Betreiber von Solaranlagen streiten sich mit dem Grundversorger Eon. Sie sollen die monatliche Grundgebühr für einen Zähler bezahlen, obwohl sie keinen Strom verbraucht haben. Andere Solaranlagenbetreiber ärgern sich ebenfalls über Eon. Ihre Solaranlage hat nur einige wenige Kilowattstunden im Jahr verbraucht. Dennoch sollen sie dafür rund 60 Euro pro Jahr bezahlen.
Unverhoffte Post vom Grundversorger
Mit Strom kennt sich Holger Opitz aus. Schließlich hat er 18 Sonnenkollektoren auf dem Dach und produziert mit seiner Solaranlage seit 2007 mehr als 2 800 Kilowattstunden Strom pro Jahr. Bis zum März 2014 lief alles reibungslos. Dann jedoch bekam er Post von seinem örtlichen Grundversorger, der Eon Energie Deutschland. Das Unternehmen begrüßte ihn als neuen Kunden und schickte Opitz eine Rechnung in Höhe von rund 70 Euro.
Jede Woche drei bis vier ähnliche Fälle
Opitz fand das sonderbar. Er hatte schließlich keinen Vertrag mit Eon abgeschlossen. Hinzu kam: Der Stromzähler, für den Eon die Rechnung gestellt hat, zeigte überhaupt keinen Verbrauch an. „Seit dem Einbau vor drei Jahren habe ich keine einzige Kilowattstunde verbraucht“, sagt Opitz. Mit seinem Problem ist er nicht allein. Susanne Jung vom Solarenergie-Förderverein Deutschland sagt: „Bei uns melden sich wöchentlich drei bis vier ähnliche Fälle.“
Streit um den Standby-Verbrauch
Alle Betroffenen haben zwei Gemeinsamkeiten:
- Sie speisen ihren Strom vollständig ins Netz ein. Dies ist vor allem bei Anlagen der Fall, die vor 2009 installiert wurden.
- Ihre Solaranlage hat einen Zweirichtungszähler und außerdem einen Wechselrichter, der nachts im Standby-Betrieb abhängig von Fabrikat keinen oder sehr wenig Strom verbraucht.
Der Zweirichtungszähler misst einerseits, wie viel Strom die Anlage produziert und ins Netz einspeist. Andererseits, ob die Anlage nachts, wenn kein Eigenstrom da ist, Strom verbraucht.
Der Wechselrichter wandelt tagsüber den Gleichstrom, den die Solaranlage produziert, in Wechselstrom um. Abhängig vom Fabrikat des Wechselrichters kann es nachts zu einem minimalen Stromverbrauch kommen, der oft nur wenige Wattstunden im Jahr beträgt.
Kein Strom – kein Vertrag
Manche Wechselrichter, wie der von Opitz, verbrauchen gar keinen Strom. Trotzdem ordnet Eon den Anlagebetreiber in die Grundversorgung ein und verlangt die jährliche Grundgebühr von rund 70 Euro. Opitz’ Auffassung: Er habe keinen Vertrag abgeschlossen, weil er ja schließlich auch keinen Strom verbraucht. Seine Meinung teilt auch der damalige Ombudsmann der Schlichtungsstelle Energie, Dieter Wolst. Er hat im März 2013 in einem gleichen Fall empfohlen, keine Gebühren zu berechnen (Schlichtungsstelle Energie, Az. 4977/12): „Allein die Möglichkeit der Entnahme von Strom begründet keinen Vertrag“, sagt er. Davon ließ sich das betroffene Unternehmen nicht beeindrucken und lehnte die Entscheidung ab.
Opitz zieht vor Gericht
Opitz wollte schließlich gerichtlich klären lassen, ob Eon eine Rechnung stellen darf. Er reichte im September 2014 eine Feststellungsklage am Amtsgericht Syke ein. Das Gericht sollte feststellen, dass zwischen ihm und Eon kein Vertrag besteht. Zu einem Urteil kam es aber nicht. Eon gab zuvor eine Erledigungserklärung ab. Dort heißt es: „Es besteht somit kein Vertragsverhältnis zwischen den Parteien.“ Opitz vermutet, dass Eon ein Urteil vermeiden wollte, und stellte die Erklärung ins Internet (mehr dazu unter Aerger-mit-Eon-und-Avacon.de). Eon teilte Finanztest mit, dass Kunden mit einem Verbrauch unter einer Kilowattstunde keine Rechnung erhalten würden.
Weiterhin Rechnungen von Eon
„Für mich hat sich der Fall erledigt“, sagt Opitz. Für viele andere, wie etwa Thomas Dubbert aus dem ostwestfälischen Brakel, aber nicht. Seine Solaranlage hat ebenfalls einen Nullverbrauch. Trotzdem hat er von Eon Energie Deutschland im Februar 2015 eine Rechnung über rund 70 Euro Euro erhalten. „Ich habe Eon mehrmals geschrieben und auch auf die Erledigungserklärung hingewiesen“, sagt er. Eon antwortete mit einer Mahnung. Dubbert bezahlte schließlich genervt. Wir haben bei Eon nachgefragt: Was sollen Kunden mit Nullverbrauch machen, wenn sie eine Rechnung erhalten? Was will Eon unternehmen, um so etwas künftig zu verhindern Die Antwort: Es handele sich um Einzelfälle, das Unternehmen wolle unbürokratisch und schnell helfen. Daran glaubt Dubbert jedoch nicht mehr. Sollte er 2016 wieder eine Rechnung erhalten, will er diesmal nicht bezahlen. Was Eon künftig unternehmen will, damit Dubbert und andere erst gar keine Rechnung erhalten, verriet uns das Unternehmen nicht.