
Vibratoren, Liebeskugeln und Penisringe im Schadstoff-Check: Wir fanden saubere, aber auch fünf sehr stark mit Schadstoffen belastete Sextoys, darunter ist keineswegs nur Billigware.
Alle Testergebnisse für Schadstoffe in Sexspielzeug 02/2019
Als die ehemalige Pilotin Beate Uhse im Jahr 1951 das „Spezial-Versandhaus für Ehe- und Sexualliteratur und für hygienische Artikel“ gründete und Kondome verschickte, handelte sie sich ihr erstes juristisches Verfahren ein. Der Vorwurf: Beihilfe zur Unzucht. Heute werden diskrete Pakete mit pikantem Inhalt in Deutschland millionenfach verschickt. Der offene Umgang mit Sexualität und der Onlinehandel kurbeln das Geschäft mit Sexspielzeug und anderen Erotikartikeln an.
Was den Spaßfaktor angeht, können sich Käufer von Sextoys zum Beispiel im Internet an den Erfahrungen anderer orientieren. Bei Schadstoffen jedoch tappt die Netzgemeinde im Dunkeln.
Unser Rat
Drei Vibratoren schneiden im Schadstoff-Check sehr gut ab: Fun Factory Ocean Mini Vibrator für 31 Euro, You2Toys Space Rider 3000 (15 Euro) und Svakom Siime Camera (99,50 Euro), ebenfalls die Penisringe You2Toys Get Hard für 6,80 Euro. Für zwei Liebeskugeln heißt es im Schadstoff-Check gut: für die Lelo Luna Beads Noir für 35 Euro und die You2Toys Smile Loveballs Sporty für 14 Euro.
18 Sextoys untersucht
Zeit also für mehr Transparenz. Die Stiftung Warentest hat in Erotikgeschäften und im Internet Vibratoren, Liebeskugeln und Penisringe von 6,80 bis 165 Euro gekauft und ins Labor geschickt. Es liegt in der Natur der Sache: Sexspielzeug hat oft Schleimhautkontakt. „Diese Gewebe sind meist gut durchblutet und können empfindlich sein. Schadstoffe haben in Sextoys deshalb nichts zu suchen“, sagt Chemikerin Dr. Sara Wagner-Leifhelm, die unseren Schadstoff-Check geleitet hat. Die meisten der 18 geprüften Modelle kommen weitgehend ohne kritische Stoffe aus, viermal heißt es gar: sehr gut. Doch bei fünf Gespielen stimmt die Chemie nicht. Sie sind sehr stark mit Schadstoffen belastet und schneiden mangelhaft ab. Unser Prüflabor hat ganz unterschiedliche kritische Substanzen nachgewiesen.
Wo die Chemie nicht stimmt
Das Erwachsenen-Spielzeug kann aus Glas, Holz oder Metall gefertigt sein, häufiger jedoch besteht es aus Silikon oder anderen Kunststoffen. Sie fühlen sich weicher und wärmer an. Auch die Sextoys im Test bestehen vor allem aus diesen Materialien. Der weiße Kunststoff der Joydivision-Liebeskugeln und die gelbe Vibrator-Badeente sind sehr stark mit polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen belastet, abgekürzt PAK. Etliche dieser Substanzen können vermutlich Krebs erregen (Kritische Stoffe im Intimspielzeug). Der Ladekontakt des knapp 90 Euro teuren We-Vibe Sync Couples gibt so hohe Mengen Nickel ab, dass der Vibrator nicht hätte verkauft werden dürfen.
Dem einzigen Umschnallvibrator im Test wurde sein Zubehör zum Verhängnis: Er selbst würde gut abschneiden, doch in der mitgelieferten Maske fand das Prüflabor sehr hohe Gehalte des kritischen Weichmachers DEHP sowie kurzkettiger Chlorparaffine, die vor allem der Umwelt schaden.
Drei mit merkwürdigem Geruch
Der Anbieter des Doc-Johnson-Vibrators behauptet, sein Sextoy sei „the best selling cock in the world“ – der meistverkaufte Penis der Welt. Er fiel uns schon im Erotikshop durch einen unangenehmen Geruch auf. Im Labor setzte der braune Kunststoff dann sehr viel Phenol frei – eine Substanz, die unter anderem im Verdacht steht, Gendefekte zu verursachen.
Merkwürdig rochen auch zwei weitere Produkte: die Vibratoren Space Rider 3000 und Bijou Sassy. Für sie können wir aber Schadstoff-Entwarnung geben.
Silikon im Test unauffällig
Die Silikonproben erwiesen sich im Test als unbelastet. Doch keiner der Prüfkandidaten besteht ausschließlich aus Silikon. Paradebeispiel ist der Paarvibrator We-Vibe Sync Couples. Silikon überzieht ihn vollständig, mit Ausnahme des kleinen Ladekontakts aus Metall. Der gab mehr Nickel ab, als der gesetzliche Grenzwert erlaubt. Der Kontakt wird bei korrekter Anwendung nicht eingeführt, berührt aber die Haut, wenn der Vibrator festgehalten oder beim Sex benutzt wird.
Tipp: Bewahren Sie Sexspielzeug unterschiedlicher Materialien nicht zusammen auf, da sie sich angreifen können. Auch Gleitmittel auf Öl- oder Silikonbasis können dem Material zusetzen. Die Anbieter empfehlen meist wasserbasierte Gleitgele, die oft auch für Kondome geeignet sind.
Teuer heißt nicht besser
Im teuersten Intimspielzeug im Test, dem Womanizer W500 Pro für 165 Euro, wiesen wir ebenso wie im günstigen Penisring von Durex geringe, nicht Besorgnis erregende Schadstoffgehalte nach. Die vielen sauberen Sextoys beweisen: Es geht besser. Unser Urteil für beide lautet befriedigend. Und keine Sorge, wir bleiben uns treu: Die beste Note der Stiftung Warentest heißt auch in diesem Test sehr gut, nicht befriedigend.
Drei Vibratoren mit Bestnote
In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov stimmte im Jahr 2016 gut die Hälfte der 1 009 Befragten der Aussage zu: Sexspielzeug bereichert den Sex. Neugierige können das vor allem mit den sehr guten Toys im Test bedenkenlos ausprobieren. Drei Vibratoren holten sogar die Bestnote 1,0 im Schadstofftest: der Ocean Mini von Fun Factory, der You2Toys Space Rider 3000 und der Svakom Siime.
Tipp: Selbst die Parade-Liebhaber sind nur wirklich sauber, wenn Sie sie vor und nach dem Gebrauch besonders gründlich reinigen – samt Rillen und Ritzen. Darin können sich Keime einnisten.
Training für den Beckenboden?
Manchen geht es nicht nur um Spaß, sie erhoffen sich auch gesundheitliche Effekte. Liebeskugeln etwa sind echte Wunderkugeln, glaubt man den Anbietern. Sie schreiben über eine „Stärkung der Beckenboden- und Scheidenmuskulatur“, über „Rückbildung nach der Entbindung“ oder „gesteigerte Orgasmusfähigkeit“. Der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Urogynäkologie im Berufsverband der Frauenärzte, Dr. Rainer Lange, ist skeptisch: „Für ein Beckenbodentraining durch Liebeskugeln oder Vaginalkonen gibt es keine wissenschaftlichen Belege. Das Training alleine, ohne spezialisierte Physiotherapie, halte ich nicht für sinnvoll. Zwei Drittel aller Frauen können ihre Beckenbodenmuskulatur gar nicht ansteuern.“
Penisringe müssen passen

„Das Gehirn darf nicht zugunsten des Gefühls ausgeschaltet werden.“ Dr. Wolfgang Bühmann ist Schriftleiter des Berufsverbands der Deutschen Urologen. © Bertram Solcher
Dr. Wolfgang Bühmann, seit 34 Jahren Urologe und zudem Schriftleiter des Berufsverbands der Deutschen Urologen, sieht sich häufig mit Patienten konfrontiert, die Risiken auf der Suche nach sexuellen Kicks ignorieren: „Das Gehirn darf nicht zugunsten des Gefühls ausgeschaltet werden.“
Bei Penisringen gilt sein Rat nicht nur für Schadstoffe. Um den Penisansatz gelegt, können die Ringe die Erektion festigen oder verlängern. Da sie den Blutabfluss stoppen, sind zu enge Ringe jedoch gefährlich. Schmerzen im Glied sind ein eindeutiges Warnsignal, den Ring abzunehmen, sagt Bühmann. „Von Ringen und Hülsen aus Metall rate ich komplett ab, die kriegt man von einem steifen Penis nicht mehr runter. Im krassesten Fall stirbt das Glied ab.“
Tipp: Einen Anhaltspunkt für die Größe des Penisrings liefert das Kondometer, ein Maßband zum Ermitteln der Kondomgröße, herunterzuladen etwa unter bzga.de.
Die Penisringe im Test sind recht elastisch. Eine Schere kann sie durchtrennen, so auch die You2Toys-Get-Hard-Penisringe, die sich im Schadstofftest ein Sehr gut holen.
Sex lieber ohne App
Die Digitalisierung stoppt nicht vor dem Schlafzimmer. Vereinzelt sind Sextoys schon per App steuerbar.
Steuerbar. Der We-Vibe lässt sich vom Smartphone fernbedienen. So können Nutzer beispielsweise Lieblingsvibrationsmuster einstellen. Im Test sendete die App nicht mehr Daten, als für ihre Funktion erforderlich sind.
Filmreif. Der Svakom filmt mit einer Kamera in den Intimbereich, während er vibriert. Die Datenübertragung auf den PC läuft über Kabel und ist nicht angreifbar. Risiken birgt das Speichern der Daten auf dem PC oder in einer Cloud.
Wir raten: Verzichten Sie darauf, so intime Daten von sich zu produzieren. Britische IT-Experten entlarvten etliche Sicherheitslücken smarter Sextoys. Sie ließen sich beispielsweise fremdsteuern.
-
- Die Stiftung Warentest hat Schulbedarf auf Schadstoffe geprüft: Textmarker, Tintenroller, Tinten. Viele sind stark belastet, wir fanden aber auch empfehlenswerte.
-
- Gute Gründe, Kindern ein Laufrad zu schenken, gibts viele – doch im Laufrad-Test der Stiftung Warentest sind viele Modelle mangelhaft. Meist wegen Schadstoffen.
-
- Manche Kunststoffe sind ohne Weichmacher spröde und unbrauchbar. Doch die weit verbreitete Weichmacher-Familie der Phthalate ist gesundheitsschädlich. Einige dieser...
Diskutieren Sie mit
Nur registrierte Nutzer können Kommentare verfassen. Bitte melden Sie sich an. Individuelle Fragen richten Sie bitte an den Leserservice.
Nutzerkommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.
@Auorus: Vielen Dank für die interessante Anregung, die wir gerne an das zuständige Untersuchungsteam weiterleiten.
Ich vermisse in dem Test Produkte für Männer als Gegenstück zu Dildos/Vibratoren für Frauen. Solche sogenannten „Onaholes“, „Taschen-/Lustmuschis“ oder „Masturbatoren“ werden immer beliebter, doch die tauchen nie in irgendwelchen Schadstofftests auf.
Besonders Produkte aus Japan dominieren da den Markt und werden als sicher angepriesen. Doch stimmt das wirklich?
Bitte sehen Sie das als Anregung für zukünftige Tests!
@Nikolaus2011: Im Fokus dieser Untersuchung stand die Schadstoffbelastung und nicht die Funktionalität der Produkte. (mk)
Ist dann bei den Testergebnissen befriedigend besser als gut?
@Alex-L95: Vielen Dank für die Testanregung, die wir an das zuständige Untersuchungsteam weitergeleitet haben. (spl)