis: Keine einzige App können wir empfehlen. Wir sagen, wie Sie Ihr Kind schützen und In-App-Käufe verhindern können.

Spiele-Apps im Test Alle Testergebnisse für Spiele Apps 10/2019

Liste der 14 getesteten Produkte
Spiele Apps 10/2019
  • Angry Birds 2 Hauptbild
    Angry Birds 2
  • Brawl Stars Hauptbild
    Brawl Stars
  • Candy Crush Soda Saga Hauptbild
    Candy Crush Soda Saga
  • Clash of Clans Hauptbild
    Clash of Clans
  • Clash Royale Hauptbild
    Clash Royale
  • Empires & Puzzles Hauptbild
    Empires & Puzzles
  • Fortnite Hauptbild
    Fortnite
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    Helix Jump
  • Homescapes Hauptbild
    Homescapes
  • Minecraft Hauptbild
    Minecraft
  • Pokémon Go Hauptbild
    Pokémon Go
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    Roblox
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    Subway Surfers
  • Temple Run 2 Hauptbild
    Temple Run 2

Minecraft: Lava aus der Hölle

Kleine Blöcke aus Gold­erz, Gras oder Spreng­stoff sind ihre Welt. Lukas und Mathis bauen damit auf dem Smartphone Häuser, Maschinen oder Portale in eine andere Dimension. Die Berliner Jungs sind Fans der Spiele-App Minecraft. „Lass uns in die Hölle gehen und Lava sammeln“, sagt der 13-jährige Lukas zu seinem Freund Mathis. Der ist 14 und „voll der Pro“. Pro heißt in Erwachsenen­sprache Profi. „Ich spiele seit vier Jahren Minecraft. Cool daran ist, dass man ein biss­chen Programmieren lernen kann“, erzählt Mathis.

Spiele-Apps im Test - Alles andere als kindgerecht

Szene aus Minecraft

Unser Rat

Keines der 14 geprüften Hand­yspiele für Kinder können wir empfehlen. Eines ist im Kinder­schutz bedenk­lich, 13 stufen wir sogar als inakzeptabel ein. In 7 stießen wir auf heikle Inhalte wie Verweise auf Porno­seiten. In vielen Familien dürfte ein Total­verzicht auf Spiele-Apps keine Lösung sein. Mit unseren Tipps können Eltern die Risiken für Kostenfallen und beim Daten­schutz spür­bar senken.

Verstörende Inhalte im Test

Minecraft ist eine von 14 beliebten Spiele-Apps, die wir auf ihren Kinder­schutz geprüft haben, weitere sind etwa Brawl Stars, Fortnite und Clash of Clans. Einzelne werden im App-Store für Kinder ab 0 Jahren angeboten, die höchste Alters­empfehlung der Spiele im Test lautet ab 12 Jahre. Geprüft haben wir aus der Perspektive 10-Jähriger. Wo immer ein Spiel eine Alters­angabe forderte, gaben wir 10 Jahre an.

„Bedenk­lich“ war noch das beste Urteil

Unsere Ergeb­nisse sind alarmierend: Keine einzige App können wir empfehlen. 13 bieten inakzeptablen Kinder­schutz, die am wenigsten schlimme, Pokémon Go, stufen wir als bedenk­lich ein.

Kinder sollen „böse Juden“ töten

Oft kommen die Gefahren aus einer Ecke, die Eltern nicht erwarten dürften: Wir fanden etwa Verweise auf Porno­seiten, Mitspieler mit rechts­extremen Pseudonymen und ein Spiel, in dem „böse Juden“ getötet werden sollen. Die Android-Version von Subway Surfers für Kinder ab 6 Jahren blendete Werbung für ein Spiel ab 18 Jahren ein, in dem unablässig Menschen erschossen werden.

Fast alle Spiele sind gratis

Wir testeten 13 Handy-Apps jeweils für die Betriebs­systeme Android und iOS. Die 14. App, Fortnite, prüften wir nur für iOS, denn eine Android-Version war im Google Play Store nicht erhältlich. Fast alle Spiele lassen sich gratis aus den App-Stores laden, Minecraft kostet einmalig 7,99 Euro. Unsere Ergeb­nisse veröffent­lichen wir je App in einem Steck­brief. Meist fallen alle Urteile für Android und iOS gleich aus. Ausnahmen nennen wir in den Steckbriefen. Anders als sonst haben wir die Apps nicht nach unseren Urteilen sortiert, sondern alpha­betisch nach Namen.

Alles andere als kindgerecht

Untersucht haben wir die Apps in Koope­ration mit Jugendschutz.net, dem gemein­samen Kompetenzzentrum von Bund und Ländern für Kinder- und Jugend­schutz im Internet. Wir wollten wissen, wie kindgerecht die Spiele sind, ob die Voreinstel­lungen eine sichere Nutzung erlauben und wie leicht sich Verstöße anderer Spieler beim Anbieter melden lassen. Letzteres funk­tioniert mäßig, wäre aber oft nötig. Uns begegneten rechts­extreme Spieler­namen wie „SiegHeil“ oder „Judentöter“, etwa in den Apps Fortnite und Clash of Clans. Bei Clash Royale und Brawl Stars heißen eine Reihe von Mitspielern genauso wie Internet­adressen von Porno­seiten.

Angry Birds 2: Digitale Edelsteine für 110 Euro

Geprüft haben wir auch, wie verlockend In-App-Käufe sind. „Die haben meine Eltern auf meinem Handy deaktiviert. Das finde ich gut. Ich will auf keinen Fall auf etwas Falsches klicken“, sagt Lukas. Seine Sorge ist berechtigt: In der App Minecraft sind die In-App-Käufe teils intrans­parent. Andere Kinder sind schon in Kostenfallen wie diese getappt. Ganz schnell lassen sich Hunderte Euro ausgeben. Bei Angry Birds 2 etwa können Spieler mit einem Kauf rund 110 Euro für virtuelle Edelsteine verplempern. Darauf beruht das Geschäfts­modell, wenn die App selbst gratis ist. Hinzukaufen lassen sich in den Apps etwa Kostüme für Spielfiguren oder Rohstoffe.

Candy Crush & Home­scapes: Ohne Moos nix los

Etliche Spiele fordern direkt zum Kauf auf – oder drängen indirekt. Bei Candy Crush und Home­scapes etwa kommen Spieler nur mühselig weiter, wenn sie keine Extras kaufen. Häufig gilt: Nur wer zahlt, kommt schnell voran. Wie Sie In-App-Käufe verhindern, lesen Sie in unseren Tipps.

Unver­ständlich für Kinder: Beim Daten­schutz verlieren alle

Laut Daten­schutz-Grund­ver­ordnung müssen die Daten­schutz­erklärungen für Dienste, die sich auch an Kinder richten, so formuliert sein, dass Kinder sie verstehen können. Keine der geprüften Apps hält sich daran. Auch deshalb bewerten wir den Daten­schutz bei keinem Spiel als angemessen. Zudem über­tragen die meisten von ihnen mehr Nutzer­daten, als sie zum Funk­tionieren brauchen. Ein Beispiel von vielen: Temple Run 2 über­mittelt in der Android-Version Nutzungs­statistiken der Spieler an einen Analysedienst – selbst wenn der Nutzer das „Tracking“ deaktiviert hat.

Unzu­lässige Klauseln in den AGB

In den allgemeinen Geschäfts­bedingungen (AGB) der Apps fand unser Fachjurist zahlreiche unzu­lässige Klauseln. 10 der 14 Apps enthalten in der Android- und iOS-Version sehr deutliche Mängel. Die Macher von Angry Birds 2 erklären etwa, dass sie ihre Nutzer über­wachen, und legen fest: „Du stimmst dieser Über­wachung und Aufzeichnung unwiderruflich zu. Entsprechend willigst du ein, dass du keine Privatsphäre ... erwartest, einschließ­lich, aber nicht beschränkt auf Chat­texte oder Sprach­nach­richten.“ Candy Crush zum Beispiel will keine Verantwortung für Verluste tragen, falls Betrüger auf das Nutzer­konto zugreifen.

Liegen keine AGB vor, gilt deutsches Recht

Die Anbieter von Temple Run 2, Subway Surfers, Empires & Puzzles und Helix Jump (Android-Version) stellen keine AGB bereit. Statt­dessen greift deutsches Recht – ein Vorteil für Verbraucher.

Eine zauberhafte Über­raschung

Lukas hat sich die Geschäfts­bedingungen für Minecraft gemein­sam mit seinen Eltern durch­gelesen. „Das war echt hart“, erinnert er sich an das viele Klein­gedruckte. Seine Eltern haben die Kinder­sicher­heits­funk­tionen auf Lukas’ Smartphone akti­viert und eine feste Medien­zeit mit ihm vereinbart. Über­rascht waren sie, als sich Lukas und Mathis vor ein paar Wochen plötzlich mit Feuer­eifer in ein neues Spiel stürzten. Total analog. Sie üben jetzt Zaubertricks. Immer nur Minecraft ist ihnen auf Dauer zu lang­weilig.

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Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

LTQN am 25.02.2023 um 15:59 Uhr
Clash Royale-Bewertung zu hart ausgefallen

Also, ich selbst spiele schon seit ungefähr einem Jahr Clash Royale und finde, dass die Bewertung hier in einigen Punkten etwas zu hart ausgefallen ist.
Natürlich ist in Clash Royale ein gewisses Maß an Gewalt enthalten. ABER: Diese wird zum einen abstrakt gehalten, zum anderen wird in der Beschreibung des Spiels auf Google Play deutlich deklariert, dass aus diesem Grund das Mindestalter zum Spielen von Clash Royale 13 Jahre beträgt. Anstößige bzw. sexuelle Inhalte sind mir bislang nicht begegnet, das einzige, was einmal vorkam, war dass ich gegen eine Person mit extremistischem Namen gespielt habe, allerdings besteht in den Gruppenchats von Clans deswegen die Möglichkeit, solche Personen zu melden. Kaufanreize für In-App-Käufe gibt es überhaupt nicht, es wird hervorgehoben, dass das Spiel auch kostenlos gespielt werden und man die In-App-Käufe abstellen kann.

Profilbild Stiftung_Warentest am 08.06.2020 um 13:32 Uhr
In-App-Käufe

@ape_tw2006: Die Untersuchung ist mittlerweile über ein halbes Jahr her. Software kann schnell geändert werden. Die Spiele haben eine Altersempfehlung von meist ab 6 Jahren, teilweise schon ab 0 Jahren. Es ist uns klar, dass die Spielerzahlen extrem hoch sind. Aber es ist nicht verständlich, warum die Entwickler bzw. die Anbieter nicht dafür verantwortlich gemacht werden sollen, die Spiele entsprechend abzusichern. Was Kinder spielen dürfen oder nicht, sollte nicht allein auf dem Schulhof entschieden werden. Wie Eltern die Handy-Einstellungen (Android und iOS) vornehmen können/sollen, um ihre Kinder vor In-App-Käufen zu schützen haben wir auf test.de beschrieben. (DB)

ape_tw2006 am 06.06.2020 um 23:27 Uhr
@Stiftung_Warentest

Einige der Aussagen im Test sind grob falsch. Eine anstößige Nachricht im Clan chat in Clash of Clans oder Brawl Stars kann z. B mit einem Klick melden. Für rechtsextreme Namen kann man den Entwickler nicht verantwortlich machen, da die Spielerzahl von Clash of Clans mittlerweile Dimensionen erreicht hat die nicht mehr manuell zu kontrollieren sind. Auf Social Media Plattformen wie Youtube oder Instagramm ist dieses Problem weitaus größer. Man sollte außerdem ein Spiel aufgrund Anreizen für In-App-Käufe nicht als inakzeptabel bewerten, da Eltern In-App-Käufe einfach mit einem Passwort sperren können.
Wenn paranoide Eltern auf der Basis ihrer Tests Entscheidungen für die Kinder treffen haben die Kinder meist ein deutlich größeres Problem als eine brutale Werbung oder einen Spieler, der sich nicht an die Nutzungsbedingungen eines Spiels hält: Sie stehen vor Mitschülern absolut lächerlich da, weil die meisten Kinder in der Grundschule diese Spiele schon spielen.

Profilbild Stiftung_Warentest am 01.10.2019 um 15:26 Uhr
App-Inhalt und Inhalt von Nutzern bitte trennen

@niha1: Alles kontrollieren kann man sicher nicht und selbstverständlich sollten diese „Dinge“ mit den Kindern diskutiert werden. Dennoch, bestimmte Inhalte, die wir gefunden haben, verstoßen gegen gültige Gesetze. Darüber hinaus sehen wir durchaus die App-Entwickler in der Pflicht, bei bestimmten Inhalten zu reagieren -insbesondere, da sich ihre Dienste auch an Kinder und Heranwachsende richten. Kinder stehen unter besonderem Schutz und die Anbieter müssen hier Vorsorge treffen. Wenn Apps eine Nutzerinteraktion anbieten, wie z.B. eine Chatfunktion, dann sollte diese Funktion im besten Fall mit einer Moderation oder aber zumindest mit entsprechenden Wortfiltern und einer funktionierenden Blockierfunktion abgesichert sein. Darüber hinaus sollte es Meldemöglichkeiten geben, damit u.a. extremistische Inhalte oder Porno-Links von den Nutzern einfach und differenziert gemeldet und anschließend von den Anbietern entfernt werden können. In unserer Untersuchung hatte nur eine von den neun Apps, die eine Kommunikation erlaubten, ein ersichtliches Moderationskonzept. Das Meldeprozedere war teilweise kompliziert.(AC)

niha1 am 30.09.2019 um 15:29 Uhr
App-Inhalt und Inhalt von Nutzern bitte trennen

In diesem Test kommt die Trennung zwischen Inhalt der App und Inhalt, welcher von Nutzern generiert wird zu kurz. Ich finde, dass es nicht das das Problem der App sein sollte, wenn Nutzer menschenverletzende Inhalte verbreiten.
Kann man aus Lego ein Hakenkreuz bauen? Ja. Ist Lego deshalb rechtsextrem? Nein.
Kann man in einer Stadt rechtsextreme Parolen herumrufen? Ja. Ist die Stadt deshalb rechtsextrem? Nein.
Könnte man das überhaupt generell verbieten / kontrollieren und will man das überhaupt? Ich glaube nicht! (Meinungsfreiheit)
Soll man alle möglichen Schnittstellen, wo solch ein Gedankengut verbreitet werden kann blockieren und von Kindern fernhalten? Ich finde nicht!
Wie wäre es denn wenn man diese Dinge mit seinen Kindern diskutiert?! Dann werden sie lernen, dass es Menschen mit gefährlichen Ansichten gibt, und wie man damit umgehen soll. Denn solche Menschen wird es immer geben - mit oder ohne App!
Ein Verbot von Apps hilft nicht Rechtsextremismus zu bekämpfen, Bildung hi