Facebook, Twitter und Youtube eröffnen Berufstätigen neue Chancen in ihrer Firma. Einige Weiterbildungskurse bereiten sie gut darauf vor.
Alle Testergebnisse für Kurse Social Media Marketing 2012

Ein kleiner Junge verkleidet sich als Filmbösewicht Darth Vader und will mit dessen Gesten die Lichter eines Passat einschalten – es gelingt! Was er nicht merkt: Papa hat mit der Fernbedienung nachgeholfen. Der TV-Werbespot wurde im Internet in wenigen Tagen Kult. Ein gigantischer Marketingerfolg für VW.
Auf Facebook surfen, Youtube-Filme schauen, Nachrichten twittern – und dafür noch bezahlt werden? So ein Traumjob ist in vielen Firmen Realität. Sie verlagern ihr Marketing in Online-Netzwerke, haben Seiten bei Google+ oder stellen Kurzfilme auf Youtube oder Flickr, sie machen Blogs und Podcasts.
Und sie suchen Leute, die das können. Doch es gibt kaum welche: Bisher hat nur jede zehnte Firma speziell geschulte Mitarbeiter fürs Marketing in sozialen Netzwerken.
Wer seine Karriere voranbringen möchte, wer einen Jobeinstieg sucht oder als Selbstständiger Werbung für seine Firma machen möchte, liegt mit einer Weiterbildung richtig. Die gibt es für jeden Bedarf.
Manche Schulungen laufen Vollzeit über mehrere Monate und bilden zum Beispiel zum „Social Media Manager“ aus. Andere Kurse bieten in nur ein bis zwei Tagen einen ersten Einstieg ins Thema – aber genug um zu lernen, worum es geht.
Solche Angebote haben wir untersucht. Sie fassen den Stoff in 8 bis 20 Unterrichtsstunden zu 45 Minuten zusammen. Es sind Präsenzkurse über ein bis zwei Tage, einer über drei Abende. Zusätzlich im Test war ein Onlinekurs mit acht Einheiten, die unser Tester in zehn Wochen absolvierte.
Zielgruppe sind meist Leute mit Erfahrung in Marketing, Werbung, Vertrieb und Public Relations. Doch alle Kurse sind offen für Neulinge. Unser Test zeigte, dass auch sie in den Seminaren gut aufgehoben sind. Zwar nehmen viele Marketingprofis teil, aber nach Vorwissen wurde kaum gefragt.
Teure Kurse bieten mehr

Kaum jemand kannte die Band „Walk off the earth“. Dann stellten die Musiker einen Song ins Internet-Videoportal Youtube, den sie zu fünft auf einer einzigen Gitarre spielen. Das Video wurde millionenfach geklickt, das machte die Band weltbekannt.
Die Preise reichen von 39 Euro bis rund 1 050 Euro für einen Präsenzkurs. Das Onlineangebot kostet sogar knapp 1 620 Euro. Die Untersuchung zeigt, dass die teuren Präsenzkurse besser sind. Wer mehr zahlt, bekommt auch mehr Leistung.
Noch ist Marketing über soziale Medien eine neue Technik. Das merkten unsere Tester in den Kursen. Die Grundlagen standen im Mittelpunkt: Was sind soziale Netzwerke, wie funktionieren sie? War das geschafft, ging es meist darum, als praktische Übung eine Werbekampagne zu organisieren. Dass dafür einige Vorüberlegungen wichtig sind, kam leider oft zu kurz: Welche Ziele verfolgt die Firma mit Social Media, wie sollte die Planung aussehen, wie lässt sich die Kontrolle behalten? Die Antworten entscheiden am Ende stark über den Erfolg der Aktion.
Inhaltlich überzeugend waren vor allem Embis, Technische Akademie Wuppertal (TAW) und Social Media Akademie. Sie boten einen guten Überblick über Social-Media-Dienste, erklärten die wesentlichen Begriffe und zeigten Trends auf. Auch Marketingfragen wurden ausführlich behandelt. Bei Embis erhielten die Teilnehmer viele Beispiele aus unterschiedlichen Branchen und diskutierten darüber, ähnlich bei BayTech Akademie und TAW.
Lange Vorträge, schwer verdaulich
So modern das Thema, so altmodisch die Präsentation in etlichen Kursen. Zahlreiche und lange Vorträge machten den Stoff oft schwer verdaulich. Der Dozent der Industrie- und Handelskammer München redete manchmal mehr als 40 Minuten am Stück.
Nur wenige Kurse boten Gelegenheit, das Erlernte praktisch zu üben, sei es das Vernetzen verschiedener Social-Media-Kanäle, das Einrichten einer Fanpage, das Schreiben in solchen Diensten.
Der Dozent der Volkshochschule (VHS) Hamburg konzentrierte sich darauf, die Social-Media-Dienste vorzustellen. Das Thema Marketing kam allerdings zu kurz.
Bei der VHS Stuttgart lief am dritten Abend plötzlich nichts mehr: Das Internet war ausgefallen. Eine halbe Stunde lang versuchte der Dozent, die Verbindung zu flicken – vergebens. Der Surfstick eines Teilnehmers rettete den Rest des Abends.
Gleichzeitig zuhören und chatten
Ausgerechnet der einzige Onlinekurs im Test nutzte die Chancen des vernetzten Lernens kaum. Zwar gab es einen Chat mit dem Dozenten, aber der lief meist parallel zur Onlinevorlesung. Die Teilnehmer mussten sich gleichzeitig auf den Kurs und auf den Chat konzentrieren.
Zum Onlinekurs gehörte eine Abschlussprüfung – anders als bei den anderen Kursen. Aber was unserem Tester fehlte, war die Rückmeldung, wie er abgeschnitten hatte.
Kursmaterial nicht üppig
Die Kursbesucher bekommen meist nur Kopien der Powerpoint-Folien, die im Seminar eingesetzt werden. Das reicht nicht zum Nachbereiten des Stoffs. Was fehlt, sind Hinweise auf weiterführende Literatur.
Bei ebam fiel auf, dass fast alle Textpassagen des Kursmaterials nahezu wörtlich mit Ausführungen in Internetblogs überein- stimmen. Die Volkshochschulen Hamburg und Stuttgart machten es sich besonders leicht: Die Schüler bekamen überhaupt kein Kursmaterial.
Wollen Interessenten vor der Buchung Näheres über den Kurs erfahren, müssen sie hartnäckig sein. Zwar hatten wir bei unseren Testanrufen meist schnell jemanden am Telefon. Doch die Mitarbeiter waren reichlich passiv. Kaum einer gab von sich aus Informationen. Auskunft bekamen wir nur, wenn wir gezielt nachfragten.
Zu allem Überfluss fanden wir im Kleingedruckten aller Anbieter rechtliche Mängel – auch bei den überzeugenden Kursen.
Den Vogel schoss die VHS Stuttgart mit sechs Verstößen ab. Sie wollte zum Beispiel den Kurspreis schon mit Vertragsabschluss haben. So eine Klausel ist unwirksam, eine Vorauszahlung darf der Anbieter höchstens wenige Tage vor Kursbeginn verlangen. Auch die VHS Hamburg, IHK Nord Westfalen, TAW und BayTech Akademie haben unwirksame Vorkasseklauseln. Embis verstößt gegen die Preisangabenverordnung, indem die Preise „zuzüglich Mehrwertsteuer“ genannt werden. Der Kunde muss aber den Endpreis erfahren, inklusive Steuer.
Im TAW-Vertrag steht eine Klausel, nach der Teilnehmer, die kündigen wollen, ihren Arzt von der Schweigepflicht entbinden sollen, wenn TAW dies möchte. Der Kunde müsste dann vertrauliche Details offenlegen. Datenschutz als Stiefkind – das ist eine unerfreuliche Parallele zu vielen der neuen Online-Netzwerke.
-
- Wer andere im Netz kritisiert, muss sich an Regeln halten. Unser Knigge für Onlinekritik klärt, wo das Recht auf freie Meinungsäußerung endet.
-
- Einen Tag lang haben wir alles erfasst, was unser Redakteur Martin Gobbin online am Handy macht. Wir waren nicht allein: 128 Tracker haben ihn ebenfalls ausspioniert.
-
- Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat das Datenschutzabkommen „Privacy Shield“ zwischen der Europäischen Union und der USA am 16. Juli 2020 gekippt. Die Vereinbarung,...
Diskutieren Sie mit
Nur registrierte Nutzer können Kommentare verfassen. Bitte melden Sie sich an. Individuelle Fragen richten Sie bitte an den Leserservice.
Nutzerkommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.
...wegen Schleichwerbung.
Die Zeilen haben mir in meinem letzten Kommentart nicht ganz gereicht, deshalb noch eine Ergänzung :0)
Im Test wird abgefragt, ob juristische Inhalte vermittelt worden sind. Für einen groben Überblick ist das gut, aber wenn im Arbeitsalltag eines Social Media Managers juristische Fragen auftauchen, würde ich einen Anwalt hinzuziehen, der auf Online-Recht spezialisiert ist.
Ich halte die Frage, ob die Teilnehmer den Nutzen und die Chancen von Social Media verstanden haben und es in der Praxis sicher umsetzen können, mindestens für genauso wichtig. Meiner Erfahrung nach ist für viele Teilnehmer das Angebot zu theoretisch. Sie pauken und können das Wissen nach der Weiterbildung nicht anwenden. Deshalb bin ich der Meinung, dass der Praxisbezug mit abgefragt werden sollte im Test. Und ideal fände ich Weiterbildungen, die die Teilnehmer dazu motivieren und inspirieren, ihre eigene Erfahrungen mit Social Media zu machen. Erst wenn man Social Media selber lebt, kann man überzeugen.
Ich habe gerade den ganzen Test gelesen und finde ihn sehr spannend. Es werden viele Details angesprochen, die man sonst erst erfährt, wenn man an der Weiterbildung teilgenommen hat.
Teilweise wird beim Test nicht deutlich, ob es sich um eine Einzelerfahrung des Testteilnehmers handelt oder ob es dem Standard entspricht. Mich würde auch sehr interessieren, ob bei den angesprochenen Mängeln inzwischen nachgebessert worden ist.
Ich bin selbst Social-Media-Dozentin und habe mehrere Anregungen mitgenommen, was ich weiter optimieren kann.
Sinnvoll fände ich auch noch die Unterscheidung zwischen Weiterbildungen zum Thema "Social Media Marketing" und Ausbildungen zum "Social Media Manager".
Kommentar vom Administrator gelöscht.