FAQ Sicherheit von ETF: Wie gefährlich sind ETF?
Anleger hören im Zusammenhang mit ETF oft von den Risiken, die in diesen noch relativ neuen Produkten stecken sollen – kein Wunder: Bankberater verkaufen in der Regel lieber aktiv gemanagte Fonds als ETF. Und so sind vor allem über sogenannte Swap-ETF viele irreführende Aussagen im Umlauf. Hier beantworten die Finanztest-Experten die häufigsten Fragen zum Thema Sicherheit von ETF.
Was hinter Swap-ETF steckt
- Sind Swap-ETF neu?
- Was ist eigentlich ein Swap-ETF? Wie funktioniert das?
- Wie sind Risiken der Swap-ETF im Vergleich zu anderen Risiken zu bewerten?
- Wie unterscheiden sich Swap-ETF von normalen Fonds?
- Welche Aktien stecken in synthetischen ETF?
- Kann ich sicher sein, dass ich bei einem Swap-ETF wirklich die Index-Wertentwicklung bekomme?
- Spekuliert der ETF-Anbieter mit einem Swap-ETF auf höhere Gewinne?
- Und der Swap-Partner? Kann es sein, dass der spekuliert?
- Wie kann man Swap-ETF erkennen?
ETF und Börsencrash
- Kann es sein, dass ein Swap-ETF pleitegeht und mein Geld komplett verloren ist?
- Ich habe gehört, dass es ETF bei einem Crash viel schlimmer erwischt als aktiv gemanagte Fonds. Ist das richtig?
- In einem Börsenbrief habe ich gelesen, dass ETF einen Crash verstärken können. Stimmt das?
- Ich habe gelesen, dass ETF das Herdenverhalten verstärken. Stimmt das?
- Wie steht es um die Sicherheit bei den Alternativen zu Swap-ETF?
ETF in der Bankberatung
Was hinter Swap-ETF steckt
Sind Swap-ETF neu?
Swap-ETF gibt es in Europa seit 2001, ihre Bedeutung ist seit Jahren rückläufig. Finanztest weist seit vielen Jahren in den Hefttabellen per Fußnote darauf hin, wenn es sich um einen synthetischen ETF handelt. Regelmäßig berichten wir auch über mögliche Risiken. Wir sind aber der Meinung, dass sich bei synthetischen ETF die Vor- und Nachteile die Waage halten und Anleger selber entscheiden sollen, welche Art von ETF sie wählen möchten. Auch in unserer Fondsdatenbank können Nutzer seit Jahren nach physischen ETF filtern.
Was ist eigentlich ein Swap-ETF? Wie funktioniert das?
Swap heißt Tausch. Es handelt sich um einen Fonds, der den Index künstlich abbildet. Ein solcher Fonds kauft nicht die Aktien aus dem Index. Im ETF liegen stattdessen andere Wertpapiere. Der ETF entwickelt sich aber trotzdem so wie der Index. Das funktioniert so: Der ETF schließt einen Tauschvertrag ab mit einer Bank. Darin ist geregelt, dass der ETF die Wertentwicklung bekommt, die der Index erzielt. Der Tauschpartner erhält die Wertentwicklung der Aktien aus dem Fonds.
Sie können sich das ungefähr so vorstellen: Sie pflanzen einen Apfelbaum, und ihr Nachbar einen Birnbaum. Die Äpfel essen Sie aber nicht selbst, sondern geben sie Ihrem Nachbarn. Und der gibt Ihnen die Birnen. Der Grund dafür, dass Sie nicht selbst einen Birnbaum pflanzen, könnte beispielsweise sein, dass der auf dem Nachbargrundstück besser gedeiht. So ähnlich ist das bei den ETF auch. Die Fondsgesellschaft vereinbart den Tausch, damit sie sich nicht selbst um die Indexnachbildung kümmern muss und Kosten sparen kann. Die Arbeit erledigt der Tauschpartner, der das besser kann. Tauschpartner ist meist eine große Bank.
Wie sind Risiken der Swap-ETF im Vergleich zu anderen Risiken zu bewerten?
Alle Fonds und ETF haben Risiken, die im jeweiligen Fondsprospekt dargelegt werden. Das wichtigste und größte Risiko ist und bleibt das Marktrisiko der Wertpapiere, die der Fonds oder ETF abbildet. Verglichen mit einem Crash von Aktien- oder Anleihenmärkten verblasst die Bedeutung aller anderen Risiken. Sie lassen sich oft auch nicht quantifizieren, weil sie entweder zu selten vorkommen oder überhaupt noch nicht aufgetreten sind.
Wie unterscheiden sich Swap-ETF von normalen Fonds?
Die meisten Fonds und alle ETF in Europa und Deutschland folgen den gleichen, europäischen Fondsregeln, nämlich den OGAW-Richtlinien (Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren, im Englischen „Ucits“). Unter anderem legen diese Richtlinien fest, wie stark ein Fonds seine Anlagen diversifizieren muss. Die Obergrenze für Anlagen bei einem einzigen Emittenten (Aktien, Anleihen und Derivate) liegt bei 10 Prozent des Fondsvolumens. Ausnahmen sind zum Beispiel für Bundesanleihen möglich. Die 10-Prozent-Grenze gilt auch für den Umfang der Swaps in einem synthetischen ETF. Hinzu kommt in den meisten Fällen, dass der ETF zusätzlich vom Swap-Partner Sicherheiten erhält, die er sofort verwerten darf, sollte der Swap-Partner ausfallen. Dieses „Ausfallrisiko“ der Gegenpartei steckt in ähnlicher Weise auch in jeder Anleihe und somit in jedem Anleihefonds. Und Swap-ETF dürfen diesbezüglich kein höheres Risiko eingehen als andere Fonds.
Welche Aktien stecken in synthetischen ETF?
Neben dem kleinen Swap-Anteil besteht ein synthetischer Aktien-ETF in der Regel aus liquiden Aktien und ein Renten-ETF aus Rentenpapieren. Dieser Aktien- oder Rentenkorb wird auch „Trägerportfolio“ genannt. Für dieses Trägerportfolio gelten wieder die OGAW-Richtlinien wie für jeden anderen (OGAW-)Fonds. Die meisten ETF-Anbieter veröffentlichen die Zusammensetzung der Trägerportfolios tagesaktuell auf ihren Webseiten. Oft wird auch der aktuelle Swap-Wert angezeigt. Dieser kann sogar negativ sein. Dann schuldet nicht etwa der Swap-Partner dem ETF Geld, sondern umgekehrt.
Kann ich sicher sein, dass ich bei einem Swap-ETF wirklich die Index-Wertentwicklung bekomme?
Ja. Aus unserer Sicht sind die Risiken von Swap-ETF und physischen ETF vergleichbar. Wenn Ihnen Swap-ETF suspekt sind, nehmen Sie einen ETF, der die Wertpapiere aus dem Index wirklich kauft. Diese ETF heißen replizierend oder physisch replizierend. Physische ETF auf den MSCI World erhalten Sie von HSBC, iShares, SPDR und UBS (siehe Produktfinder Fonds und ETF im Test). Auch db x-trackers hat jetzt physische ETF im Angebot.
Spekuliert der ETF-Anbieter mit einem Swap-ETF auf höhere Gewinne?
Manchmal heißt es, durch die Aktienauswahl oder durch den Swap im ETF würde der ETF-Anbieter auf höhere Gewinne spekulieren. Das ginge allerdings nur im Fonds selber, da der ETF-Anbieter keine Anlegergelder außerhalb des Fonds verwaltet. Dann kämen eventuelle Gewinne aber den Anlegern zugute, nicht dem Anbieter. Das ergibt also nicht viel Sinn. Außerdem: ETF-Anleger erwarten, dass ein ETF möglichst präzise dem Index folgt. Zusätzliche Spekulationsgewinne sind immer ein Zeichen, dass genauso gut Spekulationsverluste auftreten könnten. Das wünschen ETF-Anleger nicht, sonst hätten sie ja einen aktiven Fonds kaufen können – dies gilt sowohl für Swap-ETF als auch für physische ETF. Swap-Konstruktionen machen die ETF-Verwaltung effizienter – bei kleinen Volumen, exotischen Anlagen oder der Steueroptimierung für Anleger aus verschiedenen europäischen Ländern.
Und der Swap-Partner? Kann es sein, dass der spekuliert?
Der Vorwurf lautet, der Swap-Partner verpflichte sich zwar zur Lieferung der Index-Performance, investiere aber in ganz andere Papiere als die Indextitel – in der Hoffnung, damit mehr zu verdienen. Das ist falsch. Swap-Partner – das sind immer große Banken – trennen ihre Aktivitäten: Dienstleistungen für Dritte – wie zum Beispiel ein Swap-Geschäft mit einem ETF-Anbieter – lassen sie sich bezahlen, indem sie ein kleine Gewinnmarge für sich kalkulieren; darüber hinaus spekulieren sie in der Regel nicht. Der Swap-Partner wird also in irgendeiner Art in die Indextitel investiert sein. Manche Banken haben darüber hinaus aber eine separate Abteilung für den sogenannten Eigenhandel, die auf alles Mögliche wettet.
Wie kann man Swap-ETF erkennen?
Manche Anbieter schreiben direkt in den Produktnamen, ob es sich um einen Swap-ETF handelt, etwa X-trackers. Andere kennzeichnen die physisch replizierenden ETF (also Fonds, die Indextitel direkt kaufen). Da steht dann „DR“ im Titel, für direct replication. In der Regel finden Sie auf der Website des ETF-Anbieters Angaben dazu, ob der Fonds Swaps verwendet oft ist von „synthetischer“ oder „indirekter Replikation“ die Rede. Sie können sich auch auf der Internetseite des Anbieters das zweiseitige Informationsblatt herunterladen, dort stehen die entsprechenden Infos meist gleich am Anfang. Das Infoblatt ist aufgeführt als „Wesentliche Anlegerinformationen“, abgekürzt „WAI“ oder als „Key Investors Information Document“, abgekürzt „KIID“.
Noch einfacher: Sie schauen bei uns im Produktfinder Fonds nach. An jedem Fondsnamen steht eine Fußnote, wenn der ETF Swaps verwendet. Zudem können Sie gezielt nach Fonds filtern, die Swaps verwenden – oder sie ausschließen (Weitere Filter – Index – Nachbildungsmethode).
ETF und Börsencrash
Kann es sein, dass ein Swap-ETF pleitegeht und mein Geld komplett verloren ist?
Nein. Der Swap darf nicht mehr als 10 Prozent des Fondsvermögens ausmachen. Sollte der Swap-Partner, mit dem der ETF den Swap abgeschlossen hat, pleitegehen, dann sind maximal 10 Prozent verloren, nicht alles.
Ich habe gehört, dass es ETF bei einem Crash viel schlimmer erwischt als aktiv gemanagte Fonds. Ist das richtig?
Nein. Ein ETF entwickelt sich wie der Index, den er abbildet. Steigt der Index, steigt der ETF. Wenn der Index einbricht, dann bricht genauso auch der ETF ein. Ein aktiv gemanagter Fonds kann sich anders entwickeln als der Index. Hier ist ein Fondsmanager am Werk, der manche Aktie aus dem Index vielleicht gar nicht kauft und dafür andere stärker gewichtet. Dann entwickelt sich der Fonds anders als der Index, egal, ob der Markt steigt oder fällt. Das bedeutet: Es kann durchaus sein, dass ein aktiv gemanagter Fonds besser durch eine Krise kommt als ein ETF. In unserem Fondsdauertest stellen wir aber auch immer wieder das Gegenteil fest.
In einem Börsenbrief habe ich gelesen, dass ETF einen Crash verstärken können. Stimmt das?
Die Bundesbank hat sich im Monatsbericht Oktober 2018 mit dieser Frage befasst und verschiedene Flash Crashs analysiert, also kurzzeitige heftige Kurseinbrüche an den Börsen. ETF hatten dabei teils stärker an Wert verloren als ihre zugrunde liegenden Wertpapiere. „Der Markt für ETF scheint zwar wesentlich beteiligt, jedoch nicht Auslöser der jeweiligen Entwicklungen gewesen zu sein“, schreibt die Bundesbank, und weiter: Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass es in größeren Krisen auch zu längeren Phasen fallender Preise kommen könne. Damit ETF auch in unruhigen Zeiten funktionierten, bestünden bereits Schutzvorkehrungen. So sorgten zum Beispiel Unterbrechungen des Börsenhandels für Stabilität. Noch steckt in ETF nur ein Bruchteil des weltweit verwalteten Vermögens, das heißt, die von ihnen ausgehenden Risiken sind schon deswegen begrenzt.
Ich habe gelesen, dass ETF das Herdenverhalten verstärken. Stimmt das?
Weil ETF so einfach handelbar sind, könnten Anleger sie im Fall eines Crashs schneller verkaufen. Würden sie das tun, müssten die ETF-Anbieter Aktien aus dem Fonds verkaufen und würden so dafür sorgen, dass die Kurse an der Börse noch weiter fallen. Der Internationale Währungsfonds (IWF) sieht allerdings keine Anhaltspunkte dafür, dass ETF mehr als aktiv gemanagte Fonds Crashs verstärken oder Aufwärtstrends befeuern.
Wie steht es um die Sicherheit bei den Alternativen zu Swap-ETF?
Es gibt inzwischen eine große Auswahl an physisch replizierenden ETF, die genau („vollreplizierend“) oder ziemlich genau („optimiert“) die Aktien des Index kaufen. Diese ETF können aber auch ein Gegenparteirisiko aufweisen, weil sie die Aktien (zum Aufpeppen der ETF-Rendite) gegen Gebühr verleihen können. Auch hier werden von der Gegenpartei Sicherheiten für den ETF verlangt. Übrigens können auch aktiv verwaltete Fonds Gegenparteirisiken aufweisen – weil sie wie ETF auch Derivate nutzen oder Wertpapierleihe betreiben. Da aktive Fonds aber nur zwei Mal pro Jahr einen halbwegs detaillierten Bericht über die gehaltenen Wertpapiere, Wertpapierleihe und Derivate veröffentlichen, ist eine Einschätzung zum Gegenparteirisiko sehr schwer.
ETF in der Bankberatung
Mein Berater hat gesagt, ich soll aktiv gemanagte Fonds nehmen, die seien als Sondervermögen besonders geschützt. Ist das bei ETF anders?
Nein. ETF sind auch Sondervermögen und genießen denselben Schutz wie aktiv gemanagte Fonds. Sondervermögen bedeutet, dass das Geld der Anleger, das in den Fonds liegt, getrennt verwahrt wird von dem Vermögen, das der Fondsgesellschaft gehört. Das ist wichtig, falls die Fondsgesellschaft in Zahlungsschwierigkeiten gerät. Bei einer Pleite hat der Insolvenzverwalter nur Zugriff auf das Vermögen der Fondsgesellschaft. Das Geld in den Fonds ist geschützt.
Mein Berater hat gesagt, ein ETF sei viel riskanter als ein normaler Aktienfonds. Warum empfehlen Sie ETF dann überhaupt?
Ihr Bankberater hat unrecht. ETF und aktiv gemanagte Fonds sind vom Risiko her vergleichbar – vorausgesetzt sie sind im selben Anlagemarkt unterwegs und legen zum Beispiel beide weltweit in Aktien an. Unterschiede gibt es nur im Detail: Im Weltaktienindex MSCI World sind rund 1 600 Titel enthalten. Diese breite Streuung senkt das Risiko. Aktiv gemanagte Fonds halten meist zwischen 50 und 150 Titel, also viel weniger. Einige aktiv gemanagte Fonds sind daher sogar ein wenig riskanter als ein ETF – anders als Ihr Berater sagt. Es gibt aber auch aktiv gemanagte Fonds, die trotz ihrer geringeren Streuung weniger riskant sind als ETF.