
Nicht sehr schlau. Die Verbindung des Roboters i-Que ist ungesichert. © Stiftung Warentest
Smarte Roboter und Puppen sprechen mit ihren kleinen Besitzern – aber auch mit Internetservern oder gar dem Nachbarn. Unser Test offenbart gefährliche Sicherheitslücken.
Nicht geschützt gegen den Onkel-Trick
Tims neues Lieblingsspielzeug ist i-Que, ein internetfähiger Roboter. „Hallo Tim“, sagt er, „soll ich dir ein Geheimnis verraten? Der Herr Maier nebenan hat total leckere Bonbons. Besuch ihn doch mal. Bestimmt gibt er dir einige.“ Das mit den Bonbons hat sich der Roboter nicht selbst ausgedacht. Es könnte von Nachbar Maier stammen, der sein Smartphone mit dem Spielzeug verbunden und in die dazugehörige App geschrieben hat, was i-Que sagen soll. Er könnte sogar Tims Antworten abhören und fragen, ob seine Eltern gerade zu Hause sind. Möglich ist das, weil der Anbieter die Verbindung zwischen Smartphone und i-Que nicht gesichert hat.
Video: So einfach lassen sich die Smart Toys missbrauchen
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Ungesicherte Bluetooth-Verbindung machts möglich
Herr Maier muss weder ein Passwort noch einen Pin-Code eingeben. Er braucht keine Spezialausrüstung, Hackerfähigkeiten oder physischen Zugriff auf den Roboter. Er kann einfach eine Bluetooth-Verbindung herstellen, solange er nicht mehr als etwa zehn Meter von i-Que entfernt ist. Das klappt mitunter auch durch Hauswände hindurch. Diese Sicherheitslücke ist brandgefährlich: Jeder Smartphone-Besitzer kann den Roboter kontrollieren, ihn als Wanze einsetzen, Fragen, Einladungen oder Drohungen an Tim richten und seine Antworten empfangen.
Von Roboflop zum Trojanerteddy
Dieser Roboter ist ein Flop. Zwei weitere der sieben vernetzten Spielzeuge, die wir geprüft haben, sind ebenfalls unsicher: Über den Toy-Fi-Teddy können sich Eltern und Kinder via Internet Sprachnachrichten zuschicken. Der Problembär erlaubt aber auch jedem anderen in der Nähe befindlichen Smartphone-Besitzer, dem Kind Nachrichten zu senden und unter Umständen auch dessen Antworten abzuhören.
Ferngesteuerter Hund
Roboterhund Chip lässt sich ebenfalls mit jedem Smartphone kapern – sofern das Handy der Eltern nicht schon mit Chip verbunden ist. Der mögliche Schaden hält sich jedoch in Grenzen: Der Fremde kann Bewegungen des Hundes auslösen, aber nicht mit dem Kind kommunizieren.
Verbindungssicherheit und das Datensendeverhalten im Test
Wir haben nicht beurteilt, wie pädagogisch sinnvoll, unterhaltsam oder vielseitig die Spielzeuge sind. Uns ging es allein um die Verbindungssicherheit und das Datensendeverhalten: Wie ist die Verbindung zwischen Spielzeug und Smartphone geschützt? Welche Daten senden die Apps an wen? Sind diese für die Funktion der App notwendig? Werden die Informationen vor dem Versand verschlüsselt? Die Ergebnisse haben wir auf einer Skala von „unkritisch“ über „kritisch“ bis „sehr kritisch“ bewertet.
Der Spion, der mich liebte
Das Positive zuerst: Keine App sendet Daten ohne Transportverschlüsselung, erfasst den Standort oder die Adressbucheinträge des Smartphones. Doch insgesamt täuscht die niedliche Gestaltung der Spielzeuge darüber hinweg, dass sie mitunter wie Spione im Kinderzimmer agieren. Um mit den Kleinen zu kommunizieren, nehmen sie mit integrierten Mikrofonen auf, was ihre Besitzer sagen. Diese Tondateien werden oft via Internet an die Server der Anbieter geschickt und dort gespeichert. Mattel stellt Eltern sogar alle Aufnahmen von Barbie online zur Verfügung, sodass Mama und Papa das eigene Kind belauschen können.
Persönliche Daten gehen an Dritte
Keine der geprüften Apps fordert ein komplexes Passwort, etwa mit Sonderzeichen und Großschreibung. Alle Apps, die eine Anmeldung verlangen, verschlüsseln das Passwort zwar bei der Übertragung zum Anbieterserver – es wird aber nicht „gehasht“, sprich zusätzlich codiert. Das heißt: Anbieter könnten es im Klartext speichern, was im Falle eines Serverhacks den Angreifern die Arbeit erleichtern würde. Da die Zusatzsicherung durch Hashing versäumt wurde, haben wir auch die datensparsameren Apps als kritisch bewertet.
Sechs Anwendungen setzen Tracker ein
Vier Programme senden den Namen und den Geburtstag des Kindes an Anbieterserver. Drei Apps übertragen die Geräte-Identifikationsnummer des Smartphones an Dritte, zum Beispiel an Firmen wie Flurry, die auf Datenanalysen oder Werbung spezialisiert sind. Vier Anwendungen erfassen den Mobilfunkanbieter. Zwei kommunizieren mit Werbediensten von Google, sechs setzen Tracker (Test Tracking-Blocker, test 9/2017), die möglicherweise das Surfverhalten der Eltern protokollieren können.
Welche Apps lesen was aus?
Drei Apps betreiben „Fingerprinting“: Sie senden detaillierte Hardware-Profile des Smartphones, die es ermöglichen, Nutzer an ihrem Gerät wiederzuerkennen. Die wichtigsten Informationen darüber, welche Apps was auslesen, stehen in den Einzelkommentaren zu den sieben Toys (siehe Unterartikel Kritisch und Sehr kritisch). Einige geprüfte Apps kommen mit sehr wenigen Nutzerdaten aus. Das zeigt: Der massive Datenhunger mehrerer Apps wäre nicht notwendig. Die Spielzeuge könnten diverse Funktionen auch ohne persönliche Daten von Kindern und Eltern ausführen.
Kreditunwürdig dank Teddy
Auf den ersten Blick wirken die übermittelten Daten mitunter harmlos: Mit dem Namen des Mobilfunkanbieters, der Betriebssystemversion des Handys oder dem Geburtstag des Kindes allein lässt sich wenig anstellen. Doch der Schein trügt: Erstens können solche Informationen bereits bestehende Kundenprofile ergänzen. Dadurch werden Eltern und Kinder zu gläsernen Nutzern, auf deren Hobbys und Lebensumstände Onlinewerbung präzise zugeschnitten werden kann. Zweitens könnten Scoring-Unternehmen Zugriff auf die Daten erhalten. Diese Firmen beurteilen die finanzielle Lage von Menschen. Ihre teils intransparenten Bewertungen können etwa dazu führen, dass einem Nutzer Kredite verweigert werden.
Angreifer können Daten abfangen
Drittens zeigt das Beispiel des Roboters i-Que, dass auch Angreifer Daten abfangen können. Es reicht mitunter schon, in der Nähe des Kindes zu sein, um es zu bespitzeln. Auch bei der inzwischen verbotenen Puppe Cayla war das der Fall.
Auch Hacker lieben Spielzeug
Falls die Anbieterserver schlecht gesichert sind, dürften Hacker in der Lage sein, Nutzerkonten anzuzapfen. Befinden sich Zahlungsdaten darunter, bekommen Eindringlinge womöglich die Chance, auf Kosten der Eltern einzukaufen. Im schlimmsten Fall kann ein Hacker auf Sprachdateien zugreifen und darüber erfahren, wann sich ein Kind wo aufhält, um ihm aufzulauern.
Attacke auf VTech
Im November 2015 gelang Hackern ein Einbruch in Datenbanken des Smart-Toy-Anbieters VTech aus Hongkong. Laut VTech waren allein in Deutschland rund 900 000 Nutzer betroffen. In den Kundenkonten standen unter anderem Namen und Geburtstage von Kindern. Einer der gehackten Dienste von VTech ermöglicht es Eltern und Kindern, Fotos, Sprach- und Textnachrichten online auszutauschen.
Sicherheitslücken bei Mattel?
Auch bei Mattel – einem der weltweit größten Spielzeuganbieter – sollen bereits Sicherheitslücken aufgetreten sein. Matt Jakubowski, Spezialist für Cybersicherheit aus Chicago, war nach eigenen Angaben in der Lage, die Anbieterserver durch eigene Server zu ersetzen und so die Sprachnachrichten von Kindern abzufangen, die mit ihrer Hello Barbie spielten. In einem weiteren Fall berichtete die IT-Sicherheitsfirma Rapid 7 aus Boston, dass Mitarbeiter online Namen und Geburtstage von Kindern abgreifen könnten, die den Bären von Fisher-Price – einer Tochtergesellschaft von Mattel – besitzen.
Lieber ein „dummer“ Teddy
Auf Fragen der Stiftung Warentest zur Barbie und zum Smart Toy Bear reagierte Mattel nicht. So „smart“ solche Teddys auch sein mögen: Ein nicht internetfähiger, „dummer“ Teddy bleibt wohl auch in Zukunft die schlauere Wahl.
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