Sozial­versicherung Gesetzliche Unfall­versicherung – einfach erklärt

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Sozial­versicherung - Gesetzliche Unfall­versicherung – einfach erklärt

Geschützt. Passiert während der Arbeit oder auf dem Arbeitsweg ein Unfall, greift die gesetzliche Unfall­versicherung. © Kali Nine LLC

Alle Beschäftigten stehen auto­matisch unter dem Schutz der gesetzlichen Unfall­versicherung. Was das für sie bedeutet und in welchen Fällen die Versicherung hilft.

Das sollten Sie wissen

  • Die gesetzliche Unfall­versicherung springt ein, wenn Menschen bei der Arbeit oder auf dem Arbeitsweg einen Unfall erleiden oder wenn sie durch ihren Beruf krank geworden sind.
  • Arbeitnehmer und Arbeitnehme­rinnen müssen sich nicht selbst um den Versicherungs­schutz kümmern, denn sie sind auto­matisch versichert.
  • Auch Schul- und Kinder­garten­kinder, Studierende oder Personen, die ein Ehren­amt ausüben, sind grund­sätzlich gesetzlich unfall­versichert.
  • Der Versicherungs­schutz besteht nur während der „versicherten Tätig­keit“. Das ist zum Beispiel der Job oder der Arbeitsweg.
  • Wer sich in seiner Frei­zeit gegen Unfälle versichern möchte, braucht eine private Unfallversicherung.

Tipp: In welchen Fällen die gesetzliche Unfall­versicherung zahlt, steht in unserem Special Arbeitsunfall.

Zweck: Absicherung bei der Arbeit

Sozial­versicherung - Gesetzliche Unfall­versicherung – einfach erklärt

Die gesetzliche Unfall­versicherung gehört zur Gruppe der Sozial­versicherungen – wie die gesetzliche Arbeits­losen-, Renten-, Kranken- und Pflege­versicherung. Der Schutz besteht für Beschäftigte auto­matisch, aber nur während der versicherten Tätig­keit oder auf dem Weg dorthin. Stürzt eine angestellte Malerin im Job, ist sie versichert. Die Firma zahlt die Beiträge. Streicht die Frau in ihrer Frei­zeit und fällt von der Leiter, ist sie nicht versichert.

Leistungen gibt es nur, wenn Unfälle recht­zeitig gemeldet werden

Versicherte bekommen es erst mit der gesetzlichen Unfall­versicherung zu tun, wenn ihnen ein Unfall passiert. Beispiel: Ein Gerüstbauer bricht sich bei der Arbeit den Arm. Er muss seiner Chefin Bescheid geben und zu einem Durch­gangs­arzt gehen. Solche Ärzte gibt es oft auch im Kranken­haus, sie schi­cken einen Unfall­bericht an die Versicherung. Die Arbeit­geberin des Gerüstbauers muss den Unfall zusätzlich binnen drei Tagen dem Unfall­versicherungs­träger melden. Das ist nötig, wenn ein Unfall zu einer Arbeits­unfähigkeit von mehr als drei Tagen führt.

Wichtige Begriffe

Unfall. Im Sozialgesetz­buch ist fest­gelegt, was als Unfall gilt, nämlich „ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis, das zu einem Gesund­heits­schaden führt“. Bloßes Umkni­cken wurde daher beispiels­weise nicht als Arbeits­unfall anerkannt.

Durch­gangs­arzt. Der „D-Arzt“ ist ein unfall­chirurgischer Fach­arzt mit spezieller Zulassung der gesetzlichen Unfall­versicherung. Er ist nach einem Arbeits- oder Wegeunfall aufzusuchen. Im Internet finden Verletzte einen Arzt in ihrer Nähe. Wer sich an Augen, Ohren oder der Nase verletzt, kann direkt zum entsprechenden Fach­arzt gehen.

Berufs­genossenschaft. Die Träger der gesetzlichen Unfall­versicherung heißen Berufs­genossenschaften oder Unfall­kassen. Während Berufs­genossenschaften nach Branchen aufgeteilt sind, sind die Unfall­kassen der Länder etwa für Schüler oder Studierende zuständig.

Verletztengeld. Wenn jemand nach einem Arbeits­unfall mehr als sechs Wochen nicht arbeiten kann, bekommt er von der gesetzlichen Unfall­versicherung Verletztengeld. Muss er aufgrund eines Arbeits­unfalls umge­schult werden, zahlt ihm die Versicherung Über­gangs­geld. Die Höhe errechnet sich aus dem Gehalt vor dem Unfall (Verletztengeld beträgt oft 80 Prozent des Regel­entgelts).

Gesetzliche Unfall­versicherung zahlt Ersatz fürs Gehalt

Anders als bei der Krankenkasse sind die Leistungen der gesetzlichen Unfall­versicherung nicht auf das medizi­nisch Notwendige begrenzt. Der Unfall­schutz hat mehrere Aufgaben: Sie muss alle geeigneten Mittel einsetzen, um die Person, die einen Unfall hatte, schnell wieder gesund zu bekommen. Je nach Einzel­fall zahlt die Versicherung auch eine Umschulung oder Rente, wenn jemand aufgrund seines Unfalls nie mehr arbeiten kann. In den ersten sechs Wochen der Arbeits­unfähigkeit zahlt die Firma das Gehalt weiter. Danach über­nimmt die Versicherung den Gehalts­ersatz. Dieses sogenannte Verletzten- oder Über­gangs­geld über­weist die Krankenkasse.

Arbeits­unfall oder nicht?

Ob eine Verletzung als Arbeits­unfall anerkannt wird, hängt oft an Details. Etwa daran, wo genau und wann sich der Unfall ereignete. Das zeigt die Bildergalerie der Stiftung Warentest.

Nicht nur Beschäftigte sind versichert

Seit ihrer Gründung genießen immer mehr Personen­gruppen den Schutz der gesetzlichen Unfall­versicherung. Während einst nur Beschäftigte versichert waren, sind es heute auch Studierende, Auszubildende, Schüler und Kinder­garten­kinder. Außerdem sind etwa Menschen mitversichert, die ein Ehren­amt ausüben, die bei einem Unglück wie einem Verkehrs­unfall helfen oder die für medizi­nische Zwecke Blut, Organe oder Körpergewebe spenden. Schutz für alle Versicherten besteht sowohl während ihrer Tätig­keit als auch auf dem Weg dorthin. Selbst­ständige können sich freiwil­lig gesetzlich unfall­versichern. Schutz für Unfälle, die in der Frei­zeit passieren, gewährt eine private Unfallversicherung.

Arbeits­unfall muss anerkannt werden

Nicht jede Verletzung, die sich eine Person im Laufe ihres Arbeits­tages zuzieht, wird auto­matisch als Arbeits­unfall anerkannt. Zum einen liegt das daran, dass das versicherte Ereignis „Unfall“ sehr eng definiert ist. Zum anderen gibt es viele Details, von denen abhängt, ob eine Tätig­keit über­haupt als versichert gilt. Wer sich beispiels­weise in Toilettenräumen verletzt, ist nicht versichert. Der Versicherungs­schutz endet an der Außentür der Toilettenräume. Anders­herum kann eine Tätig­keit wie Betriebs­sport als versichert gelten. Nur im Ausnahme­fall sind Unfälle versichert, die bei Umwegen geschehen. Der Schutz greift beispiels­weise, wenn jemand sein Kind zur Schule bringt oder es abends wieder abholt. Insgesamt gibt es pro Jahr ungefähr eine Million versicherter Arbeits- und Wegeunfälle.

Geschichte

Die gesetzliche Unfall­versicherung gibt es bereits seit mehr als 135 Jahren. Sie wurde auf Anraten des Reichs­kanz­lers Otto von Bismarck im Jahr 1884 gegründet. Industrialisierung und Bevölkerungs­wachs­tum hatten dazu geführt, dass immer mehr Menschen in Fabriken arbeiteten. Ihre Lebens- und Arbeits­bedingungen waren schlecht. Es kam oft zu Unfällen, die für die Verletzten Kündigung und Armut zur Folge hatten. Daher wurden zwischen 1883 und 1889 drei Sozial­versicherungen gegründet: neben der gesetzlichen Unfall­versicherung die gesetzliche Kranken- und die gesetzliche Renten­versicherung.

Wider­spruch kann sich lohnen

Die gesetzliche Unfall­versicherung leistet nur, wenn sie eine Verletzung als Arbeits­unfall anerkennt. Ob ein Arbeits­unfall vorliegt, beur­teilt wiederum der Durch­gangs­arzt. Verletzte können sich von Fach­anwälten, von Krankenkassen oder der Unfall­versicherung selbst beraten lassen. Lehnt die Versicherung die Anerkennung ab, können sich Verletzte dagegen wehren. Zunächst kann inner­halb von einem Monat Wider­spruch gegen die Ablehnung einge­legt werden. Wenn das nichts bringt, bleibt noch eine Klage vor dem Sozialge­richt. Diese ist gerichts­kostenfrei. Die Vertretung durch einen Anwalt ist nicht verpflichtend, aber sinn­voll. Schon öfter wurde die Versicherung dann verurteilt, einen Arbeits­unfall anzu­erkennen.

Berufs­kranke werden entschädigt

Eine weitere große Aufgabe der gesetzlichen Unfall­versicherung ist es, Menschen zu entschädigen, die durch ihren Beruf krank geworden sind. In der Berufs­krankheiten-Liste ist fest­gelegt, welche Erkrankungen als solche anerkannt werden. Bei ihnen wurde wissenschaftlich bestätigt, dass sie durch besondere Einwirkungen einer bestimmten Arbeit hervorgerufen werden können. Das kann zum Beispiel bei Menschen, die lange auf ihren Knien arbeiten – etwa Fliesenleger –, eine Kniegelenks­arthrose sein. Vermutet beispiels­weise eine Haus­ärztin, dass ihr Patient eine Berufs­krankheit hat, muss sie dies der Versicherung melden. Der Patient kann den Verdacht aber auch selbst melden. Wenn die Berufs­krankheit anerkannt wird, zahlt die Versicherung unter Umständen auch eine Rente. Lehnt die Berufs­genossenschaft die Anerkennung ab, können Erkrankte dagegen Wider­spruch einlegen und gegebenenfalls klagen.

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