
Überwacht. Über den Internetanschluss erfährt oft sogar Google, was bei wem über die Mattscheibe flimmert.
Moderne Fernseher laden Videos und Software aus dem Internet. Das kostet keinen Euro extra – wohl aber Privatsphäre.
Wenn Smart draufsteht, ist er schlau. Der Fernseher empfängt Daten aus dem Internet. Versprochen wird Komfort im Stil des 21. Jahrhunderts: Filmempfehlungen passend zum Sehverhalten, Videotelefonie, grenzenloser Medienkonsum aus dem Internet. Geliefert wird ein Überwachungsapparat wie aus George Orwells Roman „1984“. Wenn Smart draufsteht, gehen auch Daten raus.
Im vergangenen Jahr kam heraus: Einige TVs der Marke LG spähten USB-Sticks ihrer Nutzer aus. Der Fernseher sendete die Namen aller auf dem Speicherstick enthaltenen Musik- und Videotitel ins Internet. Eine Panne, beteuerte LG, und schaltete die Funktion ab. Auf der Strecke blieb das Gefühl der Geborgenheit. Wir schauen auf den Fernseher – der guckt zurück.

Wegklappen. Die Kamera ist funktionslos, sobald sie versenkt wird.
Die Stiftung Warentest wollte wissen, wie es um die Privatsphäre steht. Die Prüfer protokollierten den Datenverkehr bei Geräten von Grundig, LG, Loewe, Panasonic, Philips, Samsung, Sony, Technisat und Toshiba. Alle haben einen Internetanschluss, einige auch Kamera und Mikrofon. Wir prüften HbbTV, den Standard, der Fernsehen und Internet verbindet, aktivierten die integrierte Kamera und nutzten Smartphones als Fernbedienung. Das Ergebnis: Die Funktion HbbTV ist eine Datenschleuder, mit der Fernsehsender und sogar der Suchmaschinengigant Google erfahren, welchen Sender die Zuschauer gerade einschalten.

Abschalten. Wortschöpfungen wie Datendienst statt HbbTV verwirren.
HbbTV wird geschätzt für die Wiedergabe verpasster Sendungen über die Mediatheken. Die Funktion ist aktiv, wenn ein HbbTV-tauglicher Fernseher mit dem Internet verbunden ist. Der Zugriff klappt, weil HbbTV den gewählten Fernsehsender unmittelbar nach dem Senderaufruf kontaktiert. Der schickt sein Internetangebot auf den Fernseher. Der zeigt es nach Druck auf die HbbTV-Taste der Fernbedienung. Das läuft anonym. So die Regel, an die sich zum Beispiel die öffentlich-rechtlichen Sender derzeit halten.
Google weiß, was wir sehen
Die privaten Sender Kabel 1, ProSieben, RTL und Sat 1 zwingen den Fernseher aber, auch Google über den eingestellten Sender zu informieren. Unsere Prüfer protokollierten parallel an die Fernsehsender und an Google gehende Datenströme.
Mit der Spähfunktion Google Universal Analytics verbindet Google die anonymen Nutzerdaten beim Surfen im Internet mit digitalen Spuren wie der Fernsehgerätekennung (die sendeten die geprüften Fernseher von Samsung, Sony und Technisat) und Anmeldedaten beispielsweise für Google-Dienste. Wer über den zuhause genutzten Internetzugang oder gar über den Fernsehapparat einen Google-Dienst wie Gmail (E-Mail) nutzt, ist nicht mehr anonym.
Tipp: Wenn Sie beim Datenschutz ganz sichergehen wollen, schalten Sie HbbTV ab.
Samsung identifiziert Gesichter
Einige Fernseher haben eine Kamera für Videotelefonate. Samsung geht weiter: Mittels Gesichtserkennung identifiziert der Fernseher jedes Familienmitglied und ordnet ihm die verfolgten Sendungen zu. Der Werbung zufolge weiß der Fernseher nach ein paar Wochen: Papa mag Action, Mama den Tatort, der Junior die Simpsons. Passend zum protokollierten Sehverhalten schlägt der Fernseher jedem vor die Linse tretenden Familienmitglied individuell Filme und Sendungen vor. Den Datenschutzerklärungen des Anbieters zufolge „sammelt, nutzt und teilt“ Samsung dabei gewonnene Informationen.
Tipp: Schalten Sie diese Funktion ab. Sie heißt „Personalisierungs- und Empfehlungsdienste“. Unter „Ergänzende Datenschutzhinweise“ können Sie ablehnen.
Neue Software, neues Spiel

Hört aufs Wort. Nach Tastendruck werden Sprachbefehle ins Internet gesendet und in einen Steuerbefehl übersetzt.
Entwarnung können die Tester nicht nur für die Kamera geben, sondern auch für Mikrofon, USB-Aufnahme und das per App zur Fernbedienung aufgemotzte Smartphone. Aus Sicht des Datenschutzes sind sie unkritisch: Sie sendeten nichts, was nicht ins Internet gehört. Die Entwarnung gilt aber nur als Momentaufnahme. Schon die nächste Software-Version des Fernsehers kann das ändern.
Neue Fernsehsoftware merzt Gerätefehler aus oder bringt neue Funktionen mit. Oft gibt es auch TV-Apps, etwa für Online-Videotheken. Manche mögen nützlich, andere können neugierig sein. Neue Software kann den Fernseher verwandeln. Das zeigte der schnüffelnde LG, der per Firmware-Update einen Maulkorb bekam. Hoffentlich geht das nicht in die andere Richtung – von verschwiegen zu geschwätzig.
Spracherkennung geht übers Internet
Viele Smart-TVs bieten eine Spracherkennung. Den Wunsch zum Wechsel auf ARD oder RTL beziehungsweise ein Suchwort beim Surfen im Internet nimmt der Fernseher per Mikrofon auf und sendet das gesprochene Wort ins Internet. Zurück kommen für das Gerät verständliche Anweisungen. Datenschützer warnen: Das sind biometrische Daten; sie gehören nicht ins Internet. Ein gestohlenes Passwort lässt sich ändern, das Stimmprofil nicht.
Tipp: Deaktivieren Sie diese Funktion.
Unverständliche Erklärungen
Datenschutzerklärungen zeigten die geprüften Fernseher in einem Textfenster. Lesbar geht anders: Bei Samsung nutzt das Fenster nur etwa ein Viertel der Bildfläche. Das führt zu mehr als 120 Textblöcken. Das muss verständlicher dargeboten werden. Schlau machen solche Texte nicht.
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In der c't 5/2014 gab es zu dem Thema mehrere gute Artikel, in «Gezähmte Monster» wurde sehr ausführlich beschrieben, wie man die Spionage verhindern kann. Im Prinzip hat man aber das gleiche Problem wie bei PCs, Handies, Routern und allen Geräten, die mit dem Internet verbunden werden: Sie können spionieren und Sicherheitslücken haben. Die Frage ist immer, ob bekanntgewordene Sicherheitslücken gestopft werden. Für Android gibt es praktisch keine Updates, für XP und OS X <= 10.6 nicht mehr, für Router manchmal (Fritz!Box wird gut unterstützt) und für SmartTVs auch nur manchmal. Test sollte endlich in das Urteil einbeziehen, ob es Updates gibt. Man sollte nichts mehr kaufen und benutzen, was unsicher ist. Ich würde eher mit dem Computer fernsehen, wenn ich diese ganzen Funktionen will. Der ist einfacher zu aktualisieren und besser zu kontrollieren. USB-TV-Sticks sind außerdem billig.