
Spareinlagen sind in Deutschland bisher gut gesichert. Gilt das auch, wenn eine europäische Bankenaufsicht kommt? Finanztest sagt, was sich ändern soll und beantwortet die wichtigsten Fragen zur Einlagensicherung.
Die Pläne der Europäischen Kommission
Schon im Jahr 2014 soll die Europäische Zentralbank (EZB) mehr als 6 100 Geldhäuser zentral kontrollieren. So will es die Europäische Kommission. Die Aufseher sollen Bilanzen prüfen, Geldstrafen verhängen und Banken die Lizenz entziehen können. Auch die Einlagensicherung soll europäisch werden: Einlagen von Anlegern aller europäischen Geldhäuser sollen einer gemeinsamen Sicherung unterliegen. Geht ein Institut pleite, soll ein nationaler Abwicklungsfonds garantieren, dass Sparer ihr Geld zurückbekommen. Reichen seine Mittel nicht, sollen die Fonds anderer Länder verpflichtet sein, ihm Kredite zu geben. Die Abwicklungsfonds finanzieren sich durch Mitgliedsbeiträge der Geldinstitute.
Warum kritisiert Deutschland die Pläne der Europäischen Union?
Die Bundesregierung kritisiert die Aufsicht durch die EZB als zu umfassend. Aus ihrer Sicht reicht es, die rund 25 großen systemrelevanten Banken wie die Crédit Agricole in Frankreich, die Unicredit in Italien, die Banco Santander in Spanien und die Deutsche Bank unter europäische Aufsicht zu stellen. Es sei dagegen unnötig, jedes Institut zentral zu überwachen, sagt Bundeskanzlerin Angela Merkel. Damit stützt sie die Position der Sparkassen, Volks- und Raiffeisenbanken. Diese lehnen eine gemeinsame europäische Einlagensicherung ab.
Warum wollen deutsche Sparkassen und Genossenschaftsbanken keine gemeinsame europäische Einlagensicherung?
Die Sparkassen und Genossenschaftsbanken fürchten um Rücklagen, die sie zur Sicherung des Spargelds deutscher Kunden gebildet haben. Würde ihr Geld für ausländische Banken in Not eingesetzt, hätten sie weniger zum Schutz der eigenen Kunden. Beiträge für einen europäischen Abwicklungsfonds würden die Institutssicherung der Sparkassen und Genossenschaftsbanken schwächen. Dieses System lässt die Pleite eines Mitglieds gar nicht erst zu: Gerät ein Institut in Not, müssen die anderen helfen und es mit Geld versorgen. Seit Gründung dieser Sicherungssysteme hat noch kein Kunde einer Sparkasse oder Genossenschaftsbank Einlagen oder Zinsen verloren.
Wie unterscheiden sich die deutschen Sicherungssysteme von der europäischen Einlagensicherung?
Alle Sparkassen und Genossenschaftsbanken und fast alle Privatbanken gehen weit über die europäische Sicherung hinaus. Kundeneinlagen bei Sparkassen und Genossenschaftsbanken sind durch die Institutssicherung in unbegrenzter Höhe geschützt. Die meisten Privatbanken wie Deutsche Bank und Postbank zahlen stattdessen in einen freiwilligen Fonds ein, der im Pleitefall einem Kunden den Betrag ersetzt, der die europaweit gesetzlich geschützten 100 000 Euro übersteigt.
Tipp: Informationen über die aktuelle Sicherung von Spargeld bei den einzelnen Kreditinstituten und die besten Sparangebote finden sie im Produktfinder Zinsen.
Wie organisieren deutsche Privatbanken ihre Sicherung?
Das Sicherungssystem der privaten Banken hat zwei Teile, einer ist für jede Bank Pflicht, der andere freiwillig.
Alle deutschen Privatbanken müssen Mitglied in der Entschädigungseinrichtung deutscher Banken (EdB) sein. Die EdB sichert Einlagen bis zu 100 000 Euro pro Kunde und Bank ab. Die meisten Privatbanken sind darüber hinaus Mitglied im freiwilligen Sicherungsfonds des Bundesverbands deutscher Banken. Der Schutz des Fonds beginnt dort, wo die Sicherung der EdB aufhört. Der Fonds ersetzt im Pleitefall Einlagen über der 100 000-Euro-Grenze.
Bleibt der Institutsschutz der Sparkassen und Genossenschaftsbanken und der freiwillige Sicherungsfonds der Banken bestehen, wenn es zu einer europäischen Einlagensicherung kommt?
Vorerst ja. Ob der Institutsschutz allerdings auch bleibt, wenn Sicherungsmittel von Sparkassen- und Genossenschaftsbanken bei Schieflagen europäischer Banken eingesetzt werden, ist noch nicht entschieden. Der freiwillige Sicherungsfonds des Bundesverbands deutscher Banken (BdB) bleibt in jedem Fall bestehen. Eine europäische Einlagensicherung würde ausschließlich die bisherige gesetzliche Einlagensicherung ersetzen, die Spargeld in Höhe von 100 000 Euro pro Anleger und Bank garantiere, teilt der BdB Finanztest mit. Sie würde also nur die Entschädigungseinrichtung deutscher Banken ablösen.
Der freiwillige Fonds der Privatbanken ersetzt Spargeld bis zur Sicherungsgrenze der jeweiligen Mitgliedsbank. Wie wird die Grenze ermittelt?
Die Grenze, bis zu der eine Bank für Einlagen haftet, richtet sich nach ihrem „haftenden Eigenkapital“. Bis zum 1. Januar 2015 entspricht die Sicherungsgrenze 30 Prozent des haftenden Eigenkapitals einer Bank. Damit sind zurzeit selbst bei kleinen Banken, die das geringstmögliche Eigenkapital von 5 Millionen Euro vorhalten, immerhin 1,5 Millionen Euro pro Anleger geschützt. Ab dem Jahr 2015 wird die Sicherung auf 20 Prozent, im Jahr 2020 auf 15 Prozent und ab 2025 auf 8,75 Prozent gesenkt werden. So hat es der Bundesverband deutscher Banken beschlossen. Selbst bei den kleinsten Banken beträgt der Schutz dann immer noch 437 500 Euro pro Kunde.
Was bedeuten die verringerten Sicherungsgrenzen für Privatanleger?
Nichts, weil sie die neuen Grenzen wohl nicht überschreiten werden. Nur Großinvestoren mit Einlagen über den gesicherten Summen müssten ihr Geld zur Sicherheit auf mehrere Banken verteilen.
Wie belastbar ist der freiwillige Sicherungsfonds der Privatbanken?
Der Fonds besteht seit mehr als 35 Jahren. Er wird durch regelmäßige Beitragszahlungen aller Mitgliedsbanken gespeist. Bisher wurden alle von Bankpleiten betroffenen Kunden immer zu 100 Prozent entschädigt.
Besteht für die Banken im Krisenfall eine Nachschusspflicht?
Ja. Reicht das Geld aus dem Sicherungsfonds nicht aus, um alle Kunden zu entschädigen, kann der Bankenverband seine Mitglieder zu Nachschüssen verpflichten.
Warum gibt es keinen Rechtsanspruch auf eine Entschädigung aus dem freiwilligen Sicherungsfonds?
Nach Angaben des Bankenverbands hat das praktische Gründe. Gäbe es einen Rechtsanspruch, wäre der Fonds eine Versicherung. Es fiele Versicherungsteuer an und das Verfahren würde nicht nur komplizierter, sondern auch teurer. Deshalb habe der Verband bei Gründung des Fonds – in Absprache mit dem Finanzministerium und der Finanzdienstleistungsaufsicht– darauf verzichtet, einen Rechtsanspruch festzuschreiben.
Wie lange dauert es, bis ein Sparer nach der Pleite seiner Bank sein Geld zurückbekommt?
Die Fristen sind für alle Banken mit Sitz in der Europäischen Union gleich. Nachdem die Aufsichtsbehörde – in Deutschland ist das die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht – den Entschädigungsfall festgestellt hat, werden Anleger binnen 20 Tagen entschädigt. Das gilt für den gesetzlichen Schutz bis 100 000 Euro.
Der freiwillige Sicherungsfonds des Bankenverbands hat für seinen Teil der Entschädigung über dieser Grenze drei Monate Zeit.
Funktionieren die Sicherungssysteme auch, wenn eine wirklich große, systemrelevante Bank pleitegeht?
Kaum. Dann wären wohl alle Sicherungssysteme überfordert. Noch bevor es zu einer solchen Pleite käme und damit zu einer Kettenreaktion, die den Zusammenbruch des gesamten Bankensystems nach sich ziehen könnte, müsste der Staat die Bank retten – oder die EU-Kommission, falls es schon eine europäische Einlagensicherung gibt. In Deutschland ist das im Fall der Hypo Real Estate, der Commerzbank oder der IKB Bank gelungen. Alle drei Banken wurden mit Geldspritzen in Milliardenhöhe gerettet, weil sie „too big to fail“ waren – also zu groß, um sie pleitegehen zu lassen.