
Hass im Netz hat viele Gesichter. Er findet sich in Kommentaren, Posts und Bildern. © Getty Images
Hass, Hetze, Verleumdungen – in sozialen Netzwerken werden viele Menschen verbal angegriffen. Wir erklären, wie sich Betroffene wehren können.
Anfeindungen und Hetze in sozialen Medien
Im Netz herrscht mitunter ein rauer Ton. In den Kommentarspalten sozialer Medien wie Facebook kann es schnell auch mal beleidigend werden. Und diskussionsbereite Nutzer müssen regelrechte Hass-Posts ertragen. Prominente Politikerinnen und Politiker zum Beispiel werden immer wieder zur Zielscheibe von Anfeindungen im Netz – sei es wegen der Flüchtlingskrise oder den Coronamaßnahmen. Ein bekanntes Beispiel ist die Grünen-Politikerin Renate Künast: Unbekannte Nutzer hatten sie auf Facebook unter anderem „Stück Scheiße“ und „altes grünes Dreckschwein“ genannt. Auch noch drastischeren und teilweise sexistischen Anfeindungen war die Politikerin ausgesetzt.
Politikerin geht bis vor das Bundesverfassungsgericht
Gegen die Beschimpfungen setzte sich Renate Künast gerichtlich zur Wehr, zuletzt beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG). Dort hatte sie gegen Gerichtsurteile geklagt, die das soziale Netzwerk Facebook nicht dazu verpflichteten, Daten über Nutzer herauszugeben, die Beiträge gegen die Grüne verfasst hatten. Mit den Daten der Verfasser will die Politikerin wiederum gerichtlich gegen diese vorgehen.
Abwägung zwischen Meinungsfreiheit und Persönlichkeitsrecht
Klagegegenstand beim BVerfG waren nun Urteile der Berliner Zivilgerichte, zuletzt des Berliner Kammergerichts, das nur zwölf von 22 Posts gegen Künast als strafbare Beleidigungen eingestuft und in den anderen Fällen den Anspruch auf Auskunft von Facebook verneint hatte. Das Bundesverfassungsgericht urteilte nun: Die Instanzgerichte hätten nicht richtig zwischen dem Grundrecht auf Meinungsfreiheit der Facebook-Nutzer und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht von Renate Künast abgewogen. Die Urteile der Berliner Gerichte verletzten die Politikerin in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht und würden aufgehoben. (Az. 1 BvR 1073/20) Das Kammergericht muss die Posts nun erneut prüfen.
Soziale Netzwerke müssen strafbare Inhalte schnell löschen
Grundlage für den Anspruch auf Auskunft über Nutzer in sozialen Medien, die Hasskommentare, Hetze und andere strafbare Inhalte verbreiten, die andere in ihren Persönlichkeitsrechten verletzen, bietet das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) in Verbindung mit dem Telekommunikation-Telemedien-Datenschutz-Gesetz (TTDSG). Das NetzDG gibt es seit 2017. Es regelt den Umgang von sozialen Netzwerken mit Beschwerden über Beiträge mit rechtswidrigen Inhalten. In dem Gesetz ist auch vorgesehen, dass Anbieter wie Facebook und Twitter strafbare Inhalte schnell löschen müssen, wenn sie entsprechende Hinweise von Nutzern erhalten.
Seit 1. Februar 2022 müssen soziale Netzwerke strafbare Inhalte nicht nur löschen, sondern an das Bundeskriminalamt melden. Dafür wurde die Zentrale Meldestelle für strafbare Inhalte im Internet (ZMI) eingerichtet.
Wie Sie auf Hasskommentare reagieren
Beleidigungen, Drohungen und Lügen sind keine Seltenheit in Kommentarspalten sozialer Netzwerke. Wer davon betroffen ist, braucht Unterstützung – auch von anderen Nutzern. Außerdem gibt es viele Ansprechpartner und Beratungsstellen, die helfen.
Hetze erkennen. Hören Sie auf Ihr Bauchgefühl: In der Regel rechtswidrig sind Posts oder Kommentare, die andere Menschen abwerten oder angreifen oder wenn darin zu Gewalt gegen sie aufgerufen wird. Meist sind es rassistische, antisemitische oder sexistische Kommentare, die auf bestimmte Personen oder Gruppen abzielen.
Nicht wegsehen. Wollen Sie adäquat auf einen Hass-Post reagieren, bleiben Sie sachlich. Argumentieren Sie sinnvoll. Belegen Sie Ihre Äußerungen mit geprüften Quellen. Nutzen Sie dafür seriöse Fakten-Prüfer-Seiten wie zum Beispiel Faktenfinder oder Faktencheck.
Beweise sichern. Erstellen Sie einen Screenshot. Der sollte auch mit Datum und Uhrzeit gekennzeichnet sein. Werden Sie per Mail oder in Messenger-Diensten persönlich angegriffen, speichern Sie Nachrichten und Chatverläufe.
Hilfe suchen. Beratung und Unterstützung finden Sie bei Organisationen wie HateAid. Die Internetplattform Zivile-helden.de informiert auf ihren Seiten über weitere Beratungsstellen. Die Initiative Love-Storm bietet spezielle Online-Trainings an, in denen Teilnehmende lernen können, wie sie am besten auf Hasskommentare in sozialen Medien und Foren reagieren
Beiträge melden. Egal, ob Sie selbst Opfer sind oder diffamierende Äußerungen über andere entdeckt haben – melden Sie diese Inhalte bei der Plattform. Das ist in allen sozialen Netzwerken möglich. Halten Sie den Beitrag für strafbar, erstatten Sie Anzeige bei der Polizei. Hilfe dabei bietet etwa die Internetseite hassmelden.de.
So melden Sie missbräuchliche Beiträge in sozialen Medien
Damit soziale Netzwerke rechtswidrige oder strafbare Inhalte löschen, müssen Nutzerinnen und Nutzer sie melden. Wie das geht, erklären die Plattformen unter folgenden Links:
Unterschiedlich lange Fristen
Offensichtlich rechtswidrige Inhalte müssen soziale Netzwerke innerhalb von 24 Stunden nach Eingang der Beschwerde löschen oder sperren. Für andere gemeldete Inhalte gilt zunächst die Unverzüglichkeit, das heißt, das soziale Netzwerk muss ohne schuldhaftes Zögern reagieren. Das Gesetz selbst sagt aber, dass die Frist ab Eingang der Beschwerde in der Regel sieben Tage beträgt.
Beschwerde beim Bundesamt für Justiz
Löscht oder sperrt ein soziales Netzwerk rechtswidrige Inhalte trotz der Beschwerde eines Nutzer nicht innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Frist, kann er dies beim BfJ melden. Die Behörde hat dafür ein Online-Beschwerdeformular eingerichtet. Das BfJ prüft den Sachverhalt und leitet gegebenenfalls ein Bußgeldverfahren gegen den Netzwerkbetreiber ein. Möglich sind Bußgelder von bis zu 50 Millionen Euro.
Bundesgerichtshof: Klarnamenpflicht bei Facebook nicht für alle Nutzer
Wahre Identität. Als Mittel gegen Hass und Hetze im Netz wurde in der Vergangenheit vielfach eine Klarnamenpflicht diskutiert. Klarnamenpflicht bedeutet, dass Internetnutzer zum Beispiel beim Verfassen von Posts in sozialen Netzwerken ihren echten Namen angeben müssen. Nicht nur, weil Beleidigungen und Beschimpfungen möglicherweise leichter fallen, wenn sie unter Pseudonym verfasst werden – was unter Netzexperten allerdings höchst umstritten ist –, sondern auch, weil die Nutzung von Pseudonymen durch Pöbler und Hetzer ihre Strafverfolgung erschwert.
Unterschiedliche Rechtslage. Das soziale Netzwerk Facebook verpflichtet Nutzerinnen und Nutzer in seinen Nutzungsbedingungen, ihren echten Namen nicht nur bei der Anmeldung anzugeben, sondern ihn auch bei Aktivitäten auf der Plattform zu verwenden. Eine Klage gegen diese Regelung lag zuletzt dem Bundesgerichtshof zur Überprüfung vor (Pressemitteilung vom 28. Januar 2022 zu den Aktenzeichen III ZR 3/21 und III ZR 4/21). Dieser kam zu dem Schluss, dass zumindest ein Teil der Nutzerinnen und Nutzer Pseudonyme in dem sozialen Netzwerk verwenden dürfen: Alle, die sich vor Mai 2018 – also vor Anwendung der europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) – bei Facebook registriert haben. Daher kann Facebook Nutzerinnen und Nutzer, die ihre Konten nach Mai 2018 eröffnet haben, zum Verwenden ihres echten Namens verpflichten.
Hassrede bei Polizei melden
Doch die Opfer von Internethass können sich nicht nur bei den sozialen Netzwerken beschweren. Die Bundesländer bieten die Möglichkeit, Anzeigen bei der Polizei einfach online zu erstatten. Die Links zur jeweiligen „Internetwache“ oder „Onlinewache“ finden Sie am Ende dieses Artikels. Klicken Sie auf den Link und suchen Sie den Bereich Onlineanzeige. Manchmal bekommen Sie noch eine Auswahl der Vergehen, die Sie anzeigen können.
Das müssen Sie angeben
Füllen Sie das Formular gewissenhaft aus. Sie müssen die klassischen W-Fragen beantworten: Was ist passiert? Wie, wo und wann ist es passiert? Wer wurde geschädigt? Sie werden nach Tathilfsmitteln und Zeugen gefragt, nach der Schadenhöhe und möglichen Motiven des Täters. Natürlich werden auch Ihre persönlichen Daten erfragt: Name, Wohnanschrift, E-Mail-Adresse, Geburtsdatum und Geburtsort und wie Sie telefonisch für Rückfragen erreichbar sind.
Das weitere Verfahren
Nach dem Absenden wird Ihnen eine Bestätigungsseite mit dem polizeilichen Aktenzeichen (Tagebuchnummer) angezeigt, die Sie für Ihre Unterlagen ausdrucken sollten. Manchmal geht automatisch eine Kopie der Anzeige an Ihre E-Mail-Adresse. Bisweilen können Sie Beweise wie Bilder oder andere Dokumente als elektronische Anlage beifügen. Geht das nicht, müssen Sie diese per Post unter Angabe des Aktenzeichens senden. Die eingehenden Onlineanzeigen werden von Sachbearbeitern bewertet und an die zuständige Dienststelle weitergeleitet, wo sie endgültig bearbeitet werden.
Lieber einmal drüber schlafen
Eine einmal erstattete Anzeige können Sie nicht zurückziehen. Denken Sie daher gründlich darüber nach, ob Sie wirklich eine Online-Strafanzeige stellen möchten. Schließlich handelt es sich in der Regel um einen schwerwiegenden Eingriff in den persönlichen Lebensbereich anderer Menschen. Wenn Sie sich nicht sicher sind, dass es sich um eine Straftat handelt, können Sie auf den Webseiten der Onlinewachen meist auch nur einen „Hinweis“ geben. Für akute Notfälle wie Einbruch oder Autodiebstahl wählen Sie den Notruf 110.
Online Anzeige erstatten in den Bundesländern
Bayern (aktuell nur Sachbeschädigung, Fahrraddiebstahl und Betrug bei Online-Auktion)
Bremen (aktuell nur Sachbeschädigung, Dokumentendiebstahl und Fahrraddiebstahl)
-
- Der Bundesgerichtshof hat das soziale Netzwerk Facebook in seine Schranken verwiesen: Es darf in Deutschland vorerst nicht weiter uneingeschränkt Nutzerdaten...
-
- Der Umgang mit Daten ist in der Europäische Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) geregelt. Wir erklären, welche Rechte sich daraus für Verbraucher ergeben.
-
- WhatsApp, Instagram und Facebook Messenger sollen miteinander verknüpft werden – geht es nach Facebook-Gründer Mark Zuckerberg. Das Bundeskartellamt will die Fusion...
Diskutieren Sie mit
Nur registrierte Nutzer können Kommentare verfassen. Bitte melden Sie sich an. Individuelle Fragen richten Sie bitte an den Leserservice.
Kommentarliste
Nutzerkommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.
Der Artikel klärt wenig auf und sollte unbedingt verbessert werden. Haß und Hetze sind keine Straftatbestände. Dagegen sind Beleidigung, falsche Tatsachenbehauptung und Beschimpfung von Bekenntnissen, Religionsgesellschaften und Weltanschauungsvereinigungen Straftaten. Das NetzDG gilt bei vielen Verfassungsrechtlern als verfassungswidrig, weil es zu unbestimmt ist. Der Intention des NetzDG war anscheinend, Zensur zu ermöglichen. Gleiche Maßstäbe gelten bei allem leider nicht. Jesus und die christliche Religion zu verunglimpfen wird praktisch nicht verfolgt, bei einer anderen Religion sieht das ganz anders aus. Da bekommt man sogar Probleme, wenn man aus ihrer Quelle zitiert. Zur Causa Künast empfehle ich den Blog von Hadmut Danisch.
@j-m-s: Wie im Artikel beschrieben, darf Facebook Nutzerinnen und Nutzer in seinen Nutzungsbedingungen verpflichten, ihren echten Namen nicht nur bei der Anmeldung anzugeben, sondern ihn auch bei Aktivitäten auf der Plattform zu verwenden. Nach Ansicht des BGH dürfen alle, die sich vor Mai 2018 – also vor Anwendung der europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) – bei Facebook registriert haben, unter einem Pseudonym nutzen dürfen.
Nutzerinnen und Nutzer, die ihre Konten nach Mai 2018 eröffnet haben, darf Facebook zum Verwenden ihres echten Namens verpflichten.
Es stimmt nicht, dass man bei Facebook mit dem Klarnamen posten muss. Bestes Beispiel ist https://www.facebook.com/stiftungwarentest
Ich schließe für mich daraus: Die Worte Meinungsfreiheit/Meinungsäußerung sind zwar schöne Worte nur werden sie in ihrem eigentlichen Sinn missbraucht. Dieses war mit Sicherheit 1880 nicht die Absicht von Konrad Duden als er das wundervolle Werk "den Duden " erfand. Er sollte eigentlich zur einer einheitlichen Rechtschreibung sowie Grammatik dienen. Ganz ehrlich zu DDR-Zeiten waren Meinungsfreiheit/Äußerung nicht beliebt. Aber man machte es dem Menschen von vorn herein klar und zeigte es auch deutlich. Nicht wie heute, man benutzt bestimmte Worte, Sätze, Begriffe zum Schein, werden sie jedoch angewendet, lernt man verdammt schnell, nicht viel hat sich zum Wohle der Bürger im Gegensatz zu früher geändert. Manche Gebiete sogar noch schlimmer. z.B. Schulbildung, etc. Warum? dieses z.B. darf ich so zu sagen nicht ausführlich schreiben. Schade und peinlich für Regierung. Leider!!!! Bekanntlich sollte man aber die "Hoffnung" nie aufgeben!!! In diesem Sinne, Liebe Grüße an euch da draußen!!!
Wenn man so über eine Firma o.ä. geladen ist, dass man das Gefühl hat, dass einem der Kragen platzt, hier ein Tipp:
Die Kritik erst einmal am PC in einer Textverarbeitung vorschreiben und abspeichern. So ist erst einmal der größte Dampf abgelassen. Einige Tage später die Datei erneut öffnen. Wenn man dann immer noch meint, dass die Kritik nötig ist, dann den Text in das Bewertungsportal kopieren. Oftmals dürfte die Kritik dann auch umformuliert werden, so dass sie sachlicher ist. Bei der Gelegenheit können im Übrigen auch Rechtschreib-, Grammatik- und Logikfehler ausgemerzt werden.