Ohne Spenden würde es viele Hilfsprojekte nicht geben. Um an Spendengelder zu kommen, gehen einige Hilfswerke auch auf die Straße. An einem Stand oder nur mit Klemmbrett ausgerüstet, informieren sie über ihre Arbeit und werben um eine Fördermitgliedschaft oder Dauerspende. test hat untersucht, wie die Organisationen dabei vorgehen und sagt, worauf Sie beim Spenden achten sollten.
Stichprobe mit zehn Organisationen
Guten Tag, möchten Sie sich für die Umwelt engagieren? Hallo, mögen Sie Tiere? Meine Damen, darf ich Ihnen mal erzählen, wie Sie Kinder im Krankenhaus glücklich machen können? Drei Wochen lang ließen sich unsere Tester auf den Straßen von Berlin, Hamburg und München ansprechen – von Tierfreunden und Umweltschützern, von Menschenrechtsaktivisten und Katastrophenhelfern. Insgesamt zehn Spendenorganisationen haben wir in der kleinen Stichprobe angetroffen. Bekannte Namen waren dabei, zum Beispiel Amnesty International, Greenpeace, Malteser Hilfsdienst und Oxfam, aber auch weniger bekannte Organisationen wie Rote Nasen e. V. Clowns im Krankenhaus, die vor allem in Berlin aktiv sind (siehe So sind wir vorgegangen).
2 bis 5 Milliarden Euro Privatspenden
Der Spendenmarkt ist riesig – und ziemlich unübersichtlich. Mehr als eine halbe Million eingetragene Vereine und 17 400 private Stiftungen prägen den gemeinnützigen Sektor in Deutschland. Hinzu kommen zahlreiche kirchliche Stiftungen und nicht eingetragene Vereine. Sie alle freuen sich über Spenden. Und die Deutschen geben gern: Zwischen 2 und 5 Milliarden Euro an Privatspenden kommen Jahr für Jahr zusammen, je nachdem welche Statistik man fragt. Laut Deutschem Spendenrat, einem Dachverband gemeinnütziger Spendenorganisationen, gehen drei Viertel der Gelder in die humanitäre Hilfe. Gespendet wird vor allem für Kinder, kirchliche Zwecke und die Not- und Katastrophenhilfe.
Regelmäßig Geld spenden
Um an Spendengelder zu kommen, gehen die Hilfswerke verschiedene Wege. Der klassische Brief per Post ist immer noch die häufigste Methode – und die einträglichste. Doch das Werben auf der Straße hat in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Oft sind es regionale Vereine, die vor Ort sammeln, zum Teil auch mit der klassischen Sammelbüchse.
Wohl fast jeder, der in einer Stadt lebt, ist schon einmal von Straßenwerbern angesprochen worden. Sie wollen in der Regel neue Spender gewinnen. Meist winkt man ab, keine Zeit, kein Interesse – oder einfach ein komisches Gefühl: Sind solche Werbeaktionen seriös? Wer steckt dahinter?
Von den rund 3 000 überregional sammelnden Organisationen gehen nur schätzungsweise 30 bis 40 auf die Straße. An einem Stand oder nur mit Klemmbrett ausgerüstet, informieren sie über die Arbeit der Hilfswerke und werben um eine Fördermitgliedschaft oder Dauerspende, also um die Bereitschaft, über längere Zeit regelmäßig Geld abbuchen zu lassen.
Das erste Geld geht an die Werber
Viele Organisationen arbeiten dabei mit externen Dienstleistern zusammen, auch einige Hilfswerke in unserer Stichprobe. Amnesty International, Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Greenpeace, Malteser Hilfsdienst, Oxfam und Rote Nasen haben Agenturen beauftragt, um die begehrten Dauerspender zu werben. Sie vergüten die Vermittler unterschiedlich: Amnesty International zahlt nur Festbeträge, alle anderen vergüten auch erfolgsabhängig. So geben die Malteser ihrer Agentur 60 Prozent des Erstjahresbeitrags jedes geworbenen Dauerspenders. Beim BUND und Rote Nasen e. V. werden Provisionen mitunter über mehrere Jahre gezahlt. Je nach Dauer der Fördermitgliedschaft können sich die Provisionen auf mehr als einen Jahresbeitrag summieren. Oxfam zahlt an die Agentur einen Sockelbetrag und bei Dauerspenden ab 75 Euro einen Bonus von 66 Euro. Greenpeace zahlt jedem Vermittler einen Stundenlohn und ab einem bestimmten Umsatz auch einen erfolgsabhängigen Bonus.
Profiwerber sind erfolgreicher
Die Arbeit mit Dialogern, wie die Straßenwerber im Branchenjargon heißen, hat sich nach Angaben der Hilfswerke bewährt. Die Agenturen seien professioneller und daher erfolgreicher, heißt es. Zudem ließen sich Vereinsmitglieder, die eigentlich die Umwelt schützen oder Kindern helfen wollen, nur selten für die anstrengende und oft auch frustrierende Werbearbeit auf der Straße gewinnen. Deshalb arbeiten viele Spendenorganisationen mit Dialogern. Da Dauerspender im Durchschnitt etwa sieben Jahre dabeibleiben, relativieren sich die Agenturkosten. In unserer Stichprobe haben alle externen Dialoger bei Nachfrage auf den kommerziellen Hintergrund der Werbeaktion hingewiesen. Die anderen Hilfswerke, denen wir begegneten, organisieren ihre Werbung in Eigenregie. Sie zahlen ihren Mitarbeitern Gehälter.
Niemanden unter Druck setzen
Ob externer Dienstleister oder eigener Mitarbeiter, an Regeln sollten sich alle Straßenwerber halten. Das heißt vor allem, potenzielle Spender nicht unter Druck zu setzen. Die Dialoger in unserer Stichprobe sprachen unsere Testpersonen durchweg höflich an, erläuterten die Aktionen und Ziele „ihrer“ Organisation kompetent und verständlich. Kein Tester fühlte sich gedrängt. Fakten und Emotionen standen meistens in ausgewogenem Verhältnis.
Stark Mitleid erweckende Werbung
Ausnahmen: Die Mitarbeiterin von Aktion Tier – Menschen für Tiere e. V. zeigte stark Mitleid erzeugende Fotos von verwahrlosten Tieren. Und der Mitarbeiter von Mensch Umwelt Tier e. V. erzählte seine leidvolle Lebensgeschichte verbunden mit der Ansicht, auch wer wenig Geld hätte, könne etwas abgeben. Das weckte bei unserem Tester das beklemmende Gefühl, ihm persönlich die Hilfe zu verweigern, wenn er nicht spenden würde.
„Stark Mitleid erweckende und gefühlsbetonte Werbung ist ein Kennzeichen unseriöser Organisationen“, so das Deutsche Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI). Wer sich nicht sicher ist, ob er einer Spendenorganisation vertrauen kann, sollte sich zunächst informieren (siehe Hier bekommen Sie Auskunft). Das DZI vergibt ein freiwilliges Spendensiegel an überregional sammelnde Hilfswerke, die bestimmte Kriterien erfüllen, zum Beispiel wahre und sachliche Werbung, sparsame und satzungsgemäße Verwendung der Mittel, eindeutige und nachvollziehbare Rechnungslegung. Die Organisation muss über Kontrollmechanismen verfügen und dem DZI eine geprüfte Jahresbilanz vorlegen. Voraussetzung für das Siegel ist außerdem, dass die Organisation als gemeinnützig anerkannt ist. Auch zu vielen Hilfswerken, die das Spendensiegel nicht tragen, gibt das Institut Auskunft – und warnt gegebenenfalls vor „schwarzen Schafen“.
Wir haben uns über alle Organisationen unserer Stichprobe beim DZI informiert: Amnesty International, Ärzte ohne Grenzen, Deutsches Kinderhilfswerk und Oxfam tragen das Spendensiegel, sind laut DZI förderungswürdig. Greenpeace hat das Siegel zwar nicht beantragt, laut DZI spreche aber nichts gegen eine Spende. BUND hat das DZI noch nicht geprüft, bescheinigt ihm aber Transparenz. Zum Malteser Hilfsdienst bekamen wir keine Auskunft, weil das DZI zurzeit Unterlagen zu dem Verein auswertet. Rote Nasen e. V. ist beim DZI nicht geführt, weil er nur regional aktiv ist.
Verein gibt sich zugeknöpft
Negativ fallen die Auskünfte vom DZI ausgerechnet zu den beiden Vereinen aus, die auch unsere Tester schon zweifeln ließen: Mensch Umwelt Tier ließ sich trotz mehrfacher Anfrage vom DZI nicht in die Karten schauen. Auch uns gegenüber trat der Verein eher zugeknöpft auf, aussagekräftige Informationen oder gar konkrete Zahlen zu Spendenaufkommen und Mittelverwendung bekamen wir nicht. Alle anderen Vereine haben uns diese Daten mitgeteilt, größtenteils waren sie ohnehin in ihren Jahresberichten veröffentlicht.
Nicht als gemeinnützig anerkannt
Eine Spende an Aktion Tier – Menschen für Tiere kann das DZI nicht empfehlen. Aktion Tier ist nicht als gemeinnützig anerkannt. Das heißt: Spenden oder Mitgliedsbeiträge an ihn sind steuerlich nicht abzugsfähig, und der Verein unterliegt nicht der Prüfung des Finanzamts auf Gemeinnützigkeit. Laut Jahresabschluss gingen im Jahr 2008 allein 51 Prozent der Ausgaben in die Öffentlichkeitsarbeit, weitere 19 Prozent in die Werbung und Verwaltung. Der allergrößte Teil der Spenden kommt also nicht unmittelbar dem Tierschutz zugute. In unserem Test wurden am Infostand von Aktion Tier auch Unterstützer geworben. Derartige Kosten gehören nach DZI-Maßstab zur Spendenwerbung und nicht zur satzungsgemäßen Öffentlichkeitsarbeit.
Kaum noch staatliche Kontrolle
Die gesetzliche Überwachung von Spendenorganisationen ist in Deutschland fast vollständig abgeschafft worden. Eine letzte Bastion ist Rheinland-Pfalz. Dort zog Aktion Tier 2008 den erforderlichen Antrag zur Sammlungserlaubnis zurück. Die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion hatte nach einer ersten Prüfung der Unterlagen „Zweifel an einer einwandfreien und zweckentsprechenden Verwendung der Spendengelder“ – ein deutliches Zeichen, auch über die Landesgrenzen hinaus.
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- Wir haben 38 Tierschutzorganisationen nach ihrem Umgang mit den Spendengeldern befragt. 23 haben geantwortet. Davon arbeiten 16 wirtschaftlich, viele sind intransparent.
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- Tierschutz und Kindernothilfe sind die wichtigsten Ziele von Spenderinnen und Spendern. Worauf Sie bei der Auswahl von Organisationen für Ihre Spende achten sollten.
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- Welche Hilfe ist aktuell gefragt und warum? test.de beantwortet die wichtigsten Fragen rund um die humanitäre Hilfe im Ukraine-Krieg.
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Mit Tierschutz zum Millionär. Über PETA, Vier-Pfoten, SOKO Tierschutz und andere.
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Ich vermisse einen etwas kritischeren Umgang auch mit dem Spendensiegel.
Das DZI welches das Siegel vergiebt ist eine kommerziel ausgerichtete privatwirtschaftliche Firma.Dies wird auch bvon den großen Organisationen ( ASB, Johanniter Rotes Keuz usw.immer wieder bemängelt.
Diese Firma verlangt für ihr siewgel einen horrenden Beitrag für die Bearbeitung und einen jährlichen anteil am Spendenaufkommen.
Ich bin selber in einer kleinen NGO im Rahmen der Entwicklungshilfe tätig. Wir können mit den verlangten Gebühren eine Gesundheitsstation in den Bergen Nepals für ca 10 Monate betreiben und haben uns unter Verzicht auf das Siegel für die zweite Lösung entschieden.
Es wäre uns sehr lieb wenn es eine staatliche Kontrolle bzw. ein staatliches siegel gäbe welches annehmbare Gebühren beinhaltet.
Übrigens alles auf der Seite des DZI nachzulesen.
Mit freundlichen Grüßen
M. von Pein
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