Sicherheit von Spielzeug Jedes sechste Spielzeug mangelhaft

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Sicherheit von Spielzeug - Jedes sechste Spielzeug mangelhaft

Ein gefähr­liches Stethoskop, verschluck­bare Kleinteile, Schad­stoffe – jedes sechste Spielzeug ist mangelhaft. Erfreulich: Rund die Hälfte ist sehr gut oder gut.

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  • Testergebnisse für 18 Themensets 11/2011 Anzeigen
  • Testergebnisse für 11 Puppen 11/2011 Anzeigen
  • Testergebnisse für 11 Kunststofffiguren 11/2011 Anzeigen
Sicherheit von Spielzeug - Jedes sechste Spielzeug mangelhaft

Strangulations­gefahr: Der Schlauch des Stethoskops von Toys“R“Us bildet eine Schlaufe. Kinder können sich mit der Schlaufe strangulieren, da sie sich auch bei stärkerem Zug nicht öffnet.

Lokführer, Bauarbeiter, Puppendoktor – Kinder mögen Rollenspiele. Doch ein Stethoskop von Toys“R“Us könnte kleinen Puppendocs beim Spielen gefähr­lich werden. Es gehört zu einem Puppenset mit dem Namen „You & Me Werd’ wieder gesund“. Das Gegen­teil kann passieren. Der Stethoskop-Schlauch bildet eine Schlaufe, die sich leicht über den Kopf ziehen lässt. Ein kleines Kind könnte sich damit strangulieren, da sich die Schlaufe bei stärkerem Zug nicht öffnet. Der gesetzlich geforderte Warnhin­weis „Nicht für Kinder unter 3 Jahren geeignet“ fehlt. Auch auf das Risiko der Strangulation weist Toys“R“Us nicht hin.

Holz­zapfen zerbrochen

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Zugprüfung. Beim Pferde­anhänger von Ostheimer reißt in der Zugprüfung ein Band. Klein­kinder könnten die Kleinteile in den Mund nehmen und verschlu­cken.

Neben Toys“R“Us scheitert ein zweites Spielzeug in der Sicher­heits­prüfung: ein Traktor der Firma Ostheimer mit Pferde­anhänger. Das hoch­wertige Spielzeug aus Holz ist so gestaltet, dass auch Kinder unter drei Jahren prima damit spielen können. Deshalb gelten hier strengere Sicher­heits­bestimmungen, die Ostheimer nicht einhält: In der Fall­prüfung zerbricht ein Holz­zapfen, in der Zugprüfung reißt ein Band. Ein Risiko für Kinder, wenn sie diese Kleinteile in den Mund nehmen und verschlu­cken. Auch hier fehlt der notwendige Warnhin­weis. Ostheimer hat die gesetzlichen Vorgaben nicht erfüllt. So heißt es auch hier: Sicherheit mangelhaft.

40 Spielzeuge getestet

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Fall­prüfung. Vom Pferde­anhänger von Ostheimer lösen sich weitere verschluck­bare Kleinteile. Hier bricht der Holz­zapfen, mit dem sich die Anhängerklappe schließen lässt.

Die anderen 38 Spielzeuge im Test über­stehen die Sicher­heits­prüfungen zu verschluck­baren Klein­teilen, Strangulations­gefahr oder zur Entflamm­barkeit problemlos. Die meisten Hersteller warnen, wenn das Spielzeug nicht für Kinder unter drei Jahren geeignet ist. Wenn nötig, informieren sie über Risiken. Fehlen die Warnhin­weise, wie beim Haba Einkaufs­netz mit Holz­obst, müssen die Spielzeuge den simulierten Alltag über­stehen. Schlagen, zerren, fallen, ziehen – nichts löst sich, nichts bricht.

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Verschluck­zylinder. Er simuliert einen Kinder­rachen. Passen die Kleinteile hinein, können Kinder sie verschlu­cken. Hier: der zerbrochene Holz­zapfen des Pferde­anhängers.

Doch im Test der 40 Spielzeuge, die für Drei- bis Sechs­jährige empfohlen werden, geht es nicht nur um die unmittel­baren Gefahren. Es geht auch um gesund­heits­gefähr­dende Schad­stoffe.

Fünf Spielzeuge sind in puncto Schad­stoffe mangelhaft. Bei Brio, Eichhorn, Tedi, im Knights-Angriff­sturm von Simba und in der Kidz-Only-Puppe von Galeria Kauf­hof finden die Tester zu hohe Mengen gefähr­licher Schad­stoffe. Schad­stoffe, die die Fort­pflan­zungs­fähig­keit beein­trächtigen oder die Krebs auslösen können. Sie wirken lang­fristig und sind bedenk­lich.

Brio auf dem Abstell­gleis

Ausgerechnet der Spiel­zeugklassiker Eisenbahn fährt im Test aufs Abstell­gleis. Die Brio-Lokomotive setzt Nickel aus dem Metall der Räder frei, der Lack enthält zinn­organische Verbindungen und poly­zyklische aromatische Kohlen­wasser­stoffe (PAK). Die Eisenbahn von Eichhorn hat fort­pflan­zungs­gefähr­dende Phthalat-Weichmacher im Lack.

Grüner Simba-Ritter am Boden

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Schad­stoff­analyse. Der grüne Ritter enthält poly­zyklische aromatische Kohlen­wasser­stoffe (PAK) und zinn­organische Verbindungen. Die Ritterfigur gehört zum Knights-Angriff­sturm von Simba.

In den Schienen des Modell­zugs von Tedi steckt krebs­erzeugendes PAK und in den Kunst­stoff­teilen Blei. Ebenfalls mangelhaft ist die Kidz-Only-Puppe von Galeria Kauf­hof. Der Grund: Ein Klett­verschluss der Puppenkleidung enthält krebs­erzeugendes PAK. Das gilt auch für die schwarzen Zugtorseile des Angriff­sturms von Simba (siehe Tabelle „Themensets“). Der grüne Simba-Ritter enthält zudem PAK und zinn­organische Verbindungen.

Grenz­werte oft zu hoch

Ob PAK, Nickel oder Phthalat-Weichmacher: Diese Stoffe gefährden die Gesundheit. Sie können sich lösen, wenn Kinder intensiv mit einem Spielzeug spielen, es in der Hand halten oder sogar in den Mund nehmen. Kinder müssen vor den lang­fristigen Wirkungen solcher Stoffe geschützt werden – aus Vorsorge. Doch die gesetzlichen Rege­lungen für Spielzeug reichen bisher nicht aus. Die Grenz­werte sind oft zu hoch oder ungenau geregelt (siehe Interview). Wir haben deshalb strenger bewertet, beim Thema Nickel zum Beispiel.

Nickel kann Kontaktal­lergien auslösen

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Nickel. Die Räder der Brio-Lok werden für die Nickel­prüfung gelöst. Der Test ergibt: Das Metall der Räder setzt Nickel frei, das bei Haut­kontakt eine lebens­lange Kontaktal­lergie auslösen kann.

In der Spielzeug-Richt­linie ist der Haut­kontakt mit Nickel nicht eindeutig reguliert. Per Gesetz dürfen Gegen­stände maximal 0,5 Mikrogramm Nickel pro Quadratzenti­meter und Woche freisetzen, wenn sie die Haut über längere Zeit direkt berühren. Dieser Grenz­wert gilt zum Beispiel für Schmuck, Armband­uhren und neuerdings für Mobiltelefone. Aus Vorsorge sollte er auch generell für Spielzeug gelten. Bereits jetzt ist jedes zehnte Kind gegen­über Nickel sensibilisiert. Oft wird daraus eine lebens­lange Kontaktal­lergie. Kinder sollten deshalb so wenig wie möglich mit Nickel in Kontakt kommen.

Kritischer Stoff in sieben Puppen

Bei sieben von elf Puppen steckt Nonylphenol im Kunststoff. Es befindet sich in den Puppenköpfen oder Körperteilen. Besonders kritisch: Nonylphenol beein­flusst auch das Hormon­system und schädigt vermutlich die Fort­pflan­zungs­fähig­keit. Es kann sich aus dem Kunststoff lösen und in den Körper eines Kindes gelangen. Etwa wenn kleinere Geschwister an den Puppen herum­lutschen. Stoffe, die wie Hormone wirken, können in das empfindliche Hormon­system von Kindern eingreifen und es lang­fristig schädigen. Sie sollten nicht in Spielzeug enthalten sein.

Nonylphenol ist nicht ausreichend für Spielzeug reguliert. Zwar gibt es in der Spielzeug-Richt­linie einen Grenz­wert, der auf Stoffe wie Nonylphenol angewendet werden kann. Er ist allerdings sehr hoch und berück­sichtigt nicht die hormon­aktive Wirkung des Stoffes. Wir haben deshalb strenger bewertet.

Sowohl Nonylphenol als auch die daraus hergestellten Nonylphenoleth­oxylate sind Umwelt­gifte. In der Textil- und Leder­ver­arbeitung ist ihre Verwendung inner­halb der EU per Gesetz einge­schränkt. In der Kunststoff- oder Lack­produktion sowie außer­halb der EU dürfen die Hersteller sie dagegen einsetzen – auch für Spielzeug.

Nonylphenoleth­oxylate finden wir vor allem in der Puppenkleidung, aber auch im Glitzer­kunst­stoff und im Lack.

Tipp: Waschen Sie Stoff­puppen, Plüschtiere und Co., bevor Sie sie Ihrem Kind geben. Dadurch können sich Schad­stoffe verringern (Weitere Tipps siehe „Kaufen und umtauschen“).

Schad­stoffe bleiben ein Thema

Schad­stoffe im Spielzeug bleiben ein wichtiges Thema. Durch Rück­rufe und frühere Test­ergeb­nisse sind viele Eltern verunsichert. Nach Angaben des EU-weiten Schnell­warn­systems für gefähr­liche Produkte, Rapex, machte Spielzeug im Jahr 2010 ein Viertel aller Rück­rufe aus.

Ein Haupt­grund für die Rück­rufe waren die chemischen Risiken, die vom Spielzeug ausgingen. In der EU diskutieren Experten, Hersteller und Gesetz­geber derzeit kontrovers darüber, wie hoch Grenz­werte sein dürfen und wie gefähr­lich bestimmte Stoffe wirk­lich sind. Davon unabhängig sollten Hersteller zur Vorsorge so schnell wie möglich gesund­heits­schädliche Stoffe durch unbe­denk­liche ersetzen.

Frohe Botschaft für Weih­nachten

Der Test zeigt aber auch: Es gibt sicheres und weit­gehend schad­stoff­freies Spielzeug für Kinder. Viele Spielzeuge im Test sind sehr gut oder gut. Darunter bekannte Marken wie Bully­land, Haba, Lego, Plantoys, Playmobil und Schleich.

Auch ein Spielzeug von Toys“R“Us schneidet bei Sicherheit und Schad­stoffen gut ab: das Baby Dino Set. Und auch kleine Ärzte gehen nicht leer aus. Sie können zwischen zwei guten Doktorkoffern wählen, dem Doktorkoffer von Klein und dem Its Imagical Doktor Set.

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Kommentarliste

Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 05.10.2022 um 10:02 Uhr
    Keine Schadstoffe im Schleichspielzeug test11/2011

    @Theo45G: Wir haben die Schleich-Spielfiguren in unserem Test aus dem Jahr 2011 auch auf Schadstoffe überprüft und hier weder Weichmacher, noch PAK, noch Schwermetalle oder Flammschutzmittel gefunden (siehe auch "So haben wir getestet"). Es kommt ja auf die Chemikalien an, die dem Grundmaterial zugesetzt wurden und die genannten bedenklichen Schadstoffe haben wir in dem untersuchten Schleichspielzeug nicht nachgewiesen.
    Übrigens von den 40 geprüften Spielzeugen war 2011 jedes sechste Spielzeug aufgrund von Sicherheitsmängeln oder Schadstofffunden mangelhaft.

  • Theo45G am 01.10.2022 um 19:49 Uhr
    Schleich und PVC

    Wie kann es sein das Schleich bei dem Test gut abschneiden wenn überall vor PVC Spielzeug gewarnt wird und Schleich zu 80% - 90% PVC verwendet.
    Das verstehe ich nicht ganz?!?

  • Salvatore am 13.03.2012 um 15:14 Uhr
    Vielleicht nicht uninteressant zu wissen ...

    TEST und ÖKOTEST haben z. T. unterschiedliche Untersuchungs- und Testmethoden. Deswegen gibt es auch z. T. unterschiedliche Testergebnisse. Ebenso machen GS- und TÜV-Sigel auch nur Aussagen zu den Prüfpunkten, die untersucht worden sind - TEST und ÖKOTEST führen aber häufig Untersuchungen durch, die über das hinausgehen, was für ein GS- oder TÜV-Sigel geprüft wird. Das CE-Kennzeichen ist in vielen Fällen (wenn keine vierstellige Prüfnummer zusätzlich angegeben ist) wertlos, weil kein unabhängiges Prüfzeichen: HERSTELLER oder EU-IMPORTEUR erklären dann lediglich, dass das Produkt mit EG-Richtlinien konform geht. Millionen von Kindern weltweit wären wahrscheinlich auch hocherfreut über leicht verdorbene Lebensmittel. Trotzdem schmeissen wir die hier weg. Die Spielzeugtests zeigen ja immer auch, dass Mängelfreiheit durchaus möglich ist. Von daher gilt in meinen Augen für die Hersteller von Spielzeug mit Mängeln: Sorry, aber gut ist nicht gut genug! Einfach mal nachbessern ...

  • Juergen1971 am 16.11.2011 um 23:38 Uhr
    Wahrheit oder Pflicht

    Es ist gut, das es unabhängige Tests gibt, es ist auch gut das damit die Sicherheit der Verbraucher gewährleistet werden soll. Aber das Spielzeuge hier schlecht abschneiden, die kurz zuvor bei Öko-Test ein Sehr gut bekommen haben oder sogar von Elternzeitschriften mit dem goldenen Schaukelpferd ausgezeichnet sind, ist schon seltsam. Desweiteren ist der Ratschlag an die Verbraucher schön, das Spielzeuge zu bevorzugen sind die zusätzlich zum CE Zeichen noch GS und TÜV geprüft sind. Aber mehr als verwunderlich ist es, wenn genau diese ebenfalls schlecht abschneiden. Also doch nur Panikmache oder braucht jede Zeitschrift ihre Berechtigung? Das bleibt dann im Auge des Betrachters. An vielen Orten dieser Welt wären Kinder froh, mit solchen Spielsachen spielen zu dürfen, die vor allem so sicher wie unsere sind! Spielzeug aus Deutschland gilt im Ausland als das beste der Welt! Es wird Zeit über unsere Lobby nachzudenken.

  • halsbandschnaepper am 12.11.2011 um 14:09 Uhr
    Testergebnis auf Produkt muss Pflicht werden!

    Es fehlt ein Gesetz dass die Hersteller verpflichtet das Testergebnis der Stiftung Warentest aufzudrucken zumindest wenn das Produkt mit mangelhaft abschneidet.
    Dann würden die Hersteller sich mehr Mühe geben und mangelhafte Produkte würden schnell vom Markt verschwinden...