
Markus Artz ist Professor an der Universität Bielefeld Mietrecht und arbeitet mit seiner Forschungsgruppe zu Rechtsfragen rund ums Smart Home. © A. Buck
Das Thema Smart Home stellt auch Juristen vor Herausforderungen. Geltendes Recht stößt bei smarten Produkten teilweise an Grenzen – vieles ist einfach noch nicht geregelt. Aber einiges ist jetzt schon klar. Im Interview mit test.de beantwortet Juraprofessor Markus Artz die wichtigsten Fragen.
Testergebnisse für 6 Smart Home Zentralen 08/2018
Wenn die Kaffeemaschine automatisch Bohnen nachbestellt
Wie viel Smart Home ist gesetzlich schon geregelt?
Vieles ist noch offen. Bei neuen Produkten orientieren sich Juristen an bestehenden Gesetzen. Bei Smart Home stößt dieses Vorgehen an Grenzen. Wir wissen etwa noch nicht genau, wie wir mit der Kaffeemaschine umgehen sollen, die automatisch Bohnen nachbestellt oder mit der Waschmaschine, die selbst neues Waschpulver ordert. Denn das bestehende Recht geht nur von Menschen aus, der einem Kaufvertrag einwilligt.
Was Mieter und Vermieter dürfen
Darf ich gemietetes Wohneigentum smart machen?
Ohne die Erlaubnis vom Vermieter dürfen sie keine baulichen Veränderungen vornehmen, auch nicht für Smart Home-Anwendungen. Eine Ausnahme besteht dann, wenn Mieter auf eigene Kosten Barrierefreiheit herstellen. Das muss der Vermieter dulden. Im Smart Home ist in diesem Zusammenhang zum Beispiel die automatische Öffnung einer Tür denkbar, wenn sich eine Person nähert. Außerdem wird momentan ein Gesetzesentwurf diskutiert, der es Mietern zukünftig auch gegen den Willen den Vermieters erlauben soll, Ladesäulen für E-Autos zu errichten.
Was darf der Vermieter?
Mieter müssen Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen dulden. Ausnahme: Es gibt einen sogenannten Härteeinwand. Will der Vermieter smart aufrüsten, halte ich es für möglich, dass die feinsinnige Aufzeichnung der Lebensgewohnheiten und damit verbundene Sorgen um die Privatsphäre, künftig einen solchen Härteeinwand darstellen könnten. Wenn ein Vermieter derartige Renovierungen ankündigt, müssen Sie ihn rechtzeitig über den Einwand informieren. Sie sollten sich aber darüber im Klaren sein, dass es zum Rechtsstreit kommen kann.
Wer für Schäden haftet
Verbraucher sorgen sich, für Schäden durch technische Defekte der smarten Geräte haften zu müssen. Wie ist hier die Rechtslage?
Hier sind verschiedene Szenarien denkbar, etwa: Der Rasenroboter verletzt ein Kind beim Kindergeburtstag oder das smarte Türschloss öffnet sich, während ich weg bin und es wird eingebrochen. In solchen Fällen haben Sie verschiedene Ansprüche. Besteht der Defekt von Anfang an, haftet der Verkäufer im Sinne des Kaufrechts. Entdecken Sie einen Mangel, sollten Sie diesen zeitnah nach dem Kauf reklamieren. Durch die Produkthaftung wird daneben außerdem der Hersteller in die Pflicht genommen. Sie selbst machen sich nur dann schadensersatzpflichtig, wenn der Defekt bekannt war und Sie keine Sicherheitsvorkehrungen getroffen haben, indem Sie den Rasenmäher beispielsweise während des Kindergeburtstages einsperren. Juristen nennen das Verkehrssicherungspflicht.
Anderer Fall: Das smarte Heizkörperthermostat ist defekt und die Stromrechnung ist zu hoch. Wie sieht es mit den Kosten aus?
In diesem Fall können Sie beim Anbieter Schadenersatz dafür beanspruchen. Allerdings ist es oft schwer, den technischen Defekt zu beweisen. Und das müssen sie als derjenige, der den Schadensersatzanspruch stellt.
Updates sind ein kaufrechtliches Problem
Wo ist es noch schwierig?
Weitestgehend ungeklärt ist auch, wie im Kaufrecht mit Geräten umgegangen werden soll, deren Funktion und Substanz sich durch Updates auch nach dem Kauf verändern kann. Das sind zum Beispiel Smartphones, Computer und eben auch Smart Home Geräte. Bisher orientiert sich das Kaufrecht am Moment des Kaufs in dem die Gefahr eines Schadens zum Käufer wechselt. Für Geräte, bei denen Updates aufgespielt werden, reicht diese Betrachtung eigentlich nicht aus. In der Vergangenheit hatten beispielsweise bei Apple etliche Smartphones nach einem Update Probleme.
Eine Garantie für Updates oder für die Instandhaltung der technischen Infrastruktur müssen Hersteller nicht geben?
Nein, das ist bisher nicht verpflichtend. Dabei wäre es insbesondere im Hinblick auf Investitionskosten und auch auf Sicherheitslücken sowie den Schutz der vielen erhobenen Daten im Smart Home wichtig.
Umgang mit Nutzerdaten
Sie sprechen die Nutzungsdaten an. Habe ich einen Anspruch darauf Sie wie bei Google löschen zu lassen?
Wie ein Anbieter mit den Nutzungs- und Kundendaten umgeht, kann er selbst entscheiden. Ein Modell ist, die Daten bei Vertragsende oder Auflösung eines Kundenkontos zu löschen. Interessieren Sie sich für ein bestimmtes System, sollten Sie sich konkret informieren, wie der Anbieter mit ihren Daten umgeht und ob die Möglichkeit besteht, Daten löschen zu lassen.
Dürfen Nutzungsdaten meines Smart Homes auch eingezogen werden, um eine Straftat aufzuklären? Auch gegen mich?
Wenn es um schwere Straftaten wie Mord und Totschlag geht, ist das wahrscheinlich. In den USA musste Amazon jüngst die Audiodaten des Sprachassistenten Alexa als Beweismittel in einem mutmaßlichen Mordfall herausrücken. Aber auch in weniger gravierenden Fällen ist das denkbar: Wenn es wegen Schimmel in einer smarten Mietwohnung zum Streitfall kommt, könnten Daten von Fensterkontakten oder Heizkörpersthermostaten verwendet werden, um zu prüfen, ob der Mieter richtig gelüftet und geheizt hat. Oder ob der Schimmel auf bauliche Mängel zurückgeht.
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@WGT_TEST: Unsere Produktauswahl orientierte sich an den Anbietern, die auch schon in unserem ersten ausführlichen Artikel zu Smarthome (07/2017) behandelt hatten. Damals hatten wir uns rein redaktionell mit dem Thema auseinandergesetzt. Nun wollten wir den interessierten Lesern mit einer eigenen vergleichenden Untersuchung das Thema näher bringen. Uns ist bewusst, dass der Markt durchaus mehr Anbieter umfasst. Leider ist es bei einem so neuen Thema immer recht schwierig, die verbreitetsten Anbieter anhand von offiziellen unabhängigen Marktzahlen zu ermitteln. Oft sind diejenigen am Markt, die am meisten Werbung machen und Artikel in Magazinen oder Foren unterbringen nicht immer auch diejenigen, die auch die größte Marktbedeutung haben. Noch ist das Thema Smart Home eher ein Nischenthema. Wir gehen aber davon aus, dass die Bedeutung weiterhin zunehmen wird. Wir werden natürlich am Thema dranbleiben und planen bereits weitere Untersuchungen zum Thema Smart-Home, – dann garantiert auch mit verlässlicheren Marktzahlen und einer breiteren Produktpalette. (Se)
@Stiftung_Warentest: Ihre Auswahl der Anbieter zeigt in meinen Augen leider, dass sich sich unzureichend mit der Thematik beschäftigt haben. Wenn Sie sich einmal anschauen, über welche Smart-Home-Systeme in den einschlägigen Foren von Nutzern diskutiert wird, dann werde Sie dort aus Ihrem Test lediglich Homematic von eQ-3 finden.
Mein Haus ist recht umfangreich automatisiert (Rollläden, Markise, Lampen, Heizung, Rauchmelder, Regensensor. etc.) und ich kenne die relevanten Smart-Home-Lösungen am Markt. Vielleicht würde es helfen, wenn die Stiftung Warentest bei solchen Themen auf externe Berater zurückgreifen würde (z.B. c't).
@alle: Es ist leider ein Grundproblem unserer Testarbeit, dass wir in unseren Untersuchungen nicht alle am Markt erhältlichen Modelle prüfen und nicht alle Verbraucherwünsche erfüllen können. Mit diesem Dilemma müssen wir und auch unsere Leser leben. Da unsere Untersuchungen sehr kostspielig sind, ist die Anzahl der Testplätze begrenzt. Wir stehen deshalb ständig vor der Aufgabe, den Markt mit relativ wenigen Modellen möglichst gut abzubilden. Bei der Produktauswahl sind die Verkaufshäufigkeit und Marktbedeutung ein wichtiges Auswahlkriterium. Produkte mit vergleichsweise geringer Marktgängigkeit können da schon mal durchs Raster fallen. Wenn einige Anbieter nicht im Testfeld berücksichtigt wird, ist dies jedoch nicht mit einer Negativwertung verbunden. Es sind schlicht und einfach Kapazitätsgründe, die dem Umfang unserer Tests Grenzen setzen. (Se)
Produktauswahl is schwer nachvollziehbar, gerade wenn Unterstützung mehrerer Funkstandards ein Kriterium sein soll... So unterstützt die Zentrale der deutschen Anbieters Codeatelier ("homee") sowohl WLAN, Z-Wave, Zigbee als auch EnOcean. Das ganze wahlweise cloud-frei...
Ihre Anbieterauswahl für den Test in Heft 08/2018 lässt wichtige Marktteilnehmer außen vor - warum fehlen die in Deutschland verbreiteten Smart-Home-Lösungen von Rademacher (HomePilot) und Somfy (TaHoma)?