Moderne Autos gehen mit modernen Handys eine Symbiose ein – dank Android Auto, Apple Carplay oder Mirrorlink. Die Apps verbinden Smartphone und Auto – und sind deutlich günstiger als im Wagen vorinstallierte Systeme. Hier lesen Sie, was mit den Apps alles möglich ist, wo sie eingesetzt werden können und wie es um den Datenschutz bestellt ist.
Fast wie beim Nightrider

Wieder einmal Stau im Feierabendverkehr. Der Fahrer drückt einen Knopf am Lenkrad, bevor er spricht: „Nachricht an Jessica – Süße, ich komme 10 Minuten später“. Das Auto fragt: „Soll die Nachricht gesendet werden?“, der Fahrer bejaht. Keine zwei Minuten später ertönt eine künstliche Computerstimme aus den Lautsprechern des Autos: „Nachricht von Jessica – Fahr bitte vorsichtig, Schatz!“. Was klingt wie ein Dialog zwischen Michael Knight und seinem Auto Kid in der 80er-Jahre-Fernsehserie Nightrider, wird Realität. Der Fahrer kann nicht nur Kurznachrichten diktieren und sich vorlesen lassen, sondern auch die Navi-App nach dem Weg aus dem Stau fragen oder seine Lieblingsmusik via Streaming abspielen. Er bedient alles per Fingerzeig auf den im Auto integrierten Bildschirm oder nutzt die Sprachassistenten Siri oder Google Now.
Apps verbinden Smartphone und Auto
Android Auto, Apple Carplay oder Mirrorlink sollen das ermöglichen. Das sind Programme, die per App oder Integration ins Handybetriebssystem das Smartphone mit dem Auto verbindet (Drei Systeme im Check). Ziel ist es, dass Fahrer auf Anwendungen ihres Smartphones zugreifen können, ohne zu stark abgelenkt zu sein. Immerhin ist es verboten, während der Fahrt am Telefon herumzutätscheln. Voraussetzungen sind ein modernes Auto mit Touchscreen, das einen oder alle dieser Standards unterstützt, sowie ein modernes Smartphone: Android Auto ab Android 5.0, Carplay ab iPhone 5, Mirrorlink – ein paar HTC-, LG-, Sony- und Samsung-Smartphones. Hinter Carplay verbirgt sich Apple, hinter Android Auto steht Google, hinter Mirrorlink ein Zusammenschluss verschiedener Mobilgeräte- und Autohersteller.
Tipp: Tests von Smartphones finden Sie auf test.de im Produktfinder Handys.
Per Kabel oder WLan anschließen
In einem Seat Leon, Baujahr 2016, haben wir Android Auto, Apple Carplay und Mirrorlink im April ausprobiert. Apples Carplay punktet mit seiner übersichtlichen Oberfläche. Android Auto unterstützt die meisten Apps. Mirrorlink kann nicht ganz mit den beiden Konkurrenten mithalten. Besonders, weil es mit nur wenigen Smartphones kompatibel ist. Das Auto versorgt das Handy mit Strom und kann dafür auf die Fähigkeiten des Telefons zugreifen. Smartphone und Auto verbinden sich per USB- oder Lightning-Kabel. iPhones lassen sich ab der Version iOS 9 auch kabellos mit Carplay nutzen. Das Auto muss dann entsprechend ausgestattet sein. Das Handy kann bei dieser Verbindung aber nicht aufgeladen werden.
Günstig, aktuell, immer dabei
„Moment“, sagen einige Fahrzeugbesitzer, „das kann mein Auto doch schon längst.“ Stimmt. Es gibt Unterhaltungssysteme in Autos, die bereits Navigation, Musik und Freisprecheinrichtung für das Handy integrieren. Sie haben aber Nachteile im Vergleich zur Smartphone-Lösung:
- Sie sind fest verbaut und können nicht ohne Weiteres in ein anderes Fahrzeug umziehen. Das Smartphone schon. Apps lassen sich auch in geliehenen Autos nutzen, wenn sie den entsprechenden Standard unterstützen. Das Handy haben die meisten ja ohnehin immer dabei.
- Die Unterhaltungssysteme der Autobauer kosten ein Vielfaches. So verlangt Mercedes für „Comand Online“ in der A-Klasse mehr als 3 600 Euro. Die Smartphone-Integration mit Carplay und Android Auto kostet „nur“ 357 Euro.
- Die Software auf dem Smartphone ist auf dem aktuellen Stand. App-Anbieter und die Macher der Betriebssysteme aktualisieren ihre Programme recht regelmäßig. Das gilt für Entertainment-Systeme erst einmal ins Auto eingebaut in der Regel nicht. Mit dem Handy können sie deshalb nach zwei bis drei Jahren nicht mehr mithalten.
Audi, Mercedes, Opel, VW
Android Auto und Apple Carplay ziehen in viele Autos deutscher Marken ein. Einige 2016er Modelle von VW und Opel unterstützen die Systeme. Mercedes bindet Carplay in ein paar Fahrzeugmodelle ein. Android Auto ist für die E-Klasse, die 2017 auf den Markt kommt, angekündigt. Audi integriert Android Auto bisher nur beim Q7, weitere Modelle und die Carplay-Unterstützung sollen 2017 folgen. Kia und Hyundai bieten viele Modelle mit Android Auto. Kaum jemand wählt sein Auto nach dem Smartphonesystem aus. Auch der Handykauf unterliegt anderen Kriterien als der Verbindungsart zum Auto. Wer sich alle Möglichkeiten offenhalten will, wählt ein Auto, das Android Auto und Carplay unterstützt. Das verhindert nicht den nächsten Stau, macht ihn aber erträglicher.
Und der Datenschutz?
Der Autofahrer wird gläsern. Schon heute kann er sich von seiner Versicherung für ein vorbildliches Fahrverhalten belohnen lassen. Technische Grundlage ist eine kleine Telematikbox im Auto, die Daten zum Fahrverhalten sammelt. Bisher ist das freiwillig. Anders das Notrufsystem eCall. Es wird ab 2018 Pflicht in Neuwagen. Eine Datenverbindung gehört dann zur Serienausstattung. Die Möglichkeit, Daten des Fahrers zu sammeln, wird größer. Marit Hansen, Landesdatenschutzbeauftragte von Schleswig-Holstein, kritisiert, dass eCall die Freiwilligkeit und Selbstbestimmung der Fahrenden per Gesetz einschränkt. Eine Technik, welche die Datensouveränität der Fahrer unterstützt, sei wichtig.