Interview: „Grad der Passgenauigkeit nur gering werten“
Partnersuchende sollten eher spielerisch vorgehen, rät Professor Jens B. Asendorpf, Humboldt-Universität Berlin. Er ist Experte auf dem Gebiet der Persönlichkeitspsychologie.
Welche Faktoren sind bei der Partnersuche im Internet wichtig?
Ob es langfristig zu einer glücklichen Beziehung kommt, hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab, wobei keiner allein ausschlaggebend ist. Meistens ist die Ähnlichkeit in einem Merkmal förderlich, in seltenen Fällen aber auch Unähnlichkeit – etwa beim Thema Dominanz. Ob jemand attraktiv ist, lässt sich anhand der Selbstdarstellung oder anhand von Fotos nur begrenzt entscheiden.
Partnervermittlungen schlagen Partner anhand des sogenannten Matchings vor. Was ist das?
Beim Matching wird die Passgenauigkeit der Partner anhand eines Persönlichkeitstests ermittelt – also mithilfe der Antworten der beiden Partner aus dem Persönlichkeitstest bei der Anmeldung. Die einzelnen Merkmale werden zu einem Gesamtwert der Passung verrechnet und in Matchingpunkten angegeben. Welche Merkmale in die Berechnung eingehen, was als passend angesehen wird und welches Gewicht die Passung in einem bestimmten Merkmal erhält, ist Betriebsgeheimnis der Partnervermittlungen.
Wie bewerten Sie die Passungsanalysen der große Partnervermittler eDarling, ElitePartner und Parship?
Da die Anbieter ihre Verfahren der Passungsberechnung nicht offenlegen, ist es schwierig, die Qualität zu beurteilen. Besser beurteilbar ist, ob die Fragen des Persönlichkeitstests sinnvoll sind. So erfragt eDarling die fünf wichtigsten Persönlichkeitsmerkmale, Big Five genannt, ausführlich, während ElitePartner den Bereich „Bedürfnisse und Motive“ ins Visier nimmt. Beide Verfahren können als wissenschaftlich fundiert gelten. Parship setzt dagegen teilweise auf sogenannte projektive Verfahren, die sich auf Assoziationen stützen. Sie sind für den Nutzer undurchsichtig und ihre Aussagekraft wird wissenschaftlich äußerst kontrovers diskutiert. Auch nutzt Parship weitere nebulöse Konzepte, die in der empirischen Partnerschaftsforschung keine Rolle spielen.
Worauf sollten Menschen achten, die eine Partnervermittlung nutzen?
Ich rate dazu, die Matchingpunkte, also den Grad der Passgenauigkeit, nur gering zu werten, weil die Gewichtung der Merkmale der persönlichen Gewichtung oft nicht entspricht. Es ist sinnvoll, sich erst einmal klarzumachen, welche Partnermerkmale einem besonders wichtig sind und welche ein No Go sind. Die Vorschläge und Kontaktanfragen kann man so auf eine überschaubare Zahl reduzieren, also etwa auf 20. Die ausgewählten Personen sollte man mit einem ausführlicheren Schreiben kontaktieren – Männer wie Frauen sollten das tun. Bei gegenseitigem Interesse sollte ein ausführliches Telefonat folgen und erst danach ein Treffen.
Was raten Sie suchenden Singles?
Wer im Internet einen Partner sucht, tut gut daran, sich keine Illusionen zu machen. Typisch ist der Fall, dass bei 20 interessanten Profilen nur etwa bei der Hälfte ein wechselseitiges Interesse vorliegt und davon nach dem ersten Treffen bestenfalls ein bis zwei übrig bleiben. Wenn man die Vorschläge der Partnervermittlung erst einmal sammelt, entgeht man am ehesten Frustrationen bei der ständigen Feststellung, wie selten jemand den eigenen Vorstellungen entspricht oder antwortet. Persönliche Anfragen sollte man aber zeitnah beantworten, weil man sonst als uninteressiert gilt. Und nicht zuletzt ist es hilfreich, die Partnervermittlung auch als Möglichkeit zu begreifen, interessante Kontakte oder Freundschaften zu knüpfen, ohne dass eine Partnerschaft entsteht – das fördert eine unverkrampfte, spielerische Nutzung der Möglichkeiten, die Online-Partnerbörsen bieten.
