
Die Idee, Kleinsparer zu besteuern, um Zypern zu retten, ist vom Tisch. Doch die Debatte weckt Zweifel am gesetzlichen Schutz für Spargeld.
Das Rettungspaket für Zypern ist geschnürt. Erstmals soll nicht die Allgemeinheit allein alle Bankschulden begleichen, einen Teil müssen die Sparer der zyprischen Geldhäuser direkt übernehmen.
Zehn Milliarden Euro Kredit werden die Euroländer und der Internationale Währungsfonds geben. Weitere sechs Milliarden soll das Land selbst aufbringen und zieht eine Zwangsabgabe auf Spargeld ein. Sie trifft Guthaben, die 100 000 Euro übersteigen.
Woher kommen die Milliarden für Staaten, deren Banken in Not sind?
Die Eurozone schützt ihre Mitgliedsländer mit Rettungsschirmen. Bisher haben Irland, Portugal, Griechenland und Spanien Hilfen aus dem Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) erhalten. Der ESM bekommt von den Mitgliedsstaaten Geld. Er kann sich deshalb an den Kapitalmärkten weiteres Geld günstig beschaffen und Kredite an Krisenländer wie Zypern geben.
Geht alles gut und die Krisenstaaten zahlen die Hilfe mit Zinsen zurück, verdient Deutschland an der Rettung der Eurozone. Geht allerdings ein Eurostaat pleite, drohen Deutschland finanzielle Verluste.
Was bedeutet die jetzt erneuerte Garantie von Bundeskanzlerin Angela Merkel für deutsche Sparer?
Die Debatte um eine Zwangsabgabe auf Sparguthaben haben viele Anleger als Tabubruch empfunden. Erstmals wurde in Zypern vorübergehend sogar die gesetzliche Garantie für 100 000 Euro pro Kunde bei einer Bankenpleite infrage gestellt. Mit der erneuten Sicherheitsgarantie wollte Kanzlerin Merkel wohl klarstellen, dass das in Deutschland nicht passieren kann.
Unabhängig von der Kanzlerinnengarantie ist seit Bestehen des Einlagensicherungssystems jeder Anleger in Deutschland nach einer Bankeninsolvenz voll entschädigt worden. Seit dem Jahr 1976 ist die Einlagensicherung bei mehr als 30 Pleitefällen eingesprungen. Das zeigt, dass das deutsche Sicherungssystem bei „normalen“ Bankpleiten gut funktioniert.
Wie kam es überhaupt, dass die Eurogruppe zunächst eine Zwangsabgabe auf alle Sparguthaben in Zypern diskutiert hat?
Die Eurogruppe argumentiert, dass der gesetzliche Schutz für Ersparnisse bis 100 000 Euro nur für den Fall gilt, dass ein Geldinstitut Pleite macht. In Zypern sei lediglich über eine Besteuerung von Guthaben noch funktionierender Banken diskutiert worden.
Sparer, Verbraucherschützer und viele Politiker sehen das anders: Da die diskutierte Zwangsabgabe dazu dienen solle, formal bereits bankrotte Banken zu retten, handele es sich um einen Vertrauensbruch.
Wenn die Eurogruppe im Krisenfall über Sondersteuern für Ersparnisse bis 100 000 Euro nachdenkt, ist das nicht auch in Deutschland möglich?
Nein, das Gesetz zur Bankenrekonstruierung in Deutschland verbietet eine direkte Beteiligung von Sparern an der Rettung von Banken. Natürlich kann Deutschland wie jeder Staat neue Steuern einführen. Vermögensabgaben werden immer mal wieder diskutiert, aber nicht für Sparguthaben bis 100 000 Euro.
Ist die Krise Zyperns auf Deutschland übertragbar?
Nein, das Geschäftsmodell Zypern hat nichts mit dem Wirtschaftssystem eines gesunden Staates wie Deutschland zu tun.
Die Probleme Zyperns haben ihre Ursache in einem völlig überdimensionierten Bankensektor. Die Bilanzsumme der zyprischen Banken ist achtmal so groß wie die gesamte Wirtschaftsleistung des kleinen Inselstaates. Das Bankensystem muss nun geschrumpft werden, um einen Staatsbankrott abzuwenden. Erstmals werden dazu auch Anleger der Banken zur Kasse gebeten.
Sollte man größere Mengen Bargeld zuhause haben, um im Fall staatlich verordneter Bankschließungen über die Runden zu kommen?
Nein, in Deutschland muss niemand sein Geld unter dem Kopfkissen aufbewahren. In keinem Land sind die Einlagen der Sparer so sicher wie in Deutschland. Viele Ausländer legen deshalb hier Geld an.
Wer ist eigentlich genau für die Einlagensicherung zuständig, wenn Banken pleitegehen?
Auf der Grundlage einer EU-Richtlinie zur Einlagensicherung gibt es in allen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union eine Sicherungseinrichtung. Sie wird von den jeweiligen Banken finanziert und vom Mitgliedsland beaufsichtigt. Bei einer Bankpleite werden bis zu 100 000 Euro pro Kunde innerhalb von 20 Arbeitstagen ersetzt.
Wie ist die Einlagensicherung in Deutschland organisiert?
Alle deutschen Privatbanken müssen Mitglied in der Entschädigungseinrichtung deutscher Banken (EdB) sein. Die EdB sichert 100 000 Euro pro Kunde und Bank gesetzlich ab.
Die meisten deutschen Privatbanken sind zusätzlich Mitglied im freiwilligen Sicherungsfonds des Bundesverbands deutscher Banken (BdB). Der Fonds wird durch die Beiträge seiner etwa 170 Mitglieder finanziert und sichert im Pleitefall einer Bank Guthaben über der 100 000 Euro-Grenze ab.
Guthaben bei Sparkassen und Genossenschaftsbanken sind durch ihre Institutssicherung in unbegrenzter Höhe geschützt. Die Sparkassen und Genossenschaftsbanken haben eigene Sicherungssysteme, die dafür sorgen, dass kein Mitgliedsinstitut pleitegeht. Bis heute haben sie gut funktioniert. In keinem Fall haben Kunden Spargeld verloren.
Wie kann ich erkennen, ob die Einlagensicherung eines Landes ausreicht?
Orientieren Sie sich an den monatlichen Hitlisten von Finanztest. Grundsätzlich gilt die gesetzliche Sicherung von 100 000 Euro pro Bank und Sparer für alle Banken, die ihren Sitz in der EU haben. Wenn Finanztest jedoch begründete Zweifel hat, dass ein nationaler Sicherungsfonds größere Bankpleiten stemmen kann, verzichten wir auf eine Empfehlung, selbst wenn eine Bank hohe Zinsen zahlt.
Die BIG Bank aus Estland schaffte es genauso wenig in unsere Zinshitlisten wie die Parex Bank aus Lettland. Die Parex Bank geriet 2008 in Schieflage und konnte nur mit internationaler Hilfe gerettet werden. Erst nach und nach erhielten Anleger mit großen Sparguthaben ihr Geld zurück.
Was passiert mit Fonds, Aktien oder Anleihen in einem Wertpapierdepot, wenn eine Bank pleitegeht? Ist der Zugriff auf diese Anlagen absolut ausgeschlossen?
Wertpapiere gehören dem Eigentümer, nicht der Bank. Sie werden von Banken lediglich verwahrt. Geht eine Bank pleite, kann der Kunde jederzeit die Herausgabe seiner Papiere verlangen oder sein Depot auf ein anderes Institut übertragen lassen.
Wenn ich Fonds kaufe oder verkaufe, befinden sich häufig hohe Beträge auf einem Verrechnungskonto. Wie ist das Geld auf diesem Konto geschützt?
Das Guthaben auf einem Verrechnungskonto ist ebenso wie andere Einlagen durch die Einlagensicherung geschützt.
Halten die Sicherungssysteme auch, wenn eine große systemrelevante Bank pleitegeht?
In diesem Fall können Sparer zunächst auf die gesetzliche Sicherung für 100 000 Euro setzen. Fraglich ist, ob genug Geld im freiwilligen Sicherungstopf des Bundesverbands deutscher Banken ist, um darüber hinaus etwa Verluste von Großanlegern wie Krankenkassen oder Hedgefonds in Millionenhöhe zu entschädigen. Bevor es allerdings wegen der Pleite einer großen deutschen Bank zu einer Kettenreaktion und dem Zusammenbruch des gesamten Bankensystems käme, müsste der Staat die Bank retten.
In Deutschland hat der Staat bisher immer eingegriffen, wenn eine als systemrelevant eingestufte Bank in Not geraten ist. Ob Hypo Real Estate, Commerzbank oder IKB Bank, in allen Fällen hat der Staat mit Geldspritzen in Milliardenhöhe die Bank vor der Pleite bewahrt. Die Banken wurden gerettet, weil sie „too big to fail“ sind – auf Deutsch: Sie sind zu groß, um sie scheitern zu lassen.
Das Gleiche – die Rettung systemrelevanter Banken – kann man derzeit in Spanien beobachten und es könnte auch in Italien passieren.
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Als noch die Plünderung der Kleinanleger mit Guthaben unter 100T€ angedacht war gab ein Bundespolitiker - ich meine es war Herr Trittin - in einem Fernsehinterview einen Kommentar ab, der meines Erachtens die politische Mentalität verdeutlicht.
Auf die Frage der Reporterin, wie denn diese staatlich saktionierte Enteignung der Anleger mit der europäischen Einlagensicherung zu vereinbaren sei antwortete der Politiker sinngemäß: "Das hat nichts mit der Einlagensicherung zu tun, hier handelt es sich um eine Abgabe."
Der Satz... geht es alles gut und die Krisenstaaten zahlen die Hilfe mit Zinsen wieder zurück, geht es Deutschland gut.. ist mir zu lakonisch.
Wer ist denn der Staat und wer rettet die Krisenländer? Das sind die Steuerzahler. Werden die Sparer, die sich derzeit mit Niedrigzinsen für ihr Erspartem begnügen muss einen Ausgleich erhalten, wenn die Krisenländer die Hilfe zurückzahlen?
Glaube nicht dass Deutschland seine Einlagensicherung auf Dauer halten wird. Deutschland ist nicht die EU und somit kommt das Wort Solidarität wieder ins Spiel. Aber das wagt heute keine Zeitung zu schreiben.